Alpenrachen

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Alpenrachen

Alpenrachen (Tozzia alpina)

Systematik
Asteriden
Euasteriden I
Ordnung: Lippenblütlerartige (Lamiales)
Familie: Sommerwurzgewächse (Orobanchaceae)
Gattung: Tozzia
Art: Alpenrachen
Wissenschaftlicher Name der Gattung
Tozzia
L.
Wissenschaftlicher Name der Art
Tozzia alpina
L.

Der Alpenrachen (Tozzia alpina) ist die einzige Art der Pflanzengattung Tozzia innerhalb der Familie der Sommerwurzgewächse (Orobanchaceae). Mit einem holoparasitischen Jugend- und einem hemiparasitischen Blühstadium verbindet diese Art Halb- und Vollschmarotzer.[1][2]

Illustration aus Atlas der Alpenflora

Vegetative Merkmale

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Der Alpenrachen ist eine sommergrüne, ausdauernde krautige Pflanze und erreicht Wuchshöhen von 10 bis 50 Zentimetern. Der vierkantige Stängel ist im unteren Teil kahl, im mittleren und oberen Teil an den Kanten behaart oder ist in jedem Internodium mit zwei herablaufenden, einander gegenüberliegenden, kurzhaarigen Haarleisten versehen, die am Knoten zwischen den Basen der Laubblätter entspringen.[3]

Die gegenständig am Stängel angeordneten Laubblätter sind sitzend. Die einfache, saftig-fleischige, hellgrüne und glänzende Blattspreite ist bei einer Länge von 1 bis 3,5 Zentimetern breit-eiförmig mit abgerundeter oder schwach herzförmiger Spreitenbasis und spitzem oberem Ende. Der Blattrand beiderseits mit ein bis drei groben Sägezähnen versehen.[3]

Zygomorphe Blüten

Generative Merkmale

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Die Blütezeit reicht von Juni bis August. Die Blüten sitzen in kurzen traubigen Blütenständen einzeln in den Blattachseln der Tragblätter. Die Tragblätter haben einen 3 bis 10 Millimeter langen, dünnen, einseitig behaarten Stiel.[3]

Die zwittrigen Blüten sind zygomorph mit doppelter Blütenhülle. Der Blütenkelch ist andeutungsweise zweilippig, 1,5 bis 3 Millimeter lang und kürzer als die Kronröhre. Die gelbe mit rotbraunen Punkten versehene Blütenkrone ist 4 bis 10 Millimeter lang und zweilippig. Die Unterlippe ist dreilappig und die Oberlippe zweilappig. Die Kronröhre ist schmal trichterförmig und nur außen auf der Oberseite und innen im Schlundbereich rauhaarig und sonst kahl. Die Kronröhre streckt sich im Verlauf der Anthese. Die Kronzipfel sind breit-zungenförmig und am Rand kraus bewimpert. Die Staubblätter treten etwas aus der Blütenkrone hervor; sie sind ihr im Schlund eingefügt. Die Staubfäden und Staubbeutel sind gelblich und kahl. Der Fruchtknoten ist kahl. Die Narbe ist sehr klein.[3]

Die Frucht ist bei einem Durchmesser von 2 bis 2,5 Millimetern kugelig. Die Samen sind fast kugelig, glatt und weiß mit rundem schwarzem Fleck.[3]

Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 20.[4]

Beim Alpenrachen handelt es sich um einen Geophyten.[5] Er ist ein Mullbodenkriecher und eine Halbschattenpflanze.[4]

Im ersten Jahr seines Wachstums ernährt sich der Alpenrachen als Vollschmarotzer von großblättrigen krautigen Pflanzen, etwa Alpen-Ampfer, Alpendost oder Pestwurz. Ab dem zweiten Jahr ist der Alpenrachen ein Halbschmarotzer, der über eine eigene Assimilation verfügt, jedoch noch Nährstoffe von der Wirtspflanze bezieht.

Blütenökologisch handelt es sich um Eigentliche Lippenblumen und Fliegenblumen.[5] Die Fremdbestäubung erfolgt meist durch Schwebfliegen,[4] aber immer Zweiflügler (Diptera). Erfolgt keine Fremdbestäubung, führt auch Selbstbestäubung zur Samenbildung.[5]

Diasporen sind die Samen.[5]

Standortbedingungen und Pflanzensoziologie

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Der Alpenrachen wächst in Hochstaudenfluren, Pestwurz-Gesellschaften und Grünerlengebüschen. Er ist in Mitteleuropa eine Charakterart der Ordnung Adenostyletalia und kommt besonders im Cicerbitetum vor.[4] Er gedeiht in Höhenlagen von 800 bis 2600 Metern. In den Allgäuer Alpen steigt er am Linkerskopf in Bayern bis in eine Höhenlage von 2200 Metern auf.[6] Er gedeiht auf kalk- und nährstoffreichen, sickerfrischen bis -feuchten Lehm- und Tonböden. Der Alpenrachen bevorzugt nördliche Ausrichtungen (NW- bis NO-Exposition), während Südlagen weitgehend gemieden werden.[1]

Die ökologischen Zeigerwerte nach Landolt & al. 2010 sind in der Schweiz: Feuchtezahl F = 4w+ (sehr feucht aber stark wechselnd), Lichtzahl L = 2 (schattig), Reaktionszahl R = 4 (neutral bis basisch), Temperaturzahl T = 2+ (unter-subalpin und ober-montan), Nährstoffzahl N = 4 (nährstoffreich), Kontinentalitätszahl K = 2 (subozeanisch).[7]

Systematik und Verbreitung

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Die gültige Erstveröffentlichung von Tozzia alpina erfolgte 1753 durch Carl von Linné. Der Gattungsname Tozzia wurde 1729 von Pier Antonio Micheli zu Ehren von Bruno Tozzi (1656–1743) gegeben[8], einem Mönch und späteren Abt des Klosters Vallombrosa bei Reggello in der Toskana, der 1703 ein Tafelwerk über toskanische Pflanzenarten veröffentlicht hatte.

Das Verbreitungsgebiet von Tozzia alpina erstreckt sich von den Pyrenäen über die Alpen bis zum Balkan und den Karpaten.[9]

Man kann zwei Unterarten unterscheiden:[9]

  • Tozzia alpina L. subsp. alpina: Sie kommt in Spanien, Frankreich, in der Schweiz, Deutschland, Österreich, Italien und im früheren Jugoslawien vor.[9] Diese Unterart hat eine goldgelbe Blütenkrone, die 6–10 Millimeter lang ist.[10]
  • Tozzia alpina subsp. carpathica (Wolł.) Pawlł. (Syn.: Tozzia carpathica Wolł.): Sie kommt in Polen, Tschechien, in der Slowakei, Rumänien, in der Ukraine und in Bulgarien vor.[9] Bei dieser Unterart ist die Blütenkrone blassgelb und nur 4–7 Millimeter lang.[10]
  • Xaver Finkenzeller, Jürke Grau: Alpenblumen. Erkennen und bestimmen (= Steinbachs Naturführer). Mosaik, München 2002, ISBN 3-576-11482-3.
  • Wolfgang Adler, Karl Oswald, Raimund Fischer: Exkursionsflora von Österreich. Hrsg.: Manfred A. Fischer. Eugen Ulmer, Stuttgart/Wien 1994, ISBN 3-8001-3461-6.
  • Hans Christian Weber: Parasitismus von Blütenpflanzen. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1993, ISBN 3-534-10529-X.
  • Hans Christian Weber: Schmarotzer: Pflanzen, die von anderen leben. Belser, Stuttgart 1978, ISBN 3-7630-1834-4.

Einzelnachweise

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  1. a b Hans Christian Weber: Zur Biologie von Tozzia alpina L. (Standort, Wirtspflanzen, Entwicklung, Parasitismus). In: Beiträge zur Biologie der Pflanzen, Band 49, 1973, S. 237–249, ISSN 0005-8041.
  2. Hans Christian Weber: Vergleichende Betrachtungen über die unterirdischen Organe von Lathraea squamaria L. und Tozzia alpina L. (Scrophulariaceae). In: Beiträge zur Biologie der Pflanzen, Band 51, 1975, S. 1–15, ISSN 0005-8041.
  3. a b c d e Dimitri Hartl: Scrophulariaceae. In: Dimitri Hartl, Gerhard Wagenitz (Hrsg.): Illustrierte Flora von Mitteleuropa. Pteridophyta, Spermatophyta. Begründet von Gustav Hegi. 2., völlig neu bearbeitete Auflage. Band VI. Teil 1: Angiospermae: Dicotyledones 4 (1) (Scrophulariaceae – Plantaginaceae). Carl Hanser bzw. Paul Parey, München bzw. Berlin/Hamburg 1974, ISBN 3-446-10471-2, S. 451–456 (erschienen in Lieferungen 1965–1974).
  4. a b c d Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete. Unter Mitarbeit von Angelika Schwabe und Theo Müller. 8., stark überarbeitete und ergänzte Auflage. Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 2001, ISBN 3-8001-3131-5, S. 847.
  5. a b c d Alpenrachen. In: BiolFlor, der Datenbank biologisch-ökologischer Merkmale der Flora von Deutschland.
  6. Erhard Dörr, Wolfgang Lippert: Flora des Allgäus und seiner Umgebung. Band 2, IHW, Eching 2004, ISBN 3-930167-61-1, S. 461.
  7. Tozzia alpina L. In: Info Flora, dem nationalen Daten- und Informationszentrum der Schweizer Flora. Abgerufen am 8. April 2021.
  8. Lotte Burkhardt: Verzeichnis eponymischer Pflanzennamen. Erweiterte Edition. Botanic Garden and Botanical Museum Berlin, Freie Universität Berlin, Berlin 2018. [1]
  9. a b c d Karol Marhold, 2011: Scrophulariaceae.: Datenblatt Tozzia alpina In: Euro+Med Plantbase - the information resource for Euro-Mediterranean plant diversity.
  10. a b D.A. Webb: Tozzia L. In: Thomas Gaskell Tutin u. a.: Flora Europaea. Band 3, Seite 257. Cambridge University Press 1972. ISBN 0-521-08489-X
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