Unruhen in Algerien 2010–2012

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Lage Algeriens in Afrika

Die Unruhen in Algerien 2010–2012 schlossen sich an die Revolution in Tunesien 2010/2011 an, begannen am 28. Dezember 2010[1] und breiteten sich seit 5. Januar 2011[2] aus Zorn über massiv gestiegene Grundnahrungsmittelpreise auch in Algerien aus.[3] Die Unruhen entzündeten sich spontan an Einzelereignissen und waren nicht einheitlich organisiert.

Als Motive der Proteste werden die wirtschaftliche Lage der Jugend, ihre schlechten Zukunftsperspektiven, die autokratischen, korrupten Strukturen und das jahrelang an der Macht befindliche Regime angesehen. In Algerien gehen von ihnen Repressalien aus. Eine Ursache der Proteste liegt insbesondere in dem Umstand, dass die Altersstruktur in der Region von den unter 30-Jährigen geprägt ist, die zwar gut ausgebildet sind, aber keine Aussicht auf Arbeit haben („Youth Bulge“).

Abd al-Aziz Bouteflika (2006)

Algerien wurde seit 1992 von einem Bürgerkrieg, religiösen Konflikten und internen Verwerfungen heimgesucht. Zusätzlich stiegen vor allem die Lebensmittelpreise deutlich an (siehe FAO Food Price Index).[4][5][6][7][8][9][10] Die Lebenshaltungskosten erhöhten sich um bis zu 30 Prozent.[2][11]

75 Prozent der Algerier sind jünger als 30 Jahre und die Arbeitslosenquote in dieser Gruppe ist höher als 20 Prozent.[11] Die Mehrheit der Algerier lebt im Elend und hat keine Zukunftsperspektive. Obwohl Algerien der weltweit drittgrößte Erdgaslieferant ist, kommt das Geld nicht bei den Bürgern an. Die Einnahmen erreichen nur die Eliten des Landes.[12]

Staatschef Abdelaziz Bouteflika regiert in Algier seit 1999. Er soll gemeinsam mit seinem Bruder Said Bouteflika auch in Korruption verwickelt sein.[12]

Proteste in Algier (22. Januar 2011)

Die Unruhen brachen im Armutsviertel Bab El-Oued in Algier aus. Randalierende Jugendliche griffen mit Knüppeln und Eisenstangen Banken, Luxusgeschäfte und öffentliche Gebäude an.[12]

Am 7. Januar wurde bei Kämpfen zwischen Demonstranten und der Polizei in Ain Lahdjel in der Provinz M'Sila ein Jugendlicher erschossen.[11]

In Bou Smail erlag ein Mann seinen Verletzungen. Laut örtlichen Rettungskräften könnte er von einer Tränengasgranate im Gesicht getroffen worden sein.[11]

Wochenende 8./9. Januar

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Am Wochenende von 8. bis 9. Januar 2011 gab es Proteste von mehreren tausend Personen. Anlass war die Beerdigung eines 18 Jahre alten Demonstranten, der durch Schüsse der Polizei getötet worden war. Nach unbestätigten Angaben sollen seit dem 3. Januar fünf Menschen getötet und mehr als 800 verletzt worden sein.[13]

Nach offiziellen Angaben wurden 826 Menschen, darunter 763 Polizisten, verletzt. Es gab etwa 1000 Festnahmen.[2]

Montag, 10. Januar

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Ein Renault-Autohaus von Triolet in der Nähe von Bab El Oued, bei den Unruhen niedergebrannt.

Die Regierung kündigte Preisnachlässe für Speiseöl und Rohzucker bis Ende August an,[2] worauf sich die Lage beruhigte.[13]

Samstag, 29. Januar

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Animiert durch die Proteste in Ägypten flammten die Proteste in Algerien wieder auf.

Sonntag, 13. Februar

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Die Polizei verhinderte einen Protestmarsch durch die Hauptstadt Algier.[14]

Montag, 14. Februar

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Außenminister Mourad Medelci und Abdelaziz Bouteflika gaben bekannt, dass der seit 19 Jahren geltende Ausnahmezustand in Kürze aufgehoben wird.[14]

Samstag, 19. Februar

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Neuerliche Proteste von mehreren hundert Personen werden von der Polizei mit Schlagstöcken niedergeschlagen.[15]

Dienstag, 22. Februar

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Studenten marschieren in die Stadt el-Mouradia

Der Ministerrat hob am Nachmittag wie angekündigt den Ausnahmezustand auf.[16] Weiter wurde bekanntgegeben, Präsident Bouteflika könnte aus gesundheitlichen Gründen sein Mandat möglicherweise früher niederlegen.[17]

Samstag, 26. Februar

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Abermals unterbindet die algerische Polizei einen Protestmarsch durch Algier.[18]

Samstag, 5. März

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Auch am ersten Märzwochenende verhindert die algerische Polizei Protestmärsche. Zudem werden entsprechende Verbote bekannt gegeben.[19]

Donnerstag, 17. März

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Im Osten der algerischen Hauptstadt Algier kommt es zu einer Straßenschlacht zwischen Sicherheitskräften und Demonstranten. Dabei warfen die Demonstranten Steine und Brandsätze auf die Sicherheitskräfte, die wiederum gegen diese Tränengas einsetzten. Den Demonstranten sei es vordergründig um die Verbesserung ihrer Wohnverhältnisse gegangen. Zu politischen Forderungen sei es nicht gekommen.[20]

Samstag, 19. März

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In Algier werden zwei Demonstrationen für demokratische Reformen von Bereitschaftspolizisten verhindert. Die Sicherheitskräfte unterbanden dabei die Entstehung größerer Menschensammlungen. Zu den Demonstrationen hatten Facebook-User aufgerufen.[21]

Dienstag, 12. April und Mittwoch, 13. April

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In Algier kommt es zu Studentendemonstrationen gegen das in Algerien herrschende Militärregime. Dabei fordern die Studenten unter anderem den Rücktritt des Erziehungs- und Bildungsministers, da dieser das Versprechen einer angekündigten Bildungsreform nicht eingelöst hatte und die Situation in den Universitäten nicht tragbar seien. Zudem forderten die Studenten ein Ende des Militärregimes, das sie als "Mörderregime" bezeichnen. Auch der Rücktritt Abd al-Aziz Bouteflikas wurde gefordert. Bereits am 12. April gingen Sicherheitskräfte gewaltsam gegen die Studenten vor, sodass es zu mindestens 50 Verletzten unter ihnen kam. Bei weiteren Demonstrationen am 13. April, die ebenfalls gewaltsam von Sicherheitskräften beendet worden sind, erhöhte sich die Anzahl der Verletzten auf insgesamt 170.[22][23][24][25][26]

Die Hinweise, dass es "fast täglich" zu Straßenschlachten in Algerien komme, konnten bislang noch nicht bestätigt werden.[27]

Mittwoch, 5. Oktober

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Eine Demonstration zum Jahrestag der Demokratiebewegung 1988 wird mit der Verhaftung von 17 Organisatoren bereits im Keim von der Polizei erstickt.[28]

Ende April 2012 kam es erneut zu Ausschreitungen, nachdem sich ein Straßenhändler aus Protest gegen die Entfernung seines Standes selbst angezündet hatte.[29]

Commons: Unruhen in Algerien 2010–2012 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Al-Dschasira Africa
  2. a b c d Mehrere Tote bei Protesten. In: die tageszeitung. 9. Januar 2011, abgerufen am 12. Januar 2011.
  3. Über 20 Tote bei Unruhen in Tunesien. In: ORF. 10. Januar 2011, abgerufen am 12. Januar 2011.
  4. Leo Wieland: Nutznießer sind die Islamisten. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 9. Januar 2011, abgerufen am 12. Januar 2011.
  5. UN besorgt wegen hoher Lebensmittelpreise (Memento vom 3. September 2011 im Internet Archive), Deutsche Welle vom 4. Februar 2011
  6. Lebensmittelpreise steigen auf Rekordhoch, Spiegel Online vom 3. Februar 2011
  7. Grundnahrungsmittel so teuer wie noch nie, 4. Februar 2011, RP Online
  8. „Revolutionen können ungemütlich werden“, Interview mit Robert Zoellick, FAZ vom 5. Februar 2011
  9. IWF-Chef Strauss-Kahn warnt vor sozialen Unruhen, Die Welt Online vom 1. Februar 2011
  10. Neue Krise im Anmarsch – Anstieg der Nahrungsmittelpreise fördert Inflation (Memento vom 14. Januar 2011 im Internet Archive), Thalif Deen, 12. Januar 2010
  11. a b c d Zwei Tote bei Protesten in Algerien. In: Frankfurter Rundschau. 8. Januar 2011, abgerufen am 12. Januar 2011.
  12. a b c fr-online.de (Memento vom 9. Oktober 2013 im Webarchiv archive.today)Vorlage:Webarchiv/Wartung/Linktext_fehlt
  13. a b Leo Wieland: Noch mehr Tote und Verletzte. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 10. Januar 2011, abgerufen am 12. Januar 2011.
  14. a b Algerien will 19-jährigen Ausnahmezustand beenden. In: ORF. 14. Februar 2011, abgerufen am 14. Februar 2011.
  15. Algerian police break up protest. Al Jazeera, 20. Februar 2011, abgerufen am 27. Februar 2011 (englisch).
  16. Vor 19 Jahren verhängt. In: ORF.at. 22. Februar 2011, abgerufen am 27. Februar 2011.
  17. En concertation avec les Américains : Ce que devrait annoncer Bouteflika aux Algériens. In: Le Matin. 21. Februar 2011, abgerufen am 27. Februar 2011 (französisch).
  18. "Weiterhin Tote und Proteste in Arabien" (Memento vom 2. März 2011 im Internet Archive) Bieler Tagblatt online, Abruf: 28. Februar 2011 17:45 Uhr
  19. "Proteste in der arabischen Welt reißen nicht ab" t-online Abruf: 6. März 2011 18:01 Uhr
  20. "Straßenschlacht in Algier" (Memento vom 6. April 2012 im Internet Archive) der standard online, Abruf: 14. April 2011, 17:45 Uhr
  21. "Polizisten verhinderten Demonstration" der standard online, Abruf: 14. April 2011 18:05 Uhr
  22. "170 Verletzte in Algerien" Bader Zeitung online, Abruf: 14. April 2011 17:56 Uhr
  23. "Mehrere Verletzte bei Studenten-Protest" der standard online, Abruf: 14. April 2011 17:57 Uhr
  24. "Algerien: Polizeiknüppel gegen Studentenproteste" (Memento vom 6. April 2012 im Internet Archive) der standard online, Abruf: 14. April 2011 17:59 Uhr
  25. "Algerien: Verletzte bei neuerlichen Studentenproteste" (Memento des Originals vom 19. April 2011 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/de.euronews.net euronews online, Abruf: 14. April 2011 18:01 Uhr
  26. "Prügel gegen Demonstranten" (Memento vom 23. Januar 2016 im Internet Archive) Wiener Zeitung online, Abruf: 14. April 2011 18:01 Uhr
  27. "170 Verletzte in Algerien" Bader Zeitung online, Abruf: 14. April 2011 17:56 Uhr
  28. Algerian police detain dozens as they prepare for demonstration (Memento vom 6. Oktober 2011 im Internet Archive) Al Arabiya News, 6. Oktober 2011
  29. Reiner Wandler: Soziale Proteste im Vorfeld der Wahlen. In: TAZ. 30. April 2012, abgerufen am 1. Februar 2013.