Brutpflege

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Küken des Kaiserpinguins (Aptenodytes forsteri) in der Bauchfalte eines Elterntieres

Unter Brutpflege versteht man die Fürsorge der Eltern (meistens des Weibchens) für ihre Nachkommen (Brut) aufgrund angeborener Instinkte in Kombination mit der hormonellen Umstellung, welche durch die Eiablage oder die Geburt ausgelöst wird. Die Pflege und Erziehung menschlicher Nachkommen während des Aufwachsens ist ebenfalls eine Form von Brutpflege.[1]

Affenmutter mit Jungtier

Fortpflanzungsaufwand

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Alle Spezies, die sich sexuell fortpflanzen, tun dies nach demselben Grundsatz: ein Partner befruchtet den anderen durch die Übergabe seiner Keimzellen (bzw. Gameten), während der andere sich (bzw. die Eier oder den Laich) befruchten lässt. Selbst bei zweigeschlechtlichen Tieren, sogenannten Hermaphroditen, entscheiden sich die Partner im Moment der Paarung dafür, ob sie bei der Fortpflanzung den männlichen oder den weiblichen Part übernehmen. Die Jungtiere, egal ob aus einem Ei geschlüpft (Oviparie), schlüpfend geboren (Ovoviviparie) oder lebend geboren (Viviparie), zehren bis zu der Geburt oder dem Schlüpfen von der Energie ihrer Mütter. Dabei ist die Produktion von Eizellen deutlich energieintensiver als die von Spermien. Außerdem werden Eizellen in geringerer Menge produziert und eine erfolgreiche Fortpflanzung hängt mit dem jeweiligen Sexualzyklus zusammen. Dies hat zur Folge, dass die Investitionskosten weiblicher Tiere höher sind, sie benötigen mehr Energie für die Produktion von Eiern oder das Austragen von Jungtieren. Im Fall von Säugetieren ist der Nachwuchs ohne die Milch ihrer Mutter (oder einer Ziehmutter) nach der Geburt nicht überlebensfähig.[2][3]

Intensität der Brutpflege

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Rotfuchsmutter mit Jungtier

Grundsätzlich lassen sich im Tierreich zwei gegensätzliche Fortpflanzungsstrategien beobachten: entweder setzt eine Tierart auf viele Nachkommen und wenig Brutpflege (r-Strategie) oder konzentriert sich auf wenige Nachkommen, die mit verhältnismäßig hohem Aufwand versorgt werden (k-Strategie). Je nach Tierart sind die Arten der Brutpflege sehr unterschiedlich, dazu zählen unter anderem das Bewachen von Eiern und Jungtieren sowie die Versorgung der Nachkommen mit Nahrung, Wasser und Wärme. Aber auch Reinigen (bzw. Sauberhalten der Aufzuchtstätte), Tarnung vor Feinden und Schattenspenden sind Formen der Brutpflege, ebenso wie Transport, Führung, Zusammenhalten der Jungtiere im Lebensraum und übermitteln wichtiger Kenntnisse gehören dazu. Die Tatsache, dass es sich bei dieser Vielzahl elterlicher Leistungen um eine einseitige Form des Altruismus handelt, löst eine Interessenskonflikt zwischen Jungen und Eltern aus. Nehmen Jungtiere die Brutpflege ihrer Eltern, oder ihres alleinerziehenden Elternteils, in größerem Ausmaß und länger in Anspruch, als dies vorgesehen ist, wird ihnen die Unterstützung meist spätestens bei der Geburt der nächsten Generation entzogen. Höhere Säugetiere und viele Vogelarten kombinieren Brutpflege mit einer individuellen Bindung zu ihren Jungtieren.[1]

Zahlreiche Nachkommen; die r-Strategie

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Das r steht hier für rate (engl. für Anzahl) und wird von Tierarten angewendet, die in großem Stil Nachwuchs zeugen. Nicht nur die Anzahl der Jungtiere, auch die Lebensdauer der Spezies und die Populationsgröße entscheiden darüber, welche Fortpflanzungsstrategie gewählt wird. Blattläuse werden schnell geschlechtsreif und sorgen alle 20 bis 40 Tage für Nachwuchs, wobei jedes Mal bis zu 100 Eier gelegt werden. Bei der Anzahl der Eier ist der Zugriff durch Fressfeinde bereits vor dem Schlupf mit einkalkuliert.[4]

Wenig Brutpflege betreiben z. B. Insekten, die meisten Fische, Amphibien oder Reptilien: die befruchteten Eier werden meist sich selbst überlassen. Dabei gibt es jedoch auch hier einige Arten, die ein ungewöhnlich starkes Brutpflegeverhalten zeigen. Weibchen des Nördlichen Felsenpythons beschützen ihren Nachwuchs beispielsweise, sowohl vor dem Schlupf, als auch zwei Wochen danach, vor Nesträubern und halten die Temperatur im Nest konstant.[5]

Eine besondere Form der Brutpflege bei Fischen ist das Maulbrüten. Auch bei Webspinnen ist Brutpflege bis hin zur Fütterung durch Regurgitation zu beobachten.

Wespennest

Wenige Nachkommen; die k-Strategie

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Gerade bei Säugetieren und Vögeln, verhalten sich viele Tierarten territorial, d. h. sie beanspruchen ein gewisses Revier für sich oder ihre Familiengruppe. Wenn ein Habitat die Kapazitätsgrenze (k) erreicht hat, wäre eine unkontrollierte Vermehrung, aufgrund der begrenzten Ressourcen, nachteilig für alle Individuen dieser Art. Die meisten Spezies, die diese Strategie anwenden, verbinden eine relativ lange Zeit bis zur Geschlechtsreife mit einer langen Lebensdauer sowie wenigen Nachkommen, die oft nach einer langen Tragzeit geboren werden. Der größere Abstand zwischen den Geschwistern ermöglicht eine besonders enge Bindung zwischen den Eltern, bzw. der Mutter, und den einzelnen Jungtieren.[4]

Säugetiere betreiben durch das Säugen und andere Formen der Fütterung eine besonders intensive Brutpflege. Bei allen bislang darauf untersuchten Säugetierarten einschließlich des Menschen sowie bei vielen anderen Wirbeltieren löst das Hormon Prolaktin Brutpflegeverhalten aus, und zwar sowohl bei Weibchen als auch bei Männchen, wenn sie an der Brutpflege beteiligt sind. Man unterscheidet bei Jungtieren zwischen Nesthockern und Nestflüchtern. Ein Bestandteil des Brutpflegeinstinkts vieler Säugetiere ist auch das Eintrageverhalten.

Die Brutpflege des Menschen, bzw. (Erziehung) endet nicht mit dem Erreichen der Geschlechtsreife, da die Erziehung zur Selbstständigkeit in den meisten Kulturen erst zu einem späteren Zeitpunkt abgeschlossen ist.

Das winzige Erdbeerfröschchen betreibt eine sehr aufwändige Brutpflege

Unter den tropischen Baumsteigerfröschen (auch Pfeilgiftfrösche genannt) gibt es die Gattung Oophaga, bei der jede einzelne Kaulquappe einzeln versorgt wird. Erdbeerfröschchen (Oophaga pumilio) transportieren jede ihrer höchstens 10 Kaulquappen nach dem Schlupf zu einer geeigneten Bromelie, um sie vor Fressfeinden zu schützen. Da es dort jedoch keine Nahrung gibt, kommt die Froschmutter für etwa sechs Wochen, um ihren oophagen Nachwuchs mit unbefruchteten Nähreiern zu ernähren, die sie eigens dafür produziert.[6] Die hohe elterliche Investition wird damit erklärt, dass nur aus 5–12 Prozent des Laichs Kaulquappen schlüpfen.[7]

Je nachdem, in welcher Form sich die Elternteile an der Brutpflege beteiligen, unterscheidet man folgende Familienformen:[8][9]

  • Elternfamilie, Weibchen und Männchen üben die Brutpflege gemeinsam aus, wobei das Männchen meist einen größeren Anteil an der Revierverteidigung hat. In den meisten Fällen ist das die dauerhafteste Familienbindung im Tierreich. (z. B. bei den Buntbarschen der Tribus Cichlasomatini, den Schakalen und Menschen).
  • Mann-Mutter-Familie, das Weibchen übt die Brutpflege allein aus, während das Männchen das Revier verteidigt. Auch nach dem Freischwimmen der Jungfische betreut das Weibchen allein die Jungen. (z. B. bei Buntbarschen der Gattung Crenicara und Telmatochromis.) Diese Familienform ist oft mit Polygamie verbunden. Dann spricht man von einer Mann-Mütter-Familie.
  • Mutterfamilie, das Weibchen übt die Brutpflege allein aus, das Männchen beteiligt sich nicht an der Brutpflege. (z. B. bei den maulbrütenden Buntbarschen des Malawisees, aber auch, verbunden mit Polygamie, bei den meisten Säugetieren)
  • Vaterfamilie, das Männchen übt die Brutpflege und brutpflegevorbereitende Tätigkeiten wie Nestbau allein aus. (z. B. bei den Laufhühnchen, Stichlingen, Seenadeln, Groppen, Fadenfischen, beim Südamerikanischen Schmetterlingsbuntbarsch und bei den Antennen-Harnischwelsen.)
  • Vater-Mutter-Familie, das Weibchen übt die Brutpflege zuerst allein aus, während das Männchen das Revier verteidigt. Schwimmen die Jungfische frei, so werden sie von beiden Eltern betreut. (z. B. bei offenbrütenden Buntbarschen wie der Gattung Pelvicachromis.)
Florida-Buschhäher (Aphelocoma coerulescens) bilden Brutgruppen

Helfer bei der Brutpflege

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Bei manchen Tierarten, beteiligen sich zusätzlich Bruthelfern oder Brutpflegehelfern bei der Pflege der Jungtiere. Strauße und Pinguine organisieren regelrechte Kinderkrippen für ihre Jungtiere. So kann ein Teil der Mütter auf Nahrungssuche gehen, während die Jungtiere vor möglichen Angreifern geschützt werden. In Gegenden, wo Angebot an Nistmöglichkeiten und Nahrung so knapp ist, dass einzelne Vogelpaare wenig Aussicht auf Erfolg hätten, kommt es zur Bildung von Brutgruppen. Ein Beispiel hierfür sind die Florida-Buschhäher. So machen die Unterstützer, die meist enge Verwandte sind, wichtige Erfahrungen, um später selbst erfolgreich Junge aufzuziehen. Mit der Zeit steigen die Helfertiere in ranghöhere Positionen auf und übernehmen schließlich selbst die Rolle eines Brutvogels.[10]

Weitere Spezies, bei denen nicht nur Mütter und Väter sich an der Aufzucht beteiligen, sind z. B. bei Herdentieren wie Rindern („Ammenkühe“, Mutterkuhhaltung), Fledermäusen, Primaten und eusozialen Tieren wie den staatenbildenden Insekten und dem Nacktmull.

Einzelnachweise

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  1. a b Lexikon der Biologie, Brutpflege Spektrum der Wissenschaft, abgerufen am 6. April 2021.
  2. Lexikon der Biologie. Geschlechterkonflikt Spektrum der Wissenschaft, abgerufen am 6. April 2021.
  3. Meike Stoverock: Female Choice. 3. Auflage. Tropen, Stuttgart 2021, ISBN 978-3-608-50480-4, S. 81–83.
  4. a b Regulation der Populationsgröße, Kapazität des Lebensraums, dichteabhängiges Wachstum, r-und K-Strategien Universität Hamburg, abgerufen am 11. Januar 2022.
  5. Nördlicher Felsenpython. Python sebae Leibniz-Institut zur Analyse des Biodiversitätswandels, abgerufen am 18. September 2023
  6. J. Stynoski, Y. Torres-Mendoza et al. (2014): Evidence of maternal provisioning of alkaloid-based chemical defenses in the strawberry poison frog Oophaga pumilio. Ecology, 95(3), 587–593 doi:10.1890/13-0927.1
  7. H. Prohl, Walter Hödl: Parental investment, potential reproductive rates, and mating system in the strawberry dart-poison frog, Dendrobates pumilio. In: Behavioral Ecological Sociobiology. Band 46, 1999, S. 215–220.
  8. Irenäus Eibl-Eibesfeldt: Grundriss der vergleichenden Verhaltensforschung. Verlag Blank, München 1999, ISBN 3-937501-02-9
  9. Manfred Klinkhardt: Brutpflege. In: Claus Schaefer, Torsten Schröer (Hrsg.): Das große Lexikon der Aquaristik. 2 Bände. Eugen Ulmer, Stuttgart 2004, ISBN 3-8001-7497-9, S. 173.
  10. Helfer bei der Brutpflege Abgerufen am 6. April 2021.