Glattnasen

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Glattnasen

Townsend-Langohr (Corynorhinus townsendii)

Systematik
Unterklasse: Höhere Säugetiere (Eutheria)
Überordnung: Laurasiatheria
Ordnung: Fledertiere (Chiroptera)
Unterordnung: Yangochiroptera
Überfamilie: Glattnasenartige (Vespertilionoidea)
Familie: Glattnasen
Wissenschaftlicher Name
Vespertilionidae
J. E. Gray, 1821

Die Glattnasen (Vespertilionidae) sind eine Familie der Fledermäuse. Es ist die artenreichste Familie dieser Gruppe, zu ihnen gehören mit weltweit etwa 350 Arten in rund 45 Gattungen rund ein Drittel aller bekannten Fledermausarten.

Glattnasen sind weltweit in gemäßigten, subtropischen und tropischen Regionen verbreitet, sie fehlen lediglich in der Arktis, der Antarktis und auf entlegensten Inseln. In Europa sind rund 35 Arten verbreitet, davon rund 25 auch in Mitteleuropa. Mit Ausnahme mehrerer Hufeisennasen, der Europäischen Bulldoggfledermaus (Tadarida teniotis) und dem Nilflughund (Rousettus aegyptiacus) in Zypern gehören alle europäischen Fledermäuse in diese Familie. Eine komplette Liste findet sich im Abschnitt Systematik.

Glattnasen haben ihren Namen daher, dass sie im Gegensatz zu anderen Fledermäusen keine Nasenaufsätze besitzen, nur in der Unterfamilie der Australischen Langohrfledermäuse ist ein rudimentäres Nasenblatt vorhanden. Die Augen sind klein, die Ohren im Gegensatz sehr groß, sie können etwa bei den Langohrfledermäusen (Plecotus) bis zu 40 Millimeter lang werden und sind über einen Ohrdeckel (Tragus) verschließbar. Die Fellfärbung ist in der Regel braun, grau oder schwarz, es gibt jedoch auch rötliche, gelbe und mehrere gemusterte Arten. Ein Schwanz ist generell vorhanden, er ist in der Schwanzflughaut (Uropatagium) eingebettet. Glattnasen erreichen eine Kopfrumpflänge von 32 bis 105 Millimetern, eine Schwanzlänge von 25 bis 75 Millimetern und ein Gewicht von 4 bis 50 Gramm.

Diese Fledermäuse kommen in einer Vielzahl von Lebensräumen vor, von trockenen Wüsten bis zu feuchten Regenwäldern. Als Schlafplätze dienen ihnen vorrangig Höhlen, sie sind jedoch auch in Minen, Gebäuden, Baumhöhlen oder in großen Blättern zu finden. Einige Arten leben einzelgängerisch, andere sind in großen Gruppen von hunderttausenden Tieren zu finden. Die Arten in kühleren Regionen migrieren während der kalten Jahreszeit in wärmere Gebiete oder halten einen Winterschlaf, wozu sie oft eigene Winterquartiere aufsuchen. Wie die meisten Fledermäuse sind sie nachtaktiv.

Die meisten Glattnasen ernähren sich von Insekten. Die meisten fangen ihre Beute im Flug mit Hilfe ihrer Schwanzflughaut, einige jedoch sammeln Insekten auch kriechend. Von manchen Arten ist bekannt, dass sie Fische fressen, zu diesem Zweck fischen sie ihre Beute mit Hilfe ihrer Hinterbeine aus Seen oder Flüssen.

Die meisten Glattnasenweibchen haben zwei Zitzen. Bei vielen Arten bilden die Weibchen „Wochenstuben“, in die sie sich zur Geburt und der folgenden Zeit der Jungenaufzucht gemeinsam zurückziehen. Die Männchen beteiligen sich in der Regel nicht an der Aufzucht. Bei Arten in kühleren Gebieten erfolgt die Paarung im Herbst oder Winter, das Sperma wird im Fortpflanzungstrakt des Weibchens aufbewahrt und kommt erst im Frühjahr zur Befruchtung. In wärmeren Gebieten kann die Paarung das ganze Jahr über erfolgen. Die Tragzeit liegt im Schnitt bei 40 bis 70 Tagen, üblicherweise kommt ein einzelnes (selten bis zu vier) Jungtier zur Welt. Die Lebenserwartung ist für Tiere ihrer Körpergröße relativ hoch, einzelne Exemplare können ein Alter von 20 Jahren und mehr erreichen.

Hauptbedrohung der Glattnasen ist die fortschreitende Vernichtung ihres Lebensraumes, insbesondere endemische Arten auf kleinen Inseln sind davon betroffen. Aber auch in Europa sind viele Arten durch Sanierung von Altbauten oder durch Vergiftung mit Insektenschutzmitteln betroffen. Die IUCN listet zwei Arten als ausgestorben, 27 weitere gelten als stark bedroht oder bedroht, für viele Arten fehlen jedoch genaue Daten.

Externe Systematik

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Glattnasen werden in einer eigenen Überfamilie, Vespertilionoidea eingeordnet. Ihre nächsten Verwandten bilden die Bulldoggfledermäuse (Molossidae). Fossile Vorfahren sind seit dem mittleren Eozän belegt.

Interne Systematik

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Die interne Systematik ist immer noch Gegenstand zahlreicher Diskussionen. Die zahlreichen Gattungen werden in sechs Unterfamilien eingeteilt, deren stammesgeschichtliche Verhältnisse aber unklar bleiben. Die südamerikanische Art Tomopeas ravus dürfte nach jüngeren Untersuchungen zu den Bulldoggfledermäusen gehören, dafür gehören die Antrozoinae, die manchmal als Antrozoidae in den Rang einer eigenen Familie erhoben werden, vermutlich doch zu den Glattnasen.

Europäische Gattungen und Arten

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  • Christian Dietz, Otto von Helversen, Dietmar Nill: Handbuch der Fledermäuse Europas und Nordwestafrikas. Biologie, Kennzeichen, Gefährdung. 1. Auflage. Verlag Kosmos, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-440-09693-2, S. 200–368. (neues Standardwerk, wissenschaftliche Forschung)
  • J. E. Hill, J. D. Smith: Bats: a natural history. University of Texas Press, Austin 1984, ISBN 0-292-70752-5.
  • J. A. Kirsch, J. M. Hutcheon, D. C. Byrnes, B. D. Lloyd: Affinites and historical zoogeography of the New Zealand Short-tailed bat, Mystacina tuberculata Gray 1843, inferred from DNA-hybridization comparisons. In: Journal of Mammalian Evolution. Band 5, Nr. 1, 1998, S. 33–64.
  • K. F. Koopman: Order Chiroptera. In: D. E. Wilson, D. M. Reeder (Hrsg.): Mammal species of the world, a taxonomic and geographic reference. 2. Auflage. Smithsonian Institution Press, Washington, D. C. 1993, ISBN 1-56098-217-9.
  • K. F. Koopman: Chiroptera: systematics. (= Handbook of zoology. Band 8, Teil 60: Mammalia). de Gruyter, Berlin / New York 1994, ISBN 3-11-014081-0.
  • Ronald M. Nowak: Walker's Mammals of the World. Johns Hopkins University Press, 1999, ISBN 0-8018-5789-9.
  • N. B. Simmons: A reappraisal of interfamilial relationships of bats. In: T. H. Kunz, P. A. Racey (Hrsg.): Bats: Phylogeny, Morphology, Echolocation and Conservation Biology. Smithsonian Institution Press, Washington 1998.
  • N. B. Simmons, J. H. Geisler: Phylogenetic relationships of Icaronycteris, Archeonycteris, Hassianycteris, and Palaeochiropteryx to extant bat lineages, with comments on the evolution of echolocation and foraging strategies in microchiroptera. In: Bulletin of the American Museum of Natural History. 235, 1998, S. 1–182.
  • M. Volleth, K.-G. Heller.: Phylogenetic relationships of vespertilionid genera (Mammalia: Chiroptera) as revealed by karyological analysis. In: Zeitschrift für zoologische Systematik und Evolutionsforschung. 32, 1994, S. 11–34.

Einzelnachweise

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  1. Manuel Ruedi, Judith L. Eger, Burton K. Lim and Gábor Csorba. 2017. A New Genus and Species of Vespertilionid Bat from the Indomalayan Region. Journal of Mammalogy. gyx156. DOI: 10.1093/jmammal/gyx156
  2. Tamás Görföl, Sergei V. Kruskop, Vuong Tan Tu, Péter Estók, Nguyen Truong Son und Gábor Csorba. 2020. A New Genus of Vespertilionid Bat: The End of A Long Journey for Joffre’s Pipistrelle (Chiroptera: Vespertilionidae). Journal of Mammalogy. DOI: 10.1093/jmammal/gyz202
  3. Vinícius Cardoso Cláudio, Roberto Leonan Morim Novaes, Alfred L Gardner, Marcelo Rodrigues Nogueira, Don Wilson, Jesús Eduardo Maldonado, João Oliveira, Ricardo Moratelli: Taxonomic re-evaluation of New World Eptesicus and Histiotus (Chiroptera: Vespertilionidae), with the description of a new genus. Juli 2023, Zoologia (Curitiba Impresso) 40(6), DOI:10.1590/s1984-4689.v40.e22029
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