Vinzenz Rose

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Vinzenz Rose,[1] auch Vincent Rose[2] (* 2. Juli 1908 in Schönau; † 1996), war ein deutscher Sinto, Überlebender des Porajmos und Mitbegründer der Bürgerrechtsbewegung der Sinti und Roma.[3]

Vinzenz Rose wurde am 2. Juni in Schönau (Oberschlesien) als Sohn von Anton (geboren 1. März 1874 in Widamischel, gestorben 1. September 1943 in Auschwitz) und seiner Frau Lisetta Rose (geboren am 16. September 1874, gestorben im KZ Ravensbrück) geboren.[4][5] Die Eltern betrieben in Darmstadt ein Kino. Die NS-Behörden versuchten die Familie in mehreren Versuchen aus der Reichsfilmkammer zu drängen, was einem Berufsverbot gleichkam. Nachdem diese Maßnahme Erfolg gehabt hatte, zog die Familie nach Frankenthal um, wo sie ein Haus kaufte.[6]

Im Pausenprogramm eines Wanderkinos der Familie trat er als „Geigenkünstler Rosetti“ auf. Das Kino wurde 1936 durch NS-Behörden geschlossen, so erinnerte sich Jakob Bamberger.[7]

1940 entzog sich die Familie einem ersten Deportationsversuch durch Flucht, die sie bis in die Tschechoslowakei führte. Zwischen 1941 und 1942 war Vinzenz Rose mit seinem Bruder ständig auf der Flucht. 1942 gelang es ihnen, sich in Saarbrücken gefälschte Ausweispapiere zu beschaffen und zu ihrer Familie, die nun in Schwerin lebte, zurückzukehren. Eine Denunziation führte zur Verhaftung von Vinzenz Rose; er wurde ins Zuchthaus Großstrelitz in Mecklenburg[8] verbracht. Es folgte die Deportation ins „Zigeunerlager Auschwitz“, in dessen Hauptbuch er unter der Nummer Z 3466 mit Eingangsdatum vom 15. März 1943 verzeichnet ist. Unter der vorausgehenden Häftlingsnummer Z 3465 ist sein Vater registriert. Mit Datum vom 29. April 1943 findet sich eine weitere Verlegung nach „Au“.[9] Seine Eltern starben dort.[10] Aus Auschwitz konnte er einen Kassiber an seinen Bruder schicken, nachdem er einen Wachmann mit seinem Geigenspiel beeindruckt hatte. Sein Bruder besuchte ihn getarnt als ausländischer Künstler einer KdF Unterhaltungsgruppe.[11] Die nächste bekannte Station war das KZ Natzweiler-Struthof, wohin er für medizinische Versuche verlegt wurde.[12]

Im August 1943 war im KZ Natzweiler-Struthof eine Gaskammer für medizinische Menschenversuche in Betrieb genommen worden. Otto Bickenbach und sein Assistent Helmut Rühl führten von Juni bis August 1944, nach einer Versuchsreihe im Sommer 1943, in dieser Gaskammer Giftgasversuche mit Phosgen durch. Mehr als 50 Häftlinge, hauptsächlich „Zigeuner“, die für medizinische Versuche aus Auschwitz nach Natzweiler-Struthof verlegt worden waren, wurden im Zuge dieser Versuche ermordet.[13]

Vinzenz Rose wurde in das zugehörigen KZ-Außenlager Neckarelz verlegt und konnte von dort später entfliehen.[12][11][14] In Neckarelz leistete er ebenso wie zahlreiche Sinti, darunter Anton Rose und Silvester Lampert, Zwangsarbeit im „Kommando Elektro“, das für die Firmen Siemens, AEG und Brown, Boveri & Cie im Auftrag von Daimler-Benz die Telefonanlage und Stromversorgung der unterirdischen Fabrik, Deckname „Goldfisch“, erstellte.[15]

Vinzenz Rose war der einzige Häftling, dem die Flucht aus dem Lager gelang.

In den frühen fünfziger Jahren organisierte Vinzenz Rose zusammen mit seinem Bruder die ersten Ansätze einer Bürgerrechtsbewegung für Sinti in Westdeutschland.[16] Schon zuvor hatte Oskar Rose einen Privatdetektiv erfolgreich beauftragt, Robert Ritter aufzuspüren.[17] In dem Ermittlungsverfahren gegen Ritter sagten beide Brüder aus.[18]

1971 gründete Vinzenz Rose das „Zentralkomitee der Sinti Westdeutschlands“, das kurze Zeit später in „Verband der Sinti Deutschlands“ umbenannt wurde. Dieser Verband organisierte 1972 die erste Protestdemonstration von Sinti.

1974 finanzierte Rose aus privaten Mitteln das erste Mahnmal für Sinti und Roma auf dem ehemaligen Gelände des „Zigeunerlagers Auschwitz“. Dieses Mahnmal war das erste, das weltweit an diesen Völkermord, den Porajmos, erinnerte. Diese Aktionen blieben weithin unbeachtet, politische Parteien und Kirchen lehnten jegliche Unterstützung ab.[19]

Rose wurde 1978 das Bundesverdienstkreuz verliehen. Anlässlich der Verleihung stellte er als Vorsitzender des Verbandes der Cinti Deutschlands fest, dass es „einzig richtig sei, ihn ‚Cinto‘ zu nennen“, da „Zigeuner“ diskriminierend sei.[20]

Romani Rose, der langjährige Vorsitzende des 1982 gegründeten Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, ist der Sohn von Vinzenz’ Bruder Oskar Rose.

Einzelnachweise

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  1. Schreibweise bei Romani Rose: Bürgerrechte für Sinti und Roma, S. 88.
  2. Schreibweise in: Gedenkbuch: Die Sinti und Roma im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau. Staatliches Museum Auschwitz-Birkenau in Zusammenarbeit mit dem Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma. Saur-Verlag, München u. a. 1993, ISBN 3-598-11162-2, S. 932
  3. Tami Ensinger: Die Minderheit der Roma und Sinti – unter besonderer Berücksichtigung der Kategorie Fremdheit. online
  4. Namen der Eltern nach https://web.archive.org/web/20140313013554/http://www.sintiundroma.de/sinti-roma/ns-voelkermord/vernichtung/widerstand/flucht.html Geburtsdaten des Vaters nach Gedenkbuch S. 932
  5. https://web.archive.org/web/20140315201850/http://www.sintiundroma.de/content/downloads/Natzweiler/bio_rose.pdf , Lebensdaten Mutter http://www.chgs.umn.edu/museum/exhibitions/ravensbruck/rose.html
  6. https://web.archive.org/web/20140315201850/http://www.sintiundroma.de/content/downloads/Natzweiler/bio_rose.pdf
  7. Jörg Boström, Uschi Dresing, Axel Grünewald, Jürgen Escher: Das Buch der Sinti. Berlin 1981, S. 158 f.
  8. https://web.archive.org/web/20140313013554/http://www.sintiundroma.de/sinti-roma/ns-voelkermord/vernichtung/widerstand/flucht.html
  9. Gedenkbuch S. 932
  10. Anita Geigges, Bernhard W. Wette: Zigeuner heute. Verfolgung und Diskriminierung in der BRD. Mit einem Vorwort von Eugen Kogon und Grußworten von Yul Brynner u. a. Bornheim-Merten. Lamuv 1979, S. 360.
  11. a b Anita Geigges, Bernhard W. Wette: Zigeuner heute. Verfolgung und Diskriminierung in der BRD. Mit einem Vorwort von Eugen Kogon und Grußworten von Yul Brynner u. a. Bornheim-Merten. Lamuv 1979, S. 364.
  12. a b Romani Rose: Bürgerrechte für Sinti und Roma, S. 88.
  13. Ernst Klee: Auschwitz, die NS-Medizin und ihre Opfer. Frankfurt am Main, 1997, S. 378 ff.
  14. Eine Schilderung seiner Flucht und er Arbeitsbedingungen findet sich in: Georg Fischer, Arno Huth, Landesverband Deutscher Sinti und Roma Baden-Württemberg, KZ-Gedenkstätte Neckarelz: Schicksal der Sinti und Roma: „--weggekommen“, Abschied ohne Wiederkehr : Verfolgung in der Region, Zwangsarbeit in den Neckarlagern: Begleitbroschüre zur Ausstellung des Landesverbandes Deutscher Sinti und Roma Baden-Württemberg in der KZ-Gedenkstätte Neckarelz vom 7. bis 21. Juli 2002 online, Sniplets
  15. Romani Rose, Walter Weiss: Sinti und Roma im Dritten Reich. Göttingen 1991, S. 168.
  16. Wolfgang Wippermann: Auserwählte Opfer? Shoah und Porrajmos im Vergleich: eine Kontroverse. Frank & Timme, 2005, S. 76.
  17. Dokument wiedergegeben in Anita Geigges, Bernhard W. Wette: Zigeuner heute. Verfolgung und Diskriminierung in der BRD. Mit einem Vorwort von Eugen Kogon und Grußworten von Yul Brynner u. a. Bornheim-Merten. Lamuv 1979, S. 366.
  18. Hohmann 1991, S. 167.
  19. Wolfgang Wippermann: Auserwählte Opfer? Shoah und Porrajmos im Vergleich: eine Kontroverse. Frank & Timme, 2005, S. 74.
  20. Gerhard Laaf: Ein Siebzigjähriger engagiert sich für die Cinti, in: Süddeutsche Zeitung, 22. Dezember 1978.