Vorhersagbarer Prozess
Dieser Artikel wurde auf der Qualitätssicherungsseite des Portals Mathematik eingetragen. Dies geschieht, um die Qualität der Artikel aus dem Themengebiet Mathematik auf ein akzeptables Niveau zu bringen.
Bitte hilf mit, die Mängel dieses Artikels zu beseitigen, und beteilige dich bitte an der Diskussion! (Artikel eintragen) |
Ein vorhersagbarer Prozess, auch vorhersehbarer Prozess, previsibler Prozess oder prognostizierbarer Prozess genannt, ist ein spezieller stochastischer Prozess, bei dem es möglich ist, einen kurzen Zeitschritt in die Zukunft zu schauen. Dies bedeutet nicht, dass Ausgänge schon bekannt sind, sondern lediglich, dass Informationen über die Verteilung gewonnen werden können. Vorhersagbare Prozesse spielen beispielsweise eine Rolle bei der Doob-Zerlegung, die einen beliebigen integrierbaren stochastischen Prozess in diskreter Zeit in zwei Teilprozesse zerlegt: ein Martingal und einen vorhersagbaren Prozess. Außerdem finden sie Anwendung bei der Definition des diskreten stochastischen Integrals und des stochastischen Integrals. Ein vorhersagbarer Prozess heißt auch voraussagbarer Prozess[1].
Definition
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Diskreter Fall
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Gegeben sei eine Filtrierung und ein stochastischer Prozess . Falls konstant ist und
für alle gilt, so heißt der Prozess vorhersagbar, previsibel oder prognostizierbar.
Stetiger Fall
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im zeitstetigen Fall definiert man die vorhersagbare σ-Algebra auf als
(siehe adaptierter stochastischer Prozess, Linksstetiger Prozess). Ein Prozess heißt dann vorhersagbar, wenn eine -messbare Abbildung ist.
Interpretation des diskreten Falls
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die σ-Algebra modelliert die Informationen, die zum Zeitpunkt n-1 zur Verfügung stehen. Betrachtet man nun die bedingte Erwartung der Zufallsvariable unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Informationen aus bereits zur Verfügung stehen, so ist
- .
Dies folgt daraus, dass -messbar ist und demnach . Hat man demnach die Informationen aus dem (n-1)-ten Schritt zur Verfügung, lässt sich schon alles über die Ausgänge im n-ten Schritt sagen.
Wichtige Sätze
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die folgenden Sätze heißen Sektionssatz (englisch section theorem) und Projektionssatz (englisch projection theorem). Von beiden gibt es eine optionale Variante und eine vorhersagbare Variante.
Für beide Sätze setzen wir einen filtrierten Wahrscheinlichkeitsraum voraus, der die üblichen Bedingungen erfüllt. Es gilt per Konvention .
Vorhersagbarer Sektionssatz
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Für eine Stoppzeit definieren wir ihren Graphen , weiter definieren wir die kanonische Projektion .
Sei eine vorhersagbare Menge. Für jedes existiert eine vorhersagbare Stoppzeit , so dass
- für den Graphen gilt.
- [2]
Vorhersagbarer Projektionssatz
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Sei ein messbarer Prozess der entweder positive oder beschränkt ist. Dann existiert ein eindeutiger (bis auf Ununterscheidbarkeit) vorhersagbarer Prozess , so dass
- fast sicher für jede vorhersagbare Stoppzeit .
Der Prozess heißt vorhersagbare Projektion und wird auch mit notiert.[3]
Beispiel
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Jeder Prozess versehen mit der Filtrierung der vollständigen Information ist vorhersagbar.
- Einfache Beispiele von zeitstetigen vorhersagbaren Prozessen sind die elementaren vorhersagbaren stochastischen Prozesse.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- A.N. Shiryaev: Predictable random process. In: Michiel Hazewinkel (Hrsg.): Encyclopedia of Mathematics. Springer-Verlag und EMS Press, Berlin 2002, ISBN 1-55608-010-7 (englisch, encyclopediaofmath.org).
- A.N. Shiryaev: Predictable sigma-algebra. In: Michiel Hazewinkel (Hrsg.): Encyclopedia of Mathematics. Springer-Verlag und EMS Press, Berlin 2002, ISBN 1-55608-010-7 (englisch, encyclopediaofmath.org).
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Achim Klenke: Wahrscheinlichkeitstheorie. 3. Auflage. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg 2013, ISBN 978-3-642-36017-6, doi:10.1007/978-3-642-36018-3.
- Christian Hesse: Angewandte Wahrscheinlichkeitstheorie. 1. Auflage. Vieweg, Wiesbaden 2003, ISBN 3-528-03183-2, doi:10.1007/978-3-663-01244-3.
Belege
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ P. H. Müller (Hrsg.): Lexikon der Stochastik – Wahrscheinlichkeitsrechnung und mathematische Statistik. 5. Auflage. Akademie-Verlag, Berlin 1991, ISBN 978-3-05-500608-1, S. 246.
- ↑ Daniel Revuz und Marc Yor: Continuous Martingales and Brownian Motion. In: Springer (Hrsg.): Grundlehren der mathematischen Wissenschaften. Band 293, 1999, S. 172 (englisch).
- ↑ Daniel Revuz und Marc Yor: Continuous Martingales and Brownian Motion. In: Springer (Hrsg.): Grundlehren der mathematischen Wissenschaften. Band 293, 1999, S. 173 (englisch).