Mary Beard (Althistorikerin)

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Mary Beard (2017)

Dame Winifred Mary Beard, DBE, FSA, FBA (geboren 1. Januar 1955 in Much Wenlock, Shropshire, England) ist eine englische Althistorikerin und Frauenrechtlerin.

Beard ist Professor of Classics an der University of Cambridge sowie Fellow des dortigen Newnham College. Sie gibt den Bereich Altertumswissenschaften für das Times Literary Supplement heraus und führt das Blog A Don’s Life in Times Online (das gleichzeitig als Kolumne in The Times erscheint). Zahlreiche Medienauftritte, umstrittene Äußerungen zu den Ursachen der Terroranschläge am 11. September 2001 und die Veröffentlichung der Geschichte ihrer eigenen Vergewaltigung während einer Italienreise im Jahr 1978[1] haben sie allgemein bekannt gemacht.

Beard ist das einzige Kind des Architekten Roy Whitbread Beard und der Schulleiterin Joyce Emily Beard, geborene Taylor. Sie besuchte die halbstaatliche Mädchenschule Shrewsbury High School und nahm während ihrer Schulzeit regelmäßig an archäologischen Grabungen teil. Im Alter von 18 Jahren begann sie ihr Studium am Newnham College, einem ausschließlich Frauen vorbehaltenen College in Cambridge. Eine Einschreibung am King’s College Cambridge hatte sie verworfen, weil dort keine Stipendien an Frauen vergeben wurden. Am Newnham College zählten Joyce Reynolds und Patricia Elizabeth Easterling zu ihren Dozentinnen. Im Jahr 1977 erwarb Beard ihren B.A., 1982 wurde sie in Cambridge zum Ph.D. promoviert. Im Jahr 1985 heiratete Beard den Kunsthistoriker Robin Cormack, mit dem sie eine Tochter und einen Sohn hat.[2]

Bereits von 1979 an bis 1983 war Beard Lecturer in Classics am King’s College London. Im Jahr 1984 kehrte sie nach Cambridge zurück und wurde zum Fellow des Newnham College ernannt. Sie war zu dem Zeitpunkt die einzige Frau unter den Dozenten der Classics Faculty der Universität Cambridge. Im Jahr 1992 wurde sie classics editor des Times Literary Supplement und im Jahr 2004 Professor of Classics in Cambridge.

Im Jahr 2004 war Beard Mitglied im Kuratorium der Ausstellung From Ancient Art to Post-Impressionism in der Royal Academy of Arts in London. Im Herbst 2008 hielt sie als Sather Professor of Classical Literature an der University of California in Berkeley eine Vorlesungsreihe zum Roman Laughter,[3] im November 2009 die Geddes-Harrower Lectures an der Universität Aberdeen zum Thema From Ancient Athens to Old Aberdeen: artists and archaeologists, travellers and tourists in the nineteenth century.[4]

Politische Meinungen

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Nach den Terroranschlägen am 11. September 2001 auf das World Trade Center wurde Beard neben anderen Autoren von der London Review of Books eingeladen, ihre Meinung zu dem Ereignis zu äußern. Sie glaubte, dass viele Leute, wenn sich der Schock erst einmal gelegt hätte, zu der Einsicht kommen würden, dass die USA dies zu erwarten gehabt hätten (“the United States had it coming”) und dass die Rüpel dieser Welt, selbst wenn sie das Herz am rechten Fleck hätten, am Ende die Rechnung bezahlen würden (“world bullies, even if their heart is in the right place, will in the end pay the price”),[5] eine Position, die in der amerikanischen Diskussion als Roosting Chickens argument bezeichnet wird.[6] Stürme der Entrüstung entluden sich daraufhin sowohl in der Fachwelt als auch im allgemeinen Publikum. In einem Interview vom November 2007 glaubte Beard jedoch, dass sich inzwischen die Ansicht durchgesetzt habe, dass der internationale Terror mit der Außenpolitik der USA in Verbindung zu bringen sei.[7]

Nach einem Auftritt in der Fernsehserie Question Time im Januar 2013, in der sie sich positiv über Immigranten und deren Beitrag zur Gesellschaft aussprach, wurde Mary Beard Opfer von Twitter-Attacken, in denen sie zum Teil unflätig beschimpft und persönlich angegriffen wurde.[8][9] Beard setzte sich öffentlich zur Wehr, indem sie diese Kommentare, samt einer zugesandten, mit Photoshop erzeugten pornografischen Bildmontage auf ihrem Blog veröffentlichte.[10] Da auch andere Frauen auf Twitter ähnlich aggressiv angegriffen wurden, so z. B. die Journalistin Caroline Criado-Perez und die Labour-Abgeordnete Stella Creasy, entspann sich eine längere Debatte in den britischen Medien und darüber hinaus, wie derartigen Angriffen am effektivsten begegnet werden könne.[11]

Zu den schwindenden Wissensvoraussetzungen für die antike Geschichte äußerte sie 2022, dass

„viele Kunstwerke zunächst nicht viel bedeuten, wenn man weder mit der Bibel noch der Mythologie oder den römischen Kaisern vertraut ist. Warum sind die Impressionisten so beliebt? Weil man nichts wissen muss, um sie zu genießen.“ ... „Vor hundert Jahren gab es ein paar Kerle, die verdammt gut waren, aber auch viele, die es nicht waren. Im neunzehnten Jahrhundert hat der Fakultätsvorstand das Niveau der Studenten beklagt. Dabei waren die Prüfungen in Latein und Griechisch sehr einfach. Das ganze Gerede über Verdummung ist übertrieben."[12]

Werk und Kritik

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Beard arbeitet zu verschiedenen Aspekten der antiken römischen, aber auch griechischen Geschichte und Kultur wie Sozialgeschichte, Religion, Sexualität und Gender und zur Kunst- und Literaturgeschichte sowie zur Rezeptions- und Wissenschaftsgeschichte im 19. und 20. Jahrhundert. Dabei berücksichtigt sie auch Hilfs- und Randdisziplinen wie die Epigraphik und die Museumsgeschichte. Seit ihrer Jugend hegt sie ein besonderes Interesse an der Stadt Pompeji.

Der Kölner Althistoriker Karl-Joachim Hölkeskamp schrieb über ihre Publikationen: „In elegantem Duktus, aber mit spitzer Feder und erbarmungsloser Schärfe will sie sich erklärtermaßen daranmachen, die gesamte bisherige Forschung souverän-kritisch auseinanderzunehmen und das Dickicht aus trügerischen Sicherheiten und verstaubten Vorurteilen, hergebrachten Handbuchweisheiten und verbohrten Orthodoxien zu lichten.“[19] Der Tübinger Archäologe Manuel Flecker bemerkte zu ihrem Pompeji-Buch: „Kaum hinwegsehen lässt sich über den unnötigen Habitus Beards, andere stets ungenannte Forscher häufig explizit abzukanzeln oder auch zu loben, um sich so selbst im Zentrum der Deutungshoheit als entscheidende Wissensinstanz darzustellen.“[20]

Schriften (Auswahl)

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Monographien

Herausgeberschaften

  • (Hg., mit John North): Pagan Priests: Religion and Power in the Ancient World. 1990, ISBN 0-7156-2206-4.

Aufsätze

  • While Ridgeway lives research can ne’er be dull. In: C. Stray (Hrsg.): The Owl of Minerva: Cambridge Praelections 1906. (Cambridge, 2004)
  • Ciceronian Correspondences: making a Book out of Letters. In: T. P. Wiseman (Hrsg.): Classics in Progress, (London, 2002), S. 103–144.
  • The Roman and the Foreign: The Cult of the „Great Mother“ in Imperial Rome. In: Nicholas Thomas, Caroline Humphrey (Hrsg.): Shamanism, History, and the State (1996), S. 164–189 Google Bücher [5]
  • Re-reading (Vestal) virginity. In: Richard Hawley, Barbara Levick (Hrsg.): Women in Antiquity. New Assessments. Routledge, London/ New York 1995, ISBN 0-415-11368-7, S. 166–177.
  • Looking (harder) for Roman myth: Dumézil, declamation and the problems of definition. In: Fritz Graf (Hrsg.): Mythos in mythenloser Gesellschaft: das Paradeigma Roms (Colloquium Rauricum III, Stuttgart, 1993), S. 44–64.
  • Souvenirs of culture: deciphering (in) the museum. In: Art History. 15 (1992), S. 505–532.
  • A Complex of Times: no more sheep on Romulus' birthday. In: Proceedings of the Cambridge Philological Society. 1987, S. 1–15 (nachgedr. in: C. Ando (Hrsg.): Roman Religion (Edinburgh, 2003))
  • The Sexual Status of Vestal Virgins. In: Journal of Roman Studies. 70 (1980), S. 12–27.
Commons: Mary Beard – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Kurzbiographien

  • Seite in der Faculty of Classics, University of Cambridge (mit Photographie) [6]
  • Seite im Newnham College, Cambridge [7]
  • Kurzbiobibliographie in: Times Online, January 8, 2004 [8]
  • Kurzbiobibliographie in: The International Who’s Who of Women 2002 [9]

Zeitungsartikel über und Interviews mit Mary Beard

Blog

  • A Don’s Life, Times Online [13]

Beiträge zu Zeitungen und Zeitschriften

  • A very modern emperor, The Guardian, Saturday 19 July 2008 [14]
  • Airing the Classics, Times Online, January 18, 2008 [15]
  • Foreword zur Artikelreihe The Greek Myths, The Guardian, Friday 18 January 2008 [16]
  • Tacitus was no elitist, The Guardian, Tuesday 16 January 2007 [17]
  • A radical, short-lived and violent experiment: the origins of democracy, The Guardian, Saturday 29 April 2006 [18]
  • Power + knowledge + sex = ?, The Guardian, Friday 18 August 2006 [19]
  • Apart from vomitoriums and orgies, what did the Romans do for us?, The Guardian, Saturday 29 October 2005 [20]
  • The never ending story, The Guardian, Friday 30 April 2004 [21]
  • Beitrag zum 11 September. In: London Review of Books, vol. 23 no. 19, 4 October 2001 [22]
  • The Story of my rape, The Guardian, Friday 8 September 2000 [23]
  • Beiträge in: The New Review of Books, archive [24]

Einzelnachweise

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  1. Mary Beard, The Story of my rape, The Guardian, Friday 8 September 2000 [1]
  2. Beard veröffentlichte sogar Ratschläge für berufstätige Mütter: The Good Working Mother's Guide (1989), ISBN 0-7156-2278-1.
  3. Sather Professor of Classical Literature 2008 an der University of California, Berkeley Archivierte Kopie (Memento vom 26. Januar 2010 im Internet Archive)
  4. Geddes-Harrower Lectures 2009 https://www.abdn.ac.uk/news/3400/
  5. Mary Beard zum 11 September. In: London Review of Books. vol. 23 no. 19, 4 October 2001 [2].
  6. Die Bezeichnung bezieht sich auf ein Buch von Ward Churchill, On the Justice of Roosting Chickens: Reflections on the Consequences of U.S. Imperial Arrogance and Criminality. AK Press, 2003, ISBN 1-902593-79-0.
  7. Paul Laity, The dangerous don, Interview, in: The Guardian. Saturday 10 November 2007 [3]
  8. Ben Dowell: Mary Beard suffers 'truly vile' online abuse after Question Time". The Guardian, 21. Januar 2013, abgerufen am 4. August 2013 (englisch).
  9. Cambridge professor under fire for Boston immigration comments on BBC Question Time". Boston Standard, 21. Januar 2013, abgerufen am 4. August 2013 (englisch).
  10. Lark Turner: In Britain, an Authority on the Past Stares Down a Nasty Modern Storm. The New York Times, 15. Februar 2013, abgerufen am 16. Februar 2013 (englisch).
  11. Bomb threat tweet sent to classicist Mary Beard. BBC News, 4. August 2013, abgerufen am 4. August 2013 (englisch).
  12. Gina Thomas: Mary Beard im Gespräch: Nero war besser als sein Ruf. In: FAZ.NET. ISSN 0174-4909 (faz.net [abgerufen am 5. Juni 2022]).
  13. Professor Dame Mary Beard FBA. Abgerufen am 5. Juni 2022 (englisch).
  14. Winifred Mary Beard. Abgerufen am 5. Juni 2022 (englisch).
  15. Member History: Mary Beard. American Philosophical Society, abgerufen am 26. April 2018 (englisch, mit Kurzbiographie).
  16. Althistorikerin Beard erhält Prinzessin-von-Asturien-Preis, Deutschlandradio Kultur, abgerufen am 28. Mai 2016.
  17. Eintrag auf der Internetseite der Academia Europaea
  18. Mary Beard. In: Webseite der Gifford-Lectures. Gifford Trust, abgerufen am 22. Oktober 2020 (englisch).
  19. Karl-Joachim Hölkeskamp, Rezension zu Mary Beard, The Roman Triumph, Cambridge, Mass. 2007, in: Gnomon 82 (2010), S. 130–136, hier 130.
  20. Mary Beard: Pompeji. Reclam, Stuttgart 2011, ISBN 978-3-15-010755-3 (hsozkult.de [abgerufen am 5. Juni 2022]).
  21. Auf die alten Römer hören in Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung 9. November 2015, Seite 61