Neuschöpfung
Unter Neuschöpfung (auch: Wortneuschöpfung, Wortschöpfung, Urschöpfung, Wortneubildung) versteht man ein neugebildetes Wort, das im Gegensatz zur Wortbildung nicht aus bereits bekannten Morphemen hergeleitet ist, sondern lautlich neu entwickelt wurde. (Fleischer & Barz 1995: 5f.; Erben 1993: 18f.) Gelegentlich wird Neuschöpfung aber auch mit Neologismus gleichgesetzt.[1] Der Begriff wird also nicht von allen Autoren im gleichen Sinne verwendet. Die folgenden Beispiele gelten nur für die zuerst genannte Auffassung von Neuschöpfung.
Beispiele
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Neuschöpfungen kommen vor:
- in der Werbung: „Kelts“ für eine Biermarke
- in der Literatur: englisches Beispiel „Quark“ [kvɔːk] aus James Joyce’ Finnegans Wake (in der Physik heute im Sinne von speziellen Elementarteilchen); das von Lewis Carroll erfundene Verb „to galumph“
- in der Wissenschaft: „Gas“, bewusste Neuschöpfung in Anlehnung an „Chaos“
- in der Science fiction: „Stimic“ für ein Musikinstrument
- im Alltag: englisches Beispiel „Blurb“ für „Klappentext“
- in der Kindersprache: „dongen“ (mit unklarer Bedeutung)[2], Kindersendungen (Urmel = kleiner Drache)
- in linguistischen Experimenten, besonders bekannt: „wug“ für ein vogelähnliches Tierbild[3]
Sie werden aber nur ganz selten in Wörterbücher aufgenommen.
Anders als Komposita, Ableitungen und andere Formen der Wortbildung spielen sie in der Gegenwartssprache nur eine geringe Rolle. Für die Anfangszeiten der Sprachentwicklung wird aber vermutet, dass Neuschöpfungen ein bedeutsames Mittel der Wortbildung waren (Bußmann 2002).
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Hadumod Bußmann (Hrsg.) unter Mitarbeit von Hartmut Lauffer: Lexikon der Sprachwissenschaft. 4., durchgesehene und bibliographisch ergänzte Auflage. Kröner, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-520-45204-7.
- Elke Donalies: Die Wortbildung des Deutschen. Ein Überblick. Narr, Tübingen 2002; 2. Auflage 2005, ISBN 3-8233-5157-5.
- Johannes Erben: Einführung in die deutsche Wortbildungslehre. 3. neubearbeitete Auflage. Schmidt, Berlin 1993, ISBN 3-503-03038-7.
- Wolfgang Fleischer, Irmhild Barz, unter Mitarbeit von Marianne Schröder: Wortbildung der deutschen Gegenwartssprache. 2., durchgesehene und ergänzte Auflage. Niemeyer, Tübingen 1995, ISBN 3-484-10682-4.
- Hermann Paul: Prinzipien der Sprachgeschichte. 4. Auflage. Niemeyer, Halle (Saale) 1909. Kapitel „Urschöpfung“, S. 174–188.
- Oliver Siebold: Wort – Genre – Text. Wortneubildungen in der Science Fiction. Narr, Tübingen 2000, ISBN 3-8233-5850-2 (zugleich Dissertation an der FU Berlin).
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Helmut Glück (Hrsg.), unter Mitarbeit von Friederike Schmöe: Metzler Lexikon Sprache. 3., neu bearbeitete Auflage. Metzler, Stuttgart/Weimar 2005, ISBN 3-476-02056-8 (Artikel „Neologismus“).
- ↑ Hilke Elsen: Erstspracherwerb. Der Erwerb des deutschen Lautsystems. Deutscher Universitäts-Verlag, Wiesbaden 1991, ISBN 3-8244-4087-3, S. 174.
- ↑ Jean Berko: Das Erlernen der englischen Morphologie durch das Kind. In: Wolfgang Eichler, Adolf Hofer (Hrsg.): Spracherwerb und linguistische Theorien. Texte zur Sprache des Kindes. Piper, München 1974, ISBN 3-492-02066-6, S. 215–242.