3. Sinfonie (Bernstein)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Die Sinfonie Nr. 3, genannt Kaddisch (englisch: „Kaddish“, deutsch: Totengebet), wurde 1963 von Leonard Bernstein für Orchester, gemischten Chor, Knabenchor und Sopran-Solo im Auftrag des Boston Symphony Orchestra komponiert.

Werkbeschreibung

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bernstein thematisiert in der Sinfonie das jüdische Gebet Kaddisch, aus dem er Teile verwendet. Der übrige Text stammt von ihm selbst.

Die Sinfonie ist in drei Teile gegliedert:

  • „Anrufung“/Invocation (Kaddish 1),
  • „Prüfung nach dem Gesetz“/„Din Torah“ (Kaddish 2) und
  • „Scherzo - Finale“ (Kaddish 3).

Das Stück dauert etwa 40 Minuten.

Ein gealterter Mann wendet sich an den Vater, um sein Kaddisch zu sprechen. Der Chor singt das erste Totengebet des Mannes. Im Anschluss stellt der Mann seine Forderungen an den Vater: Ordnung und Frieden auf der Erde, seinem Geschenk.

Übersetzbar mit Prüfung durch sein Gesetz, fordert es Rechenschaft von dem Vater, der zu viel geschehen lasse. Es folgt das zweite Totengebet.

Getragen von der Bitte / Forderung nach einem neuen Bund. Schließlich, nach dem dritten Kaddish, kommt es dazu.

Die Uraufführung der Erstfassung fand am 10. Dezember 1963 in Tel Aviv statt. Das Werk ist dem US-Präsidenten John F. Kennedy gewidmet, der wenige Wochen vor der Uraufführung erschossen worden war.

Bernstein bestand zunächst auf einer weiblichen Sprecherrolle, revidierte dies aber später und arbeitete 1977 den Text um. Diese revidierte Fassung wurde am 20. August 1977 unter der Leitung des Komponisten beim Festival Carinthischer Sommer im Kongreßhaus Villach (heute Congress Center Villach) uraufgeführt.

In der Rezeption wurden bei Einspielungen und Aufführungen des Werkes immer wieder Umarbeitungen des Textes angewandt. Jamie Bernstein, eine Tochter des Komponisten, arbeitete für die Aufnahme von Leonard Slatkin den Text ebenso um wie 2003 der Holocaust-Überlebende Samuel Pisar (1929–2015), den Bernstein selbst schon um eine neue Textfassung gebeten hatte.

  • Andrew Bernard: Two Musical Perspectives of Twentieth-Century Pacifism – An analytical and historical view of Britten's War Requiem and Bernstein's Kaddish Symphony. maschinenschrift. Diss (DMA), University of Washington, 1990, S. 182–225.
  • Jack Gottlieb: The Music of Leonard Bernstein – A Study in Melodic Manipulations. maschinenschrift. Diss. (DMA) University of Illinois, 1964, S. 119–137.
  • Alexander Niemeyer: Musik und Gedächtnis bei Ernest Bloch und Leonard Bernstein: Kultursemiotische und unterrichtsdidaktische Studien zum erinnerungskulturellen Potential von Musik. Univ. Diss. Paderborn 2014, S. 487–663 [elektronische Ressource (Open Source), Link: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:hbz:466:2-17132].
  • Karen Rasmussen: Transcendence in Leonard Bernstein's Kaddish Symphony. In: The Quarterly Journal of Speech. 80.2 (1994), S. 150–173. [elektronische Ressource (lizenziert), Link: https://www.tandfonline.com/doi/abs/10.1080/00335639409384065].
  • Thomas Röder, Klaus Meyer: Die Symphonien Leonard Bernsteins. In: Reinhold Duseln und Helmut Loos (Hrsg.): Leonard Bernstein – Der Komponist. Boosey & Hawkes, Bonn 1989, ISBN 3-87090-207-8, S. 75–92.
  • Alexandra Scheibler: "Ich glaube an den Menschen" – Leonard Bernsteins religiöse Haltung im Spiegel seiner Werke. (= Studien und Materialien zur Musikwissenschaft. Bd. 22). Olms, Hildesheim 2001, ISBN 3-487-11344-9, S. 83ff.
  • David M. Schiller: ‘My Own Kaddish’ – Leonard Bernstein's Symphony No. 3. In: Jack Kugelmass (Hrsg.): Key Texts in American Jewish Culture. Rutgers University Press, 2003, ISBN 0-8135-3221-3, S. 185–196.
  • Ulrich Walker: Krisenszenarien und Weltanschauungsmusik: Bernsteins Sinfonien. In: Andreas Eichhorn (Hrsg.): Leonard Bernstein und seine Zeit. Laaber, Laaber 2017, ISBN 978-3-89007-768-0, S. 86–102.