4,4′-Thiodianilin

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Strukturformel
Strukturformel von 4,4′-Thiodianilin
Allgemeines
Name 4,4′-Thiodianilin
Andere Namen
  • Bis(4-aminophenyl)sulfid
  • 4,4′-Diaminodiphenylsulfid
  • 4,4′-Diaminodiphenylthioether
Summenformel C12H12N2S
Kurzbeschreibung

kristalliner violetter Feststoff[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 139-65-1
EG-Nummer 205-370-9
ECHA-InfoCard 100.004.883
PubChem 8765
ChemSpider 8435
Wikidata Q10859491
Eigenschaften
Molare Masse 216,31 g·mol−1
Aggregatzustand

fest[1]

Schmelzpunkt

105–107 °C[1]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung aus Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 (CLP),[2] ggf. erweitert[1]
Gefahrensymbol Gefahrensymbol Gefahrensymbol

Gefahr

H- und P-Sätze H: 302​‐​350​‐​411
P: 201​‐​273​‐​301+312+330​‐​308+313[1]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

4,4′-Thiodianilin (TDA) ist ein primäres aromatisches Amin aus der Gruppe der Thioether. Es handelt sich um ein substituiertes Diphenylsulfid.

Die Synthese von 4,4′-Thiodianilin wurde erstmals 1871 von Victor Merz und Wilhelm Weith beschrieben.[3] Die direkte Umsetzung von Schwefel mit Anilin in Gegenwart von Blei(II)-oxid liefert als Hauptprodukt das 4,4′-Thiodianilin neben den 1,1′- und 1,4′-Thiodianilin-Isomeren.[4]

Durch eine unabhängige Synthese von 4,4′-Thiodianilin aus 4-Chlornitrobenzol und Natriumsulfid und anschließender Reduktion des Dinitrophenylsulfids[5] mit Zinkstaub konnten Rudolf Nietzki und Heinrich Bothof 1894 die Struktur beweisen.[6]

Synthese von 4,4′-Thiodianilin aus 4-Nitrochlorbenzol und Natriumsulfid und anschließender Reduktion mit Zinkstaub
Synthese von 4,4′-Thiodianilin aus 4-Nitrochlorbenzol und Natriumsulfid und anschließender Reduktion mit Zinkstaub

TDA ist nicht brennbar, kann sich jedoch beim Erhitzen zu reizenden und giftigen Dämpfen (Nitrose Gase, Stickoxide und Schwefeloxide) zersetzen.[1]

Nach dem Global harmonisierten System zur Einstufung und Kennzeichnung von Chemikalien ist die Verbindung als Karzinogen in der Kategorie 1B (Stoffe, die wahrscheinlich beim Menschen karzinogen sind) eingestuft.[1]

4,4′-Thiodianilin kann als Diazokomponente bei der Herstellung von Azofarbstoffen eingesetzt werden. Nach der Bedarfsgegenständeverordnung besteht jedoch ein Verwendungsverbot von Azofarbstoffen, welche dieses primäre aromatische Amin abspalten, für Textil- und Ledererzeugnisse die längere Zeit mit der menschlichen Haut oder der Mundhöhle direkt in Berührung kommen können.[7]

Das Sulfon-Analogon 4,4′-Diaminodiphenylsulfon (Dapson) ist ein Arzneistoff.

Einzelnachweise

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  1. a b c d e f g Eintrag zu 4,4'-Thiodianilin Vorlage:Linktext-Check/Apostroph in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 20. Januar 2021. (JavaScript erforderlich)
  2. Eintrag zu 4,4'-thiodianiline and its salts Vorlage:Linktext-Check/Apostroph im Classification and Labelling Inventory der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), abgerufen am 21. Januar 2021. Hersteller bzw. Inverkehrbringer können die harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung erweitern.
  3. V. Merz, W. Weith: Ueber Thioanilin und Thiotoluidin. In: Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft. Band 4, Nr. 1, Januar 1871, S. 384, doi:10.1002/cber.187100401131.
  4. Herbert Henry Hodgson: Direct sulphuration of aniline. In: J. Chem. Soc., Trans. Band 1924, Nr. 125, Januar 1924, S. 1855–1858, doi:10.1039/CT9242501855.
  5. Externe Identifikatoren von bzw. Datenbank-Links zu Bis(4-nitrophenyl)sulfid: CAS-Nr.: 1223-31-0, EG-Nr.: 214-950-0, ECHA-InfoCard: 100.013.591, PubChem: 14655, ChemSpider: 13988, Wikidata: Q72446614.
  6. R. Nietzki, Heinrich Bothof: Zur Kenntniss des Thioanilins. In: Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft. Band 27, Nr. 3, Oktober 1894, S. 3261–3263, doi:10.1002/cber.189402703119 (zenodo.org).
  7. Stoffe, die bei dem Herstellen oder Behandeln von bestimmten Bedarfsgegenständen nicht verwendet werden dürfen. In: Bedarfsgegenständeverordnung Anlage 1 (zu § 3). Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, abgerufen am 21. Januar 2021.