Abraham Friedmann

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Abraham Friedmann (* 11. Juli 1873 in Autenhausen; † 6. Mai 1938 in Paris)[1] war ein deutscher Kaufmann. Er wurde vom NS-Regime aufgrund seiner jüdischen Herkunft verfolgt und emigrierte 1935 nach Frankreich. Die Differenzen zwischen Friedmann und dem Ortsgruppenleiter der NSDAP in Coburg Franz Schwede führten 1929 zu einem Volksentscheid in Coburg, der die erste NSDAP-Stadtratsmehrheit in Deutschland zur Folge hatte.

Friedmann wohnte in Autenhausen im Haus Nr. 40, heute Lindenstraße 15. Er kam 1902 als Viehhändler nach Coburg.[2] Als Teilnehmer des Ersten Weltkriegs wurde er 1914 verwundet und kehrte nach der Entlassung aus dem Lazarett nach Coburg zurück. In der Folge hatte er das Amt des Leiters der Bezirksschlächterei bis Kriegsende inne. Für seine Leistungen erhielt er den Titel Kommissionsrat.[3]

Ketschendorfer Straße 2 in Coburg

Im Jahr 1916 geriet die Coburger Fleischwarenfabrik C. Großmann in finanzielle Schwierigkeiten. Friedmann gewährte dem Unternehmen ein Darlehen, das es nach dem Ersten Weltkrieg nicht zurückzahlen konnte. Friedmann wurde in der Folge Teilhaber. Im Jahr 1919 wurde er Generaldirektor der Coburger Fleischwarenfabrik C. Großmann und bezog ein Haus in der Ketschendorfer Straße 2, das er erworben hatte. Nach der Umfirmierung in eine Aktiengesellschaft am 1. Juli 1922 wurde er Hauptaktionär und alleiniger Vorstand des Fleischwarenunternehmens. Am 15. Oktober 1922 kam es anlässlich des Deutschen Tags vor Friedmanns Wohnhaus zu einer antijüdischen Kundgebung durch etwa 30 SA-Männer, wobei ihm Totschlag angedroht wurde. Hintergrund waren Gerüchte, er habe 100.000 Reichsmark bezahlt, damit gegen die NSDAP demonstriert wird.[3]

Die 1926 gegründete Parteizeitung Weckruf der Coburger NSDAP-Ortsgruppe warf Friedmann Feigheit im Ersten Weltkrieg vor und dass er ein Kriegsgewinnler sei. Ende 1928 begann sie eine fünfteilige Hetz- und Verleumdungskampagne gegen ihn. Unter anderem wurde unterstellt, Friedmann wolle sich den Kommerzienrat-Titel kaufen. Gleichzeitig brachte Franz Schwede, der Angestellter bei den städtischen Werken war, am 10. Dezember 1928 im städtischen Polizei- und Verwaltungsrat einen Dringlichkeitsantrag gegen die Verleihung des Titels Kommerzienrat an Friedmann ein. Friedmann wehrte sich gegen die Angriffe durch eine einstweilige Verfügung gegen den Weckruf. Außerdem wies er den Arbeitgeber des Maschinenmeisters Schwede auf Überlegungen hin, wegen der Verunglimpfungen, die Koks- und Stromabnahmen für die Großmann AG einstellen zu lassen. Die Leitung der städtischen Werke und der Stadtrat forderten Schwede auf, sich schriftlich zu verpflichten bei seinen politischen Aktivitäten die Pflichten gegenüber seinem Arbeitgeber zu beachten und in diesem Sinne auch auf die ihm nahestehende Presse einzuwirken. Schwede unterzeichnete die Erklärung nicht. Weitere Weckruf-Artikel, unter anderem mit der Behauptung, Friedmann habe Schwedes Entlassung gefordert, ließen die Angelegenheit eskalieren und Vermittlungsversuche scheiterten. Am 13. Februar 1929 kündigten die städtischen Werke Schwede wegen dessen maßlosen öffentlichen Angriffe auf einen Großabnehmer. Am 22. Februar bestätigte dies der Stadtrat mit 14:10 Stimmen. In der Folge konnte die NSDAP am 5. Mai 1929 erfolgreich mit einem Volksentscheid die Auflösung des Stadtrates initiieren. Die Neuwahl war am 23. Juni 1929 und führte zur absoluten Sitzmehrheit der NSDAP im Stadtrat.[4]

Stolperstein vor Ketschendorfer Straße 2

In der Nacht vom 14. zum 15. März 1933 brachen junge Männer in das Wohnhaus von Friedmann ein, vergifteten seine Hunde und verschleppten ihn in den Finkenauer Wald. Dort wurde er mit Peitschen und Gummiknüppeln schwer misshandelt. Sein anschließender Krankenhausaufenthalt dauerte bis zum 18. März 1933. In derselben Zeit wurde er bei Großmann entlassen. In der Folge zog er nach Berlin zu seiner Tochter Berta Landauer und 1935 nach Paris zu seiner zweiten Tochter.[3] Friedmann hielt etwa 25 % aller Aktien der Großmann AG, die „arisiert“ wurde. Er konnte daher eine Hypothek auf sein Wohnhaus nicht mehr begleichen. Im Frühjahr 1935 beantragte die Dresdner Bank die Zwangsversteigerung und der Coburger Unternehmer Max Brose ersteigerte zusammen mit seinem Geschäftspartner Ernst Jühling das Anwesen. Das Gebäude wurde in der Folge für Werkswohnungen genutzt. Ein Rückerstattungsverfahren, das die Töchter von Friedmann beantragt hatten, wurde 1953 mit einem Vergleich beendet. 1956 verkaufte das Unternehmen Brose das Anwesen.[3]

Einzelnachweise

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  1. Harald Sandner: Coburg im 20. Jahrhundert. Die Chronik über die Stadt Coburg und das Haus Sachsen-Coburg und Gotha vom 1. Januar 1900 bis zum 31. Dezember 1999 – von der „guten alten Zeit“ bis zur Schwelle des 21. Jahrhunderts. Gegen das Vergessen. Verlagsanstalt Neue Presse, Coburg 2000, ISBN 3-00-006732-9, S. 151
  2. Ausstellung des Arbeitskreises „Jüdisches Autenhausen“ im Landratsamt Coburg, März 2024
  3. a b c d Hubert Fromm: Die Coburger Juden. Geduldet – Geächtet – Vernichtet. Evangelisches Bildungswerk Coburg e.V. und Initiative Stadtmuseum Coburg e.V. (Hrsg.), 3. überarbeitete und erweiterte Auflage, Coburg 2012, ISBN 978-3-938536-01-8, S. 226–230.
  4. Joachim Albrecht: Die Avantgarde des Dritten Reiches – Die Coburger NSDAP während der Weimarer Republik 1922–1933. Peter Lang GmbH Europäischer Verlag der Wissenschaften, Frankfurt am Main 2005, ISBN 3-631-53751-4, S. 107–118.