Acceptilatio

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Die Acceptilatio (acceptum ferre = quittieren[1]) war ein Fall der Haftungslösung im Wege des Erlasses. Notwendig war sie, wenn die Verbindlichkeit des Schuldners durch Stipulation (förmliches Versprechenlassen) begründet worden war. Die Schuldbefreiung war formgebunden, seitdem der Schuldner für seine persönliche Enthaftung eine bestimmte Form verlangen durfte.[2] Die Parteien bedienten sich – in einem Konträrakt zur Stipulation – der für die Vertragsbegründung vorgesehenen Form des Frage-Antwort-Modus.[3]

Ursprünglich flankierte die Form tatsächliche Zahlungen, später wurde sie allein für Erlasszwecke verwendet, wenn der Wortlaut des Verbalkontraktes nicht erfüllt wurde.[4] Die Befreiungswirkung entsprach der Erfüllungswirkung. Auf den Rechtsgrund, der den Gläubiger bewog, die Schuld zu erlassen (etwa Schenkung, Mitgift (dos) oder dergleichen), kam es nicht an.[5] Geschäftsquittierungen erfolgten entweder „mündlich“ oder „förmlich durch Eintrag ins Schuldbuch“ (tabulae accepti et expensi).[6] Ob aus einer ungültigen acceptilatio in der klassischen Zeit in ein formloses Erlasspaktum ausgewichen wurde, ist umstritten.[7]

Andere obligatorische Geschäfte (beispielsweise Konsensualkontrakte) waren rechtsgeschäftlich zuerst in Stipulationsschulden umzuwandeln, damit das novierte Geschäft die Wirkung einer vertraglichen Loslösung erzielen konnte.[8]

Die acceptilatio stammt aus altziviler Zeit, soll aber nicht bereits in den Zwölftafeln verankert gewesen sein.[2] Erste quellenwirksame Erwähnung fand die Quittierungsform in der lex Aquilia.[9]

  1. Horaz, Ep. II 1, 324.
  2. a b Max Kaser: Das Römische Privatrecht. Erster Abschnitt: Das altrömische, das vorklassische und klassische Recht (= Handbuch der Altertumswissenschaft. Zehnte Abteilung, Dritter Teil, Dritter Band, Erster Abschnitt). 2. Auflage. C. H. Beck, München 1955, § 45, S. 154–156 (156).
  3. Schuldner fragt: Quod ego tibi promisi, habesne acceptum?; Gläubiger antwortet: Habeo. (Gaius 3, 169).
  4. Gaius 3, 170.
  5. Ulpian, Digesten 23,3,43 pr.
  6. Julius Baron: Geschichte des römischen Rechts. Berlin 1884. I § 119.
  7. Quellenlage: Paulus, Digesten 2,14,27,9; Ulpian, Digesten 46,4,8 pr; 19 pr.; Deutung für Unechtheit: Gerhard von Beseler, Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, 47 (1927), S. 357 f.; a. A.: Salvatore Riccobono, St. Bonfante I S. 153 ff.
  8. Max Kaser: Das Römische Privatrecht. Erster Abschnitt: Das altrömische, das vorklassische und klassische Recht. 2. Auflage. C. H. Beck, München 1955. § 150, S. 536.
  9. Gaius 3, 215.