Achselhaar

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Mann mit Achselhaaren
Frau mit Achselhaaren

Achselhaare (lateinisch hirci[1]) nennt man Haare, die in den Achselhöhlen von Menschen wachsen. Sie sind als Teil der Körperbehaarung sekundäres Geschlechtsmerkmal.[2][3] In den Achselhöhlen finden sich neben den ekkrinen Schweißdrüsen, die beim Menschen praktisch über den ganzen Körper verteilt sind, noch die apokrinen Schweißdrüsen, die vor allem oder ausschließlich in behaarten Körperarealen, so der Achsel- und Genitalregion sowie an den Brustwarzen, vorkommen. Sie produzieren unter anderem Pheromone, die über das Jacobsonsche Organ oder auch Vomeronasale Organ wahrgenommen werden können und als Botenstoffe dienen.[4]

Die Achselbehaarung entwickelt sich bei beiden Geschlechtern während der Pubertät, zumeist erst im späteren Verlauf der Ausprägung anderer Geschlechtsmerkmale.[2] Achselhaare dienen der Schweißaufnahme, sind aber wie auch die Schamhaare sekundäres Geschlechtsmerkmal und dienen einerseits als optischer Reiz, andererseits aber auch (durch bessere Verteilung bzw. größere Oberfläche) verstärkend bei der Entsendung von Sexual-Lockstoffen (Pheromonen), die durch das Vomeronasale Organ registriert werden. Ferner dient die Achselbehaarung zur Reduzierung von Reibung in den Achselhöhlen.

Achselhaare können (wie Haupt- und Schamhaar) in Farbe, Form und Dichte individuell sehr unterschiedlich sein. Die Ausprägung der Achselhaare ist nicht nur von der genetischen Veranlagung und vom Androgen-Spiegel des Individuums abhängig, sondern auch von anderen Faktoren, wie Reibung und Klima. Menschen in heißen Klimazonen weisen evolutionsbedingt in der Regel stärkere Achselbehaarung auf, da die Verdunstungskälte des dort aufgenommenen Achselschweißes der Körperkühlung dient.[5] Das Wachstum der Achselhaare hört nicht mit einer bestimmten Haarlänge auf, die Haare haben vielmehr genetisch bedingt nur eine bestimmte Lebensdauer von ca. sechs Monaten und fallen dann aus.[6] Ein Kopfhaar dagegen wird bis zu sieben Jahre alt.

Entfernung der Achselhaare

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Werbung für die Entfernung des Achselhaars
Mensch mit entfernten Achselhaaren

In den meisten Kulturkreisen in Europa, den USA oder im Orient entfernen viele Menschen ihre Achselhaare. Zunächst entfernten im westlichen Kulturkreis besonders Frauen die Achselhaare, seit Anfang des 21. Jahrhunderts nimmt die Rasur der Achselhaare auch bei Männern zu. In einer repräsentativen Umfrage 2012 unter Männern im Alter zwischen 14 und 29 gaben 43,3 % an, die Achselhaare zu entfernen.[7] Dabei kam die Entfernung der Körperbehaarung generell als Modetrend und Ausdruck von Femininität in den USA bereits zwischen 1915 und 1945 auf und verbreitete sich danach erst in Europa (im Vereinigten Königreich früher als in Frankreich[8]).[9]

Im Orient hat die Haarentfernung vorwiegend religiöse Gründe, die hier in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Begriff der Hygiene stehen. Die Reinlichkeitsvorschriften der Fitra im Islam verlangen unter anderem das Auszupfen der Achselhaare und die Entfernung der Schamhaare nach spätestens „40 Nächten“. Dies erfolgt entweder durch Rasur oder Epilation (z. B. mit Hilfe von Halawa) und gilt sowohl für Frauen als auch für Männer.

Im Buddhismus hingegen verbieten die Ordensregeln der Mönche das Entfernen der Achselbehaarung.[10]

Bereits im römischen Altertum zur Zeit der ersten Kaiser wurden Achsel- und Schamhaare als kosmetischer Übelstand empfunden und mit dem Begriff der Unreinlichkeit und des Übelriechenden verbunden. Im westlichen Kulturkreis heutiger Zeit entfernen Frauen vor allem in der wärmeren Jahreszeit aus ästhetischen Gründen ihre Achselhaare, da deren Sichtbarkeit beim Tragen der sehr verbreiteten ärmellosen Tops und Kleider als ungepflegt empfunden wird.[11][12] Bereits ältere Spielfilme belegen, dass Frauen, die im Rampenlicht standen, aus optischen Gründen ihre Achselhaare entfernten. Zumindest in Westdeutschland war natürliche Achselbehaarung auch bei Frauen vor 1980 noch üblich, in der DDR bis zu deren Ende. Mitte der 1980er-Jahre sorgte die Sängerin Nena aufgrund ihrer unrasierten Achselhaare in der englischen Boulevardpresse für Gesprächsstoff. Bei einem Konzert in England wurden jedoch von Fans Spruchbänder mit der Aufschrift „Nena, wir lieben deine haarigen Achseln!“ hochgehalten.[13] Die Rasurverweigerung der damals noch jungen Juliette Lewis wurde in manchen Medien als „ungeheure Demonstration rebellischer Eigenartigkeit“ gesehen.[14] Auch Patti Smith zeigte auf dem Plattencover von Easter ihre Achselhaare. Die Zeitschrift Vogue wollte Helmut Newtons Fotoaufnahmen von Hanna Schygulla nicht veröffentlichen, weil sie fast immer ihre Achselhaare zeigte.[15] Auch heute noch wird das Tragen von Achselhaaren im Foto- und Filmbereich medienwirksam thematisiert, wie z. B. im Fall von Drew Barrymore beim Besuch der Fashion Week in New York und von Julia Roberts 1999 bei der Premiere von Notting Hill.

Seit den 1980er Jahren gilt natürliche Achselbehaarung in der westlichen Kultur bei Frauen zunehmend als Normverletzung, während Achselbehaarung beim Mann eher akzeptiert wird. Dennoch gehört die Entfernung der Achselhaare seit Ende des 20. Jahrhunderts vielerorts zum Schönheitsideal bei Männern. Besonders bei jungen Menschen nimmt die Anzahl der Rasierenden jährlich zu, nicht selten im Zusammenhang mit dem Entfernen sämtlicher Körperbehaarung außerhalb des Haupthaares.

Gesundheit und Hygiene

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Wie auch die Intimrasur kann die Achselrasur zu unangenehmen Reizungen der empfindlichen Achselhaut führen.

Eine behaarte Achsel, in der sich Schweiß sammelt, führt bei vielen Menschen zu der Assoziation, man würde mit Achselbehaarung mehr schwitzen. Dies ist nicht der Fall, allenfalls können die geruchsbildenden Bakterien schwieriger abgewaschen werden, so dass behaarte Achseln zwar nicht häufiger, aber je nach individueller Veranlagung gründlicher gereinigt werden sollten als enthaarte Achseln. Die Tatsache, dass sich aufgrund der ästhetischen Normen (siehe oberer Abschnitt) hauptsächlich Frauen die Achseln enthaaren, obwohl Frauen weniger Schweiß absondern als Männer, zeigt den Vorrang des ästhetischen Aspektes gegenüber dem Hygienischen.

Fotomodell mit Achselhaaren aus dem Jahr 1890

Die sexuelle Einstellung gegenüber Achselhaaren unterscheidet sich auch kulturell. In einigen Kulturen gelten sie als besonders anziehend und erotisch, während sie in anderen Kulturräumen eher als abstoßend empfunden werden.

Auch in den heutigen westlichen Kulturen reichen die Ansichten von ästhetisch und hygienisch begründeter Ablehnung über Gleichgültigkeit bis hin zu erotischer Anziehung und vereinzelt zum Fetischismus, wie zum Beispiel beim japanischen Schriftsteller Mishima Yukio, dessen Fetische „männliche Achselhaare, Schweiß und weiße Handschuhe“ waren.[16]

Neben optischen Gründen soll die Entfernung der Körperbehaarung und somit auch der Achselbehaarung in einigen Sportarten, beispielsweise beim Schwimmen, zur Minimierung des Strömungswiderstandes beitragen.[17]

In den Nullerjahren waren grell gefärbte Achselhaare in jugendlichen Subkulturen verbreitet. So bezeichnete der mehrfach preisgekrönte Star-Visagist René Koch in der Sendung des WDR Böttingers Gäste – „Kleider machen Leute“ vom 8. Oktober 2005 das Färben der Achselbehaarung bei Männern als seit einigen Jahren modischen Trend.

Commons: Underarm hair – Sammlung von Bildern und Audiodateien
Wiktionary: Achselhaar – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

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  1. Hirci (lat.; pl.) von hircus „Bock“ oder auch „Achselhaare“. Hircismus bedeutet „Bocksgeruch der Achselhöhle“.
  2. a b Friederike Werny, Stefan Schlatt: Pubertät, Adoleszenz, Menopause. In: Ralf Brandes, Florian Lang, Robert F. Schmidt (Hrsg.): Physiologie des Menschen. 32. Auflage. Springer, Berlin 2019, ISBN 978-3-662-56467-7, Kap. 82, S. 978 f., doi:10.1007/978-3-662-56468-4_82.
  3. Geschlechtsmerkmale. In: Pschyrembel Online. April 2016, abgerufen am 17. Juni 2023.
  4. J. Verhaeghe, R. Gheysen, P. Enzlin: Pheromones and their effect on women's mood and sexuality. In: Facts, views & vision in ObGyn. Band 5, Nummer 3, 2013, S. 189–195, PMID 24753944, PMC 3987372 (freier Volltext) (Review).
  5. Walter Landauer: Die Vererbung von Haar- und Hautmerkmalen, ausschließlich Färbung und Zeichnung, mit Berücksichtigung von Rassedifferenzierung und Deszendenz. In: Molecular and General Genetics MGG. Heidelberg, Dezember 1926.
  6. Ilka Lehnen-Beyel: Warum Haare ständig wachsen. In: New Scientist. 4. November, S. 39.
  7. Der nackte Mann: 30 Prozent rasieren mehr als nur den Bart. In: abendblatt.de. 20. Februar 2012, abgerufen am 26. Dezember 2014.
  8. Paul McCartney: Lyrics. 1956 bis heute. Hrsg. mit einer Einleitung von Paul Muldoon. Aus dem Englischen übersetzt von Conny Lösche. C. H. Beck, München 2021, ISBN 978-3-406-77650-2, S. 53.
  9. Susan A. Basow: Women and Their Body Hair. In: Psychology of Women Quarterly. Band 15, 1991, S. 83–96, doi:10.1111/j.1471-6402.1991.tb00479.x.
  10. Alois Payer: Vinayamukha: Grundbegriffe der Ordensregeln und des Ordensrechts des Theravāda. Teil II. Materialien zu den Grundbegriffen des Buddhismus. Fassung vom 21. April 2006.
  11. Wenke Husmann: Geschmacksfragen. In: Leben. Die ZeitOnline, 2. Juni 2006.
  12. Bericht über die Studie von Susan Basow Der Klügere trägt Achselhaar. In: Berliner Zeitung. vom 30. August 2000.
  13. Falter: Die mit den Luftballons (Memento vom 21. August 2011 im Internet Archive) Interview, 2001.
  14. Günter Göckenjahn: Schnell gelebt. (Memento des Originals vom 1. Juli 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.berliner-zeitung.de In: Berliner Zeitung. vom 5. Juli 2004.
  15. Helmut Newton, Karl Lagerfeld: Big nudes. Erweiterte, neu lithographierte Ausgabe, Schirmer/Mosel, München 1990, ISBN 3-88814-355-1 / Helmut Newton: Autobiographie. 1. Auflage, Bertelsmann, München 2002, ISBN 3-570-00672-7.
  16. Yukio Mishima: Geständnis einer Maske. Rowohlt, Reinbek 1964.
  17. Martin Holfeld: Didaktische Aufarbeitung chemischer Inhalte aus dem Sport für den fachübergreifenden Chemie-Sport-Unterricht.4.5.8 Schwimmanzüge. Dissertation, Universität Justus-Liebig-Universität Gießen, 2005. Auf: d-nb.info; zuletzt abgerufen am 11. September 2023.