Acylhydrazone

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Allgemeine Struktur der Acylhydrazone

Acylhydrazone sind eine Stoffgruppe der organischen Chemie. Es handelt sich um Hydrazone die am N′ eine Acylgruppe tragen. Alternativ können sie auch als Derivate von Carbonsäurehydraziden aufgefasst werden, wobei die Hydrazin-Einheit gegen eine Hydrazon-Einheit getauscht ist.

Gyromitrin ist ein natürlich vorkommendes Acylhydrazon, wobei die Acylgruppe eine Formylgruppe ist. Es kommt neben analogen Verbindungen mit längerer Alkylkette in der Frühjahrs-Giftlorchel (Gyromitra esculenta) vor. Diese Verbindungen sind stark giftig, insbesondere hepatotoxisch, sowie krebserregend, wofür vermutlich die Bildung von Methylhydrazin durch Hydrolyse verantwortlich ist.[1]

Acylhydrazone können aus einem Aldehyd und einem Carbonsäurehydrazid hergestellt werden, indem die Edukte bei Raumtemperatur in Dimethylformamid umgesetzt werden.[2]

Acylhydrazon-Einheiten spielen eine wichtige Rolle als Linker, beispielsweise für Antikörper-Wirkstoff-Konjugate. Der pH-Wert in Tumorgewebe ist im Allgemeinen saurer als typischen physiologischen Umständen. Säurelabile Linker können dadurch für eine gezielte Freisetzung sorgen. Acylhydrazone sind hierfür besonders interessant, da sie bei einem gewöhnlichen physiologischen pH-Wert (pH = 7) stabil sind, jedoch bei einem pH = 5 schnell hydrolysiert werden. Das erste Antikörper-Wirkstoff-Konjugat, das in der Humanmedizin zugelassen wurde, war im Jahr 2000 Gemtuzumab-Ozogamicin und enthielt einen solchen Linker. Das Präparat wurde gegen Leukämie eingesetzt, der Wirkstoff war dabei ein cytotoxisches Derivat des Calicheamicins. Ein neueres Präparat ist Inotuzumab-Ozogamicin, das denselben Linker enthält.[3]

Beispiel für einen Acylhydrazonlinker, der beispielsweise für das Präparat Gemtuzumab-Ozogamicin verwendet wird. Über die linker Seite („X“) ist der Antikörper angebunden, über die rechte („Y“) der Wirkstoff.[3] Die Acylhydrazon-Einheit ist auf der rechten Seite zu sehen
Cuprizon

Auch einige andere Acylhydrazone kommen in wissenschaftlichen und industriellen Anwendungen zum Einsatz. Cuprizon ist ein Chelator für Kupfer. Es schädigt Oligodendrozyten, indem es eine Demyelinisierung verursacht. In der medizinischen Forschung wurde es in Modellversuchen zu Multipler Sklerose verwendet.[4] Daneben eignet es sich auch als Indikator für die photometrische Bestimmung von Kupfer.[5] Carbadox ist ein antimikrobieller Wirkstoff, der Tierfutter zugesetzt wird.[6]

Einzelnachweise

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  1. Jiří Patočka, René Pita, Kamil Kuča: GYROMITRIN, MUSHROOM TOXIN OF GYROMITRA SPP. In: Military Medical Science Letters. Band 81, Nr. 2, 8. Juni 2012, S. 61–67, doi:10.31482/mmsl.2012.008.
  2. Patricia Melnyk, Virginie Leroux, Christian Sergheraert, Philippe Grellier: Design, synthesis and in vitro antimalarial activity of an acylhydrazone library. In: Bioorganic & Medicinal Chemistry Letters. Band 16, Nr. 1, Januar 2006, S. 31–35, doi:10.1016/j.bmcl.2005.09.058.
  3. a b Xiaoxiao Yang, Zhixiang Pan, Manjusha R. Choudhury, Zhengnan Yuan, Abiodun Anifowose, Bingchen Yu, Wenyi Wang, Binghe Wang: Making smart drugs smarter: The importance of linker chemistry in targeted drug delivery. In: Medicinal Research Reviews. Band 40, Nr. 6, November 2020, S. 2682–2713, doi:10.1002/med.21720, PMID 32803765, PMC 7817242 (freier Volltext).
  4. Martin Zirngibl, Peggy Assinck, Anastasia Sizov, Andrew V. Caprariello, Jason R. Plemel: Oligodendrocyte death and myelin loss in the cuprizone model: an updated overview of the intrinsic and extrinsic causes of cuprizone demyelination. In: Molecular Neurodegeneration. Band 17, Nr. 1, Dezember 2022, doi:10.1186/s13024-022-00538-8, PMID 35526004, PMC 9077942 (freier Volltext).
  5. E. Jackwerth, E. Döring: Bestimmung von Kupferspuren in Reinstblei und Nickel sowie deren Verbindungen nach Anreicherung des Cu-Cuprizon-Komplexes an Silberbromid. In: Fresenius' Zeitschrift für Analytische Chemie. Band 255, Nr. 3, 1971, S. 194–201, doi:10.1007/BF00424953.
  6. Zhao-Ying Liu, Zhi-Liang Sun: The Metabolism of Carbadox, Olaquindox, Mequindox, Quinocetone and Cyadox: An Overview. In: Medicinal Chemistry. Band 9, Nr. 8, 1. Dezember 2013, S. 1017–1027.