Akademie für Führungskräfte der Wirtschaft Bad Harzburg
Die Akademie für Führungskräfte der Wirtschaft Bad Harzburg war eine 1956 von dem früheren nationalsozialistischen Staatsrechtler Reinhard Höhn gegründete Aus- und Weiterbildungseinrichtung mit Sitz in Bad Harzburg.
Durch das Harzburger Modell wurde die Akademie deutschlandweit bekannt. 1962 als geschlossenes Management-System vorgestellt, prägte es bis in die 1980er Jahre nachhaltig das Führungsverständnis im Management. Als Modell zeigte es eine Arbeitsweise für Unternehmen auf, operationale Abläufe im unternehmerischen Alltag zu organisieren und zu kontrollieren. Das Modell vermittelte Führungskräften Wissen, wie sie im Mitarbeiterverhältnis mit der Delegation von Verantwortung und der damit verbundenen Stellenbeschreibung führen konnten. In ihrem Zenit 1974 schulte die Akademie für Führungskräfte mehr als 35.000 Führungskräfte im Jahr.
Als Höhns prominente Rolle im Dritten Reich publik wurde, läutete dies jedoch sowohl den Niedergang des Modells als auch der Akademie ein.[1] In dieser Zeit war auch der ehemalige SS-Führer Justus Beyer in der Akademie als Dozent tätig.[2] Zu den Dozenten gehörte auch Franz Six, ehemaliger SS-Brigadeführer und engagierter Befürworter des Holocaust, der an der Akademie das Führerprinzip propagierte.[3]
1989 ging der Bad Harzburger Bildungsverbund in Konkurs[4] und wurde aufgespalten. Die Cognos AG, Hamburg übernahm den Seminarbetrieb, begann dessen wirtschaftliche Konsolidierung und etablierte ihn unter der Marke „Die Akademie“ neu im Weiterbildungsmarkt. Die ehemalige Akademie für Fernstudium (AFF) übernahm ein anderer Investor; sie firmiert heute als afw Wirtschaftsakademie Bad Harzburg.[5]
Im Februar 2021 musste „Die Akademie“ aufgrund der Corona-Pandemie die Geschäftstätigkeit einstellen.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Manfred Boni, Frank Deppe, Mira Maase, Gerd Wilbert: Kaderschule für das Kapital. Theorie und Praxis der Harzburger Akademie für Führungskräfte der Wirtschaft. Frankfurt am Main 1975 (= Informationsberichte des IMSF).
- Johann Chapoutot: Gehorsam macht frei. Eine kurze Geschichte des Managements – von Hitler bis heute. (Übersetzung aus dem Französischen von Clemens Klünebaum); Propyläen Verlag, Berlin 2021, ISBN 978-3-549-10035-6.
- Wolfgang Grunwald, Wilmar F. Bernthal: Controversy in German Management: The Harzburg Model Experience. In: Academy of Management Review, 1983.
- Reinhard Höhn: Das Harzburger Modell in der Praxis. Bad Harzburg 1967.
- Reinhard Höhn: Führungsbrevier der Wirtschaft. 12. Aufl. Bad Harzburg 1972.
- Reinhard Höhn: Stellenbeschreibung und Führungsanweisung. 9. Aufl. Bad Harzburg 1976.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Das Institut für Staatsforschung ( vom 29. August 2012 im Internet Archive) – Ausstellung im „Haus der Wannseekonferenz“ über Reinhard Höhn und die Übertragung seiner nationalsozialistischen Ideen in die Management-Theorie
- afw Wirtschaftsakademie Bad Harzburg GmbH
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Mitdenken, Verantwortung schenken. In: sueddeutsche.de. 17. Mai 2010, abgerufen am 13. Juli 2018.
- ↑ Michael Wildt: Reinhard Höhn. Vom Reichssicherheitshauptamt zur Harzburger Akademie. Paper für die Tagung „Politische Öffentlichkeit und intellektuelle Positionen in Deutschland um 1950 und um 1930“, 19.–21. März 2009 in Hamburg, S. 7.
- ↑ Lutz Hachmeister: Der Gegnerforscher. Die Karriere des SS-Führers Franz Alfred Six. Beck, München 1998, S. 305 f. u. S. 313 ff.
- ↑ Der Spiegel: Führungsmodell mit Problemen, abgerufen am 27. April 2015.
- ↑ afw: Über uns. Abgerufen am 1. Juli 2021.