Albert Keil

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Albert Ludwig Georg Keil (* 3. November 1911 in Gießen; † 23. Dezember 1980 in Zorneding (Oberbayern)) war ein deutscher Biologe, Zahnarzt und Hochschullehrer an der Universität Gießen.

Albert Keil studierte ab 1930 in Gießen und in Königsberg Naturwissenschaften (Hauptfach Biologie). Er wurde 1934 im Zoologischen Institut der Hochschule Gießen unter Wilhelm J. Schmidt mit einer Arbeit über „Doppelbrechung und Feinbau des menschlichen Zahnbeins“ zum Dr. phil. promoviert.[1] Am 24. März 1937 heiratete er in Gießen Milly Petry.[2]

Unter der Mitgliedsnummer 7.466.241 wurde er auf eigenen Antrag vom 16. November 1939 am 1. Februar 1940 als NSDAP-Mitglied aufgenommen, war aber schon seit November 1933 Mitglied der SA und davor des „Jungdeutschen Ordens“ gewesen.[1]

Inzwischen studierte er in Berlin bei Hermann Schröder, Georg Axhausen, Otto Hofer und Eugen Wannenmacher Zahnmedizin und wirkte in Schröders „Arbeitsgemeinschaft für Kariesforschung und Kariesbekämpfung“ mit.[1] In Berlin wurde er 1941 zum Dr. med. dent. promoviert mit einer Dissertation über „Grundzüge der Zahnforschung bei den Wirbeltieren und beim Menschen“. Seinem Mentor Hermann Schröder gewidmet, wurde die Arbeit 1942 im Auftrag der Arbeitsgemeinschaft auch in Buchfassung publiziert. Darin konnte er sich Schröders Enthusiasmus bezüglich der Kariesprophylaxe mit Fluoriden allerdings nicht vorbehaltlos anschließen. Er verwies auf Robert Klement, der die Bedeutung des Fluorids gering einschätzte und in der Bildung von Fluorapatit aus Hydroxylapatit eher einen Entgiftungsmechanismus sah, bei dem Fluorid vor allem in die Hartgewebe eingelagert und daraus nur langsam wieder freigesetzt wird.[3] Nach Schröders Tod setzte er unter Leitung von Hermann Euler in Zusammenarbeit mit dem Chemiker Rudolf Wohinz die von Schröder eingeleitete Kariesforschung eine Zeit lang fort.[4] Mitte der 1940er Jahre war Keil als Zahnarzt in Gießen-Wieseck in eigener Praxis und zeitweise schulzahnärztlich tätig.[1]

Anfang 1948 ergab sich für ihn eine Möglichkeit, die einst in Berlin begonnene Kariesforschung an der Hochschule Gießen weiterzuführen.[5][6] Seit 1947 wurde dort die Gründung einer „Akademie für medizinische Forschung und Fortbildung“ vorbereitet,[7] die ihre „Hauptaufgabe in der Fortbildung der approbierten Ärzte sieht und nur in beschränktem Maße Studierende aufnehmen kann.“ Ein Zahnärztliches Institut unter Leitung von Keil existierte vorerst nur auf dem Papier.[8] Mangels Räumlichkeiten wurde im Zoologischen Institut ein Labor für Keil eingerichtet. Im Zusammenhang mit der offiziellen Eröffnung der Akademie[9] veranstaltete die ebenfalls neu gegründete Landeszahnärztekammer Hessen zusammen mit der Hessischen Ärztekammer am 2. und 3. April 1949 in Gießen eine Fortbildungsveranstaltung, bei der das Thema Kariesprophylaxe mit Fluoriden thematisiert wurde. Albert Keil war Leiter der Veranstaltung, bei der unter anderem Hans Heuser, Hertha Hesse, Adolf Knappwost, W. J. Schmidt und Friedrich Proell ihre Erkenntnisse präsentierten.[10][11][8]

Im Jahr 1951 wurde Keil zum Direktor des Zahnärztlichen Instituts ernannt.[12][13] Die venia legendi wurde mit Wirkung vom 25. Juli 1953 erteilt,[14] nachdem er sich mit einer Arbeit zur „Polarisationsmikroskopie erkrankter und anomaler Zahngewebe“ habilitiert hatte.[15] Die Ernennung zum außerplanmäßigen Professor erhielt er 1961.[16] Ab Januar 1957 stand er dem wissenschaftlichen Beirat des Kariesforschungsinstituts der Universität Mainz vor, das unter der Leitung von Martin Herrmann und Hans-Diedrich Cremer arbeitete.[17] Ein besonderes Anliegen war ihm 1972 im Rahmen einer anvisierten Ausbildungsreform eine Stoffsammlung Biologie für Zahnmediziner, die den Studenten der Zahnmedizin allgemein in Fragen der Biologie urteilsfähiger machen sollte.[18] Er wurde 1976 entpflichtet und war 1978 als Zahnarzt in Grebenhain tätig.[1]

In die Schlagzeilen geriet er 1976, als die Mitgliederversammlung des zwei Jahre zuvor gegründeten Deutschen Patientenschutzbunds ihren Präsidenten, „den Gießener Zahnmediziner Professor Dr. Albert Keil“, kurzerhand absetzte. Ihm wurden Schädigung des Vereins und Verdacht der Veruntreuung von Vereinsgeldern vorgeworfen. Ferner soll er persönliche Krankenakten von Mitgliedern an sich genommen haben. Vom Landgericht Köln wurde 1977 gegen ihn ein Zwangsgeld von 10.000 DM verhängt und die Herausgabe der Krankenakten angeordnet.[19]

Publikationen (Auswahl)

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  • 1934 Über Doppelbrechung und Feinbau des menschlichen Zahnbeins. In: Zeitschrift für Zellforschung. Band 21, S. 635.
  • 1936 Der Feinbau der Zähne. In: Umschau. Band 40, S. 546.
  • 1944 Körperstoffwechsel und Zähne. In: Zahnärztliche Rundschau. Band 53, S. 193.
  • 1956 Anatomie und Pathologie der Zahnhartsubstanzen im Lichte neuerer mikroskopischer Forschungsergebnisse. In: Deutsche Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde. Band 25, 1956, S. 177.
  • 1964 Über Mikrohärte und Fluorgehalt von Dentin und Zement. In: Deutsche Zahnärztliche Zeitschrift. Band 19, S. 201.
  • 1966 Grundzüge der Odontologie. Allgemeine und vergleichende Zahnkunde als Organwissenschaft. 2. erweiterte Auflage, Bornträger, Berlin.
  • 1971 Wissenschaftliche Schriften. 1934–1971. Guntrum, Schlitz / Hessen.

Ämter, Ehrungen, Auszeichnungen

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  • 1948 Gründungsmitglied des internationalen Comité de Standardisation de la Technique Anthropologique (C. S. T. A.).[1]
  • 1956 Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirats des Kariesforschungsinstituts der Universität Mainz.[1]
  • 1966 Gutachter für Zahnprothetik für den Kreis Friedberg.[20]
  • 1968 Mitglied im neu konstituierten Unterausschuss „Zahnheilkunde“ des Gründungsausschusses der Medizinischen Hochschule Hannover.[21]

Einzelnachweise

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  1. a b c d e f g Dominik Groß: Lexikon der Zahnärzte und Kieferchirurgen. Band 1, Hochschullehrer und Forscher (A–L). Hentrich & Hentrich, Berlin / Leipzig 2022, S. 674
  2. Meldeblatt für die polizeiliche Registrierung und die Ausstellung einer deutschen Kennkarte. Dr. Keil, Albert Ludwig Georg. 1. August 1946. Hessisches Staatsarchiv Darmstadt HStAD Bestand H3 Giessen Nr. 91024
  3. Albert Keil: Grundzüge der Zahnforschung bei den Wirbeltieren und beim Menschen. Verlag Bornträger, Berlin-Zehlendorf 1942, S. 107.
  4. Hermann Euler: Lebenserinnerungen eines Lehrers der Zahnheilkunde. Carl Hanser Verlag, München 1949, S. 183–184
  5. Hochschulnachrichten. Gießen. In: Deutsche Zahnärztliche Zeitschrift. Band 3, Oktober 1948, S. 870
  6. Gießen. In: Zahnärztliche Welt / Reform. Band 3, 1948, S. 220
  7. Fortbildungskurse an der Akademie für medizinische Forschung und Fortbildung der Universität Gießen. Laufzeit 1947–1953, Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden, HHStAW Bestand 504 Nr. 12540.
  8. a b Albert Keil: Wissenschaftliche Tagung der Landesärztekammer Hessen. In: Deutsche Zahnärztliche Zeitschrift. Band 4, Nr. 13, Juli 1949, S. 909
  9. Akademie für medizinische Forschung und Fortbildung. In: Zahnärztliche Mitteilungen. Band 37, Nr. 4, Februar 1949, S. 18
  10. Landeszahnärztekammer Hessen. In: Zahnärztliche Mitteilungen. Band 37, 1949, S. 108
  11. Wissenschaftliche Fortbildungstagung am 2./3. April in Gießen. In: Zahnärztliche Mitteilungen. Band 37, 15. Mai 1949, S. 189
  12. Hochschulnachrichten. Gießen. In: Deutsche Stomatologie. Band 1, 1951, S. 108
  13. Mitteilungen und Berichte. Gießen. In: Zahnärztliche Welt / Reform. Band 7, April 1952, S. 150.
  14. Kurze Nachrichten. In: Deutsche Stomatologie. Band 3, 1953, S. 320.
  15. Curt Gerhard Lorber: Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde. In: Gießener Universitätsblätter. 15, 1982, S. 159
  16. Hochschulnachrichten. Gießen. In: Deutsche Zahnärztliche Zeitschrift. Band 16, März 1961, S. 496.
  17. Hochschulnachrichten. Gießen. In: Zahnärztliche Mitteilungen. Band 45, 1957, S. 238; Deutsche Zahnärztliche Zeitschrift. Band 12, 1957, S. 104
  18. Albert Keil (Hrsg.), Ralf Meisterfeld, Hans-Eckart Schmidt: Biologie im Curriculum der Zahnmedizin. Gießen 1972
  19. Rüdiger Liedtke: Skandal-Chronik. Das Lexikon der Affären und Skandale im Wildwest-Deutschland. Eichborn Verlag, Frankfurt 1987, S. 168
  20. Staatsanzeiger für das Land Hessen. Nr. 37, 12. September 1966, S. 1194
  21. Personalien. In: Euromed. Band 8, 1968, S. 58