Alexandru Drăghici
Alexandru Drăghici (* 27. September 1913 in Tisău, Kreis Buzău, Rumänien; † 12. Dezember 1993 in Budapest, Ungarn) war ein rumänischer kommunistischer Aktivist und Politiker.
Leben
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Industriearbeiter Drăghici trat im Alter von 20 Jahren dem kommunistischen Untergrund bei. Wegen illegaler politischer Tätigkeit wurde er 1935 gemeinsam mit seiner zukünftigen Rivalin Ana Pauker verhaftet, zu über neun Jahren Haft verurteilt und erst nach dem Umsturz vom 23. August 1944 freigelassen. Als Vertrauter des kommunistischen Führers Gheorghe Gheorghiu-Dej stieg er nach dem Zweiten Weltkrieg in der Hierarchie der Kommunistischen Partei Rumäniens rasch auf. Drăghici leitete gezielt repressive Kampagnen gegen Gruppierungen ein, die dem Marxismus-Leninismus ablehnend gegenüberstanden. Zuvor hatte er Jugendbewegungen und das Lehrpersonal politisch säubern lassen.
Im Jahr 1952 und von 1957 bis 1965 bekleidete Drăghici das Amt des Innenministers. Von 1952 bis 1957 war er mit dem Amt des Ministers für Staatssicherheit betraut. In beiden Positionen kontrollierte er die Geheimpolizei Securitate. Während Drăghicis Amtszeit richteten sich die Repressionen der Abteilung für Staatssicherheit (rumänisch Departamentul Securității Statului) nicht nur gegen Aktivisten des anti-kommunistischen Widerstands in Rumänien, sondern dienten auch der politischen Säuberung der Kommunistischen Partei und anderer Teile der Bevölkerung.
Nach seiner Partizipation an einer Denunziationskampagne gegen die damalige Außenministerin Ana Pauker rückte die ungarische Gemeinschaft in Rumänien während des Ungarischen Volksaufstands 1956 in Drăghicis staatssicherheitliche Aufmerksamkeit, hier im Besonderen die Babeș-Bolyai-Universität Cluj. Die Erhebung im Nachbarland wurde von weiten Teilen der ungarischen Minderheit mit Sympathie verfolgt; worauf sich der Kurs der rumänischen Führung gegen die Ungarn verschärfte.[1] Drăghici war an dem Schauprozess gegen Justizminister Lucrețiu Pătrășcanu beteiligt. Unter seiner Führung konnte die Bankräuberbande Banda Ioanid dingfest gemacht werden. Er galt als scharfer Gegner der Römisch-Katholischen und der Rumänisch-Orthodoxen Kirche.
Wie Gheorghiu-Dej war auch Drăghici ein Gegner der Entstalinisierung, jedoch signalisierten beide durch ihren nationalen Kommunismus und sozialistischen Patriotismus die Emanzipation Rumäniens von der Sowjetunion. Nach dem Tod Gheorghiu-Dejs fand Drăghici in dem aufstrebenden kommunistischen Führer Nicolae Ceaușescu einen erbitterten Gegner. Durch seinen Einfluss in der Partei gelang es ihm, Drăghici für alle öffentlich bekannten Verbrechen der Securitate verantwortlich zu machen. Nach dieser Schuldzuweisung zog sich Drăghici schließlich aus der Politik zurück, wurde aber vorerst nicht zur Rechenschaft gezogen. Er lebte zwischen 1968 und 1989 anonym im Raum Bukarest und verlegte nach der Rumänischen Revolution von 1989 seinen Wohnsitz zu seiner Familie nach Ungarn, wo er bis zu seinem Tod 1993 in Budapest lebte. Die neuen rumänischen Behörden bemühten sich vergeblich um seine Auslieferung. Drăghici wurde kurz vor seinem Tod 1993 von einem rumänischen Gericht in Abwesenheit der Anstiftung zum Mord schuldig gesprochen.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Walter M. Bacon, Jr.: Romania. In: Teresa Rakowska-Harmstone (Hrsg.): Communism in Eastern Europe. Manchester University Press, Manchester, 1984, ISBN 0-7190-1704-1, S. 162–184, in englischer Sprache
- Luminiţa Banu, Florian Banu: Alexandru Drăghici la ora naţionalismului – popularizarea 'Declaraţiei din aprilie 1964' în structurile Mai (PDF; 2,7 MB), Caietele CNSAS, Nr. 3/2009, S. 7–22, in rumänischer Sprache
- Stefano Bottoni: Transilvania roşie. Comunismul român şi problema naţională 1944–1965 (PDF; 2,5 MB), Romanian Institute for Research on National Minorities & Editura Kriterion, Cluj-Napoca, 2010, ISBN 978-606-92512-0-1, in rumänischer Sprache
- Gheorghe Brătescu, Ce-a fost să fie. Notaţii autobiografice, Humanitas, Bucharest, 2003, ISBN 973-50-0425-9, in rumänischer Sprache
- Constantin Grigore, Miliana Şerbu: Miniştrii de interne (1862–2007) (PDF; 1,8 MB), Editura Ministerului Internelor şi Reformei Administrative, Bucharest, 2007, ISBN 978-973-745-048-7, in rumänischer Sprache
- George Enache: Represiunea religioasă în România comunistă. Studiu de caz: ‚Rugul aprins‘ (PDF; 267 kB), Universität Galați (UGAL): Anale. Seria Istorie, Vol. III, 2004, S. 135–153, in rumänischer Sprache
- Elisabeta Neagoe: Raportul secret al lui Nikita Hruşciov şi efectele sale în România (PDF; 306 kB), UGAL: Anale. Seria Istorie, Vol. II, 2003, S. 135–158, in rumänischer Sprache
- Stelian Neagoe: Oameni politici români. Editura Machiavelli, Bucharest, 2007, ISBN 978-973-99321-7-2, in rumänischer Sprache
- Elis Neagoe-Pleşa: ‚Camarila‘ lui Gheorghe Gheorghiu-Dej (PDF; 195 kB). In: Universität des 1. Dezember, Alba Iulia, Annales Universitatis Apulensis, Series Historica, Nr. 10/I, 2006, S. 147–163, in rumänischer Sprache
- Liviu Pleşa: Dosarul de Securitate al istoricului Silviu Dragomir (PDF; 219 kB). In: Universität des 1. Dezember, Alba Iulia, Annales Universitatis Apulensis, Series Historica, Nr. 90/I, 2005, S. 218–229, in rumänischer Sprache
- Vladimir Tismăneanu: Stalinism for All Seasons: A Political History of Romanian Communism. University of California Press, Berkeley, 2003, ISBN 0-520-23747-1, in englischer Sprache
- Vladimir Tismăneanu, Cristian Vasile: Perfectul acrobat. Leonte Răutu, măştile răului. Humanitas, Bucharest, 2008, ISBN 978-973-50-2238-9, in rumänischer Sprache
- Alexandru Draghici in: Internationales Biographisches Archiv 47/1968 vom 11. November 1968, im Munzinger-Archiv (Artikelanfang frei abrufbar)
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Thomas Kunze: Nicolae Ceaușescu: Eine Biographie. Christoph Links Verlag, Berlin 2009, ISBN 978-3-86153-211-8, S. 132.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Personendaten | |
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NAME | Drăghici, Alexandru |
KURZBESCHREIBUNG | rumänischer Aktivist und Politiker |
GEBURTSDATUM | 27. September 1913 |
GEBURTSORT | Tisău, Rumänien |
STERBEDATUM | 12. Dezember 1993 |
STERBEORT | Budapest, Ungarn |