Aliphatische Kohlenwasserstoffe
Aliphatische Kohlenwasserstoffe (altgriechisch ἄλειφαρ aleiphar, deutsch ‚fettig‘) sind organische chemische Verbindungen, die aus Kohlenstoff und Wasserstoff zusammengesetzt und nicht aromatisch sind. Damit sind sie eine Untergruppe der Kohlenwasserstoffe. Nach der IUPAC-Nomenklatur sind aliphatische Verbindungen „acyclische oder cyclische, gesättigte oder ungesättigte Kohlenstoffverbindungen, außer aromatischen Verbindungen.“[1] Die einfachste Gruppe aliphatischer Kohlenwasserstoffe sind die gesättigten Alkane; weiterhin zählen die ebenfalls gesättigten Cycloalkane sowie die ungesättigten Kohlenwasserstoffe der Alkene und Alkine zur Gruppe der Aliphaten.
Wie alle reinen Kohlenwasserstoffe sind aliphatische Kohlenwasserstoffe unpolare, lipophile Verbindungen (also nicht wasserlöslich). Da laut IUPAC-Definition aliphatische Verbindungen den aromatischen Kohlenstoffverbindungen gegenübergestellt und damit durch eine Negation definiert werden, bedeutet dies im Umkehrschluss, dass alle nicht aromatischen organischen Verbindungen aliphatisch sind. Die Klassifizierung organischer Verbindungen in Aliphaten und Aromaten erfolgt durch die Aromatizitätskriterien. Die sogenannten alicyclischen Verbindungen bilden eine Untergruppe der Aliphaten und zeichnen sich – ähnlich den Aromaten – durch ringförmige Ketten aus, werden aber durch die Aromatizitätskriterien von den Aromaten unterschieden.
Exemplarische aliphatische Verbindungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die wichtigsten Stoffgruppen aliphatischer Verbindungen gemäß oben genannter Definition sind also:
- n-Alkane, iso-Alkane und Cycloalkane (gesättigte Kohlenwasserstoffe),
- geradkettige, verzweigte und cyclische Alkene (ungesättigte Kohlenwasserstoffe) sowie
- Alkine (ebenfalls ungesättigte Kohlenwasserstoffe).
Wichtige Beispiele aliphatischer Verbindungen finden sich in folgender Tabelle (angeordnet nach steigender Zahl der Kohlenstoff- bzw. der Wasserstoffatome):
Formel | Name | CAS-Nummer | Strukturformel | Stoffgruppe |
---|---|---|---|---|
CH4 | Methan | 74-82-8 | Alkan | |
C2H2 | Ethin (Acetylen) | 74-86-2 | Alkin | |
C2H4 | Ethen (Ethylen) | 74-85-1 | Alken | |
C2H6 | Ethan | 74-84-0 | Alkan | |
C3H4 | Propin | 74-99-7 | Alkin | |
C3H6 | Propen | 115-07-1 | Alken | |
C3H8 | Propan | 74-98-6 | Alkan | |
C4H6 | 1,2-Butadien | 590-19-2 | Dien | |
C4H6 | 1-Butin | 107-00-6 | Alkin | |
C4H8 | Buten | — | z. B. | Alken |
C4H10 | n-Butan | 106-97-8 | Alkan | |
C5H12 | n-Pentan | 109-66-0 | Alkan | |
C6H10 | Cyclohexen | 110-83-8 | Cycloalken | |
C7H14 | Cycloheptan | 291-64-5 | Cycloalkan | |
C7H14 | Methylcyclohexan | 108-87-2 | Cycloalkan | |
C8H8 | Cuban | 277-10-1 | ||
C9H20 | Nonan | 111-84-2 | Alkan | |
C10H12 | Dicyclopentadien | 77-73-6 | Dien, Cycloalken | |
C10H16 | Phellandren (α-Phellandren, β-Phellandren) | 99-83-2 | Terpen, Dien, Cycloalken | |
C10H16 | α-Terpinen | 99-86-5 | Terpen, Cycloalken, Dien | |
C10H16 | Limonen | 5989-27-5 | Terpen, Dien, Cycloalken | |
C11H24 | Undecan | 1120-21-4 | Alkan | |
C30H50 | Squalen | 111-02-4 | Terpen, Polyen | |
C2nH4n | Polyethylen (PE) | 9002-88-4 | Alkan |
Aliphatische Verbindungen in der Spektroskopie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Aliphatische C-H-Valenzschwingungen von nicht konjugierten C-H-Bausteinen in einem Molekül haben im IR-Spektrum im Bereich von 3000 bis 2750 cm−1 charakteristische Peaks. Im Gegensatz dazu befinden sich die Peaks bei konjugierten C-H-Bausteinen jenseits der 3000 cm−1-Grenze.
Im 1H-NMR Spektrum befinden sich die meisten aliphatischen Peaks im Bereich von 1–2 ppm. Höhere Werte bis etwa 5 ppm werden bei benachbarten elektronenziehenden Gruppen erhalten.
Aliphatische Verbindungen in der Petrochemie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Hauptquelle der Gewinnung von aliphatischen Verbindungen ist das Erdöl. Das wichtigste Verfahren der Erdölaufbereitung ist das Steamcracken, bei dem u. a. Ethan, LPG, Naphtha und Gasöl oder andere geeignete Kohlenwasserstoffe gecrackt werden.[2] Die Gasphase der Steamcrackerprodukte enthält die aliphatischen Grundchemikalien Ethylen, Propylen, den C4-Schnitt (hauptsächlich Buten, Isobuten und 1,3-Butadien) sowie Isopren.
Die bedeutendsten aliphatischen Folgeprodukte hieraus werden aus den Stoffen Eth(yl)en, Prop(yl)en und But(yl)en hergestellt. Es sind:
- aus Ethylen:
- Polyethylen – z. B. über Ziegler-Natta-Verfahren
- ca. 21 % der Gesamtethylenproduktion in LDPE
- ca. 13 % als LLDPE
- ca. 23 % als HDPE
- α-Olefine
- Poly-α-Olefine als Schmiermittel
- Co-Monomere für Polyethylen
- Polyethylen – z. B. über Ziegler-Natta-Verfahren
- aus Propylen:
- Polypropylen – z. B. durch Ziegler-Natta-Verfahren (ca. 57 % der Gesamtpropylenproduktion)
- aus Buten:
- Monomere und Co-Monomere (Buten-Folgeprodukte in der Kunststoffherstellung)
- Isobuten – als Monomer für die Copolymerisation mit Isopren
- 1,3-Butadien – Monomer oder Co-Monomer für die Polymerisation zu Elastomeren
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Josef Houben, Eduard Pfankuch: Fortschritte der Heilstoff-Chemie. Zweite Abteilung: Die Ergebnisse der wissenschaftlichen Literatur. Band 1: Die aliphatischen und hydrierten isocyclischen Verbindungen. Walter de Gruyter, Berlin 1930.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Glossary of Class Names of Organic Compounds and Reactive Intermediates Based on Structure (IUPAC Recommendations 1994): "Acyclic Hydrocarbons", Department of Chemistry, Queen Mary University of London.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Eintrag zu aliphatic compounds. In: IUPAC (Hrsg.): Compendium of Chemical Terminology. The “Gold Book”. doi:10.1351/goldbook.A00217 – Version: 3.0.1.
- ↑ Erdöl-Aufarbeitung. In: Chemgapedia. Abgerufen am 1. November 2022.