Alle Tage sing und sage
Alle Tage sing und sage ist ein katholisches geistliches Lied zur Marienverehrung. Es geht zurück auf den lateinischen Hymnus Omni die dic Mariae, der heute allgemein dem Benediktiner Bernhard von Morlas (12. Jahrhundert) zugeschrieben wird,[1] in der Barockzeit aber als Werk des hl. Kasimir (1458–1484) galt. Im Gotteslob ist eine vierstrophige Fassung enthalten (Nr. 526).
Form und Inhalt
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Für die Verfasserschaft Bernhards von Morlas sprechen Form und Sprache des Marienhymnus, die mit zweifelsfrei von ihm stammenden Werken eng verwandt sind.[2] Die Strophen folgen einem originellen, durch die rasche Reimfolge „beschwingt“ wirkenden Schema:
x–x–
x–x–
x–x–x–x
x–x–
x–x–
x–x–x–x
Inhalt der Dichtung ist die Aufforderung zum Lob der Jungfrau und Gottesmutter Maria und ihrer Rolle im Erlösungswerk.[3] Der heute gebräuchliche deutsche Text besteht aus den Strophen 1, 2, 4 und 6 der 16-strophigen Fassung von Heinrich Bone (1847),[4] die ihrerseits an barocke Vorlagen anknüpft.
Heute gebräuchlicher Text
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Alle Tage sing und sage
Lob der Himmelskönigin;
ihre Gnaden, ihre Taten
ehr, o Christ, mit Herz und Sinn.
Auserlesen ist ihr Wesen,
Mutter sie und Jungfrau war.
Preis sie selig, überselig;
groß ist sie und wunderbar.
Gotterkoren hat geboren
sie den Heiland aller Welt,
der gegeben Licht und Leben
und den Himmel offen hält.
Ihre Ehren zu vermehren,
sei von Herzen stets bereit.
Benedeie sie und freue
dich ob ihrer Herrlichkeit.
Melodie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Melodie findet sich zuerst in einem Ingolstädter Gesangbuch von 1613[5] und ist seitdem mit allen deutschen Textfassungen verbunden. Sie passt sich der Form des Gedichts in Rhythmus und Duktus genau an.
Omni die und der hl. Kasimir
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der hl. Kasimir, ein polnischer Königssohn, starb 1484, erst 25-jährig, im Ruf vollkommener Frömmigkeit und Keuschheit. Seine Heiligsprechung erfolgte in mehreren Schritten und wurde 1604, auf dem Höhepunkt der Gegenreformation, vor allem in Polen-Litauen mit großen Festlichkeiten gefeiert. Zu dieser Zeit verbreitete sich die Legende, der Leib des Heiligen sei bei der Graböffnung unverwest vorgefunden worden und seine rechte Schläfe habe auf einem Zettel mit dem von ihm selbst gedichteten Omni die dic Mariae geruht.[6] Seitdem hieß das Lied Hymnus des hl. Kasimir und die ersten Textworte wurden zu einem der Attribute des Heiligen in der kirchlichen Kunst.
Über die Legende schreibt Dreves 1909:
- „Findet man den zweiten Hymnus des Mariale: Omni die dic Mariae auch heute noch da und dort dem hl. Casimir von Polen zugeschrieben, so beweist dies nur, daß eine Legende um so länger spukt und um so zäher festgehalten wird, je widersinniger sie ist.“[2]
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Guido Maria Dreves: Bernhard von Morlas, Mönch von Cluny, um 1140. In: Ders.: Ein Jahrtausend lateinischer Hymnendichtung. Leipzig 1909, S. 217–218
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ so auch im Gotteslob von 2013
- ↑ a b Dreves S. 218
- ↑ Lateinischer Text
- ↑ Vollständiger Text Heinrich Bones
- ↑ Conrad Vetter: Paradeißvogel, Das ist, Himmelische Lobgesang, und solche Betrachtungen, dardurch das Menschliche Hertz mit Macht erlustiget, von der Erden zum Paradeiß, und Himmelischen Frewden gelockt, erquickt, entzündt, und verzuckt wirdt. Angermayer, Ingolstadt 1613, VD17 12:104850C, S. 27–31 (digitale-sammlungen.de).
- ↑ Allgemeine Encyclopädie der Wissenschaften und Künste in alphabetischer Folge von genannten Schriftstellern bearbeitet und herausgegeben von J. S. Ersch und J. G. Gruber, Band 14, Leipzig 1837, S. 139–140