Amselhof (Wolfershausen)
Koordinaten: 51° 11′ 19″ N, 9° 25′ 58″ O
Der Amselhof, auch Hof zur Amsel genannt, ist ein frei stehendes Gehöft und ehemaliges Wirtshaus im Nordosten der Gemarkung von Wolfershausen, einem Stadtteil von Felsberg im nordhessischen Schwalm-Eder-Kreis, Deutschland.
Geographie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Hof liegt etwa 1 km nordwestlich von Wolfershausen auf 190 m Höhe am nordöstlichen Waldesrand des Lotterbergs, einer bewaldeten Basaltkuppe östlich des Gudensberger Ortsteils Deute. Von der Kreisstraße K4 zwischen Wolfershausen im Osten und Deute im Westen führt ein Wirtschaftsweg zum Amselhof. Ein heute nicht mehr existierender mittelalterlicher Höhenweg, noch im 19. Jahrhundert „Diebspfad“ genannt, führte am Amselhof vorbei nach Kassel.
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Ersterwähnung des Orts erfolgte 1539, als im Kasseler Salbuch in der Wolfershausener Gemarkung Äcker am „Menschenberg“ bzw. an der „Amenschenborg“ genannt wurden.[1][2] In der Folge wurde die Ortsbezeichnung wiederholt abgewandelt, wobei die Betonung immer mehr auf „Burg“ lag. Schon 1558 wurde ein am Lotterberg gelegener Hof „Amelsburg“ erwähnt,[3] und der sogenannte Amselwald bei der „Ammelschen Burg“ wurde laut Breitenauer Salbuch 1579 von den Bewohnern des nahen Dorfs Haldorf genutzt. Spätere Variationen des Ortsnamens waren 1580 Amescher Burg[4] und 1708/10 „Amselborg“.[5] Auf topographischen Karten neuerer Zeit erscheint nur noch „Amsel“ als Name des dortigen Waldes[6] und zuletzt „Amselhof“ (1970 und 2006).
Der Hof
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die ältesten Gebäudeteile des Wirtshauses wurden zwischen 1694 und 1748 errichtet; in dieser Zeit wird das Wirtshaus in einer undatierten Katastervorbeschreibung erstmals erwähnt.
Das heutige Fachwerkhaus mit Sandsteinfundament ließ Meister Johann Hermann Alheit 1776 mit dem Holz des früheren Wohnhauses errichten. Über der fein gestalteten Tür sind auf dem Eichenbalken eine Amsel auf einem Zweig sitzend, ein Hobel und ein Winkelmaß eingeritzt. In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts unterhielt Johannes Umbach im Amselhof ein Gasthaus. 1932 übernahm Konrad Dittmar den 27 Morgen großen land- und forstwirtschaftlich genutzten Hof und übergab diesen anschließend an seinen Sohn Karl Dittmar.[7]
Bis in die 1970er Jahre gab es auf dem Amselhof noch keinen elektrischen Strom, kein fließendes Wasser und kein Telefon. Die Bewohner verbrachten die Abende beim Schein von Petroleumlampen. Der Wasseranschluss kam als letztes, erst in den 1980er/1990er Jahren; bis dahin wurde der hofeigene Brunnen für Menschen und Tiere genutzt.
Literarische Behandlung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Amselhof ist Handlungsort der 1933 erschienenen Liebesgeschichte Das rote Haus[8] des Kasseler Schriftstellers Wilhelm Ide. In dieser Erzählung wird der Lotterberg „Otterberg“ genannt.
Amselburg ?
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]An der Stelle des Amselhofs wurde, offensichtlich aufgrund der früheren Ortsbezeichnungen, einst fälschlich eine abgegangene Burg vermutet,[9] aber es gab dort keine solche.[10] Schon 1858 zweifelte Landau ernsthaft an deren Existenz.[11]
Fußnoten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Gustav Eisentraut: Die Burg Wolfershausen und die Amsel am Lotterberg (Schluß). In: Hessenland: Hessisches Heimatblatt, Zeitschrift für hessische Geschichte, Volks- und Heimatkunde, Literatur und Kunst, 33. Jahrgang, Nr. 9/10, Mai-Doppelheft 1919, S. 94
- ↑ HStAM, Bestand S, Nr. 414 II
- ↑ Landau: Hessengau, S. 96 und Landau: Wüstungen, S. 160.
- ↑ Landau: Hessengau, S. 96, und Wüstungen, S. 160.
- ↑ Johann Georg Schleenstein: Schleenstein'sche Karte der Landgrafschaft Hessen-Kassel. Pläne der Ämter des Kurfüstentums Hessen-Kassel; Karte Nr. 6. Im Hessischen Hauptstaatsarchiv
- ↑ Kurfürstenthum Hessen: Niveau Karte auf 112 Blättern, Kassel/31: Felsberg (1840-1861)
- ↑ 1933-2015
- ↑ Bertelsmann, Güutersloh, 1933
- ↑ So z. B. noch Georg Landau in seiner 1842 erschienenen Beschreibung des Kurfürstentums Hessen. Fischer (Kriegersche Buchhandlung), Kassel, 1842, S. 276–277.
- ↑ Siehe z. B. Gustav Eisentraut: Die Burg Wolfershausen und die Amsel am Lotterberg. In: Hessenland, Hessisches Heimatsblatt, Zeitschrift für hessische Geschichte, Volks- und Heimatkunde, Literatur und Kunst, 33. Jahrgang, Nr. 5/6, März-Doppelheft, 1919, S. 43 und Gustav Eisentraut: Die Burg Wolfershausen und die Amsel am Lotterberg (Schluß). In: Hessenland: Hessisches Heimatblatt, Zeitschrift für hessische Geschichte, Volks- und Heimatkunde, Literatur und Kunst, 33. Jahrgang, Nr. 9/10, Mai-Doppelheft 1919, S. 92–95
- ↑ Georg Landau: Historisch-topographische Beschreibung der wüsten Ortschaften im Kurfürstenthum Hessen und in den großherzoglich hessischen Antheilen am Hessengaue, am Oberlahngaue und am Ittergaue (= Zeitschrift des Vereins für Hessische Geschichte und Landeskunde. Supplement 7). Fischer, Kassel 1858, S. 160
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Georg Landau: Historisch-topographische Beschreibung der wüsten Ortschaften im Kurfürstenthum Hessen und in den großherzoglich hessischen Antheilen am Hessengaue, am Oberlahngaue und am Ittergaue (= Zeitschrift des Vereins für Hessische Geschichte und Landeskunde. Supplement 7). Fischer, Kassel 1858, S. 160.
- Georg Landau: Beschreibung des Hessengaues, (Gesamt-Verein der Deutschen Geschichts- und Altertumsvereine: Beschreibung der deutschen Gaue, Zweiter Band), Oswald Bertram, Kassel 1857, S. 96.
- Heinrich Reimer (Bearb.): Historisches Ortslexikon für Kurhessen. Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen 14, Elwert, Marburg, 1926 (Nachdruck 1974), ISBN 3-7708-0509-7, S. 16.