Andergassen (Familie)
Die Familien An der Gassen bzw. Andergassen stammen großteils aus Kaltern an der Weinstraße in Südtirol, dem dortigen Überetsch und dem Südtiroler Unterland.
Anfänge
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bereits 1343 wird ein Toldo an der Gassen in einer Urkunde des Heiliggeistspitals Bozen genannt.[1] 1419 wird ein Peter an der Gassen in einer Urkunde des Kalterer Pfarrarchivs erwähnt.[2][3] Er war zweifellos der Besitzer des Ansitzes an der Gassen in Kaltern-Oberplanitzing, der sich nach wie vor nahe der Kirche St. Johannes der Täufer befindet.[4]
Genealogie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Frage, ob eine Verbindung der Herren an der Gassen von Tirol zu den Überetscher An der Gassen bestand, kann erst beantwortet werden, wenn dies durch Quellen hinreichend belegt wird. Einstweilen muss sie ein Mythos der Andergassen’schen Familiengeschichte bleiben.
Ein Beleg für diese These könnte jedoch sein, dass ein Peter an der Gassen als Mitglied der Familie an der Gassen von Tirol 1394 in einer Urkunde erwähnt wird.[5] Sollte es sich dabei um denselben handeln, der als Peter an der Gassen von Oberplanitzing 1419 in der oben genannten Kalterer Urkunde auftaucht, wäre dies eine Quelle für eine verwandtschaftliche Beziehung der Tiroler Bischofsfamilie zur in Kaltern erstmals in einer Urkunde erwähnten Andergassen-Familie.
Wappen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bereits am 7. Oktober 1555 erfolgte in Innsbruck eine Wappenverleihung an Hans von der Gassen.[6] Beschreibung: Querfach schwarz über silber, Gämse wachsend, farbengewechselte Helmzier, Gämse wie vorhin wachsend.[7] Quelle: Typar. Caspar an der Gassen, genannt Walch in der Catnaw, vielleicht nach Cagnò am Nonsberg (Trentino). Gericht Schenna. 1. Oktober 1588[8]
Die jedoch für die Familien weitaus prägendere zweite neuzeitliche Wappenverleihung erfolgte an die Brüder Hans, Georg und Michael an der Gassen mit Lehenartikel durch Kaiser Maximilian II. in Prag am 1. März 1575,[9] aufgrund von Verdiensten im Verwaltungswesen und im Krieg gegen die Osmanen. Der dabei verliehene Wappenbrief zuletzt bei August Andergassen gesichtet gilt seit der Zeit des Zweiten Weltkriegs als verschollen.[10] Der überwiegende Teil der heute existierenden Kalterer Andergassen-Familien sind höchstwahrscheinlich Nachkommen dieser historisch Wappen führenden Familien. Das Wappen ist stilistisch durch die Renaissance beeinflusst.
Wappenbeschreibung: Ein silbernes Schrägband teilt das Schild mittig, von rechts oben nach links unten. Im unteren, blauen Feld befinden sich drei goldfarbene, sechszackige Sterne. Im oberen, goldenen Feld ist die Figur eines Mannes abgebildet. Beide Felder sind ornamental verziert. Der Dargestellte trägt einen gestutzten grauen Schnurrbart und längere Haare. Bekleidet ist er mit einem blau-weißen, ungarischen Mantel, der durch sechs goldfarbene Knöpfen verschlossen ist, und dessen Wams durch einen blauen Gürtel gehalten wird. Das Haupt ist mit einem blauen Hut und gelber Stülpe bedeckt. In seiner rechten Hand hält er einen gezückten silber-goldenen Säbel, mit der linken Hand stützt er sich an der Seite ab. Über dem silbernen Stechhelm, der als heraldisches Symbol des Bürgerwappens gilt, ist nochmals der Fechter zu sehen. Als Helmzier fungieren blau und gelb gewundene Helmdecken.
Historische Quellen und Darstellungen:
- Malerei. Familienwappen An der Gassen. Erhardt Andergassen. Um 1600. Vgl. Bilddatei[11]
- Typar. Erhard an der Gassen. um 1600.[12] Im Jahre 1598 stellt er einen Schuldbrief für Wilhelm von Wohlgemuth aus, es betrifft ein Gut in Oberplanitzing.[13]
- Typar. Leonhart an der Gassen. Gerichtsanwalt in Leifers. 2. Oktober 1615.[14]
- Regest. E[ber]rhard an der Gassen. 11. September 1647. Der Pfalzgraf Johann Werndle erhielt von ihm ein Notariats Diplom.[15]
- Allianzwappen. Rosina Klingerin und Jacob an der Gassen. Hoftorbogen. 1671. Oberplanitzing
- Siegel. H.A.D.G. 1683. Hieronymus An der Gahsen[16] vidimiert 2 Diplomabschriften der Familie von Leihs Laimburg.[17]
- Epitaph. Weißer Marmor. Johann Valentin Andergassen († 1831). Bürger von Kaltern, und zahlreiche Nachkommen. Kaltern[18]
- Graphik mit handschriftl. Text. "Stammwappen der Familie Andergaßen". Anton Johann Andergassen. Um 1900. Vgl. Bilddatei. "Die Familie Andergassen früher getrennt geschrieben "An der Gassen" entstammt einem guten bürgerlichen Geschlechte aus Tyrol. Sie führt im dreiteiligen Schilde auf goldenem Grund eine männliche, mit einem Schwert bewaffnete Figur, Mannhaftigkeit und Tapferkeit bedeutend. Das weiße Schrägband zeigt auf den "reinem Sinn", die goldenen Sterne im blauen Feld auf "Weißheit" und "Ruhm" der Geschlechter hin. Der Stechhelm und die Helmzier bekunden die gute bürgerlicher Abkunft. Das silberne Schrägband bezeugt die "Stärke" der Familie."[19]
Namensschreibung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der durch zwei Präpositionen geprägte, ursprünglich eine Wohnstätte bezeichnende Name, wurde in den Pfarrmatrikeln, seit deren Einführung im Tridentinum, zusammengeschrieben.[20]
Da deutschsprachige Namen in Südtirol aus politischen Gründen im italienischen Faschismus partiell italianisiert und ersetzt wurden, existiert seither mit Dallavia auch eine italienische Variante.[21]
Quellen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Pfarrarchiv Kaltern. Urkunde vom 28. Juli 1419. „In villa Caldare. Zeugen: Rudolfus Cristian, officialis in castro Laymburg, [...] der an den Besitz des Michaelis Jost und des Petrus an der Gassen de superiori Planiez stößt, ein Weinland gelegen in pert. Caldare in loco dicto in Ackerlein […].“
- Wappen mit Lehenartikel. Hans von der Gassen. Innsbruck 7. X. 1555 (WB I, 82). [farbige Zeichnung]. Allgemeines Verwaltungsarchiv des Österreichischen Staatsarchivs
- Reichsadelsakt. Wappen mit Lehenartikel. Hans, Georg und Michael (Brüder) an der Gassen. Prag 1. III. 1575, (R). [Wappenbrief kaum lesbar, Wappenzeichnung unvollständig]. Allgemeines Verwaltungsarchiv des Österreichischen Staatsarchivs
- Familienwappen An der Gassen. Erhardt Andergassen. Um 1600. Vgl. Bilddatei. (Öl auf Holz, 60 × 48 cm, gerahmt) "renoviert" 1748. Nachlass Ludwig Andergassen "Stina" († 2009). München-Kaltern
- Autographe (unzählige). Archiv der Tiroler Matrikelstiftung (= Dr. Josef Ritter von Peer’scher Stiftungsfonds). Innsbruck und MuseumPasseier in St. Leonhard in Passeier
- Stammwappen der Familie Andergaßen. Anton Johann Andergassen. Um 1900. Graphik und handschriftl. Text in Sütterlin (Tinte auf Papier, koloriert, 47 × 32 cm, gerahmt). Nachlass Toni (Anton) Andergassen, Dentist († 1972). Berlin-Hall i.T.
- An der Gassen. In: Konrad Fischnaler: Wappenkartei. Bibliothek. Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum
- Kurze Geschichte der Familie Andergassen, Kaltern. Maschinengeschriebenes Skript. In: Nachlass Josef Andergassen, Kunsttischler, Altarbauer, Bildhauer. Nachlässe. Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Inst. für Sozialforschung in den Alpenländern a. d. Univ. Innsbruck u. der Stiftung für dt. Volks- und Kulturbodenforschung Leipzig (Hrsg.), Otto Stolz: Die Ausbreitung des Deutschtums in Südtirol im Lichte der Urkunden. Oldenbourg, München u. a. 1927–34, S. 98, Nr. 27.
- Konrad Fischnaler: Tirolisch-Vorarlberg’scher Wappenschlüssel. Vereinsbuchhandlung und Buchdr., Innsbruck 1938–1941.
- Karl Friedrich Frank im Wien Geschichte Wiki der Stadt Wien: Standeserhebungen und Gnadenakte für das Deutsche Reich und die österreichischen Erblande bis 1806 sowie kaiserlich österreichische bis 1823. Band 1: A–E. Selbstverlag, Schloss Senftenegg 1967.
- Josef Fontana (Hrsg.), Walter Freiberg (Verf.): Südtirol und der italienische Nationalismus. Entstehung und Entwicklung einer europäischen Minderheitenfrage. Teil 2: Dokumente (= Schlern-Schriften. Band 282/2). Wagner, Innsbruck 1990.
- Bruno Mahlknecht: Burgen, Schlösser und Ansitze in Kaltern. Weger, Brixen 2015, ISBN 978-88-6563-125-6, S. 145 f.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Hannes Obermair: Bozen Süd – Bolzano Nord. Schriftlichkeit und urkundliche Überlieferung der Stadt Bozen bis 1500. Band 1. Stadtgemeinde Bozen, Bozen 2005, ISBN 88-901870-0-X, S. 297, Nr. 577.
- ↑ Pfarrarchiv Kaltern. Urkunde von 1419 Juli 28. "In villa Caldare. Zeugen: Rudolfus Cristian, officialis in castro Laymburg, [...] der an den Besitz des Michaelis Jost und des Petrus an der Gassen de superiori Planiez stößt, ein Weinland gelegen in pert. Caldare in loco dicto in Ackerlein [...]"
- ↑ Inst. für Sozialforschung in den Alpenländern a. d. Univ. Innsbruck u. der Stiftung für dt. Volks- und Kulturbodenforschung Leipzig [Hrsg.] Otto Stolz: Die Ausbreitung des Deutschtums in Südtirol im Lichte der Urkunden. Band 2: Die Ausbreitung des Deutschtums im Bozner Unterland und Überetsch sowie in den deutschen Gemeinden im Nonsberg und Fleimstal. Oldenbourg, München-Berlin 1928, S. 98. Nr. 27.
- ↑ Bruno Mahlknecht: Burgen, Schlösser und Ansitze in Kaltern. Weger, Brixen 2015, S. 145 f.
- ↑ Ab der Gassen. In: Mathias Burglehener: Tiroler Adler. 1610-39. 2. Teil, Band 5, Kap. 13: Adelsgeschlechter die vor 1500 am Tiroler Landtag teilnahmen, S. 778 (= fol. 127/126 verso). [Die Worte "Ab" und "Gahsen" beruhen wahrscheinlich auf einem Lesartfehler heutiger Zeit]. Signatur: Handschrift W-231 (Böhm 454). Haus-, Hof, und Staatsarchiv des Österreichischen Staatsarchivs
- ↑ Karl Friedrich von Frank: Standeserhebungen und Gnadenakte für das Deutsche Reich und die österreichischen Erblande bis 1806 sowie kaiserlich österreichische bis 1823. Band 1: A.-E. Selbstverlag, Schloss Senftenegg 1967, S. 72.
- ↑ Wappen mit Lehenartikel. Hans von der Gassen. Innsbruck 7. X. 1555 (WB I, 82). [Tinte auf Papier, koloriert]. Allgemeines Verwaltungsarchiv des Österreichischen Staatsarchivs
- ↑ Caspar An der Gassen. In: Konrad Fischnaler: Tirolisch-Vorarlberg’scher Wappenschlüssel. Vereinsbuchh. und Buchdr., Innsbruck 1938–1941. 2. Teil. 2. Folge, S. 235.
- ↑ Reichsadelsakt. Wappen mit Lehenartikel. Hans, Georg und Michael (Brüder) an der Gassen. Prag 1. III. 1575, (R). [Wappenbrief kaum lesbar, Wappenzeichnung unvollständig]. Allgemeines Verwaltungsarchiv des Österreichischen Staatsarchivs
- ↑ "Andergassen Wappen". Maschinengeschriebenes Skript. Bibliothek. Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum
- ↑ Familienwappen Andergassen. Erhardt Andergassen. Um 1600. (Öl auf Holz, 60 x 48 cm, gerahmt) "renoviert" 1748. Nachlass Ludwig Andergassen "Stina" († 2009). München-Kaltern
- ↑ Historische Sammlungen Zeughauses Innsbruck. Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum (alte Inv.-Nr. 185/O II). Vgl. auch: An der Gassen. In: Konrad Fischnaler: Wappenkartei. Bibliothek. Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum
- ↑ Wohlgemuth Akten der Familie von Mörl. Eppan. "Kurze Andergassen Geschichte". Maschinengeschriebenes Skript. Bibliothek. Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum
- ↑ An der Gassen. In: Konrad Fischnaler: Wappenkartei. Bibliothek. Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum
- ↑ Autograph. Archiv. Tiroler Matrikelstiftung (= Dr. Josef Ritter von Peer’scher Stiftungsfonds Innsbruck). Vgl. auch MuseumPasseier / MuseoPassiria St. Leonhard in Passeier
- ↑ "Gahsen" beruht wahrscheinlich auf einem Lesartfehler heutiger Zeit
- ↑ Autograph des 19. Jhdts. Abschrift und Siegel im Besitz der Grafen von Tabarelli Trient/Trento. Vgl. Palazzo Tabarelli Trento. Archiv. Tiroler Matrikelstiftung.
- ↑ Pfarrkirche Maria Himmelfahrt in Kaltern am See. Außenmauer (ehem. Pfarrfriedhof). Vgl. auch: An der Gassen. In: Konrad Fischnaler: Wappenkartei. Bibliothek. Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum
- ↑ "Stammwappen der Familie Andergassen". Anton Johann Andergassen. Um 1900. Graphik und handschriftl. Text in Sütterlin (Tinte auf Papier, koloriert, 47 × 32 cm, gerahmt). Nachlass Toni (Anton) Andergassen, Dentist († 1972). Berlin-Hall i.T.
- ↑ Vgl. diverse Kirchenbucheinträge der Pfarrgemeinde Maria Himmelfahrt Kaltern etc.
- ↑ Josef Fontana [Hrsg.] Freiberg, Walter [Verf.]: Südtirol und der italienische Nationalismus. Entstehung und Entwicklung einer europäischen Minderheitenfrage. Teil 2. Dokumente. Schlern-Schriften 282/2. Innsbruck: Wagner 1990, S. 757 f.