Andreas Ernst (Bauunternehmer)
Andreas Christian Hartwig Louis Ernst (* 11. Mai 1861 in Glücksburg (damals dänisch); † 12. Juni 1929 in Glatz)[1], war ein deutscher Maurermeister und Bauunternehmer. Viele seiner Architekturentwürfe prägen noch heute das Stadtbild von Glatz (seit 1945 Kłodzko); einige davon stehen unter Denkmalschutz.
Leben
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Andreas Ernst, Sohn des im damals dänischen Glücksburg lebenden Maurermeisters Wilhelm Theodor Heinrich Ernst (1828–1902) und dessen Ehefrau Anna Caroline Adolphine Ernst geborene Hartmann (1837–1912), hatte eine Schwester und sechs Brüder. Er kam um 1887 nach Glatz und gründete 1891 sein eigenes Baugeschäft.[2] Aus seiner interkonfessionellen Ehe mit der katholischen Martha (geborene Krause) gingen vier Töchter hervor:
- 1894: Elsa[3]
- 1897: Ruth (Käthe Anna Ottile)[4], verheiratet mit (Karl) Hans Boehmer[5]
- 1899: Käthe (Augusta Margarethe)[6], verheiratet mit Karl (Fritz) Krietsch[7]
- 1900: Magda (Maria Auguste)[8]
Seit 1894 wohnte die Familie in einem von Andreas Ernst entworfenen Wohnhaus am Mälzplan (heute Połabska 1). Später zog man in die 1900 fertiggestellte große Villa Wiesenstraße 6 (heute ul. Grunwaldzka 4–6), die heute unter Denkmalschutz steht.[2] Gleichzeitig entstand auf seinem 27 Morgen (rund 7 ha)[9] großen Gartengrundstück Lindenhof ein großes Haus (heute ul. Walecznych 14).[10]
Die Maurer- und Zimmermeisterinnung zu Glatz und Frankenstein nahm Ernst 1899 als Mitglied auf. Seit 1904 bis zu seinem Lebensende war er deren Vorsitzender.[2] Ernst kaufte nacheinander viele Baugrundstücke in Glatz, insbesondere Am Mälzplan (heute Połabska), an der Wiesenstraße (heute Grunwaldzka), an der Zimmerstraße (heute Łużycka), an der Herrenstraße (heute Lutycka), an der Neulandstraße (heute Stanisława Wyspiańskiego), an der Angerstraße (heute Piastowska), am Lindenweg (heute ul. Walecznych) sowie am Birkenweg (heute ul. Willowa). Er bebaute sie und verkaufte sie anschließend wieder.[2]
1904 kam zum Hauptsitz in Glatz noch eine Zweigstelle in Bad Altheide dazu. Noch bevor Friedrich Brinkmann als Architekt in Altheide angestellt wurde, entwarf und baute Andreas Ernst im Auftrag des Brauerei-Besitzers Georg Haase zunächst das Neue Kurhaus (umgebaut und heute Sanatorium Wielka Pieniawa)[11] und erhielt im Anschluss Aufträge für 29 Villen, von denen mindestens 25 noch existieren (im Klammern: heutige Hausnummern):[12]
- Dębowa: Erna (14),
- Kamienna: Elisabeth (1), Charitas (8),
- Kryniczna: Edelweiß (1), Völkelhaus (2), Rheingold (3),
- Kłodzka: Erlkönig (6),
- J. Matuszewskiego: Klose (1) (neuer Name Villa Erika, heute Mała Pieniawa), Victoria (4), Diana (6), Walhalla (8),
- Parkowa: Anne-Liese (9), Haus Fundner (11), Hedwig (13), Clara (17), Glatzer Rose (21), Lessing (23),
- Piastowska: Charlotte (1), Eichendorf (4), Lohengrin (6), Haus Haunrex (17), Mein Eigen (18), sowie
- Zdrojowa: Germania (23), Libelle (25), Grille (27), letztere drei auf eigenen Grundstücken.[2]
Weitere Villen existieren nicht mehr oder die Namen der Bauherren können nicht zugeordnet werden: Balzer, Lehmann, Margareta und Dr. Rother. Außerdem übernahm das Unternehmen Ernst den Bau von Gebäuden nach fremden Entwürfen, so zum Beispiel 1910–1911 den der ersten katholischen Kirche in Altheide, der Maria-Himmelfahrt-Kirche (Kościół Wniebowzięcia Najświętszej Maryi Panny) nach Entwürfen von Ludwig Schneider sowie des Helenenbads mit Trinkhalle, Wandelhalle, Kaffeehaus und Kurhaus.[12]
Ernst starb im Alter von 68 Jahren unerwartet auf seinem Gartengrundstück an einem Herzinfarkt oder Schlaganfall.[13] Ursprünglich war für 1929 eine große Feier zum 25. Jahrestag seiner Wahl zum Innungspräsidenten geplant.[2] Ernst bekam eine evangelische Bestattung in der von ihm entworfenen Gruft am Rande seines Gartengrundstücks.[14] Sein 16 Jahre jüngerer Bruder, der Maurermeister Adolf (Heinrich Andreas) Ernst (* 2. Februar 1878 in Glückstadt), der schon seit 1908 mit ihm zusammenarbeitete, übernahm die Geschäfte, zunächst unter dem vormaligen Firmennamen A. Ernst.[12] Adolf Ernst bewohnte zu dieser Zeit die kleine Villa Bergblick 5 (heute ul. Sienkiewicza 5; vorher Zimmerstraße / ul. Łużycka 9).[1][15] Nach der Auszahlung der gesetzlichen Erben im Jahr 1932 änderte er die Firma in Adolf Ernst, Maurermeister. Baugeschäft für Hoch- und Tiefbau, Eisenbeton.[12]
Ehrungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Nach seinem Tod bekam in Glatz die Andreas-Ernst-Straße (heute Kwiatowa) seinen Namen.[2] Anlässlich des 90. Todestages gab es 2019 im Muzeum Ziemi Kłodzkiej (Museum des Glatzer Landes) eine große Ausstellung über Andreas Ernst.[16]
Bauwerke in Glatz (Auswahl)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Allein in Glatz hat er in 38 Jahren über 90 Gebäude geplant und gebaut, von denen viele noch heute existieren.[17] Mindestens fünf davon stehen aktuell auf der Denkmalliste (Stand 2022).[18][19]
Lage | Objekt | Beschreibung | NID-Nr. | Bild |
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Połabska ul. 1 (früher Mälzplan/Mälzstraße) (Standort) |
Wohnhaus | 1893–1894; Eigentümer Andreas Ernst | keine | |
Bohaterów Getta ul. 13 (früher Gartenstraße 13) (Standort) |
Villa | 1896; Eigentümer Albert Bittner (Gärtnereibesitzer) | keine | |
Jagiełły pl. 5-6 (früher Wilhelmplatz) (Standort) |
Wohnhaus | 1896; Eigentümer Hartmann Morawietz (Baumeister) | keine | |
Kościuszki ul. 6 (früher Wilhelmstraße) (Standort) |
Wohnhaus | 1896; Eigentümer August Hardeck (Rentier) | keine | |
Połabska ul. 8 (früher Mälzstraße) (Standort) |
Wohnhaus | 1896–1897; Eigentümer August Thiele (Schmiedemeister, Inhaber einer Maschinen-, Kessel- und Eisengießerei) | keine | |
Reymonta ul. 6 (früher Mittelstraße 6) (Standort) |
Villa | 1897; Eigentümer Wilhelm Rösner | keine | |
Grunwaldzka ul. 4-6 (früher Wiesenstraße 6) (Standort) |
Villa Ernst | 1899/1900; Eigentümer Andreas Ernst | PL.1.9.ZIPOZ.NID_N_02_BK.77880 A/4384/1624 |
|
Korfantego ul. 1 (früher Fischerstraße 1) (Standort) |
Villa Drabeck | 1900; Eigentümer Josef Drabeck (Ofenfabriksbesitzer) | keine | |
Walecznych ul. 14 (früher Lindenhof/Lindenweg 14) (Standort) |
Gartenhaus | 1900; Eigentümer Andreas Ernst | keine | |
Wandy ul. 4 (früher Louisenstraße 4) (Standort) |
Villa | 1901; Eigentümer Gustav Deutschmann (Polizeisergeant) | keine | |
Chopina pl. 1 (früher Friedrichplatz) (Standort) |
Villa Nocoń | 1902; Eigentümer Teodor Nocoń (Königlicher Zeichen-Gymnasiallehrer) | PL.1.9.ZIPOZ.NID_N_02_BK.438746 A/6166 |
|
Mickiewicza ul. 9 (früher Reichensteiner Straße 9) (Standort) |
Villa | 1902; Eigentümer Gotthard Kuhn (Polizeikommissar) | keine | |
Chrobrego pl. 19 (früher Ring 19) (Standort) |
Kaufhaus Gustav Glücksmann | 1903, 1906, 1909 mehrere Umbauten; Eigentümer Gustav Glücksmann | PL.1.9.ZIPOZ.NID_N_02_BK.76251 736/A/06 |
|
Kościuszki ul. 7 (früher Wilhelmstraße 13) (Standort) |
Reichsbank | 1905 | keine | |
Jedności pl. 1 (früher Sellgittplatz) (Standort) |
Hotel Stadtbahnhof | 1906; Eigentümer Adolf Menzel (Hoteleigentümer) | keine | |
Połabska ul. 9 (früher Mälzstraße 15) (Standort) |
Gast- und Wohnhaus Zur Goldenen Krone |
1906; Eigentümer Ferdinand Thiel | keine | |
Łużycka ul. 11 und 11a (früher Zimmerstraße 11 und 11a) (Standort) |
Villa mit Likörfabrik & Fruchtsaftpresserei | 1907; Eigentümer Albert Jacob (Fabrikbesitzer) | keine | |
Wyspiańskiego ul. 7 (früher Neulandstraße) (Standort) |
Fabrik für Kunstgegenstände (Buntglas, Reisesouveniers) | 1908; Eigentümer Julius Rachwalsky | keine | |
Wodna ul. 10 (früher Wassertorstraße 8) (Standort) |
Haus und Geschäft eines Schuhmachers | 1909; Eigentümer Heinrich Tautz (Schuhmachermeister) | PL.1.9.ZIPOZ.NID_N_02_BK.78527 A/4394/1594 |
|
Połabska ul. 30–32 (früher Mälzstraße 30–32) (Standort) |
Gasthaus Zu den Drei Karpfen und Geschäftshaus | 1910; Eigentümer Anton Gersch (Kaufmann) | keine | |
Okrzei ul. 14 (früher Friedrichstraße) (Standort) |
Evangelisches Gemeindehaus | 1911 | keine | |
Reymonta ul. 2 (früher Mittelstraße 2) (Standort) |
Villa (Erweiterung) | 1920; Eigentümerin Elisabeth Schütz | keine |
|
Walecznych ul. 1 (früher Lindenweg) (Standort) |
Zweifamilienwohnhaus | 1924; Eigentümer Franz Schneider (Rektor) | keine | |
Walecznych ul. 3 (früher Lindenweg) (Standort) |
Zweifamilienwohnhaus | 1925; Eigentümer Paul Schram (Sekretär der Krankenkasse) | keine | |
Piastowska ul. (früher Angerstraße) Ecke Łużycka (Standort) |
Transformatorenhaus mit Pumpstation | 1926; Urheberschaft und Datum unbestätigt | keine | |
Piastowska ul. 11 (früher Angerstraße) (Standort) |
Achtfamilienwohnhaus | 1926; Eigentümer Andreas Ernst | keine | |
Walecznych ul. 29 (früher Lindenweg) (Standort) |
Einfamilienwohnhaus | 1927; Eigentümer Richard Opitz (Buchhalter) | keine | |
Sienkiewicza ul. 1 (früher Bergblick 1) (Standort) |
Villa | 1927; Eigentümer Albert Schwarze (Postangestellter) | keine | |
Walecznych ul. (Standort) |
Grabanlage Familie Ernst | 1927 (Entwurf; Ausführung 1929) | PL.1.9.ZIPOZ.NID_N_02_BL.114781 A/6257 |
|
Sienkiewicza ul. 3 (früher Bergblick 3) (Standort) |
Villa | 1928; Eigentümer Karl Kluge (Stimmrechtsvertreter) | keine | |
Bohaterów Getta ul. 18 (früher Gartenstraße) (Standort) |
Zaun des westlichen Teils des Jüdischen Friedhofs (1928 erweitert) | 1929 | PL.1.9.ZIPOZ.NID_N_02_CM.8922 A/740 |
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Joanna Jakubowicz: Andreas Ernst (1861–1929): kłodzki architekt/ein Glatzer Architekt. Muzeum Ziemi Kłodzkiej, Kłodzko 2019, ISBN 978-83-950160-2-8
- 100 Jahre Bad Altheide. Sonderbeilage der Schlesischen Zeitung, Breslau den 12. Juni 1928. S. 1–8. Digitalisat
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b Sterbeurkunde Glatz C 132/1929 link zu Ancestry (Tod angezeigt durch seinen Bruder, den Maurermeister Adolf Ernst, Bergblick 5); Ort des Todes: Lindenweg 14 (Gartenhaus)
- ↑ a b c d e f g Leben und Tätigkeit von Andreas Ernst. In: Joanna Jakubowicz: Andreas Ernst (1861–1929), kłodzki architekt / ein Glatzer Architekt. Muzeum Ziemi Kłodzkiej, Kłodzko 2019, ISBN 978-83-950160-2-8, S. 9–15.
- ↑ Geburtsurkunde Glatz A 224/1894 link zu Ancestry: geboren am 10. Juli 1894 (Mälzstraße 896)
- ↑ Geburtsurkunde Glatz A 227/1897 link zu Ancestry: geboren am 22. Juli 1897
- ↑ Heiratsurkunde Glatz B 62/1920 link zu Ancestry: Hochzeit am 24. Mai 1920 mit dem Hauptmann der Sicherheitspolizei Karl Hans Boehmer (geboren am 6. Juni 1889 in Weilburg Kreis Oberlahn, wohnhaft in Breslau)
- ↑ Geburtsurkunde Glatz A 192/1899 link zu Ancestry: geboren am 15. Juni 1899 (Mälzplan)
- ↑ Heiratsurkunde Glatz B 40/1928 link zu Ancestry: Hochzeit am 24. Mai 1928 mit dem Studienrat Karl Fritz Krietsch (geboren am 2. April 1895 in Frose Kreis Ballenstädt, wohnhaft in Wurzen)
- ↑ Geburtsurkunde Glatz A 225/1900 link zu Ancestry: geboren am 20. Juli 1900 (Mälzstraße 896)
- ↑ Jakubowicz 2019 gibt rund 15 ha an (S. 64)
- ↑ Leben und Tätigkeit von Andreas Ernst. In: Joanna Jakubowicz: Andreas Ernst (1861–1929), kłodzki architekt / ein Glatzer Architekt. Muzeum Ziemi Kłodzkiej, Kłodzko 2019, ISBN 978-83-950160-2-8, S. 64–67.
- ↑ 100 Jahre Bad Altheide. Sonderbeilage der Schlesischen Zeitung, Breslau den 12. Juni 1928, S. 3. (Digitalisat)
- ↑ a b c d Firma A. Ernst. In: Joanna Jakubowicz: Andreas Ernst (1861–1929), kłodzki architekt / ein Glatzer Architekt. Muzeum Ziemi Kłodzkiej, Kłodzko 2019, ISBN 978-83-950160-2-8, S. 15–19.
- ↑ In den Zeitungen und Nachrufen wird abwechselnd von einem Herzinfarkt oder einem Schlaganfall berichtet.
- ↑ Ruhestätte. In: Joanna Jakubowicz: Andreas Ernst (1861–1929), kłodzki architekt / ein Glatzer Architekt. Muzeum Ziemi Kłodzkiej, Kłodzko 2019, ISBN 978-83-950160-2-8, S. 67–69.
- ↑ Adreß-Buch für die Grafschaft Glatz. Jahrgang 1924/1925, Vergrunda, Glatz 1924. S. 56 Digitalisat
- ↑ Ausstellung. In: Joanna Jakubowicz: Andreas Ernst (1861-1929): kłodzki architekt/ein Glatzer Architekt. Muzeum Ziemi Kłodzkiej, Kłodzko 2019, ISBN 978-83-950160-2-8, S. 145–147
- ↑ Chronologisches Register der Bauwerke von Andreas Ernst in Glatz. In: Joanna Jakubowicz: Andreas Ernst (1861–1929): kłodzki architekt/ein Glatzer Architekt. Muzeum Ziemi Kłodzkiej, Kłodzko 2019, ISBN 978-83-950160-2-8, S. 77–85
- ↑ Denkmalliste Niederschlesien: Kłodzko – m. S. 75–78 (poln.) (abgerufen am 4. August 2024)
- ↑ Geoportal des Narodowy Instytut Dziedzictwa (abgerufen am 4. August 2024)
Personendaten | |
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NAME | Ernst, Andreas |
ALTERNATIVNAMEN | Ernst, Andreas Christian Hartwig Louis (vollständiger Name) |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Maurermeister und Bauunternehmer |
GEBURTSDATUM | 11. Mai 1861 |
GEBURTSORT | Glücksburg |
STERBEDATUM | 12. Juni 1929 |
STERBEORT | Glatz |