Andrej Scheptyzkyj
Andrej (Andreas) Alexander Scheptyzkyj OSBM (ukrainisch Андрей Шептицький, polnisch Andrzej Szeptycki; * 29. Juli 1865 in Prylbytschi, Königreich Galizien und Lodomerien; † 1. November 1944 in Lemberg) war Erzbischof von Lemberg und Metropolit der Ukrainischen Griechisch-Katholischen Kirche in der Ukraine. Während seines Episkopats von 1901 bis 1944 führte er die Kirche durch zwei Weltkriege und erlebte sieben politische Regime, diese waren: österreichisch-ungarische, russische, ukrainische, polnische, sowjetische, nationalsozialistische deutsche und nochmals sowjetische Herrschaften.
Leben
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Herkunft und frühe Jahre
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Scheptyzkyj wurde als Sohn eines polonisierten Adelsgeschlechts,[1] aus dem mehrere bekannte ukrainische und polnische[1] Persönlichkeiten hervorgingen, in Prylbytschi, einem kleinen Dorf im heutigen Rajon Jaworiw nordöstlich von Lemberg (Lwiw), geboren.
Zunächst leistete er Militärdienst[1] in der österreichischen Armee, studierte danach Rechtswissenschaften[1] in Krakau und Warschau und wurde 1888 zum Doktor der Rechtswissenschaft promoviert. Trotz des Widerstandes seines Vaters gab er 1888[1] seine Zugehörigkeit zum lateinischen Ritus der römisch-katholischen Kirche auf und trat in ein ukrainisches griechisch-katholisches Basilianerkloster ein und nahm den Namen Andrej an. Am 22. August 1892 empfing Scheptyzkyj im griechisch-katholischen Ritus die Priesterweihe. Er studierte im Jesuitenseminar von Krakau und promovierte im Jahr 1894 zum Doktor der Theologie. 1896 übernahm er das Rektorat des Mönchsklosters St. Onuphrius zu Lemberg. Nach dem Tod von Sylvester Kardinal Sembratowytsch im Jahre 1898 nominierte Kaiser Franz Joseph von Österreich ihn zu dessen Nachfolger im Amt eines Bischofs der griechisch-katholischen Kirche in der Ukraine. Papst Leo XIII. bestätigte die Ernennung am 19. Februar 1899. Die Bischofsweihe erfolgte am 17. September 1899. Die Ernennung zum Großerzbischof erfolgte am 12. Dezember 1900 und kurz darauf wurde Andrej Scheptyzkyj im Alter von gerade 36 Jahren am 17. Januar 1901 zum Metropoliten und Erzbischof ernannt.
Im Königreich Galizien und Lodomerien verfügte er als Lemberger Metropolit über eine Virilstimme im Galizischen Landtag. Ab 1901 war Scheptyzkyj zudem Mitglied des österreichischen Herrenhauses.
Auslandsreisen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Seine Auslandsreisen führten ihn 1910 auch nach Kanada und in die Vereinigten Staaten von Amerika. Er besuchte dort die ukrainischen Gemeinden und nahm am Internationalen Eucharistischen Kongress in Montreal teil.
Inhaftierung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges wurde der Metropolit festgenommen und in mehreren Orten der Ukraine und Russland inhaftiert. Nach seiner Freilassung 1918 führte ihn sein Weg zurück nach Lemberg. Er nahm seine Aktivitäten wieder auf und unterstützte mehrere kirchliche Organisationen und Einrichtungen.
Rettung von Juden und Kollaboration mit den Deutschen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Seine Kenntnis des Hebräischen half ihm bei Besuchen von jüdischen Ortschaften in der Ukraine, wo er viele Kontakte knüpfte.
Scheptyzkyj hatte gute Kontakte mit in Ostgalizien lebenden Juden. Im Juli 1941 versprach er einem Rabbi, er würde dafür sorgen, dass die ukrainischen Nationalisten damit aufhörten, Juden zu töten, was erfolglos blieb. Im Februar 1942 bat er Heinrich Himmler, der ukrainischen Polizei zu verbieten, bei den Morden an Juden teilzunehmen.[2]
In den folgenden Monaten beherbergte er, zusammen mit seinem Bruder Klymentij Scheptyzkyj, Dutzende von Juden in seiner Residenz und in griechisch-katholischen Klöstern.[2] Gegen die nationalsozialistischen Herrscher und den Holocaust wandte er sich mit seinem Schreiben „Du sollst nicht töten“; dennoch unterstützte er die deutschen Streitkräfte als Befreier von der sowjetischen Herrschaft und befürwortete die Aufstellung einer Division der Waffen-SS aus ukrainischen Freiwilligen.[2] Während dieser Zeit nominierte er bereits Jossyf Slipyj als seinen Nachfolger.
Tod und Nachwirkung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Nach seinem Tode, am 1. November 1944 im Alter von 79 Jahren, wurde Andrej Scheptyzkyj in der Ukraine in der St.-Georgs-Kathedrale in Lemberg beigesetzt. Seit 1958 wird der Prozess zur Seligsprechung vorangetrieben. Am 17. Juli 2015 wurde ihm der heroische Tugendgrad als bedeutende Vorstufe zur Seligsprechung zuerkannt, wodurch er als Ehrwürdiger Diener Gottes bezeichnet wird.[3]
Gründer und Patron
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Andrej Scheptyzkyj galt als Patron der Künstler und Studenten und als Pionier der Ökumene. Er pflegte viele Kontakte zu den verschiedenen Volksgruppen in der Ukraine. Er gründete den ukrainischen Zweig des Redemptoristenordens, den Studitenorden, das Ukrainische Nationalmuseum[1] in Lemberg und die Theologische Akademie, welche heute als die Vorgängerin der Ukrainischen Katholischen Universität in Lemberg gilt. 1903 war er maßgeblich an der Gründung eines kirchlichen Krankenhauses in Lwiw beteiligt, das später seinen Namen erhielt (Scheptyzkyj-Hospital).
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Franz Adlgasser – W.-D. Bihl: Szeptycki (Šeptyc’kyj) von und zu Szeptyce, Andrej (Andreas). In: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (ÖBL). Band 14, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 2015, ISBN 978-3-7001-7794-4, S. 149 f. (Direktlinks auf S. 149, S. 150).
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Szeptycki (Šeptyc’kyj), Andrej (Roman Aleksander) Graf Dr. iur. Dr. theol. Kurzbiografie auf der Website des Österreichischen Parlaments
- Eintrag zu Andrej Scheptyzkyj auf catholic-hierarchy.org; abgerufen am 20. Juni 2017.
- Biografie auf den Seiten der Apostolischen Exarchie in Deutschland und Skandinavien
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b c d e f Andreas Kappeler: Kleine Geschichte der Ukraine. In: Beck’sche Reihe. Nr. 1059. Verlag C. H. Beck, München 2009, ISBN 978-3-406-58780-1, S. 166.
- ↑ a b c http://www1.yadvashem.org/odot_pdf/Microsoft%20Word%20-%206020.pdf
- ↑ Promulgazione di decreti della Congregazione delle Cause dei Santi. In: Tägliches Bulletin. Presseamt des Heiligen Stuhls, 17. Juli 2015, abgerufen am 17. Juli 2015 (italienisch).
Vorgänger | Amt | Nachfolger |
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Sylwester Sembratowicz | Metropolit von Lemberg 1900–1944 | Jossyf Slipyj |
Personendaten | |
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NAME | Scheptyzkyj, Andrej |
ALTERNATIVNAMEN | Scheptyzkyj, Andrej Alexander OSBM (vollständiger Name) |
KURZBESCHREIBUNG | ukrainischer Theologe, Großerzbischof von Lemberg und Metropolit der Ukrainischen Griechisch-Katholischen Kirche in der Ukraine |
GEBURTSDATUM | 29. Juli 1865 |
GEBURTSORT | Prylbytschi, Galizien |
STERBEDATUM | 1. November 1944 |
STERBEORT | Lemberg |
- Ehrwürdiger Diener Gottes
- Erzbischof von Lemberg (griechisch-katholisch)
- Basilianer des hl. Josaphat
- Mitglied des Herrenhauses (Österreich)
- Landtagsabgeordneter (Galizien)
- Landtagsabgeordneter (Cisleithanien)
- Träger des Ordens der Eisernen Krone (I. Klasse)
- Träger des ö.k. Leopold-Ordens (Großkreuz)
- Person (Judenretter)
- Person (ukrainische Kollaboration)
- Ukrainer
- Geboren 1865
- Gestorben 1944
- Mann