Anton Kerner von Marilaun
Anton Joseph Kerner, ab 1876 Ritter von Marilaun (* 12. November 1831 in Mautern, Niederösterreich; † 21. Juni 1898 in Wien) war ein österreichischer Botaniker und Universitätsprofessor. Er gilt als einer der Mitbegründer der Pflanzensoziologie. Sein offizielles botanisches Autorenkürzel lautet „A.Kern.“
Leben und Wirken
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Anton Kerner studierte von 1848 bis 1853 Medizin an der Universität Wien, wo er 1854 zum Doktor der Medizin promoviert wurde. 1855 wurde er Lehrer für Naturgeschichte an der Oberrealschule, 1858 Professor am Josefs-Polytechnikum in Ofen, Ungarn. Die Universität Innsbruck berief Kerner 1860 auf einen Lehrstuhl für Botanik. 1878 wurde er als Ordinarius und Direktor des Botanischen Gartens an die Universität Wien berufen. 1877 wurde Kerner geadelt und in den Ritterstand versetzt.
Kerners klassisches, in der Sprache eines fachkundigen Literaten verfasstes Werk Das Pflanzenleben der Donauländer (Innsbruck 1863) enthält unübertreffliche Schilderungen der Vegetation von den ungarischen Steppenwäldern bis in die waldfreien Gipfelbereiche der Alpen. Er wandte neue Methoden an, beschrieb die Schichtenstruktur der Wälder und wies auf die Zusammenhänge der Pflanzenformationen mit Klima und Boden hin. Kerner beschrieb Pflanzengesellschaften, in denen Arten „zu bestimmten Gruppen vereint“ sind. Er führte auch Freilandexperimente ein, mit dem Ziel, den Klimaeinfluss verschiedener Höhenstufen auf das Wachstum von 300 Arten zu erkunden. 1875 legte er am Blaser in Tirol den ersten Hochalpengarten der Welt an.[1]
Kerner war ein Anhänger der Darwinschen Evolutionstheorie und hielt natürliche Artbastarde für die Grundlage von Variabilität und Entstehung neuer Arten. Er korrespondierte unter anderem mit Gregor Mendel[2] und Charles Darwin.
Richard Wettstein war als Ordinarius und Direktor des Botanischen Gartens in Wien sein Nachfolger, gleichzeitig aber auch sein Schwiegersohn, da er Kerners Tochter Adele heiratete.
Ehrungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Anton Kerner von Marilaun ruht in einem Ehrengrab auf dem Wiener Zentralfriedhof (Tor 2, Gruppe 0, Reihe 1, Nummer 22). Im Jahr 1900 wurde in Wien-Landstraße (3. Bezirk) die Marilaungasse nach ihm benannt. Nach Kerner benannt ist auch die Pflanzengattung Marilaunidium Kuntze aus der Familie der Raublattgewächse (Boraginaceae).[3]
Schriften
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Der Jauerling. In: Verhandlungen der Zoologisch-Botanischen Gesellschaft in Wien, 5, 1855, S. 521–524.
- Flora der Bauerngärten in Deutschland. In: Verhandlungen der Zoologisch-Botanischen Gesellschaft in Wien, 5, 1855, S. 787–826.
- Das Hochkar: eine pflanzengeografische Skizze. In: Verhandlungen der Zoologisch-Botanischen Gesellschaft in Wien, 7, 1857, S. 517–530.
- Niederösterreichische Weiden. Ueberreuter, Wien 1860. doi:10.5962/bhl.title.15620
- Das Pflanzenleben der Donauländer. Wagner, Innsbruck 1863 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche – 2. (anastatische) Auflage 1929 von Friedrich Vierhapper (jun.)).
- Die Cultur der Alpenpflanzen. Wagner, Innsbruck 1864, archive.org
- Novae plantarum species Tiroliae, Venetiae, Carnioliae, Carinthiae Styriae et Austriae. Innsbruck 1870, doi:10.5962/bhl.title.9835.
- Die botanischen Gärten, ihre Aufgabe in der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Innsbruck 1874 (archive.org).
- Die Schutzmittel der Blüthen gegen unberufene Gäste. Wien 1876 (darwin-online.org.uk).
- Flowers and their unbidden guests. C. K. Paul & Co., London 1878, doi:10.5962/bhl.title.50866
- Pflanzenleben. urn:nbn:de:hbz:061:2-23560 (1890–1891; 2. Auflage 1896–1898; 3. Auflage von Carl Adolph Hansen, 1913–1916).
- Schedae ad Floram exsiccatam Austro-Hungaricum. (1881–1913; Band 8–9 von Karl Fritsch, Band 10 von Richard Wettstein).
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Kerner von Marilaun Anton. In: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (ÖBL). Band 3, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1965, S. 302–304 (Direktlinks auf S. 302, S. 303, S. 304).
- Constantin von Wurzbach: Kerner, Anton Joseph. In: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich. 11. Theil. Kaiserlich-königliche Hof- und Staatsdruckerei, Wien 1864, S. 191 f. (Digitalisat).
- Richard Wettstein: Anton Kerner von Marilaun (Nekrolog). In: Berichte der Deutschen Botanischen Gesellschaft. Nr. 16. Berlin 1898, S. 43–58 (archive.org).
- Ernst Wunschmann: Kerner von Marilaun, Anton Ritter. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 51, Duncker & Humblot, Leipzig 1906, S. 122–125.
- Ernst Moriz Kronfeld: Anton Kerner von Marilaun – Leben und Arbeit eines deutschen Naturforschers. Verlag Chr. Herm. Tauchnitz, Leipzig 1908 (archive.org – Mit einem Geleitwort von R. von Wettstein).
- Fritz Knoll: Anton Kerner von Marilaun, ein Erforscher des Pflanzenlebens. In: Österreichische Naturforscher und Techniker. Wien 1950 (216 S., herausgegeben von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften).
- Karl Mägdefrau: Kerner von Marilaun, Anton Ritter. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 11, Duncker & Humblot, Berlin 1977, ISBN 3-428-00192-3, S. 529–531 (Digitalisat).
- Maria Petz-Grabenbauer, Michael Kiehn: Anton Kerner von Marilaun. Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 2004, ISBN 3-7001-3302-2 (Verlagskatalog).
- Otto Stapf: Nachruf auf Anton Kerner von Marilaun. (PDF; 678 kB) In: Nature, 58, 1898, S. 251–252 (englisch), kostenpflichtig!
- Erna Kainz: Der Botaniker Anton Kerner von Marilaun – ein berühmter Mauterner. (PDF; 3 MB) In: Aus der Heimat, Kulturteil zum Amtsblatt der Bezirkshauptmannschaft Krems/Donau (Österreich), 1967, 12 (S. 1–3) und 1968, 2 (S. 4) Seltene lokalhistorische Arbeit über Anton Kerner von Marilaun.
- Die Blume des Maitranks. In: Die Gartenlaube. Heft 16, 1867, S. 245–247 (Volltext [Wikisource]).
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Autoreintrag für Anton Kerner von Marilaun beim IPNI
- Literatur von und über Anton Kerner von Marilaun im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Werke von und über Anton Kerner von Marilaun in der Deutschen Digitalen Bibliothek
- Anton Josef Kerner von Marilaun: Pflanzenleben, Erster Band: Der Bau und die Eigenschaften der Pflanzen. bei Biolib.de.
- Anton Kerner von Marilaun im Wien Geschichte Wiki der Stadt Wien
- Eintrag zu Anton Kerner von Marilaun im Austria-Forum (Biographie)
- Geschichte des Botanischen Gartens der Universität Wien (HBV) Anm.: Kerner von Marilaun war von 1878 bis 1898 Direktor des HBV.
- Thomas Hartmann: The lost origin of chemical ecology in the late 19th century. PNAS. Artikel über die vergessenen Anfänge der Chemischen Ökologie im 19. Jahrhundert. Enthält auch ein Kapitel über Anton Kerner von Marilaun (S. 4542)
- Digitalisierte Bücher, v. a. englische Übersetzungen von Kerners Werken bei archive.org.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Eintrag zu Blaser im Austria-Forum (im AEIOU-Österreich-Lexikon)
- ↑ Åke Gustafsson: The life of Gregor Johann Mendel – tragic or not? In Hereditas Bd. 62, 1969, S. 239–258. (hier: S. 244.)
- ↑ Lotte Burkhardt: Verzeichnis eponymischer Pflanzennamen. Erweiterte Edition. Botanic Garden and Botanical Museum Berlin, Freie Universität Berlin, Berlin 2018. [1]
Personendaten | |
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NAME | Kerner von Marilaun, Anton |
ALTERNATIVNAMEN | Kerner Ritter von Marilaun, Anton Joseph (vollständiger Name); Kerner, Anton Joseph |
KURZBESCHREIBUNG | österreichischer Botaniker und Hochschullehrer |
GEBURTSDATUM | 12. November 1831 |
GEBURTSORT | Mautern, Niederösterreich |
STERBEDATUM | 21. Juni 1898 |
STERBEORT | Wien |
- Botaniker (19. Jahrhundert)
- Geobotaniker
- Ökologe
- Hochschullehrer (Universität Innsbruck)
- Hochschullehrer (Universität Wien)
- Mitglied der Königlichen Gesellschaft der Wissenschaften in Uppsala
- Person (Cisleithanien)
- Person (Kaisertum Österreich)
- Nobilitierter (Österreich)
- Ritter (Neuzeit)
- Absolvent der Universität Wien
- Geboren 1831
- Gestorben 1898
- Mann