Anton Menger

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Anton Menger um 1890. Fotograf Josef Löwy.

Anton Menger von Wolfensgrün (* 12. September 1841 in Maniów, Galizien; † 6. Februar 1906 in Rom, Italien) war ein österreichischer Jurist und Sozialtheoretiker, der neben seiner Hochschul-Tätigkeit sich vorwiegend der Propagierung sozialistischer Schriften auf juristischem Hintergrund widmete.

In den 1890er Jahren beschäftigte er sich auch mit mathematischen Problemen und veröffentlichte unter dem Pseudonym Dr. Julius Bergbohm.[1][2]

Recht auf den vollen Arbeitsertrag in geschichtlicher Darstellung, 1899
Figur von Anton Menger auf seinem Grab auf dem Wiener Zentralfriedhof von Richard Kauffungen
Büste von Anton Menger in der Universität Wien von Richard Kauffungen

Anton Menger war der Sohn von Anton Menger von Wolfensgrün und von Karoline, geb. Gerzabek. Seine Brüder waren der Finanzjurist Max Menger und der bekannte Ökonom Carl Menger. Menger besuchte von 1847 bis 1851 die Volksschule in Biala danach er die Realschule und von 1852 bis 1856 das katholische „k. k. Gymnasium Teschen“. Die letzten beiden Schuljahre verbrachte er auf dem „k. k. Ober-Gymnasium Troppau“. Am 28. Jänner 1860 bestand er als externer die Maturiatsprüfung in Krakau. Er studierte Rechtswissenschaft an der Universität Wien ab dem Wintersemester 1860. Am 25. Juli 1865 promovierte er an der Wiener Universität. 1869 wurde er Rechtsanwalt. 1872 habilitierte er sich für österreichisches Zivilprozessrecht. Er war von 1875 bis 1899 als Universitätsprofessor für Zivilprozessrecht in Wien tätig; dort war er auch von 1895/96 Rektor und Dekan 1880/81 sowie 1887/88.

Mengers Thesen und sein Argumentieren sind vor dem Hintergrund einer sich veränderten Gesellschaftsordnung zu sehen, die ab Mitte des 19. Jahrhunderts geprägt durch Wirtschaftskrise (1873) und soziale Frage nach Antworten auf eine liberale Politik („unsichtbare HandAdam Smith) sucht und dabei nach mehr sozialer Gerechtigkeit strebt. Sein juristisches Interesse lässt ihn dabei anders als Karl Marx und Friedrich Engels vor allem von rechtstheoretischen Problemen ausgehen.

In der Rechtstheorie lehnt Menger die Begründung von Rechtsgrundsätzen durch das Naturrecht ab – er verlangt demgegenüber, die Geltung des Rechts jeweils an dessen Übereinstimmung mit den gegebenen sozialen Machtverhältnissen zu messen. Seine bekanntesten Bücher sind: „Das Recht auf den vollen Arbeitsertrag in geschichtlicher Darstellung“, „Das bürgerliche Recht und die besitzlosen Volksklassen“[3] und Die Neue Staatslehre. Als Advokat der besitzlosen Volksklassen wandte er sich entschieden auch gegen den 1888 veröffentlichten ersten Entwurf zum BGB nebst den fünfbändigen „Motiven“. Er monierte besonders, dass die Ausarbeitungen in juristisch-formal unverständlich formuliert seien und inhaltlich unausgewogen unsozial, da einem ungebändigten Manchester-Liberalismus Vorschub geleistet würde.[4][5]

Bekannt ist sein Name auch in Verbindung mit der Sammlung sozialistischer Originalliteratur in Wien. Menger unternahm „Bücherreisen“ nach Paris, London und Berlin, von denen er sozialistische Spezialliteratur mitbrachte, die seine Bibliothek in der Welt einzigartig gemacht hat. Er vermachte seine Bibliothek der Universität Wien. Anfang der 1920er Jahre wurde Mengers Privatbibliothek von der Sozialwissenschaftlichen Studienbibliothek der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Wien in Obhut genommen.[6]

In "Juristen-Sozialismus" ("Die Neue Zeit. Revue des geistigen und öffentlichen Lebens". 5. Jg. (1887), Heft 2, S. 49–62)[7] setzten sich Friedrich Engels und Karl Kautsky mit Mengers (1886) Kritik an Marxens "Kapital" und seinen Versuchen auseinander, den Sozialismus rechtstheoretisch zu begründen: "Der Nachweis wird versprochen, dass Marx ein Plagiator, und bewiesen, dass ein Wort, der 'Mehrwert', schon vor Marx, wenn auch in anderem Sinne gebraucht worden!"

  • 1897 erhielt er den Titel Hofrat.
  • Im Jahr 1919 wurde in Wien-Floridsdorf (21. Bezirk) die Mengergasse nach ihm benannt.
  • Im Arkadenhof der Wiener Universität – der Ruhmeshalle der Universität – steht eine Büste Mengers. Im Rahmen von „Säuberungen“ durch die Nationalsozialisten Anfang November 1938 wurden zehn Skulpturen jüdischer oder vermeintlich jüdischer Professoren im Arkadenhof im Zusammenhang der „Langemarck-Feier“ umgestürzt oder mit Farbe beschmiert. Bereits zu diesem Zeitpunkt hatte der kommissarische Rektor Fritz Knoll eine Überprüfung der Arkadenhof-Plastiken veranlasst; auf seine Weisung hin wurden fünfzehn Monumente entfernt und in ein Depot gelagert, darunter diejenige von Anton Menger.[8] Nach Kriegsende wurden im Jahr 1947 alle beschädigten und entfernten Denkmäler wieder im Arkadenhof aufgestellt.
  • Ignaz Pisko: Dr. Anton Menger's Recht auf den vollen Arbeitsertrag. Wien 1887.
  • Eugen Ehrlich: Anton Menger. Adolf Bonz, Stuttgart 1906. (Aus: Süddeutsche Monatshefte Heft 9)
  • Carl Grünberg: Menger, Anton. In: Biographisches Jahrbuch und deutscher Nekrolog. Georg Reimer, Berlin 1908, S. 3–22. Digitalisat Internet Archive
  • Carl Grünberg: Anton Menger. Sein Leben und sein Lebenswerk. In: Zeitschrift für Volkswirtschaft, Sozialpolitik und Verwaltung. 18. Jg., Braumüller, Wien 1909, S. 29–78.
  • Gerald Schöpfer: Anton Mengers Staatslehre. Verband der wissenschaftlichen Gesellschaften Österreichs, Wien 1973. (Dissertationen der Universität Graz, Bd. 19) (Diss. Graz 1971)
  • Gerald Schöpfer: Der österreichische Sozialpionier Anton Menger und sein Werk. In: Österreich in Geschichte und Literatur. Hrsg. Institut für Österreichkunde. 19. 1975,6, S. 322–335. ISSN 0029-8743
  • Karl-Hermann Kästner: Anton Menger (1841–1906). Leben und Werk. Mohr, Tübingen 1974. ISBN 3-16-636271-1 (Tübinger rechtswissenschaftliche Abhandlungen 36) (Diss. Tübingen 1973)
  • Hans Hörner: Menger (von Wolfensgrün) Anton. In: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (ÖBL). Band 6, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1975, ISBN 3-7001-0128-7, S. 220 f. (Direktlinks auf S. 220, S. 221).
  • Eckhart Müller: Anton Mengers Rechts- und Gesellschaftssystem. Ein Beitrag zur Geschichte des sozialen Gedankens im Recht. Schweitzer, Berlin 1975. ISBN 3-8059-0357-X (München, Univ., Jurist. Fak., Diss. 1973)
  • Hans Hörner: Anton Menger, Recht und Sozialismus. Peter Lang, Frankfurt am Main 1977. ISBN 3-261-02342-2 (Europäische Hochschulschriften 2) (Diss. Mannheim 1976/77)
  • Dörthe Willroth von Westernhagen: Anton Menger (1841–1906). Sozialist, Naturrechtler, Weltverbesserer. In: Streitbare Juristen. Band 1. Nomos, Baden-Baden 1988, ISBN 3-7890-1580-6, S. 81–91.
  • Madeleine Wolensky: Anton Menger und seine Bibliothek. Kammer für Arbeiter und Angestellte in Wien, Wien 1991.
  • Gesamtverzeichnis der in der Sozialwissenschaftlichen Studienbibliothek vorhandenen Bücher aus der Anton-Menger-Bibliothek zusammengestellt von Margarethe Pape und Madeleine Wolensky. Kammer für Arbeiter und Angestellte in Wien, Wien 1991.
  • Eckhart Müller: Menger, Anton. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 17, Duncker & Humblot, Berlin 1994, ISBN 3-428-00198-2, S. 71 f. (Digitalisat).
  • Barbara Dölemeyer: Menger (von Wolfensgrün). Anton. In: Michael Stolleis (Hrsg.): Juristen. Ein biographisches Lexikon. C. H. Beck, München 1995. ISBN 3-406-39330-6, S. 422–423.
  • Thilo Ramm: Anton Menger und die DDR oder Theorie und Praxis des Sozialismus. Ein Nachwort. In: Themen juristischer Zeitgeschichte. Bd. 4. Nomos, Baden-Baden 2000, S. 17–70.
  • Gerhard Oberkofler: Anton Menger (1841–1906). In: Bewahren – Verbreiten – Aufklären. Hrsg. Günter Benser und Michael Schneider. Dietz, Bonn-Bad Godesberg 2009. ISBN 978-3-86872-105-8, S. 196–201. Digitalisat FES (pdf; 300 kB)

Einzelnachweise

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  1. Madeleine Wolensky: Anton Menger und seine Bibliothek, S. 10 und S. 44.
  2. Kurzbiographie: Menger, Anton. In: deutsche-biographie.de
  3. „Da ich zu den wenigen deutschen Juristen gehöre, welche auf dem Gebiete des Rechts das Interesse der besitzlosen Volksklassen vertreten, so habe ich es für meine Pflicht gehalten, in dieser wichtigen Nationalangelegenheit die Stimme der Enterbten zu führen.“ (Anton Menger: Das bürgerliche Recht und die besitzlosen Volksklassen, S. 2.)
  4. Anton Menger: Das Bürgerliche Recht und Die Besitzlosen Volksklassen: Eine Kritik des Entwurfs Eines Bürgerlichen Gesetzbuches Für das Deutsche Reich, H. Laupp, Tübingen, 1890. S. 16.
  5. Uwe Wesel: Geschichte des Rechts: Von den Frühformen bis zur Gegenwart. C.H.Beck, München 2001, ISBN 978-3-406-54716-4. Rn. 285.
  6. „Erst dadurch, daß die Wiener Universität der Sozialwissenschaftlichen Studienbibliothek den Nachlaß Anton Mengers als Leihgabe überlassen hat, ist es uns möglich gewesen, als wahrhaft wissenschaftliches Institut in die Reihe der anderen österreichischen Bibliotheken zu treten.“ In: Fritz Brügel: Die Sozialwissenschaftliche Bibliothek bei der Wiener Arbeiterkammer. In: Bildungsarbeit, Wien, Oktober 1925, S. 1.
  7. Marx-Engels-Werke. Band 21, S. 491 ff. (Memento vom 17. Dezember 2013 im Internet Archive)
  8. Mitchell G. Ash, Josef Ehmer: Universität – Politik – Gesellschaft. Vienna University Press, 2015, ISBN 978-3-8470-0413-4, S. 118 (google.com).
  9. Rezension von K. Gross: Jenaer Literaturzeitung. 3 Jg. 1876, Nr. 28, S. 434–436.
  10. Rezension von Karl Kautsky und Friedrich Engels in Die Neue Zeit. Revue des geistigen und öffentlichen Lebens. 5(1887), Heft 2, S. 49–62.
  11. Rezension von Karl Diehl in: Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik Digitalisat (Memento vom 4. März 2016 im Internet Archive)
  12. Rezension: Die soziale Frage und die Rechtsordnung. In: Die neue Zeit. Revue des geistigen und öffentlichen Lebens. 9.1890-91, 2. Bd.(1891), Heft 40, S. 430-438 Digitalisat
  13. Rezension von Franz Mehring: Anton Menger, Neue Staatslehre. In: Die neue Zeit. Wochenschrift der deutschen Sozialdemokratie. 21.1902-1903, 2. Bd.(1903), Heft 35, S. 287–288.
  14. Rezension von Karl Kautsky: Mengers „Neue Sittenlehre“. In: Die neue Zeit. Wochenschrift der deutschen Sozialdemokratie. 24.1905-1906, 1. Bd.(1906), Heft 3, S. 76–85.
  15. Rezension von Rudolf Hilferding Anton Menger, Volkspolitik. Jena, Gustav Fischer. Die neue Zeit. Wochenschrift der deutschen Sozialdemokratie. 25.1906-1907, 1. Bd.(1907), Heft 14, S. 478–480.