Arnold-Vermutung
In der Mathematik gilt die Arnold-Vermutung als das zentrale Problem der symplektischen Topologie. Sie besagt, dass ein Hamiltonscher Symplektomorphismus (d. h. die Zeit-1-Abbildung eines Hamiltonschen Flusses auf einer symplektischen Mannigfaltigkeit ) mindestens Fixpunkte hat (falls alle Fixpunkte nicht-ausgeartet sind, was generisch der Fall ist). Die Vermutung wurde von Wladimir Arnold zunächst 1965 für -dimensionale Tori und 1974 in ihrer Allgemeinheit aufgestellt.
Beispiele
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Eine volumenerhaltende Abbildung der Sphäre hat mindestens zwei Fixpunkte, was 1972 von Nikishin bewiesen wurde. Eine volumenerhaltende Abbildung des -Torus hat mindestens vier Fixpunkte, woraus der Satz von Poincaré-Birkhoff folgt. Eliashberg bewies 1979, dass eine volumenerhaltende Abbildung einer Fläche vom Geschlecht mindestens Fixpunkte hat.
Der ursprünglich von Arnold betrachtete Fall des -Torus, auf dem jeder Zeit-1-Abbildung eines Hamiltonschen Flusses Fixpunkte haben soll, wurde 1983 von Conley und Zehnder bewiesen.
Floer-Homologie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Fixpunkte einer Abbildung entsprechen den Schnittpunkten des Funktionsgraphen mit der Diagonalen in . Im Fall eines Symplektomorphismus ist der Funktionsgraph ebenso wie die Diagonale eine Lagrangesche Untermannigfaltigkeit in der symplektischen Mannigfaltigkeit . Man sucht also eine untere Schranke für die Anzahl der Schnittpunkte zweier Lagrangescher Untermannigfaltigkeiten.
Der Ansatz zum Beweis der Arnold-Vermutung ist, einen Kettenkomplex zu definieren, dessen -Ketten für jeweils die von den Schnittpunkten mit Maslov-Index formal erzeugten Vektorräume sind und dessen Homologie mit der singulären Homologie von übereinstimmen. Daraus folgt die Arnold-Vermutung, weil offensichtlich die Dimension der Homologie nicht größer sein kann als die Dimension des Kettenkomplexes.
Die Idee ist im Wesentlichen, den Randoperator dieses Kettenkomplexes durch Zählen der die beiden Schnittpunkte verbindenden pseudoholomorphen Kurven zu definieren. Damit diese Anzahl endlich ist, benötigt man einen Kompaktheitssatz für pseudoholomorphe Kurven. Weiterhin benötigt man Verklebeformeln für pseudoholomorphe Kurven, damit der Randoperator die Bedingung erfüllt und man also die Floer-Homologie durch definieren kann.
Andreas Floer bewies die Existenz der Floer-Homologie und ihre Isomorphie zur singulären Homologie für symplektische Mannigfaltigkeiten mit verschwindender zweiter Homotopiegruppe (als Anwendung von Gromovs Kompaktheitssatz) und allgemeiner für monotone symplektische Mannigfaltigkeiten. In der Folge wurde die Arnold-Vermutung unter immer schwächeren Voraussetzungen bewiesen, bis schließlich Fukaya, Oh, Ohta und Ono (mit einer modifizierten Form der Floer-Homologie) der allgemeine Beweis gelang.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Charles Conley, Eduard Zehnder: The Birkhoff-Lewis fixed point theorem and a conjecture of V.I. Arnold. Invent. Math. 73, 33–49 (1983).
- Andreas Floer: Morse theory for Lagrangian intersections. J. Differ. Geom. 28, No. 3, 513–547 (1988).
- Kenji Fukaya, Yong-Geun Oh, Hiroshi Ohta, Kaoru Ono: Lagrangian intersection Floer theory. Anomaly and obstruction. AMS/IP Studies in Advanced Mathematics 46,1. Providence, RI: American Mathematical Society (AMS); Somerville, MA: International Press (2009).