Baumkängurus
Baumkängurus | ||||||||||||
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Goodfellow-Baumkänguru | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Dendrolagus | ||||||||||||
S. Müller, 1840 |
Baumkängurus (Dendrolagus) sind eine Gattung aus der Familie der Kängurus (Macropodidae). Die Vertreter dieser Gattung haben sich gegensätzlich zu anderen Kängurus an eine arboreale (baumbewohnende) Lebensweise angepasst und entsprechen hierdurch nicht dem geläufigen Kängurumodell. Alle Arten leben in Ozeanien und ernähren sich von verschiedenen Pflanzenarten und -teilen.
Verbreitung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Baumkängurus kommen in Neuguinea (Westneuguinea und Papua-Neuguinea im Tiefland- und Bergregenwald sowie in der subalpinen Zone) und auf der Kap-York-Halbinsel im nordöstlichen Australien (Queensland) vor, wo sie in Wäldern und Regenwäldern leben.
Körperbau
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Baumkängurus sind meist etwa 1,3 bis 1,8 Meter lang, die Kopf-Rumpf-Länge beträgt etwa 50 bis 80 Zentimeter, die Schwanzlänge 50 bis 90 Zentimeter. Das Gewicht reicht von 5 bis 18 Kilogramm. Das Fell ist an der Oberseite schwarz oder graubraun, bei manchen Arten auch gemustert. Die Unterseite ist oft weißlich.
Im Vergleich zu ihren bodenbewohnenden Verwandten haben Baumkängurus kürzere, stämmigere Beine mit breiteren Sohlen mit Sohlenpolstern und kräftigeren Vordergliedmaßen. Die an Bärenkrallen erinnernden, langen gebogenen Krallen sind eine weitere Anpassung an die arboreale Lebensweise. Die Ohren sind runder und die Schnauze kürzer als bei anderen Kängurugattungen. Der Schwanz ist behaart und gleichmäßig dick. Der Längenunterschied der Hintergliedmaßen zwischen bodenbewohnenden Kängurus und Baumkängurus ist erheblich: Bei Baumkängurus haben die Hintergliedmaßen 90–110 % der Kopfrumpflänge an Längenausdehnung, während es beim Flinkwallaby (Macropus agilis) 160 % sind.
Lebensweise und Ernährung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Baumkängurus bewohnen höhergelegene Regenwälder. Sie sind geschickte Kletterer und springen über 9 Metern von einem Baum zum nächsten. Berichten zufolge können sie aus 18 Metern Höhe auf den Boden springen, ohne sich zu verletzen. Tagsüber verstecken sie sich auf den Bäumen und gehen nachts auf Nahrungssuche, wozu sie oft auf den Boden kommen. Auf dem Boden bewegen sie sich mit kleinen Hopsern und wirken unbeholfener als auf Bäumen, sind aber dennoch dazu in der Lage, sich auf längeren Strecken hüpfend vorwärts zu bewegen, was sie ihrer stark ausgeprägten Muskulatur zu verdanken haben. Ihre Nahrung besteht vorwiegend aus Blättern und Früchten.
Fortpflanzung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Fortpflanzung findet am Boden statt und viele Aspekte der Fortpflanzung haben Baumkängurus mit den anderen Kängurus gemeinsam: Nach rund 30-tägiger Tragezeit kommt meist nur ein Jungtier zur Welt, das fast ein Jahr im Beutel bleibt. Baumkängurus können 20 Jahre alt werden.
Bedrohung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Baumkängurus sind die größten baumbewohnenden Beuteltiere und haben außer Riesenschlangen und dem Dingo wenige natürliche Feinde. Die Abholzung der Regenwälder ist ihre größte Gefährdung. Daneben werden sie auch wegen ihres Fells und Fleisches gejagt. Drei Arten werden von der IUCN als bedroht eingestuft, zwei weitere als gefährdet.
Die Arten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Das Bennett-Baumkänguru (Dendrolagus bennettianus) ist im nordöstlichen Queensland verbreitet.
- Das Doria-Baumkänguru (Dendrolagus dorianus) bewohnt große Teile Neuguineas von 600 bis 3600 m Höhe. Es ist zusammen mit dem Bennett-Baumkänguru das schwerste und robusteste der Baumkängurus und sehr wehrhaft.
- Das Goodfellow-Baumkänguru (Dendrolagus goodfellowi) ist im östlichen Neuguinea beheimatet. Es gilt als bedroht und ist kaum erforscht.
- Das Graue Baumkänguru (Dendrolagus inustus) lebt im nördlichen und westlichen Neuguinea und auf vorgelagerten Inseln. Obwohl bereits 1825 entdeckt, weiß man doch wenig über diese Art. Es scheint das schwerste aller Baumkängurus zu sein. Ein Exemplar im Gladys Porter Zoo (USA) wiegt 23 kg.
- Das Lumholtz-Baumkänguru (Dendrolagus lumholtzi), benannt nach Carl Sophus Lumholtz, ist im nordöstlichen Queensland verbreitet.
- Das Matschie-Baumkänguru mit hellen Flecken (Dendrolagus matschiei, Foster und Rothschild 1907) ist in Papua-Neuguinea beheimatet. Es gilt als bedroht, ist aber das häufigste Baumkänguru in Zoos. Jedes Tier hat individuelle Farbflecken.
- Das Dingiso (Dendrolagus mbaiso) lebt im zentralen Sudirman-Bergland (Lorentz-Nationalpark) in West-Papua. Es wurde unterhalb der Grasberg-Mine bei der Minenstadt Tembagapura gefunden. Im westlichen Verbreitungsgebiet wird es von den Moni nicht gejagt, die das pfeifende, auf dem Boden lebende Tier als einen ihrer Ahnen betrachten.
- Das Ifola-Baumkänguru (Dendrolagus notatus) kommt im Bismarckgebirge im Zentrum von Papua-Neuguinea vor.
- Das Goldmantel-Baumkänguru (Dendrolagus pulcherrimus) wurde im Torricelli-Gebirge, Papua-Neuguinea, entdeckt. Es ist das kleinste aller Baumkängurus und die am meisten bedrohte Art. 2006 wurden Vorkommen im Fojagebirge in West-Papua entdeckt.
- Das Schwarze Baumkänguru (Dendrolagus scottae) kommt im Torricelli-Gebirge im Norden Papua-Neuguineas vor. Es gilt als bedroht.
- Das Tiefland-Baumkänguru (Dendrolagus spadix) bewohnt das südliche Papua-Neuguinea.
- Das Seri-Baumkänguru (Dendrolagus stellarum) kommt im westlichen Neuguinea im Maokegebirge in Höhen zwischen 2600 und 3200 m über dem Meeresspiegel vor.
- Das Bären-Baumkänguru (Dendrolagus ursinus) kommt nur auf der Vogelkopf-Halbinsel an der Westspitze Neuguineas vor. Es erhielt zwar als erstes Baumkänguru einen wissenschaftlichen Namen, dennoch ist sehr wenig darüber bekannt.
- Das Wondiwoi-Baumkänguru (Drendrolagus mayri) war 90 Jahre nur vom Holotypus aus dem Jahre 1928 bekannt, bevor es im Sommer 2018 wiederentdeckt wurde.
Bei einem Vergleich von drei Genen der mitochondrialen DNA konnten sechs evolutionäre Linien der Baumkängurus bestimmt werden, eine in Australien mit zwei Arten (D. lumholtzi, D. bennettianus) und fünf in Neuguinea (D. inustus, D. ursinus, Goodfellow-Gruppe (D. goodfellowi, D. spadix und D. matschiei), D. mbaiso und die Doria-Gruppe (D. dorianus und D. scottae)). Die australischen Arten stehen in einem Schwestergruppenverhältnis zu denen in Neuguinea. Das ergibt folgendes Kladogramm:[1]
Dendrolagus |
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Die Position des Bären-Baumkängurus (D. ursinus), das sich morphologisch stark von den anderen Baumkänguruarten unterscheidet und das einzige auf der Vogelkopf-Halbinsel endemische Baumkänguru ist, konnte nicht bestimmt werden. Innerhalb der Baumkängurus werden damit 13 der bisher beschriebenen Arten und Unterarten als valide Arten anerkannt, zwei in Australien (D. lumholtzi, D. bennettianus) und 11 Arten in Neuguinea (D. inustus, D. ursinus, D. mbaiso, D. dorianus, D. notatus, D. stellarum, D. scottae, D. spadix, D. matschiei, D. pulcherrimus und D. goodfellowi).
Die Schwestergruppe und damit die nächsten Verwandten der Baumkänguruhs sind die ebenfalls kletternd lebenden Felskängurus (Petrogale).[2][3]
Etymologie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Den heute noch gültigen wissenschaftlichen Namen Dendrolagus bekam diese Gattung von ihrem Entdecker Salomon Müller. Dieser bedeutet ‚Baumhase‘ und kam wohl von der Sprunggewandtheit dieser Tiere und der baumbewohnenden Lebensweise (altgriechisch δένδρον dendron, deutsch ‚Baum‘, λαγός lagos, deutsch ‚Hase‘).
Eiszeitliche Verwandte der Baumkängurus
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im Eiszeitalter existierten deutlich größere Baumkängurus in ganz Australien. Diese gehörten der Gattung Bohra an, die sieben Arten umfasst (Stand 2023), waren teilweise doppelt so groß wie heutige Arten und bis zu 40 kg schwer.[4] Ihre Überreste wurden auch in der heute völlig baumlosen Nullarbor-Ebene gefunden. Auch zur Zeit dieser Baumkängurus beherbergte die relativ trockene Region keine ausgedehnten Wälder. Daher vermutet man, dass die Tiere auf die einzeln stehenden kleineren Bäume stiegen, um das Laub zu erreichen.[5]
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Timothy Fridtjof Flannery, Alexandra Szalay, Roger William Martin: Tree-kangaroos: a curious natural history. Reed, Chatswood, N.S.W. 1996, ISBN 978-0-7301-0492-6 (englisch).
- Ronald M. Nowak: Walker’s mammals of the world. Johns Hopkins University Press, Baltimore 1999, ISBN 0-8018-5789-9 (englisch).
- Heinz F. Moeller: Baumkänguruhs. In: Bernhard Grzimek (Hrsg.): Grzimeks Enzyklopädie Säugetiere. Band 1. Kindler Verlag, München 1988, ISBN 3-463-42101-1, S. 387 ff.
- Michael Ohl: Expeditionen zu den Ersten ihrer Art. Außergewöhnliche Tiere und die Geschichte ihrer Entdeckung. dtv, München 2022, ISBN 978-3-423-29043-2, S. 62–83.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Beschreibungen mit Bildern aller Arten (englisch)
- Gefährdungsgrad aller Arten in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN.
- Conservation International CI Live: Inside the Lost World. 4. Mai 2006, archiviert vom am 17. Oktober 2007; abgerufen am 16. Dezember 2010 (englisch). Die Expedition von Conservation International zum Mamberamo-Fluss und Fojagebirge in West-Papua entdeckte neue Arten und das Vorkommen des Goldmantel-Baumkängurus. Auf Deutsch: Neue Tierarten in Neuguinea entdeckt. In: netzeitung.de. 7. Februar 2006, archiviert vom am 9. Februar 2006; abgerufen am 16. Dezember 2010.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Mark D. B. Eldridge, Sally Potter, Kristofer M. Helgen, Martua H. Sinaga, Ken P. Aplin, Tim F. Flannery, Rebecca N. Johnson: Phylogenetic analysis of the tree-kangaroos (Dendrolagus) reveals multiple divergent lineages within New Guinea. In: Molecular Phylogenetics and Evolution. 25. Mai 2018, doi:10.1016/j.ympev.2018.05.030 (englisch).
- ↑ Matthew J Phillips, Dalal Haouchar, Renae C Pratt, Gillian C Gibb U. Michael Bunce: Inferring Kangaroo Phylogeny from Incongruent Nuclear and Mitochondrial Genes. Februar 2013, PLoS ONE 8(2):e57745, DOI:10.1371/journal.pone.0057745
- ↑ Mélina Celik, Manuela Cascini, Dalal Haouchar, Chloe Van Der Burg, William Dodt, Alistair R. Evans, Peter Prentis, Michael Bunce, Carmelo Fruciano, Matthew J. Phillips: A molecular and morphometric assessment of the systematics of the Macropus complex clarifies the tempo and mode of kangaroo evolution. Zoological Journal of the Linnean Society, Band 186, Ausgabe 3, Juli 2019, Seite 793–812, doi: 10.1093/zoolinnean/zlz005
- ↑ Gavin J. Prideaux & Natalie M. Warburton. 2023. A review of the Late Cenozoic genus Bohra (Diprotodontia: Macropodidae) and the evolution of tree-kangaroos. Zootaxa 5299 (1); doi: 10.11646/zootaxa.5299.1.1
- ↑ Graeme Coulson, Mark Eldridge (Hrsg.): Macropods: The Biology of Kangaroos, Wallabies and Rat-Kangaroos. Csiro Publishing, 2010, ISBN 0-643-09662-0, S. 137–151 (englisch).