Bendix SWC

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Bendix
'Steel Wheel Corporation'

Bendix SWC im Studebaker National Museum

SWC
Präsentationsjahr: 1934
Fahrzeugmesse: keine
Klasse: Mittelklasse
Karosseriebauform: Limousine
Motor: Ottomotor:
2,8 Liter (86 PS)
Länge: 5182 mm
Breite: 1525 mm
Höhe: 1600 mm
Radstand: 3048 mm
Leergewicht: 1615 kg
Serienmodell: ohne

Der Bendix SWC, auch Bendix Sedan und Steel Wheel Corporation Sedan ist ein funktionstüchtiges Konzeptfahrzeug für ein leichtes, solides und stromlinienförmiges Mittelklasseauto, das die Bendix Aviation Corporation von 1932 bis 1934 unter großer Geheimhaltung entwickelte. Das Einzelstück entstand als Ideenträger und diente auch als Demonstrationsobjekt für technische Komponenten des Herstellers. Eine Serienfertigung wurde möglicherweise erwogen, ebenso eine Lizenzfertigung durch interessierte Hersteller. Beides kam nicht zustande, nachdem das Fahrzeug 1934 amerikanischen Kunden gezeigt worden war und 1935 eine Tournee zu namhaften europäischen Automobilproduzenten absolviert hatte. Der Bendix SWC wurde weder auf Publikumsmessen oder Autosalons öffentlich präsentiert. Das Projekt wurde nicht weiterverfolgt, nachdem ein neues Management unter Führung von General Motors die Kontrolle über Bendix übernommen hatte. Das Fahrzeug ist erhalten.

Um 1930 war die Bendix Aviation Corporation ein bedeutender Zulieferer der Automobil- und in sehr kleinem Umfang auch der Luftfahrtindustrie. Vincent Hugo Bendix hatte aus seinem Produktionsbetrieb einen Konzern gemacht, dem zeitweilig fast 130 Unternehmen angeschlossen waren. Er hatte schon früh Erfahrungen im Automobilbau gesammelt. Seine Produktion von Automobilen der Highwheeler-Bauart endete allerdings 1909 mit einem Fehlschlag.[1] Sein Imperium baute er danach mit dem von ihm entwickelten Startix-Anlasser auf, dessen Durchbruch mit der Einführung durch Chevrolet 1914 kam. Später kamen Bremssysteme nach dem Patent des französischen Ingenieurs Henri Perrot (1883–1961) hinzu, mit dem er die Bendix Corporation gründete. Die Nachfrage nach Bendix-Bremsanlagen war riesig.[2] Als die Peerless Motor Car Corporation in Cleveland (Ohio) Ende 1931 die Automobilproduktion aufgab, sah er darin eine Chance für einen neuen Versuch und erwarb die nicht mehr benötigten Anlagen für die geplante Produktion eines kleineren und preisgünstigen Familienwagens. Die technische Leitung übernahm Bendix-Chefingenieur Victor Kliesrath.[3][4] 1932 wurde mit den Arbeiten an einem Prototyp begonnen. Alfred M. Ney, ein junger Ingenieur, der um 1925 unter Kliesrath bei Packard gearbeitet hatte[2], wurde mit dem Bau beauftragt und erhielt damit die seltene Chance, ein modernes und innovatives Auto von Grund auf konstruieren zu dürfen.[3] Der Wagen wurde erst 1934 fertiggestellt, nachdem am Konzept Abstriche gemacht worden waren. Der Bau des Fahrzeugs kostete 84.000 US-Dollar.[2][3]

'Steel Wheel Corporation'

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bendix ging mit seinen Autoplänen ein beträchtliches Risiko ein, nicht nur wegen der herrschenden Wirtschaftskrise. Bendix Aviation war einer der größten unabhängigen Zulieferer in der Industrie, und die Aufnahme einer Automobilproduktion führte zwangsläufig dazu, dass das Unternehmen in Konkurrenz zu guten Kunden treten würde. Geheimhaltung war daher besonders wichtig. Um allfällige Industriespione abzulenken, wurde eine falsche Fährte gelegt: Man erfand mit der Steel Wheel Corporation oder abgekürzt „SWC“ ein Unternehmen, das angeblich hinter diesem Projekt stand, tatsächlich aber entweder gar nicht existierte oder eigens für dieses Projekt eingerichtet wurde.[3] So kam der Prototyp zu seinem Namen. Man ging sogar so weit, entsprechende Logos auf der Motorhaube, am Armaturenbrett und auf den Radkappen anzubringen.[3]

Wegen des schwierigen wirtschaftlichen Umfelds war Bendix inzwischen gezwungen umzudenken und seine Produktionsabsichten zurückzustellen. Sie wurden nie verwirklicht.[3] Nach anderer Lesart ging es Vincent Bendix von Anfang an darum, mit dem Prototyp die technischen Möglichkeiten des Konzerns aufzuzeigen und Automobilherstellern ein komplettes Fahrzeug anzubieten, das sie unter Lizenz nachbauen konnten.[2] Bendix Aviation hätte in einem solchen Fall Einkünfte sowohl aus den Lizenzgebühren wie auch aus dem Verkauf der benötigten Komponenten generieren können. Diese Vorgehensweise kann sich allerdings auch erst herausgebildet haben – nachdem sich die eigenen Produktionspläne zerschlagen hatten. Immerhin erklärt sich so, warum es auch später noch technische Anpassungen am Fahrzeug gab, so die Nachrüstung von Blattfedern zur Unterstützung der Gummilager oder des elektropneumatischen Vorwählgetriebes Bendix Electro-Vac.

Ney zeichnete die Konstruktionspläne nach eigener Darstellung allein und aus Gründen der strikten Geheimhaltung in der Abgeschiedenheit eines Landhauses bei Lakeside (Michigan).[3]

In einer frühen Phase war ein Gewicht von 1500 bis 1700 lb (680–770 kg) angezielt worden.[2] Nach eigenen Angaben besprach sich Ney dazu mit einem guten Freund, dem Auburn-Chefdesigner Alan H. Leamy (1902–1935), der auch den Cord L-29 entworfen hatte. Ney versuchte ihn für das Projekt zu gewinnen, was am Widerstand von Vincent Bendix scheiterte.[3]

Für den eigentlichen Bau des Prototyps wurde nach einem halben Jahr eine Werkstätte in St. Joseph (Michigan) eingerichtet. Neys kleines Team bestand nun aus einem zweiten Ingenieur, einem Schweizer namens Fred Thomer, aus dem Chefmechaniker von Kliesraths Boots-Rennteam Ottavio Capra, den Mechanikern Nathan Byer und Charles Lair, dem Autosattler Ed Hupp, der von Studebaker geholt worden war, und dem Designer William F. Ortwig. Dieser hatte, je nach Quelle, für Fleetwood[2] oder Fisher[3] gearbeitet.

DeSoto Airflow Series SE (1934)

Auf den ersten Blick fällt die Ähnlichkeit zwischen seinem Design für den SWC und dem des Chrysler Airflow oder dessen etwas kleinerer Ausführung DeSoto Airflow SE von 1934 auf, die zur gleichen Zeit entwickelt wurden und deren Form das Ergebnis intensiver Test in einem Windkanal ist. Unterstrichen wird sie noch durch die Verwendung von Zierteilen des DeSoto Airflow SE, insbesondere der Kühlermaske, Stoßstangen und Scheinwerfereinfassungen.[2]

Die Ähnlichkeit des Designs mit dem des Airflow ist jedoch zufällig und es ist unwahrscheinlich, dass man voneinander wusste.[Anm. 1] Beide Fahrzeuge entstanden in ihrem eigenen Umfeld strikter Geheimhaltung. Bendix befürchtete, dass mit dem Projekt Kunden verärgert werden könnten. Ney zufolge war auch in der Bendix Corporation nur ein sehr enger Personenkreis informiert.[3] Bei Chrysler wollte man vor allem vermeiden, dass zu früh Details des fortschrittlichen, neuen Modells an die Öffentlichkeit durchsickerten.

Ortwig bestätigte später, dass er keine Kenntnis vom Airflow hatte, als er den SWC entwarf.[Anm. 2] Ortwigs Leistung ist umso erstaunlicher, als sein Design, anders als das des Chrysler Airflow, nicht in einem Windkanal überprüft worden ist.

Kundendemonstrationen

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach ersten erfolgreichen Fahrversuchen mit dem unkarossierten Fahrgestell drängten Vincent und Kliesrath auf eine schnelle Fertigstellung, obwohl Ney mehr Entwicklungszeit verlangte, um einige erkannte Mängel abzustellen.[5]

Das Auto wurde im Laufe des Jahres 1934 einigen amerikanischen Kunden zum Nachbau angeboten. Ohne den SWC besuchten Ney, Vincent Bendix und Kliesrath den Pariser Autosalon, der zu dieser Zeit noch im Herbst stattfand. Erst im November 1934 folgte Capra mit dem Bendix SWC, der noch während der Überfahrt nach Southampton kleinere Einstellarbeiten vornahm. Ney und Capra begannen in London eine Europa-Tournee. Der Wagen wurde in der Folge Verantwortlichen von Bentley, Alvis, Citroën, Peugeot, Renault und Bugatti vorgestellt und dabei auf eigener Achse bewegt. Ney erinnerte sich später, dass er sehr angenehm zu fahren war.[Anm. 3]

Vorzeitiges Ende

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Allerdings zeigte sich auch eine Schwachstelle der Konstruktion: Das Fahrzeug war deutlich schwerer geworden als ursprünglich geplant. Der daraus resultierenden Mehrbelastung waren die Gummiblöcke der Federung nicht gewachsen und brachen leicht. Schließlich musste ein Vorstellungstermin bei Fiat abgesagt werden, weil während der Anreise in Genua eines der Homokinetischen Gelenke der Antriebswelle gebrochen war.[2][3] Der Wagen wurde per Bahn nach Le Havre gebracht und mit der Bremen in die USA zurückgeschickt.[2][3]

Der eigentliche Grund für den Abbruch war eine dramatische Änderung der Umstände zu Hause. Bendix und Kliesrath waren von Vertretern des Hauptaktionärs General Motors, darunter Ernest R. Breech (1897–1978), der spätere Vorsitzende der Ford Motor Company, entmachtet worden. Hintergrund waren die ernsthaften finanziellen Schwierigkeiten der Bendix Aviation Corporation. 1929, vor Ausbruch der schwersten Wirtschaftskrise im 20. Jahrhundert, war die Bendix-Aktie mit US$ 104,37 gehandelt worden. 1933 war sie mit US$ 4,37 exakt US$ 100,- weniger wert und General Motors, mit etwa 25 % substantiell beteiligt und zudem ein Großkunde, sah sich zu einer Intervention veranlasst. Kliesrath verlor seinen Einfluss und mit Vincent Bendix kam es zu einem Machtkampf, den dieser 1937 verlor.[6] Das Projekt SWC wurde sofort beendet.[3]

Dass der Bendix SWC Vorderradantrieb hat, wurde bereits erwähnt. Die Konstruktion folgt bekannten Prinzipien, die ab Ende der 1920er Jahre entwickelt worden waren und in den USA bereits in zwei neuartigen Modellen in Serie gegangen waren, dem Ruxton Model C und dem Cord L-29. Beide Serienwagen haben Achtzylinder-Reihenmotoren; der Cord einen von Lycoming und der Ruxton von der Continental Motors Company. Damit endet aber auch die Ähnlichkeit der beiden Serienwagen mit dem Bendix SWC.[6]

Innovationen des Bendix SWC

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Bendix SWC im Studebaker National Museum

Nicht alle Elemente des Bendix SWC waren neue Erfindungen. Einzigartig ist aber ihre Verbindung zu einem höchst innovativen Gesamtkonzept.

Der Reihenmotor wurde zwar, wie jener des Ruxton, von Continental zugekauft. Es war aber eine deutlich kleinere Ausführung mit nur sechs Zylindern. Technisch sind sie sich ähnlich, robust konstruiert und mit ihren stehenden Ventilen nicht auf hohe Leistung, sondern auf Langlebigkeit ausgelegt. Der Motor des SWC wurde allerdings in mehrerer Hinsicht überarbeitet.[8]

Die Daten des Originalmotors liegen nicht vor; möglicherweise handelte es sich um einen Continental Series 25A. Er war mit einiger Sicherheit – wie fast alle Continental-Motoren für Straßenfahrzeuge dieser Zeit – als Zweiventiler ausgelegt, wie er auch für den SWC belegt ist. Dieser wird mit 169,5 c.i. (2778 cm³) Hubraum aus 3 Zoll Zylinderbohrung und 4 Zoll Kolbenhub (73 × 102 mm), speziellen Kolben, einer geänderten Nockenwelle und einer auf 8,0 : 1 erhöhten Verdichtung beschrieben.[8] Er leistet in dieser Form 86 bhp (50,7 kW) bei 4000/min und hat ein maximales Drehmoment von 142 ft. lb. bei 2400/min (211 N m).[7] Vorgesehen ist ein Fallstrom-Doppelvergaser Stromberg EE-1. Die Marke gehörte seit 1929 zum Bendix-Konzern. Der elektrische Anlasser ist vom Typ Bendix Startix.[4]

Der Motorblock ist aus Grauguss. Kurbelwelle und Nockenwelle sind je vierfach gelagert. Eine Besonderheit ist, dass der Motor weitgehend mit Blechpaneelen verkleidet ist, die ein „Zapfenschliff“-Muster haben und auch die Nebenaggregate des Motors abdecken.[5] Ein Luftfiltergehäuse aus Aluminium in Form einer Zylinderkopfabdeckung, angebracht oberhalb der nachstehend beschriebenen „Hot Box“, erweckt den falschen Eindruck hängender Ventile.

Auch an die von Ney entwickelte Wasserkühlung wurde der Motor angepasst. Der Motor hat eine flache Aluminiumplatte als oberen Abschluss. Darüber ist ein als „Hotbox“ bezeichneter Behälter angebracht, dessen Wirkungsweise einem Kondensator entspricht. Das gusseiserne Gefäß ist mit Stehbolzen gemeinsam mit der Abdeckplatte mit dem Motorblock verschraubt. Es ist zur Hälfte mit Wasser gefüllt, das sich bei laufendem Motor bis zur Verdampfung erhitzt. Über eine Leitung und ein perforiertes Metallrohr im oberen Teil der „Hotbox“ führt die Wasserpumpe Kühlwasser zu, wodurch der Dampf kondensiert. Dieser Kreislauf kühlt den Motor. Benötigt wird eine konventionelle Wasserpumpe, aber kein Ventilator.[8]

Elektrische Anlage

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Wagen hat zeittypisch eine 6-Volt-Anlage und einen Bendix Startix Anlasser.[4] Der Zündverteiler ist unter dem vorstehend beschriebenen Gehäuse für den Luftfilter auf der „Hotbox“ untergebracht.[5]

Armaturenbrett eines Cord 812 SC (1937) mit Vorwählgetriebe Bendix Electro-Vac. Der Schalthebel sitzt seitlich an der Lenksäule auf einem Ausleger

Die Leistung wird auf die Vorderräder übertragen. Der Motor ist zurückversetzt[8] und um 180 Grad gedreht eingebaut. Damit sitzt das Getriebe vor statt hinter dem Motor zusammen mit Achsantrieb und Differential in einem mit dem Motor verschraubten Gehäuse aus Aluminiumguss[7] zwischen den Vorderrädern. Im US-amerikanischen Englisch wird eine solche Kraftübertragung Transaxle genannt. Im deutschen Sprachgebrauch wird der Begriff Transaxle nur dann für diese Getriebebauart verwendet, wenn sie vom Motor getrennt, also an der Hinterachse eingebaut ist.

In Verbindung mit der kurzen Motorhaube führt dies dazu, dass der Motor etwas in den Passagierraum hineinragt.[2]

Das Fahrzeug hat eine Einscheibentrockenkupplung mit Asbestbelag. Sie wird hydraulisch betätigt. Die Getriebeeingangswelle ist durch die hohle Ausgangswelle geführt.[2]

Das in den beiden oberen Gängen synchronisierte Warner-Dreiganggetriebe mit Rückwärtsgang und Vorgelegewelle hat ursprünglich Untersetzungen mit 2,82 : 1 im ersten, 1,60 : 1 im zweiten und direkt mit 1 : 1 im dritten Gang. Der Rückwärtsgang war mit 3,83 : 1 untersetzt.[7]

Ob das auch so geblieben ist, als zu einem unbekannten Zeitpunkt ein elektropneumatisches Vorwählgetriebe Bendix Electro-Vac nachgerüstet wurde, ist unklar. Bei Vorwählgetrieben werden Gänge automatisch beim Treten der Kupplung eingelegt. Der Schalthebel ist bei solchen Getrieben nur ein kleiner elektrischer Wechselschalter. Bendix lieferte Autoherstellern derartige Getriebe einbaufertig zu. Abnehmer waren unter anderem Auburn für den Cord 810 und Hudson für einige gehobene Modelle der Marke.[2]

Der Achsantrieb ist als 4,29 : 1 untersetztes Schneckengetriebe ausgeführt. An den Enden der Halbwellen sitzen homokinetische Bendix-Weiss-Gelenke. Ähnlich wie bei Rzeppa-Gelenken werden bei Bendix-Weiss-Gelenken die Antriebskräfte über umlaufende Kugeln übertragen.[2][7]

Der SWC ist eines der ersten Fahrzeuge, die mit hängenden statt stehenden Pedalen für Gas, Bremse und Kupplung ausgestattet worden sind.[2] Auch diese Vorrichtung ist ein Produkt aus Bendix Lieferprogramm.

Das Konzept sah für den SWC eine kombinierte Struktur für Fahrgestell und Karosserie vor, in der Karosseriestruktur und Fahrgestell gemeinsam zur Stabilität beitragen. Geplant war demnach eine Art Space Frame. Eine solche Konstruktion wurde auch beim Airflow verwendet und als Unit Frame & Body Construction stetig verbessert. Unit Bodies waren die meistverwendete Lösung bei Chrysler, bis sie 1959 von selbsttragenden Karosserien abgelöst wurden.

Das Projekt stand unter zunehmenden Zeitdruck. Als absehbar wurde, dass sich die Terminvorgaben nicht ohne Abstriche würden einhalten lassen, wurde statt des Space Frame auf die konventiolle Bauweise mit tragendem Fahrgestell und Aufbau aus blechbeplanktem Holzgerippe zurückgegriffen. Das Fahrgestell besteht aus einem vorn und hinten gegabelten Rohrrahmen mit Quertraversen vorn und hinten. Alle Räder des SWC sind einzeln aufgehängt, eine in dieser Zeit fortschrittliche Auslegung.

Die unteren Querlenker der Vorderradaufhängung sind nicht am Fahrgestell befestigt, sondern an Aufnahmen am Motorblock und am Getriebegehäuse. Dieser Antriebsblock ruht auf je einem Gummilager vorn und hinten, die in einer Linie mit seinem Schwerpunkt angeordnet sind, es gibt keine starre Verbindung zwischen Antrieb und Fahrgestell. Daher werden Drehschwingungen des Antriebs nicht auf den Wagenkörper übertragen. Der Motor hat eine auf etwa 2,5 cm beschränkte Rotationsfreiheit um die Längsachse.

Auch die hintere Aufhängung hat Doppelquerlenker, die aber kürzer sind als an der Vorderachse. Als Federn dienten zunächst auf Druck beanspruchte Gummiblöcke, später wurden die Gummis und die oberen Querlenker durch Querblattfedern ersetzt.

Das Fahrzeug hat eine Ross-Lenkung mit Schnecke und Lenkfinger. Die Lenksäule ist zweiteilig. Der obere Teil mit einem modischen „Banjo“-Lenkrad hängt unter dem Armaturenbrett und ragt in einem ergonomisch günstigen Winkel in den Passagierraum. Über ein Kreuzgelenk ist er mit dem unteren Teil verbunden, der senkrecht steht und die Lenkbewegungen an das Lenkgetriebe überträgt, das darunter am Fahrgestell befestigt ist. Die Lenkung ist mit 13,5 : 1 untersetzt. Der Wendekreis beträgt 46 Fuß (14 Meter).[9]

Räder, Reifen und Bremsen

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ney ging davon aus, dass die Federung zusätzlich mit Niederdruck-Spezialreifen unterstützt werden müsse. Als zu dieser Zeit General Tire mit dem Jumbo Ballon Reifen auf den Markt kam, erübrigte sich die erwartete Spezialanfertigung.[2] Der SWC benötigt zu dieser Zeit unüblich kleine Felgen mit 14 Zoll Durchmesser mit einem Reifendruck von 8 psi (0,55 bar).[5]

Räder und Bremsen bilden ein System. An den Radkappen sind Schlitze angebracht, die Kühlluft zu den Bremsen leiten und jede der vier Trommelbremsen hat fünf trapezförmige Kühlungsöffnungen. Die Betätigung der hydraulisch betätigten Bremsen wird auch einen Bremskraftverstärker erleichtert.[5]

Ortwig hatte einen stromlinienförmig modernen und weitgehend schnörkellosen Aufbau gezeichnet. Der Wagen ist als viertüriger Touring Sedan mit vier bis fünf Plätzen und steil abfallendem Fließheck ausgelegt. „Touring“ stand damals für einen in den Karosseriekörper integrierten Kofferraum. Die Front ist stark gewölbt, die Kühlermaske gebogen und nach hinten geneigt. Die Windschutzscheibe ist zweiteilig, die Scheiben sowohl geneigt wie gegeneinander angewinkelt. Das Ersatzrad ist in einem eigenen Fach unter dem Kofferraum verstaut.

Die geplante teilselbsttragende Bauweise ließ sich aus Zeitgründen nicht verwirklichen. Stattdessen musste für den SWC eine Karosserie nach traditioneller Gemischtbauweise hergestellt werden, das heißt mit einem Holzgerippe und Stahlblechbeplankung. Motorhaube, Kotflügel, Türen und Radverschalungen sind allerdings aus Gründen der Gewichtseinsparung aus Aluminium. Die Rückenlehne der hinteren Sitzbank kann umgelegt werden, um von innen an den Kofferraum zu kommen, der von außen hinter einer Klappe zugänglich ist. Eher als Gimmick ist die Jaeger-Uhr anzusehen, die in der Lenkradnabe angebracht ist.

Einige gestalterische Details wurden erst zuletzt gelöst. Wohl eher zufällig[9] fiel kurz vor der Fertigstellung die Entscheidung, Kühlermaske, Scheinwerfereinfassungen und Stoßstangen vom DeSoto Airflow zu übernehmen.[9] Ney erklärte dazu später in einem Interview, dass es keinen Sinn gemacht hätte, nur für dieses eine Auto Zierteile anfertigen zu lassen.[2] Das mag aber dazu beigetragen haben, dass das Auto als Airflow-Kopie verkannt wurde.[3] Es wurden auch weitere, weniger auffällige Bestandteile anderer Hersteller verwendet. Dazu gehören die beiden Handschuhfächer aus einem Cadillac oder der Instrumententräger in der Mitte des Armaturenbretts, der wohl zu einem Nash LaFayette gehört.[2]

Die Karosserie entstand in Räumlichkeiten der Robinson-Werft in Benton Harbor.[3] Mit der Ausführung der Arbeiten am Bendix SWC wurden entlassene Fachleute der Studebaker Corporation betraut,[3] die in der Wirtschaftskrise schwer gelitten hatte und 1933 insolvent geworden war. Das Unternehmen wurde zwar gerettet, aber viele Angestellte verloren ihren Arbeitsplatz.

Wie sich zeigte, konnte das zunächst angestrebte Fahrzeuggewicht von 1500 bis 1700 lbs (680–770 kg) bei Weitem nicht eingehalten werden. Dass das fertige Fahrzeug schließlich 3650 lb (1615 kg) wog, lag nicht zuletzt am ungeplanten Mehrgewicht der konventionellen Karosserie.

Spezifikationen

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Bendix SWC (1934)
Daten Bendix SWC
Motor: 6-Zylinder-Reihenmotor (Viertakt)
Grauguss-Motorblock
Basis Continental Series 25A
Kurbelwellenlager 4
Hubraum: 2778 cm³ (169,5 in³)
Bohrung × Hub: 3 × 4 Zoll
73 × 102 mm
Ventile: 12
Ventilsteuerung: SV
Leistung 86 bhp (64 kW) bei 4000/min
Max. Drehmoment:  142 ft·lbf (211 N m) bei 2400/min
Verdichtung: 8,0 : 1
Gemischzufuhr: Fallstrom-Doppelvergaser Stromberg EE-1
Zweikanal-Ansaugkrümmer
elektrische Benzinpumpe
Abgasführung: Gusseiserner Auspuffkrümmer
einfache Auspuffanlage
Kühlung: Wasserkühlung
Hotbox nach dem Prinzip der latenten Wärme
Wasserpumpe
Elektrische Anlage: 6 Volt, Batterie
Anlasser: Bendix Startix
Zündung: Zündspule Delco Remy
Antrieb: Frontmotor, längs
Frontantrieb mit Differential und Halbwellen
Je 2 homokinetische Kreuzgelenke System Bendix-Weiss pro Halbwelle[2][7]
Getriebe: Mechanisches Dreiganggetriebe mit Rückwärtsgang Warner, synchronisiert
elektropneumatisches Vorwählgetriebe Bendix Electro-Vac; Hebel an der Lenksäule (nachgerüstet)
Getriebeuntersetzungen: 1. Gang 2,82 : 1
2. Gang 1,60 : 1
3. Gang 1,00 : 1
Rückwärtsgang 3,83 : 1
Kupplung: Einscheibentrockenkupplung, Asbestbelag, hydraulische Betätigung
Differential: Schneckenantrieb, Untersetzung 4,29 : 1
Fahrgestell: Dreiteiliger Stahlkastenrahmen, Hilfsrahmen vorn und hinten
Vorderachse und Radaufhängung: Vorderradantrieb; Halbwellen mit Weiss-Kreuzgelenken

Einzelradaufhängung mit unterem A-Arm, oben Blattfeder; Reibungsstoßdämpfer

Hinterachse und Radaufhängung: Einzelradaufhängung mit unterem A-Arm, oben Blattfeder; Reibungsstoßdämpfer
Lenkung: Ross-Lenkung mit Schneckenrad und Lenkfinger
Untersetzung 13,5 : 1
Wendekreis 14 Meter (46 Fuß)
Bremsen: hydraulisch betätigte Vierrad-Trommelbremsen
Trommeldurchmesser 20,3 cm (8 Zoll)
Bremsbeläge 929 cm² (144,0 Quadratzoll)
Handbremse: unbekannt
Räder: 14 Zoll Spezial-Tiefbettfelgen, Sonderanfertigung, verschraubt mit der Trommelbremse
Reifen : General Jumbo Balloon
Reifendruck 0,55 bar (8 psi)
Länge: 5182 mm (204 Zoll)
Breite: 1525 mm (60 Zoll)
Höhe: 1600 mm (63 Zoll)
Radstand: 3048 mm (120 Zoll)
Spurweite vorn: 1327 mm (52,25 Zoll)
Spurweite hinten: 1314 mm (51,75 Zoll)
Karosserie: Touring Sedan, 4-türig, 4/5 sitzig
Gemischtbauweise
Stahlblechbeplankung; Motorhaube, Kotflügel, Türen und Radverschalungen aus Aluminiumblech
integrierter Kofferraum, zugänglich von außen und innen
Benzintanks: zwei mit 30,3 Liter (8 US.liq.gal); total 60,6 Liter (16 US.liq.gal)
In jedem der vorderen Kotflügel ist einer der Tanks untergebracht. Die Einfüllstutzen sind vor dem Kühler angebracht und bei geöffneter Motorhaube zugänglich.
Gewicht: 1615 kg (3650 lbs)
Höchstgeschwindigkeit: 185 km/h
Kosten: US$ 84.000,-

Wo nicht anders vermerkt, wurden diese Angaben dem Bericht von Michael Lamm "FWD Bendix SWC" in der November/Dezemberausgabe 1971 von Special Interest Auto entnommen.[7][Anm. 4]

Würdigung und Verbleib

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach der Entlassung von Vincent Bendix und der Kaltstellung von Kliesrath gab es keine Befürworter des Projekts mehr. Das neue Management sah keine Notwendigkeit dafür und die General-Motors-Vertreter im Vorstand hatten den schlingernden Bendix-Konzern auf Kurs zu bringen und sicherzustellen, dass die Produktion von Bestandteilen und Komponenten reibungslos lief. Es bestand keinerlei Interesse daran, ein wirklich modernes Fahrzeug eines „Außenseiters“ herauszustellen, das innovativer war als alles, was der mächtige Konzern in den letzten Jahren auf den Markt gebracht hatte. Im Team, das den SWC konstruierte und baute, scheint man sich indes wenig Illusionen über die Aufnahme des Fahrzeugs in Europa gemacht zu haben. Der zweite Ingenieur, Fred Thomer, schrieb dazu 1972 in einem Brief an die SIA[2]:

„The European auto men are just as proud of their own engineering as Packard or Duesenberg ever were, ... What designers of ability like Ettore Bugatti thought of the SWC we can only guess. The St. Joe [sic] crew was a real international bunch: French, Italian, German, Polish, Austrian and Swiss. We could have told [Bendix and Kliesrath] that their scheme had no chance of success – but we had a lot of fun working on it!“

Die europäischen Autoleute sind genauso stolz auf ihre Entwicklungen wie es auch Packard oder Duesenberg immer waren, … Was fähige Konstrukteure wie Ettore Bugatti über den SWC dachten, können wir nur raten. Die St.-Joseph-Crew war ein wirklich internationaler Haufen: Franzosen, Italiener, Deutsche, Polen, Österreicher und Schweizer Wir hätten [Bendix und Kliesrath] sagen können, dass ihr Plan aussichtslos war - aber wir hatten eine Menge Spass daran zu arbeiten!

Der SWC scheint bereits kurz nach seiner Rückkehr stillgelegt worden zu sein. 1967 fand ihn der Bendix-Angestellte Gene Wadzinski abgestellt unter einer maßgeschneiderten Abdeckung in einer kleinen Scheune auf dem ehemaligen Bendix-Testgelände. Er erhielt die Erlaubnis, das Fahrzeug in seiner Freizeit wieder fahrbereit zu machen. Es ist zwar gut erhalten, war aber nicht in einem wirklich fahrbereiten Zustand, als der Reporter Ross Mac Lean von Special Interest Auto darauf bestand, es für den 1971 erschienenen Artikel zu fahren.[5]

Wegen der Umstände seiner Entstehung und der damit verbundenen Geheimhaltung wie auch nach dem erloschenen Interesse nach dem Führungswechsel bei der Bendix Aviation Corporation ist dieses Fahrzeug relativ unbekannt geblieben.[3] Dennoch gab es immer wieder Berichte darüber, so den genannten SIA-Artikel von Lamm[3], einen in der Automobil Revue, Ausgabe 35/1984[Anm. 5] und je einen der online-Magazine Hemmings Motors News (von David La Chance im Oktober 2008) und von Zwischengas vom Mai 2013.[10]

Der Bendix SWC hat einen Eintrag im Standardwerk von Kimes und Clark, Standard Catalog of American Cars 1805–1942, Ausgabe 1996.[1] Das Fahrzeug steht heute im Studebaker National Museum in South Bend (Indiana) in den USA.[10]

Aerodynamische Entwürfe der 1930er Jahre (Galerie)

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Gemäß Recherchen der Zeitschrift Special Interest Auto für ihren in der November/Dezemberausgabe 1971 erschienenen Bericht über das Auto. Dieser Artikel des renommierten Automobilhistorikers und -journalisten Michael Lamm ist eine der Hauptquellen für den Artikel hier und von besonderem Wert, weil SIA mit direkt Beteiligten wie Ney und Ortwig sprechen konnte.
  2. Als das Projekt SWC 1932 anlief, stand bei Chrysler das Design des neuen Modell noch nicht fest.
  3. Während einer Testfahrt Jahrzehnte später mit dem allerdings unrestaurierten und eigentlich nicht testtauglichen Wagen ergaben sich weniger positive Eindrücke. LaChance zitiert den Tester so, dass der SWC schwergängig zu fahren und die Selbstrückstellung der Lenkung mangelhaft war; das Auto wurde als „ein wenig furchterregend“ zu fahren befunden. Der Testjournalist war über den unrevidierten Zustand der Mechanik im Bilde, gestand wenig Erfahrung im Umgang mit Fronttrieblern ein und bestand trotzdem auf der Testfahrt.
  4. Michael Lamm war der Herausgeber von Special Interest Auto. Der Bericht ist online verfügbar (englisch); vgl. nachstehendes Kapitel "Weblinks".
  5. liegt nicht vor, ist aber über Pay-Wall von Zwischengas abrufbar
Commons: Bendix SWC – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. a b c d e f Beverly Rae Kimes, Henry Austin Clark Jr.: Standard catalog of American Cars. 1805–1942. 3. Auflage. Krause Publications, Iola 1996, ISBN 0-87341-428-4, S. 116 (englisch).
  2. a b c d e f g h i j k l m n o p q r s t u v w x y z aa ab ac Dave LaChance: The Internationalist Auf hemmings.com vom Oktober 2008, abgerufen am 7. August 2021 (englisch).
  3. a b c d e f g h i j k l m n o p q r Michael Lamm: FWD Bendix SWC. Seite 40. In Special-Interest Autos, Ausgabe November/Dezember 1971. Abgerufen am 7. August 2021 (englisch).
  4. a b c 1934 Bendix Sedan Auf conceptcarz.com, abgerufen am 7. August 2021 (englisch).
  5. a b c d e f Michael Lamm: FWD Bendix SWC. Seite 44. In Special-Interest Autos, Ausgabe November/Dezember 1971. Abgerufen am 7. August 2021 (englisch).
  6. a b c Michael Lamm: FWD Bendix SWC. Seite 41. In Special-Interest Autos, Ausgabe November/Dezember 1971. Abgerufen am 7. August 2021 (englisch).
  7. a b c d e f g h i j k Michael Lamm: FWD Bendix SWC. Seite 45. In Special-Interest Autos, Ausgabe November/Dezember 1971. Abgerufen am 7. August 2021 (englisch).
  8. a b c d Michael Lamm: FWD Bendix SWC. Seite 42. In Special-Interest Autos, Ausgabe November/Dezember 1971. Abgerufen am 7. August 2021 (englisch).
  9. a b c Michael Lamm: FWD Bendix SWC. Seite 43. In Special-Interest Autos, Ausgabe November/Dezember 1971. Abgerufen am 7. August 2021 (englisch).
  10. a b Bruno von Rotz: Der umtriebige Vincent Bendix und sein Wunderauto Auf zwischengas.com vom 22. Mai 2013, abgerufen am 7. August 2021 (englisch).