Benutzer:7Pinguine/Recht auf Vergessen
Ohne großen Anlass aber nach längerer Reifung der Problematik, möchte ich zum Thema Recht auf Vergessen in der Wikipedia eine Seite anlegen. -- 7Pinguine 11:59, 30. Nov. 2010 (CET)
Ausgangspunkt
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Meine Feststellung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Nach mehrjähriger Erfahrung mit dem Umgang von Informationen in Wikipedia bin ich zum Schluss gekommen, dass die sogenannte Autorengemeinschaft nicht in der Lage ist, den verantwortlichen Umgang mit Informationen sicher zu stellen. Das funktioniert im Einzelfall, aber bei weitem nicht im allgemeinen. Vor dem Hintergrund der Problematik des das Netz vergisst nichts sehe ich gerade in der Wikipedia leider nicht mehr die Chance, das Problem der Entrechtung von Personen ausreichend zu berücksichtigen. Ja, das Thema lässt sich überhaupt kaum befriedigend thematisieren.
Die Betroffenen haben dabei ein doppeltes Medienproblem. Wehren Sie sich, werden sie erst Recht zum Opfer der Medien. Während die Strategie des Stillhaltens bei Print- und Rundfunkmedien nach einer Weile zum Verblassen der Informationen führte, ist diese bei Online-Medien wie der Wikipedia wirkungslos. Das Netz vergisst nicht. Während Blogs, Foren und digitale Zeitschriftenarchive zwar auch per Google recherchierbar sind, spielen diese doch eine fundamental andere Rolle als die Wikipedia, deren Artikel in Suchmaschinen immer auf den obersten Rängen angezeigt werden.
Was tun?
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Nach meinem Eindruck ist es völlig ausgeschlossen gegenwärtig eine Lösung innerhalb der Wikipedia zu erreichen. Die Diskussionen bei betroffenen Personenartikeln zeigen ebenso wie die bei der zentralen Richtlinie zu Personenartikeln (WP:BIO), dass es, wenn man das überhaupt so nennen darf, eine Minderheit unter den Benutzern gibt, die die Persönlichkeitsrechte über das enzyklopädische Publikationsinteresse stellen.
Eine Option wäre daher die Bündelung der Interessen von lebenden Personen. Dies würde es dem einzelnen Ermöglichen, für seine Rechte einzutreten ohne wiederum das Ziel der Medien zu werden. Die Netzgemeinschaft kennt viele Initiativen zur Informationsfreiheit. Wo aber bleibt eine Initiative zum Schutz des Individuums? Oder gibt es die bereits? Wo?
Einladung an alle
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ich lade jeden, den dieses Thema ebenfalls beschäftigt ein, hier seine Gedanken, Ideen und Wissenswertes zu hinterlassen.
Ombudsman?
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Eine mögliche Lösung für das Dilemma wäre die Schaffung eines Ombudsmans für Persönlichkeitsrechte. Ich denke nicht, dass ein solches Amt/Gremium berechtigt sein sollte, Änderungen gegen Widerstand durchzusetzen. Aber es sollte eine Ansprechstelle für Leute bilden, die ihre Persönlichkeitsrechte verletzt sehen, mit (passiven) Adminrechten zur Einsichtnahme in gelöschte Edits ausgestattet sein und zwingendes Anhörungsrecht haben.
Darüber hinaus wird sicher eine wikipediaweite Debatte zu solchen Themen benötigt; aber das ist das Urübel der Wikipedia, dass echte Projektdebatten hier einfach keinen vernünftigen Platz haben, weil ja "Artikelarbeit viel wichtiger sei". Ich habe sehr schlechte Erfahrungen mit der Handhabung von Tron (Hacker) gemacht, wo es heftige Auseinandersetzungen um den Familiennamen des Verstorbenen gab und wo das Reflexionsniveau insbesondere der Namenseinfüger mir sehr unterentwickelt erschienen ist.--Mautpreller 12:04, 27. Feb. 2011 (CET)
- Lieber Mautpreller! Gibt es das nicht schon per WP:Oversight und WP:Support-Team? Aber vielleicht schwebt Dir mit Ombudsmann auch was anderes vor, was stärker in Community und Diskussion verankert ist als die vorgenannten, zugegebenermaßen nicht besonders transparenten Institutionen. Nur beißt sich Transparenz / Demokratie und die Bewältigung von konkreten Verletzungen von Persönlichkeitsrechten ganz erheblich wegen des Streisand-Effekts. Es wäre aber dennoch wichtig, in allgemeiner Form stärker über diese Institutionen zu informieren.
- In anderen Fällen fände ich Ombudspersonen u.U. geeigneter, z.B. zur Vermittlung in Fällen von Stalking / Dauerkonflikten oder Minderheiten- /Geschlechterdiskriminierung.
- Übrigens danke, 7Pinguine, für diese Seite, die sich auch gut im Rahmen unserer „7P-Club“-Agenda machen würde. Ein gutes aktuelles Beispiel finde ich die namentliche Nennung der Opfer des Maskenmannes [1]. An einer versteckten Stelle habe ich den Namen eines Opfers gelöscht, aber auf der zentralen Seite würde ich das aufgrund der zu erwartenden Widerstände nicht erkämpfen wollen. Ich halte die N.(achnamen) jedenfalls für irrelevant, auch wenn sie wegen abgeschwächter postmortaler Schutzrechte möglicherweise kein Rechtsverstoß darstellen. Viele Grüße--olag 11:42, 12. Okt. 2011 (CEST)
- P.S.: Recht auf Vergessen.--olag 11:55, 12. Okt. 2011 (CEST)
- Schicke mir die Stellen doch mal per Mail. Mal sehen... Abgesehen von den postmortalen Schutzrechten gibt es immer noch die Rechte der Angehörigen. Wenn aber diese durch die Medien tingeln, gehen einem derzeit schon die Argumente aus. Wenn das Hochhalten der Namen im Interesse der Angehörigen liegt, um auf das Unrecht hinzuweisen, versteht sich die WP als so aktuell, diese auch aufzunehmen. (Ich wünschte, die WP würde sich von vornherein auf langfristig relevantes beschränken, aber dem ist definitiv einfach nicht so.) Es mag dann aber irgendwann der Zeitpunkt kommen, wo diese Menschen mit der Sache abgeschlossen haben und dann ihr Recht auf Vergessen gerne wahrnehmen würden. Und dann müssen wir handeln und dürften uns nicht mehr auf alte Presseberichte berufen.
- Zum Support-Team und Oversighter: Die können ja nur eindeutige rechtliche Verstösse und Beschwerden weiterleiten bzw. bearbeiten. Wenn es aber um das Thema Informations-Ethik geht, haben die weder Auftrag noch Befugnis. Es fehlt ja auch der rechtliche Rahmen. Es gibt zwar das Lebach-Urteil, aber diw WP hat sich noch nicht darauf geeinigt, kein Presseorgan zu sein. Und das Urteil geht noch von der Existenz einer aktuellen Berichterstattung aus, berücksichtigt aber nicht die Konsequenzen der Speicherung und dauerhaften Verfügbarkeit aller Informationen im Internet, womit die Grenzen zwischen allen Medien- und Informationsgattungen effektiv aufgehoben werden. Um so mehr, ist es ein Thema von uns sich dieser Verantwortung (kollektiv und individuell) zu stellen. -- 7Pinguine 18:06, 14. Okt. 2011 (CEST)
- Ich versuche bei Gelegenheit dran zu denken, aber es ist ja im Grunde alles auf der Seite Maskenmann - Benutzer:Darknesstalker hat auf der dortigen Diskussion ziemlich haarklein auseinanderegesetzt, dass (alle?) Angehörigen sich an die Öffentlichkeit gewandt haben. Vielleicht gibts wirklich eindeutiger Fälle. Interessant auch die Rechtsprechung zum Archiv-Privileg [2], wenn alte (Papier-)Zeitungen als Belege herangezogen werden und gesagt wird, "was damals Recht war..."--olag 09:58, 15. Okt. 2011 (CEST)
Richtlinien
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Man könnte die Entfernung persönlicher Informationen auch damit begründen, dass sie enzyklopädisch nicht relevant sind. Wenn diese Regel in der Wikipedia viel stärker durchgesetzt würde, gäbe es auch weniger Probleme mit Privatsphäre. Eigentlich sind Angaben zu bürgerlichem Namen, Geburtsdatum oder Familienverhältnissen von geringer enzyklopädischer Bedeutung, wenn sie für die Berühmtheit der Person keine Rolle gespielt haben. Zudem sind solche Informationen oft schlecht nachprüfbar, man könnte sie also auch mit Verweis auf Wikipedia:Belege weglassen. Wenn die Person private Informationen nicht selbst in die Öffentlichkeit getragen hat, ist es in der Regel auch nicht angebracht, dies hier bei Wikipedia zu tun. Auch bei Angaben zum Wohnort kann ich meist nur mit dem Kopf schütteln, schließlich weiß so jeder Einbrecher, wo er suchen muss. Wenn die Informationen zu einer Person nur vom Patentamt oder einer Agentur oder allgemeiner aus einer Datenbank, bei der aus beruflichen Gründen seine Privatsphäre aufgegeben hat, kann man solche Informationen nicht bedenkenlos übernehmen. Die Person muss die Informationen mit der Gewissheit herausgegeben haben, dass sie der Öffentlichkeit zugänglich sind. Bei Straftätern sollte man aber nicht mit Angaben zur Tat sparen, sofern diese reputabel belegt sind. Ob man Angaben zur Identität der Person machen sollte, hängt davon ab, ob die Person schon vor der Tatberichterstattung von öffentlichem Interesse war. Es ist wichtig, die Menschen über Straftäter aufzuklären. Es ist aber falsch, sie erst auf sie aufmerksam zu machen. So sind die Rechte beider geachtet. Sprich: Wikipedia sollte nicht mehr berichten, als es die gängige Presse getan hat. Das gilt vor allem für Daten, über die die Person schnell auffindbar ist. Bei Atze Schröder zum Beispiel hatte soweit ich weiß zuvor noch keine Zeitung den Realnamen veröffentlicht. Wenn beispielsweise ein Politiker in die Schlagzeilen kommt, sollte man es bei den Informationen belassen, die vorher schon im Artikel standen aber keinesfalls neue Privatgeschichten ergänzen. Bei Christian von Boetticher hat die Berichterstattung dazu geführt, dass der Artikel sich mit lauter Angaben zu seiner Biografie füllte. Die Frage "Was muss das nur für ein Mensch sein?" sollte Wikipedia nicht beantworten. Dafür gibt es die BILD. Als Faustregel würde ich sagen: Wikipedia sollte über Vorkommnisse berichten. Allerdings in einem knappen, sachlichen Stil. "xyz hat die Straftat xyz begangen und wurde dafür vom Gericht xyz zu xyz Jahren Haft verurteilt. Wie das Ganze abgelaufen ist, sollte man nicht schreiben, denn das würde die Persönlichkeitsrechte verletzen. Gegenwärtig lässt sich aber noch die Tendenz, dass die Bekanntheit einer Person bei Wikipedia automatisch dazu führt, dass alte Geschichten bzw. private Informationen rausgekramt werden, die man bei weniger bekannten Personen weglassen würde. Bekanntheit rechtfertigt nicht, dass Journalisten oder Wikipedia-Autoren die Grenzen der Privatsphäre der bekannten Personen überschreiten. Grundlegendes über die Person darf man schreiben. Man sollte aber Informationen, die man nicht hat, nicht nachrecherchieren, nur weil sie bei anderen Personen vorhanden sind. Da ist der Grenze der Privatsphäre überschritten. Schließlich trägt Wikipedia mit seinen Artikel stark zum Bild einer Person in der Öffentlichkeit bei. Und wenn jetzt ein einzelner Wikipedia-Autor sich auf Informationen fixiert, die entweder dem Ruf nützen oder schaden, hat das womöglich einen großen Einfluss auf den Ruf der Person. Dies soll aber ja bereits mit Wikipedia:Neutralität: Ausgewogene Darstellung der Standpunkte verhindert werden. Ich sehe aber trotzdem die Tendenz, dass bei weniger bekannten Personen eine Verschiebung stattfindet. Das, worüber am meisten berichtet wird, hält auch am meisten Einzug in die Artikel. Nicht verwunderlich, denn dafür gibt es dann auch ja auch die meisten Belege. Das führt aber dann dazu, dass bei vorher angesehen Personen der gesamte Artikel nur über das Strafverfahren berichtet, die Leistungen ausgespart, in anderen Artikeln die Leistungen aber groß und breit ausgeführt werden, wo sie eventuell kleiner sind als die des Straftäters. Man sieht also eine moralische Prägung der Artikel. Wissenschaftler werden gelobt, Straftäter werden kritisiert, indem man jeweils dem Lob oder der Kritik breiten Raum gewährt. Als neutrale Enzyklopädie darf Wikipedia aber nicht die Meinung der Menschen über eine Person kritiklos übernehmen, sondern muss auch die Position der Gegner zu Wort kommen lassen. Letztendlich sind die Richtlinien nicht das Problem, das Problem sind die Artikelschreiber. Denn natürlich sind diese theoretischen Richtlinien moralisch alle schwer nachzuvollziehen und scheitern so in der Realität. -- Verschwende deine Jugend 14:12, 11. Okt. 2011 (CEST)
- Du schneidest in der Tat viele Probleme an. Insbesondere, das die weicheren Richtlinien in Einzelfällen kaum Wirkung haben. Das Hauptproblem ist, das insbesondere die ethische Verantwortung bei x-beliebigen Benutzern liegt, die sich dessen aber weder bewusst sind noch eine Bereitschaft zeigen, diese anzuerkennen. Solange eine Einzelheit belegt ist, sei alles in Butter, ist leider eine 99,9% Ansicht. Für NPOV lassen sich nicht einzelne Benutzer verantwortlich machen.
- Ein sehr zentrales Problem ist aber auch die Unterscheidung zwischen aktueller Presse und Enzyklopädie. Letztere ist kein Pressearchiv. Die schnelle und für jeden sofort auf einfachste Weise verfügbare Aggregation von veröffentlichten Daten in der Wikipedia sind schon problematisch, wenn sie nicht selektiv sind. Letzteres kommt aber noch erschwerend hinzu, denn nicht nur Autoren selektieren Informationen, auch die Presse tut dies. Letztere schreiben ja auch keine Enzyklopädie, erstere berufen sich auf die Presse als Quelle. In Summe widerspricht dies erheblich den Persönlichkeitsrechten. -- 7Pinguine 10:37, 12. Okt. 2011 (CEST)