Benutzer:Chiara Velasco Kittlaus/Entwurf
Enhanced Weathering (‘Beschleunigte Verwitterung‘) – auch Enhanced Rock Weathering (ERW) genannt – ist ein geochemischer Prozess, der darauf abzielt, natürliche Verwitterungsprozesse zu beschleunigen. Bei der natürlichen Verwitterung von silikatischen Mineralen wird CO2 aus der Atmosphäre entzogen und langfristig in Form von festen Carbonaten oder gelöstem Bicarbonat in Ozeanen gebunden. Dies kann auch der Versauerung der Meere entgegenwirken.[1]
Ein mögliches Verfahren von Enhanced Weathering ist das Ausbringen von fein gemahlenem Silikatgestein, wie beispielsweise Basalt, auf (landwirtschaftliche) Oberflächen. Hierbei werden die chemischen Reaktionen zwischen Mineralen, CO2-haltigen Gasen/Flüssigkeiten beziehungsweise Luft beschleunigt, sodass CO2 innerhalb von einigen Wochen bis Monaten sequestriert werden kann.[1]
Darüber hinaus unterscheidet man In-Situ und Ex-Situ Methoden des EW.[1]
Bei In-Situ Methoden handelt es sich um das Zirkulieren von CO2-haltigen Fluiden im Erduntergrund. Dadurch kann CO2 langfristig von mafischen und ultramafischen Gesteinen gespeichert werden. Die Ex-Situ Methode zeichnet sich dadurch aus, dass sie unter Zuhilfenahme von hohen Drücken, Temperaturen und CO2-Konzentrationen sowie Säuren das CO2 mit hinzugefügten (natürlichen oder künstlichen) alkalischen Mineralen in Reaktoren reagieren lassen. Die Dauer dieses Prozesses beläuft sich nur auf einige Minuten.[1]
Anhand der Beschleunigung dieses Verwitterungsprozesses handelt es sich bei EW um eine Geoengineering-Technik, die durch die Sequestrierung des Treibhausgases CO2 dem menschengemachten Klimawandel entgegenwirken soll.[2]
Verwitterung allgemein (chemisch, physikalisch, biologisch)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Biologische Verwitterung (Verweis auf den Hauptartikel):
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bei der biologischen Verwitterung handelt es sich um das Einwirken der belebten Natur auf den Verwitterungsprozess von Gesteinen. Man kann die physikalisch-biologische und die chemisch-biologische Verwitterung unterscheiden.
Die physikalisch-biologische Verwitterung stellt die mechanische Beanspruchung von Pflanzen auf Gesteine dar. Dieser Wirkungsweise liegt der Druck zugrunde, den Pflanzen auf Gesteine ausüben. Bei der chemisch-biologischen Verwitterung greifen die Ausscheidungen (z. B. organische Säuren) von Organismen die Minerale der Gesteine an. Außerdem bilden diese Exsudate Verbindungen mit Kationen und tragen damit zur Verwitterung bei.
Funktionsweise (naturwiss. Grundlagen)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Biologische Aspekte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ein weiterer Aspekt, der sich neben den abiotischen Faktoren (Niederschlag, Temperatur und CO2-Gehalt) auf die beschleunigte Verwitterung auswirkt, ist die Wechselwirkung zwischen Gestein und Pflanzenwurzeln.
Wechselwirkung Gestein – Pflanze
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bei der Silikatverwitterung werden Protonen verbraucht. Diese können von den Pflanzenwurzeln zur Verfügung gestellt werden, da die pflanzlichen Organismen Exsudate und Protonen liefern. Bei der Silikatverwitterung kommt es zur Freisetzung von Elementen wie Phosphor, Calcium, Magnesium, Kalium oder Silizium. Diese werden als Nährstoffe von Pflanzen aufgenommen. Somit wird der Boden basischer. Durch die Basizität liegt das Gleichgewicht auf der Seite des Bikarbonats, wodurch mehr CO2 von der Atmosphäre aufgenommen werden kann. Die Mineralaufnahme kann somit die Silikatverwitterung beschleunigen.[2]
Bedeutung von AM-Pilzen für EW
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Interaktion zwischen Gestein und Pflanzenwurzeln kann von Arbuskulären Mykorrhiza-Pilzen (AM-Pilze) gestärkt werden. Dabei handelt es sich um Pilze, die schon seit ca. 400 Millionen Jahren eine Symbiose mit Landpflanzen eingehen.[2] Durch die Symbiose bekommen die Pilze Kohlenhydrate in Form von Glucose von den Pflanzen. Sie selbst machen den Pflanzen Nährstoffe wie beispielsweise Phosphat zugänglich. Das Besondere an AM-Pilzen ist, dass sie mit ihren Hyphen in die Wurzelrindenzellen der Pflanzen eindringen und dort baumartige Verwachsungen, sogenannte Arbuskeln, ausbilden.[3]
Bei der Symbiose der Pflanzenwurzeln und der AM-Pilze können direkte und indirekte Einflussfaktoren das EW positiv beeinflussen. So können AM-Pilze die Ionen von Mineralen aufnehmen, indem sie mit ihren Hyphen die Mineraloberfläche bedecken. Zudem werden von den AM-Pilzen Protonen freigesetzt, wenn sie Ammonium aufnehmen. Einen weiteren direkten Einfluss können die Exsudate der Hyphen ausüben. Denn die organischen Ausscheidungen stellen Chelatoren dar, die die Mineraloberfläche destabilisieren. Die direkten Einflussfaktoren können das Verwitterungspotential erhöhen.[2]
Auch indirekte Faktoren können sich positiv auf EW auswirken. Beispielsweise können AM-Pilze den Kohlenstofffluss von Pflanzen in den Boden (Wurzelatmung) bestärken. Außerdem können AM-Pilze die Ausscheidung von organischen Verbindungen durch Pflanzen fördern. Dadurch werden physikalisch-chemische Bedingungen geschaffen, die eine gesteigerte Verwitterung zur Folge haben.[2]
Einsatz in der Landwirtschaft
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Prozess des EW kann insbesondere in der Landwirtschaft angewendet werden. Zwar sind die Abundanz und Diversität von AM-Pilzen in der Landwirtschaft deutlich geringer als in natürlichen Systemen. Aber durch die silikatische Düngung nimmt der pH-Wert des Bodens zu. Dies hat zur Folge, dass die Artenvielfalt und -dichte der AM-Pilze sowie ihre Wurzelbesiedelung ansteigt. Ein Vorteil dabei stellt die Verwendung von Basalt als Material für EW dar. Denn AM-Pilze wachsen bevorzugt in Bereichen mit basaltischen Bedingungen im Gegensatz zu granitischen oder quarzitischen Bedingungen. Der Einsatz von EW in der Landwirtschaft hat zudem den Vorteil, dass Böden konventioneller Landwirtschaft die Interaktion zwischen Pilze und Minerale fördern. Die geringen organischen Bestandteile und die fehlenden Nährstoffe regen die Affinität der Pilze für die Minerale an. Damit stellt der Mineraldünger einen Langzeitdünger dar. Die Nährstoffaufnahme der Hyphen wird durch eine anfängliche Reduktion der Nährstoffverfügbarkeit langfristig verbessert. Dadurch wird EW gefördert.[2]
Zudem bietet die Anwendung von EW in der Landwirtschaft einen Vorteil für die Pflanzen. Der erhöhte Einbau von Silizium in Pflanzenwurzeln durch Mykorrhiza-Pilze macht die Wurzeln für Herbivore, also Pflanzenfressern, ungenießbar. Durch den Pflanzenschutz wird auch der Ernteertrag verbessert.[2] Wenn sich die Pflanzen in einem guten Zustand befinden, können sie auch besser im Wechselprozess mit der Silikatverwitterung agieren.
Kritische Aspekte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ethische Aspekte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Durch EW entstehen nicht nur technische Herausforderungen, sondern auch Risiken, die sowohl den Menschen als auch die belebte Natur betreffen.
Negative Einflussfaktoren auf die belebte Natur
Vor allem für tierische Organismen können die Auswirkungen von EW groß sein. So kann der Anstieg des Boden-pH-Wertes durch die beschleunigte Silikatverwitterung schädlich für Organismen sein, deren Lebensweise von einem geringen pH-Wert des Bodens abhängt. Durch die Absenkung des pH-Wertes könnten Organismen, die für wichtige Ökosystemdienstleistungen wie zum Beispiel Schädlingsbekämpfung (durch Nützlinge) oder Bestäubung sorgen, beeinträchtigt werden.[4]
Außerdem ist eine negative Auswirkung auf die Ökosysteme von Flüssen möglich, wenn das Material der silikatischen Düngung (z. B. durch Starkregen) unverwittert in Flusssysteme gerät. Das unverwitterte Material führt zu erhöhter Trübung in den Gewässern. Die veränderte Wasserqualität wirkt sich auf die Populationsdynamik aus. So kommt es beispielsweise zu einer geringeren Reproduktion in Fischpopulationen. Auch der steigende pH-Wert des Wassers durch den Eintrag von EW-Material kann die in Flüssen lebenden Pflanzen und Tiere, die bevorzugt in Gewässern mit geringem pH-Wert leben, beeinträchtigen.[4]
Die silikatische Düngung kann einen Vorteil für die Pflanzen darstellen (siehe biologische Aspekte). Es ist dennoch möglich, dass (am Austraggebiet des EW-Materials) angrenzende Wälder durch die mineralische Düngung negativ beeinflusst werden, denn die Waldränder werden durch den Eintrag von landwirtschaftlicher Düngung nährstoffreicher und der Boden-pH-Wert steigt an. Die Veränderung der Bodenchemie könnte die Biodiversität, die an nährstoffärmere Umweltbedingungen mit geringerem Boden-pH-Wert angepasst ist, beeinträchtigen. Ein weiterer negativer Einflussfaktor von EW ist die Abholzung von Regenwald, was zum Verlust von Bereichen mit hoher Biodiversität führt. Die Waldrodung ist eine Folge des Baus von Bergwerken zum Erhalt des EW-Materials.[4]
Negative Einflussfaktoren auf den Menschen
Der negative Einfluss von EW auf die belebte Natur kann sich auch auf die Menschen auswirken. So kann EW einen Eintrag von Schwermetallen zufolge haben, wenn insbesondere Olivin als Material für die beschleunigte Verwitterung verwendet wird. Denn Olivin enthält oft die Schwermetalle Nickel und Chrom. Durch den Verwitterungsprozess von Olivin können die Schwermetalle in die Umwelt gelangen und somit von Pflanzen aufgenommen werden. Die Aufnahme von toxischen Elementen hätte zufolge, dass die Ernte beeinträchtigt werden könnte. Durch die Nahrungsaufnahme von mit Schwermetallen belasteten Pflanzen könnte der menschliche Organismus gefährdet werden.[4]
Nicht nur durch die Nahrungszufuhr könnte der Mensch beeinträchtigt werden. Bei der Herstellung von Silikatkörnern, die eine Größe von mehr als 10 µm aufweisen, können auch Partikel mit geringerer Korngröße auftreten. Die kleineren Silikatkörner können für Atemwegserkrankung sorgen, denn diese Partikel mit geringerer Größe (< 10 µm) gelangen in die Lungen.[5][6] Die Menschen, die die zerkleinerten Silikate herstellen und mit ihnen arbeiten, haben das Gesundheitsrisiko beispielsweise an Silikose zu erkranken.[4]
Ein möglicher Lösungsweg, um die menschliche Gesundheit zu schützen, ist das Erzeugen von Schlämmen. Dieser Prozess verhindert die Aufnahme von zerkleinerten Silikaten in die Lunge[5] und reduziert damit das Risiko von Atemwegserkrankungen. Die Verwendung von Basalt anstatt von Olivin als Düngemittel in der Landwirtschaft könnte außerdem die Aufnahme von Schwermetallen verhindern.[4]
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b c d James S. Campbell, Spyros Foteinis, Veronica Furey, Olivia Hawrot, Daniel Pike, Silvan Aeschlimann, Cara N. Maesano, Paul L. Reginato, Daniel R. Goodwin, Loren L. Looger, Edward S. Boyden, Phil Renforth: Geochemical Negative Emissions Technologies: Part I. Review. In: Frontiers in Climate. Band 4, 22. Juni 2022, ISSN 2624-9553, doi:10.3389/fclim.2022.879133 (frontiersin.org).
- ↑ a b c d e f g Erik Verbruggen, Eric Struyf, Sara Vicca: Can arbuscular mycorrhizal fungi speed up carbon sequestration by enhanced weathering? In: PLANTS, PEOPLE, PLANET. Band 3, Nr. 5, September 2021, ISSN 2572-2611, S. 445–453, doi:10.1002/ppp3.10179 (wiley.com).
- ↑ Joachim W. Kadereit, Christian Körner, Benedikt Kost, Uwe Sonnewald: Strasburger − Lehrbuch der Pflanzenwissenschaften. Springer Berlin Heidelberg, Berlin, Heidelberg 2014, ISBN 978-3-642-54435-4, doi:10.1007/978-3-642-54435-4 (springer.com).
- ↑ a b c d e f David P. Edwards, Felix Lim, Rachael H. James, Christopher R. Pearce, Julie Scholes, Robert P. Freckleton, David J. Beerling: Climate change mitigation: potential benefits and pitfalls of enhanced rock weathering in tropical agriculture. In: Biology Letters. Band 13, Nr. 4, April 2017, ISSN 1744-9561, S. 20160715, doi:10.1098/rsbl.2016.0715 (royalsocietypublishing.org).
- ↑ a b Jessica Strefler, Thorben Amann, Nico Bauer, Elmar Kriegler, Jens Hartmann: Potential and costs of carbon dioxide removal by enhanced weathering of rocks. In: Environmental Research Letters. Band 13, Nr. 3, 1. März 2018, ISSN 1748-9326, S. 034010, doi:10.1088/1748-9326/aaa9c4 (iop.org).
- ↑ Lyla L. Taylor, Joe Quirk, Rachel M. S. Thorley, Pushker A. Kharecha, James Hansen, Andy Ridgwell, Mark R. Lomas, Steve A. Banwart, David J. Beerling: Enhanced weathering strategies for stabilizing climate and averting ocean acidification. In: Nature Climate Change. Band 6, Nr. 4, April 2016, ISSN 1758-678X, S. 402–406, doi:10.1038/nclimate2882 (nature.com).