Benutzer:Commander-pirx/Rodungsburg
Eine Rodungsburg[1] ist ein nach dem Zweck bzw. ihrer speziellen Funktion nach bezeichneter Burgentyp, der im Früh- und Hochmittelalter in unerschlossenen Gebieten als erstes befestigte Anwesen gebaut wurde, um ein Gebiet urbar zu machen, zu roden und/oder die Kontrolle eines vorher besitzlosen Gebietes zu erreichen bzw. seine Herrschaftsansprüche nichtmilitärisch auszuweiten.[2][3]
Beschreibung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Diese Burgenbezeichnung hängt eng mit den Herrschafts- und Siedlungserweiterungen zwischen dem 10. bis 14. Jahrhundert zusammen als im Zuge mittelalterlichen Landesausbaus bisher unbesiedelte geografische Räume erschlossen wurden und meist zur Bildung von neuen Herrschaftsstrukturen oder neuem wirtschaftlichen Einfluss führen sollte. Deshalb ist dieser Begriff zumeist für damals dünn oder kaum besiedelte Mittelgebirge bzw. im nördlichen Alpenvorland nachweisbar.[3] Für Mitteleuropa werden Rodungsburgen in der sogenannten Rodungszeit zwischen dem 11. und 13. Jahrhundert in großer Zahl in den sich bildenden Rodungsinseln inmitten der damaligen Urwälder angelegt.
Ein spezieller geografischer Typus Burg ist dem Begriff Rodungsburg nicht zuzuweisen, da dies abhängig von der geografischen Lage war. Zumeist waren die Burgen aber als (meist kleinere) Höhenburgen, Talsperren oder Motten angelegt.
Die Rodungsburg wurde zu Beginn meist von mittleren oder Niederadelsschichten, Edelfreien oder Ministerialen angelegt, später auch von der städtischen Patrizierschicht, die sich dadurch neuen Landbesitz bzw. eigene Herrschaftsbereiche oder den Ausbau von Wirtschaftsgrundlagen versprachen.
Die Rodungsburg diente zumeist als Verwaltungssitz einer neuen oder sich erweiternden Herrschaft, deren Untertanen vorwiegend mit der Rodung des Landes befaßt waren.
Es bildete sich unter diesen Adligen eine eigen Schicht, die am Alpenrand als Hochfreie[4] bezeichnet wurden und direkt dem "Reich" unterstehende Adelsgeschlechter aus der Rodungszeit waren.
Einbauen: Anteil an der Bildung von Burgenlandschaften: Die auf Rodungsflächen im Hochmittelalter in starker Häufung entstandenen Burgdomänen, mit den befestigten Adelssitzen in ihrer Mitte, haben die Herausbildung ausgeprägter Burgenlandschaften entscheidend gefördert. Im Laufe der Geschichte ergaben sich allerdings zum Teil Veränderungen in der Funktion der Wehranlagen.[5]
Zitat: als Beispiel:
- Burgen, gegründet auf Rodungsland, tragen oft sprechende Namen.
Dies trifft z. B. auf die verbreitete Namengruppe Wildenberg, Wildenstein, Wildeck und ähnliche Namensbildungen zu, denn das Wort »Wildnis « (»Wildnus«, »Wildung«) bezeichnet im Mittelalter eine urbarisierte Siedlungszone inmitten unkultivierten Geländes (Abb. 6).33 Leider ist die Bedeutung dieser Rodungsburgen und Rodungsherrschaften für die allgemeine Wirtschafts- und Sozialgeschichte des Mittelalters noch zu wenig, im besten Fall punktuell erforscht." In gewissen Regionen, wo ein intensiver Landesausbau in Verbindung mit der Errichtung zahlreicher Burgen betrieben worden ist, lässt sich nachgerade von einem »Kolonisationsadel« sprechen (Abb. 7).[3]
- Zitat 1 der Diplomarbeit:
Grundsätzlich ist zu sagen, dass die Rodung bzw. Erschließung der noch nicht bewohnten bzw. noch bewaldeten Gebiete im Waldvietel in erster Linie durch die Adeligen und ihrer Gefolgschaft erfolgte, wobei vor allem die „Ressource“ Mensch als Arbeitskraft wichtig war. Daraus ist zu schließen, dass viele Besitzer bzw. Lehnsnehmer versuchten, ihren Machtbereich durch die Gründung von Siedlungen zu vergrößern und dadurch potentielle neue Wirtschaftsgüter zu erlangen.171 In der Zeit zwischen dem 11. und 13. Jahrhundert war es von besonderem Vorteil zu kolonisieren, da es nur wenige Abgaben zu leisten gab und man überwiegend unabhängig handeln konnte. KÜHTREIBER, Rodungsburgen 492 (S. 53 - einarbeiten)
- Zitat 2 Diplomarbeit:
Die in dem neu kolonisierten Gebiet erbauten Burgen als Herrschaftszentrum sind oft unter dem Begriff „Rodungsburg“ zu finden.226 - KÜHTREIBER, Rodungsburgen 493
Beispiele in Deutschland finden sich im Spessart und im Odenwald, in der Schweiz z. Bsp. im Jura und die Region zwischen Buchsgau und Aargau, für Österreich trifft das unter Anderem auf das Waldviertel zu.[6]
Rodungsburgen (einige Beispiele)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Beispiele in Deutschland
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Der Erstbau der Burg Hachberg (Hochburg) am Rande des Schwarzwalds in der Emmendinger Vorbergzone
- Burg Rodenstein im Odenwald
- Burgschell im Odenwald
Beispiele in der Schweiz
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Burg Grenchen im Kanton Solothurn, als Beispiel einer Rodungsburg im Jura
- Turmburg Oberes Baliken im Rodungsbereich von Wald, einer Region im Grenzgebiet der alten Grafschaften Zürichgau und Thurgau, deren Waldgebiet ab dem 8. Jahrhundert ersiedelt wurde
- Burg Greifenstein zur Landeskolonisation in Mittelbünden
- Burg Tarasp war eine Rodungsburg im Unterengadin
Beispiele in Österreich
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Burgruine Ruttenstein im Waldviertel [7]
- Burgruine Schallenberg über der Großen Mühl in Oberösterreich, erbaut als Eigentum des Hochstiftes Passau
Rodungsinseln
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Gänzlich von Wald umgebene Rodungsbezirke, eigentliche «Rodungsinseln», sind im Jura beispielsweise auf der Schauenburg, auf der Wartburg, auf Blochmont, auf Wildenstein oder auf Wild-Eptingen erkennbar.119 Im Alpenraum sind inselartige Rodungen noch um die Burgen Saxenstein, Rappenstein, Klingenhorn, Sola und Spliatsch zu beobachten.120 119 Burgenkarte, a.a.O. (Anm. 10). 120 Poeschel, Burgenbuch, 159ff. (Lexikon). aus:
Kontra
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Adelsburg in Deutschland: Entstehung, Form, und Bedeutung, Thomas Biller, Deutscher Kunstverlag, 1993, S. 80 ff.:
Der Burgenforscher Thomas Biller weist 20 Jahre nach der Begriffstbestimmung von Meyer diese zu großen Teilen zurück und hält seine Herleitung für unzureichend, da der die Zuordnung "castrum" zu "Rodungsburg" des 10. und 11. Jh. als zu einfach sieht und eher eine Analogie zum Begriff der Höhenburg als gegeben sieht. Die große Mehrzahl der von Meyer angeführten Burgen seien einfach Höhenburgen.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Werner Meyer: Rodungsburgen, Nachrichten des Schweizer Burgenvereins, 5/1974, S. 89–95
- Werner Meyer: Rodung. Burg und Herrschaft, ein burgenkundlicher Beitrag zur mittelalterlichen Siedlungsgeschichte. In: Burgen aus Holz und Stein, Burgenkundliches Kolloquium in Basel 1977, Ölten u. Freiburg/Br. 1979. SBKAM, Bd. 5, S. 43–80
- Hans Krawarik: Rodungsprogramme und Weilerbildung, in Klaus Fehn, Helmut Bender, Klaus Brandt, Dietrich Denecke, Hans-Rudolf Egli, Eike Gringmuth-Dallmer, Franz Irsigler, Michael Müller-Wille, Hans-Jürgen Nitz, Gerhard Oberbeck, Winfried Schich (alle Hrsg.): Siedlungsforschung. Archäologie – Geschichte – Geographie, Band 17, Verlag Siedlungsforschung Bonn, Bonn 1999, ISSN: 0175–0046. S. 223–235
- Thomas Kühtreiber: Rodungsburgen als Keimzellen der mittelalterlichen Kulturlandschaft. In: Falko Daim, Thomas Kühtreiber (Hg.), Sein & Sinn, Burg & Mensch. Niederösterreichische Landesausstellung 2001, Katalog des Niederösterreichischen Landesmuseums 434, St. Pölten 2001, S. 492–495.
- Wilhelm Volkert: Kleines Lexikon des Mittelalters: von Adel bis Zunft (1.-3. Auflage: Adel bis Zunft. Ein Lexikon des Mittelalters), Verlag C. H. Beck, becksche Reihe, 4. Auflage, München 2004, ISBN 3-406420818. S. 226 f.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Begriff Rodungsburg im österreichischen Burgenlexikon www.burgenkunde.at; abgerufen am 21. Februar 2019
- ↑ Beatrice Ludl: Mittelalterliche Bauten im östlichen Waldviertel, Wien 2009, Diplomarbeit, S. 56; abgerufen am 21. Februar 2019
- ↑ a b c Burg und Herrschaft - Beherrschter Raum und Herrschaftsanspruch, Wissenschaftlicher Begleitband zur Ausstellung Burg und Herrschaft im Deutschen Historischen Museum Berlin 25. Juni - 24. Oktober 2010, Mythos Burg im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg, 8. Juli - 7. November 2010 und zum Symposium Die Burg auf der Wartburg vom 19.-22. März 2009, Sandstein Verlag, Berlin, Nürnberg, Dresden 2009, ISBN 978-3-940319-96-8. S. 20 ff.
- ↑ Begriff Hochfreie im österreichischen Burgenlexikon www.burgenkunde.at; abgerufen am 21. Februar 2019
- ↑ Untervazer Burgenverein Untervaz: Texte zur Dorfgeschichte von Untervaz: Abschnitt: Die Bildung einer "Burgenlandschaft", Untervaz 1977, S. 8
- ↑ Beatrice Ludl: Mittelalterliche Bauten im östlichen Waldviertel, Wien 2009, Diplomarbeit, S. 64 f.; abgerufen am 21. Februar 2019
- ↑ Siehe auch: Ruine Ruttenstein; abgerufen am 28. Februar 2019
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten][[Kategorie:Burgentyp]] [[Kategorie:Rodung]]