Benutzer:Dioskorides/Artikelentwürfe IV

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Ludwig von Vincke begrüßt es, dass Preußen im Oktober 1806 den Krieg gegen Frankreich begann, nachdem er vorher oft die Untätigkeit gegenüber Frankreich kritisiert hatte. Kurz darauf musste er nach der desaströsen Schlacht bei Jena und Auerstedt erleben, wie stark der französische Sieg von der Bevölkerung in Münster bejubelt wurde. Ende Oktober marschierten französische und holländische Truppen in Münster ein, und Vincke begrüßte Louis Bonaparte, den König von Holland, in der Stadt. Vincke selbst blieb unter dem Generalgouverneur Herman Willem Daendels Leiter seiner Behörde, die nunmehr als Administrationskollegium (Collège administratif) bezeichnet wurde; er war der einzige Beamte mit hinreichenden Französischkenntnissen. Vincke war die Finanz- und Polizeiverwaltung unterstellt. Damit war er auch für die Eintreibung der enormen Kontributionen an die Besatzungsmacht verantwortlich.[1]

Schon am 5. November 1806 übernahm der französische Generalgouverneur Loison die Herrschaft. Am 26. November wurde Vincke wie alle Beamten im Generalgouvernement feierlich auf Napoleon vereidigt. Mit dem seit Ende Februar 1807 amtierenden Generalgouverneur Canuel geriet Vincke in Konflikt, weil er zusätzlich erhebliche Summen an Tafelgeld für seinen persönlichen Aufwand beanspruchte. Als der münstersche Adel bei Canuel gegen Vincke intrigierte, wurde Vincke von diesem zum 30. März 1807 entlassen. Er selbst fand sich damit von einer großen Last befreit.[1]

Nach seiner Entlassung suchte Vincke im April 1807 den Freiherrn vom Stein in Nassau auf und reiste dann weiter nach Minden, wo er sich den notwendigen Pass für eine Reise nach Berlin ausstellen ließ. Er reiste jedoch im Mai über Hamburg zunächst nach Altona im dänisch beherrschten Herzogtum Holstein und danach von Tönning per Schiff nach England, wo er am 29. Mai eintraf.[2] Er beabsichtigte dort, eigeninitiativ und auf eigene Kosten,[3] Möglichkeiten zu einer britischen Invasion an der nordwestdeutschen Küste auszuloten. Zu diesem Zweck traf er sich mit deutschen Exilanten wie z. B. Wilhelm von Dörnberg und den Fürsten Wittgenstein und sprach beim britischen Außenminister Canning vor. Am 5. Juni verfasste er einen detaillierten Plan über eine Volkserhebung im nördlichen Deutschland zur Befreiung, die von einer britischen Invasion unterstützt werden sollte. Diesen schickte er als Denkschrift an Canning und den preußischen König, aber beide Adressaten blieben in dieser Sache untätig. Vielmehr schickte die britische Regierung zur gleichen Zeit eine Legion hannoverscher Soldaten als Schutztruppe nach Rügen, das unter der Verwaltung des neutralen Schweden stand und wo ein französischer Angriff erwartet wurde. Erst am 2. August erfuhr Vincke die Details des Friedens von Tilsit, wodurch seine Pläne gegendstandslos geworden waren. Am 11. April reiste er von London ab nach Westfalen.[2]

Vincke nutzte seinen Aufenthalt in England, um sich über die dortige Verwaltung und das Rechtswesen zu informieren. Ihn beeindruckte das Maß an Selbstverwaltung, das der Staat den Bürgern einräumte. Weiterhin besichtigte er soziale Einrichtungen, z.B. für Behinderte, informierte sich über das Verkehrswesen und neue Entwicklungen in der Industrie. Die gewonnenen Erkenntnisse legte er in einer Schrift nieder, die erst 1815 veröffentlicht wurde.[4]

Im September erreichte ihn die Bitte Steins, sich zu ihm nach Ostpreußen zu begeben, wo sich zu dieser Zeit dfie preußische Regierung und der König aufhielten. Im Oktober reiste er zunächst nach Hamburg, um im Auftrag Steins Verhandlungen über eine Anleihe für Preußen zu führen.[5] Danach hielt er sich einen Monat in Berlin auf und gelangte am 30. November 1807 nach Memel. Gleich am nächsten Tag wurde er vom König empfangen, der ihm eine Verwendung im preußischen Staatsdienst in Aussicht stellte.[6]

Vincke hielt sich danach von Januar bis März wieder in seinem Elternhaus in Minden auf, wo er erleben konnte, wie sich das neugegründete Königreich Westphalen administrativ etablierte. Von seinem Vater wurde er vergeblich bedrängt, in den Dienst dieses Vasallenstaates einzutreten. Vincke entschied sich für Preußen und beantragte die nötige Erlaubnis von König Jérôme, in den Staatsdienst eines anderen Landes eintreten zu dürfen. Damit reiste er im März 1808 nach Berlin, wo Stein mittlerweile tätig war.[7]

Im engen Kontakt mit Stein verfasste Vincke auf der Basis seiner Erfahrungen aus der Verwaltungspraxis mehrere Denkschriften über die Organisation der Staatsverwaltung, die Personalbewirtschaftung, die ständische Repräsentation, die Komunalverwaltung, die Finanzverwaltung, das Grundsteuerwesen, die Militärverwaltung, das Konskriptionssystem und die britische Verwaltung.[8]

Der Einfluss Vinckes auf die preußische Reformgesetzgebung ist nur schwer bestimmbar, da keines der Gesetze das Werk eines war.[8] „Vincke selbst hat seine Randposition im Kreis der Reformer durchaus erkannt.“ Auch mit Stein gab es Meinungverschiedenheiten, der dem Adel eine erhebliche Rolle im Staate erhalten wissen und ihn direkt an der Exekutive beteiligt haben wollte.[9]

Vincke wurde nach Steins Entlassung nach Königsberg gerufen und übernahm im Dezember 1808 eine beratende Funktion im Finanzministerium unter Steins Nachfolger Altenstein, in der er mit der Konsolidierung der Staatsschulden und dem Grundsteuerwesen beschäftigt war. In zwei Gutachten über das Staatsschuldenwesen kritisierte Vincke Anfang 1809 die langjährige Anleihewirtschaft zur Kriegsfinanzierung und schlug zur Schuldentilgung einerseits die Erhebung von Luxussteuern, andererseits die Privatisierung des staatlichen Grundbesitzes (Domänen, Forsten) vor. Weiterhin erstellt er ein Gutachten über die Organisation der Bergämter.[10]

Durch eine Kabinettsorder vom 24. Dezember 1808 wurde ihm die Weiterbeschäftigung zugesagt und das seit Juni 1807 nicht gezahlte Gehalt rückwirkend bewilligt,[11] das er sogleich in Obligationen der Staatsbank anlegte.[10] Vincke erledigte sein Amt nur widerwillig. Ihm missfiel das Intrigenspiel in der Regierung, und von den Ministern Dohna und Altenstein hatte er – im Vergleich zu Stein – nur eine geringe Meinung. Er gab sein Interesse für ein Amt in der Provinzialverwaltung zu erkennen; am 3. März 1809 wurde er mit einem Gehalt von 5100 Thalern zum Präsidenten der Kurmärkischen Regierung in Potsdam ernannt, wobei er sich für zwei Jahre verpflichtete. Es gelang ihm, einige ihm aus Westfalen bekannte Beamte zur Mitarbeit in seiner neuen Behörde zu gewinnen.[12]

Bereits zum 31. März 1810 nahm er seinen vorzeitigen Abschied, da sich ihm eine neue wirtschaftliche Lebensperspektive eröffnete. Im Mai 1810 heiratete er Eleonore von Syberg zum Busch, einzige Tochter des Grundbesitzers Friedrich von Syberg, die er bereits seit 1806 kannte.[13][14] Nach der Hochzeitsreise, die sie in die Schweiz führte, wohnten sie zunächst auf Haus Busch bei Hagen. Vincke übernahm von November 1810 bis 1813 die Bewirtschaftung des Sybergschen Guts Ickern (heute in Castrop-Rauxel), das damals zum Großherzogtum Berg gehörte.[13][15] Während eines Besuchs bei Verwandten seiner Frau, den Besitzern von Haus Bodelschwingh (heute in Dortmund), wurde er am 12. März 1813 verhaftet und nach Düsseldorf überstellt; vorher gelang es ihm noch, kompromittierende Schriftstücke zu verstecken. Nach einer Woche wurde er freigelassen, aber auf das linksrheinische Gebiet verbannt.[13] Er lebte bis zum 23. Juli in Flamersheim bei Euskirchen bei seinem älteren Bruder Ernst,[15] der dort ein angeheiratetes Anwesen bewirtschaftete.[16] Danach durfte er nach Minden, das damals zum Französisches Kaiserreich gehörte, zurückkehren, da sein Vater schwer erkrankt war.[17]

  1. a b Peter Veddeler: Vincke zwischen „Kollaboration“ und Widerstand während der französischen Fremdherrschaft. In: Behr / Kloosterhuis: Ludwig Freiherr Vincke. Münster 1994, S. 35–62, hier S. 36–42.
  2. a b Ludger Graf von Westphalen: Der junge Vincke (1774–1809). Aschendorff, Münster 1987, S. 59–68.
  3. Peter Veddeler: Vincke zwischen „Kollaboration“ und Widerstand während der französischen Fremdherrschaft. In: Behr / Kloosterhuis: Ludwig Freiherr Vincke. Münster 1994, S. 35–62; dort S. 43.
  4. Ludger Graf von Westphalen: Der junge Vincke (1774–1809). Aschendorff, Münster 1987, S. 67–68.
  5. Ludger Graf von Westphalen: Der junge Vincke (1774–1809). Aschendorff, Münster 1987, S. 69.
  6. Ludger Graf von Westphalen: Der junge Vincke (1774–1809). Aschendorff, Münster 1987, S. 70–71.
  7. Ludger Graf von Westphalen: Der junge Vincke (1774–1809). Aschendorff, Münster 1987, S. 73–75.
  8. a b Ludger Graf von Westphalen: Der junge Vincke (1774–1809). Aschendorff, Münster 1987, S. 76–78.
  9. Ludger Graf von Westphalen: Der junge Vincke (1774–1809). Aschendorff, Münster 1987, S. 80–81.
  10. a b Ludger Graf von Westphalen: Der junge Vincke (1774–1809). Aschendorff, Münster 1987, S. 88–89.
  11. Peter Veddeler: Vincke zwischen „Kollaboration“ und Widerstand während der französischen Fremdherrschaft. In: Behr / Kloosterhuis: Ludwig Freiherr Vincke. Münster 1994, S. 35–62, dort S. 49.
  12. Ludger Graf von Westphalen: Der junge Vincke (1774–1809). Aschendorff, Münster 1987, S. 90–91.
  13. a b c Peter Veddeler: Vincke zwischen „Kollaboration“ und Widerstand während der französischen Fremdherrschaft. In: Behr / Kloosterhuis: Ludwig Freiherr Vincke. Münster 1994, S. 35–62; dort S. 53–58.
  14. Ludger Graf von Westphalen: Der junge Vincke (1774–1809). Aschendorff, Münster 1987, S. 55.
  15. a b Ludger Graf von Westphalen: Der junge Vincke (1774–1809). Aschendorff, Münster 1987, S. 93.
  16. Ludger Graf von Westphalen: Der junge Vincke (1774–1809). Aschendorff, Münster 1987, S. 60.
  17. Peter Veddeler: Vincke zwischen „Kollaboration“ und Widerstand während der französischen Fremdherrschaft. In: Behr / Kloosterhuis: Ludwig Freiherr Vincke. Münster 1994, S. 35–62; dort S. 61.