Benutzer:Frank Winkelmann/Landes-Heil- und Pflegeanstalt Gießen
Im September 1911 wurde die Landes-Heil- und Pflegeanstalt Gießen in Betrieb genommen. Die Stadt Gießen hatte dafür ca. 20 Hektar des Stadtwaldes an der Licher Straße zur Verfügung gestellt. Im damals aktuellen „Pavillon-Baustil“ mit Jugendstil-Formelementen erbaut, verteilten sich die Krankengebäude asymmetrisch auf dem Gelände. Eine imaginäre Geschlechterachse trennte Männer- und Frauenseite, es gab Aufnahmegebäude und Krankengebäude für Wachbedürftige, für Pflegebedürftige und für Unruhige. In vier kleinen Landhäusern lebten Patientinnen und Patienten, die in der Landwirtschaft mithalfen oder in verschiedenen Betrieben (Küche, Wäscherei, Bügelzimmer, Maschinenhaus und Handwerksbetriebe) arbeiteten.
Während des Ersten Weltkrieges diente die Anstalt als Reservelazarett zur Wiederherstellung der Kriegstauglichkeit traumatisierter Soldaten. Im Rahmen der nationalsozialistischen „Eugenik- und Euthanasie-Programme“ wurden Zwangssterilisationen veranlasst und 263 Patienten in Hadamar getötet. Auf Erlass des Reichsinnenministers wurden aus dem gesamten mitteldeutschen Raum jüdische Patienten „gesammelt“, die später in einer Tötungsanstalt in Brandenburg umgebracht wurden.
Am Anfang der 1950er Jahre übernahm der Landeswohlfahrtsverband Hessen die Anstalt. Sie wurde umbenannt in „Psychiatrisches Krankenhaus“. In den späteren 1950er Jahren wurden erstmals Medikamente zur Behandlung eingesetzt. Später kamen neben Arbeits- und Beschäftigungstherapie neue Behandlungsformen wie Sozio-, Psycho- und Bewegungstherapie hinzu.
Seit Mitte der 1970er Jahre werden Frauen und Männer auf gemischt-geschlechtlichen Stationen behandelt. Die großen Schlafsäle wurden zugunsten kleinerer Zimmer entfernt. In der Zeit der Psychiatrie-Reform in den 1970er und 1980er Jahren gingen von dieser Klinik entscheidende
Impulse für die sozialpsychiatrische Versorgung in der Region aus.
Zu Beginn des 21. Jahrhunderts ist die Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Gießen eine moderne Fachklinik und ein anerkanntes akademisches Lehrkrankenhaus der Justus-Liebig-Universität Gießen. Das differenzierte Behandlungsangebot umfasst die Bereiche Allgemeinpsychiatrie, Gerontopsychiatrie sowie Abhängigkeitserkrankungen.
Gemeinsame Entwicklung
Im Jahr 2002 wurde eine Zusammenführung der Kliniken in Marburg und Gießen zum „Zentrum für Soziale Psychiatrie Mittlere Lahn“ vorgenommen. Seit 2009 trägt das Krankenhaus den Namen „Vitos“. Zusammen mit der Klinik Lahnhöhe und der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie bilden die beiden Kliniken in Gießen und Marburg das Vitos Klinikum Gießen-Marburg, dem derzeit größten Fachkrankenhaus für Psychiatrie in Hessen.