Benutzer:Gceschmidt
Ich bin Sprachwissenschaftler (Indogermanist~Historische Sprachforschung), Autor/"Schriftsteller" (ein wenig Lyrik, vor allem Hörfunk-Features), Nachhilfelehrer (Mathe, Latein, Deutsch, Griechisch) - und reagiere extrem allergisch auf falsches Deutsch. Falsches Deutsch - zB die progredierende Verwendung des Genitivs dort, wo er nicht hin gehört (Beispiel: "entgegen des Vorurteils", obwohl doch niemand sagte: "Ich gehe deiner entgegen") oder andererseits des Dativs, wo er Unsinn ist (Beispiel: "sie wurde dem nicht mehr Herr" - heißt es etwa: "sie ist Herr(in) dem Sklaven"? oder nicht doch "...des Sklaven"; also heißt es auch "sie wurde Herr(in) des Sklaven" oder "sie wurde des Sklaven Herr(in)") - falsches Deutsch bei Muttersprachlern also, signalisierend einerseits eine große Unsicherheit gegenüber der eigenen Sprache, andererseits ein ungeheures Geltungsbedürfnis, eine Kombination, die in der Soziologie als Aufsteigersyndrom beschrieben wird. Wenn es in den lebenden Dialekten und Slangs eigentlich gar keinen Dativ und Genitiv mehr gibt, ist das vollkommen in Ordnung: die Sprache selbst hat sich gewandelt. Wenn jedoch irgend welche Emporkömmlinge dann Genitiv und Dativ falsch verwenden, Kasus, die sie in ihrem heimischen Dialekt/Slang vermutlich nicht einmal kennten (was, wie gesagt, in Ordnung wäre!), Kasus, die sie nur verwenden, um zu signalisieren, dass sie "oben" angekommen sind, dann verraten sie zweierlei: Einmal, dass sie es "nötig haben" zu beweisen, dass sie jetzt endlich "oben" sind, dass sie also ganz und gar selbst-unsicher sind - und zum andern, dass sie ihren persönlichen Standard gern als den allgemein gültigen ausgäben. Als Demokrat verabscheue ich solche Nouveau-Riche-Attitüden, als (Indo-)Germanist muss ich zugeben, dass es in der 4- bis mindestens 5tausendjährigen Geschichte der idg Sprachen immer die "nouveaux riches" waren, die die Entwicklung der Sprache(n) bestimmt haben. So dass wir vielleicht mal wieder an einem der vielen "Endpunkte" der deutschen Sprachentwicklung stünden. Aber gut muss ich diesen Punkt deswegen keineswegs heißen.