Benutzer:GerhardSchuhmacher/Adler
== Problematik der Castaneda-Rezeption == Während Castanedas Werke weltweit ein Verkaufserfolg wurden, war die Ablehnung in den gebildeten gesellschaftlichen Schichten des Westens kompromißlos.<ref>Es liegen hier keine Erkenntnisse über die Rezeption in Asien, Afrika und insbesondere Südamerika vor.</ref> Ob in den Wissenschaften, in Literatur oder Politik – der Autor wurde vor allem persönlich vollständig in die Defensive gedrängt und unablässig angegriffen, wobei sich die Vorwürfe auf die Verleitung der Jugend zum Drogengebrauch, einer Verballhornung indianischer Tradition oder einer unzulässigen Zusammenglauberei von Theorien aus einer einzigen Bibliothek beschränkten. Eine inhaltliche Auseinandersetzungen mit den „Lehren des Don Juan“ wurde nicht bekannt. Die Kritik basiert in fast allen Fällen auf der Rezeption der ersten drei veröffentlichten Bände und sah sich dann selten im Studium der weiterhin erschienen Werke in der Pflicht. Castaneda, der sich nicht als Überlieferer einer abgeschlossenen Theorie sah, sondern als ein in einem jahrzehntelangen Lernprozess befindlicher Schüler erkannte, stellte zum Beispiel erst mit den Erfahrungen, die er zu seinem vierten Band verarbeitete fest, dass die Drogeneinnahme nicht – wie er selbst und damit anfänglich auch die Leser und die Kritiker glaubten – Voraussetzung für Erkenntnis und Verständnis der Lehren waren, sondern wie Don Juan – überrascht über diese Frage und Annahme seines Schülers – ihm erklärte: Er habe ihm den ‚kleinen Rauch‘ nur verabreicht, um sein knüppelhartes rationalistisches Weltbild aufzubrechen. Andere Schüler hätten keine Drogen benötigt. (Zitat). Zudem habe er ihm das wesentliche im nüchternen Zustand vermittelt, unter dem Einfluss der pflanzlichen Mittel sei es nur darum gegangen, ihn die ihm die unbegreiflichen Möglichkeiten von Wahrnehmung erfahren zu lassen. Dies könne ähnlich aber auch durch Meditation, in Extremsituationen, auch von Hunger/Durst oder völliger Erschöpfung bzw. Fasten oder asketischen Praktiken erfolgen. Castanedas Naturell hätten eben die – auch im Westen zeitgemäßen – bewußtseinserweiternden Mittel entsprochen. Don Juan selbst nahm niemals Drogen, auch keinen Alkohol oder Tabak – er ernährte sich, soweit mitgeteilt – ‚klassisch‘ mexikanisch. === Wahrnehmung === Die (süd)indianische Auffassung des Wahrnehmungsprozesses unterscheidet sich vollständig von westlich-wissenschaftlicher Methodik und kann somit auch keine entsprechende Anerkennung erlangen. Allerdings hat Don Juan keine Probleme, die rationale Sichtweise nachzuvollziehen – er hält sie in ihren Grenzen für sehr bedeutend, fasst sie jedoch als eine spezifische, auch relativ einfach erklärbare Weise, einen Realitätsprozess zu fundieren, auf. (Einwand Castanedas). zum ''Sehen''. DJ: „Zum Beispiel müssen die Seher methodisch denkende, rationale Menschen sein, wahre Vorbilder der Nüchternheit, und gleichzeitig müssen sie sich all dieser Eigenschaften enthalten, um völlig frei und offen für die Mysterien und Wunder des Lebens zu sein.“ (FvI, 80). '''Verifizierung von Wirklichkeit'''<br /> Während Castaneda erklärt, die Wissenschaft habe die Möglichkeit, alle Phänomene präzise, systematisch und in jedem Fall zureichend zu beschreiben, meint Don Juan dagegen, die indianische Wissenschaft habe diese Möglichkeit auch – hier werde die Wirklichkeit über das ''Sehen'' verifiziert. (''Sehen'' wäre jedoch eine Methode, die der moderne Mensch nicht beherrsche – zumindest nicht zu lernen und damit einzusetzen in der Lage wäre –, und so könne er dies auch nicht nachvollziehen.) An diesem Punkt widerlegt sich Don Juan jedoch selbst, denn er ist ja geradezu intensiv darum bemüht, seinem Schüler Castaneda die Logik (die Erklärung) plausibel zu machen, um seine Motivation, das ''Sehen'' zu erlernen, zu stärken. (DJ über sich als Erklärer). Die Prozesshaftigkeit der Arbeit Castanedas – er schreibt gleichsam ‚von Buch zu Buch‘ – findet erst in späten Werken einen Abschluss, da er nun einen Überblick der Lehre Don Juans vermitteln kann. Das nur formal unsystematisiert erscheinende Vorgehen des Lehrers, des Naguals, leitet sich aus der Lernfähigkeit seiner Schüler ab, die von ihren Eigenheiten, ihrem Charakter, bestimmt werden. Auch die Geschlechter lernen verschieden, Frauen eignen sich Bereiche wie von selbst an, während Männer dafür lange Zeit brauchen. Männer haben Voraussetzungen, die ihnen manches einfacher machen. Zudem lehrt Don Juan in verschiedener Weise angepasst an zwei mögliche Bewusstseinszustände seiner Schüler, genannt die 'linke' und die 'rechte Seite'. So erfolgt das Begreifen seiner Schüler in von ihnen vorgeprägten Rhythmen und Zielrichtungen. In seiner Reflexion der Logik der Lehre und den Vermittlungsschritte an Schüler – an ihn selbst –, gibt Castaneda Hinweise: * Nach der Übernahme des Grundsatzes, dass 'die Welt' in erster Linie als Energie existiert und ihre Materialität, ihre 'feste' Gegenständlichkeit, die uns als Grundlage erscheint, eine spezifische Struktur ihrer Energie ist, die von der menschlichen, auch als einer einheitlichen Wahrnehmung organisiert wird, geht es um Frage nach der dazu verifizierenden Voraussetzung, die Welt auch primär als Energie wahrnehmen zu können. === Kunst des ''Sehens'' === * Die Welt als Energie wahrzunehmen bezeichnet Don Juan als ''Sehen'', das nicht anders als ebenso mit den Augen erfolgend definiert werden kann, doch ein spezifisches Können der ''Seher'' voraussetzt, das jedoch gelehrt werden kann und auch Castaneda, wenn auch nicht willkürlich gelingt. Ein logischer Beweis nach den Prämissen der (westlichen) Wissenschaften für die Setzung der Welt und alle ihre Dinge als ursprünglich energetische Struktur ist nicht möglich, für Don Juan allerdings auch nicht erforderlich, denn für die indianischen Wissenschaften wird durch das ''Sehen'' dieser Strukturen der Beweis erbracht. * Dieses ''Sehen'' erfolgt konkret: Menschen erscheinen in ihrer energetischen Form als Gebilde stark leuchtender Energie, die dem Körper entspricht, umgeben von einer sie weiter umgebenden, eiförmigen Leuchtkraft abgegrenzt. Auffällig ist dabei ist in der Hülle ein Punkt sehr starker Leuchtkraft, der sich bei allen Menschen an derselben Stelle befindet – dies ist der „Montagepunkt“, der die Wahrnehmung (und dadurch die Bewusstheit) dadurch dadurch gleichartig 'montiert', dass er sich eben bei allen an derselben Stelle befindet: So sehen wir die Welt als das uns bekannte (und weiter nicht hinterfragte) materielle Phänomen. * Im Einzelfall kann der Montagepunkt sich in einer Verschiebung zu der Position aller anderen befinden und dadurch sieht (und erlebt) jener Mensch eine von der uns bekannten unterschiedene Welt – unterschiedlich verschieden je nach Weite der Verschiebung. Eine solche Verschiebung ist dem normalen Menschen jedoch nicht willkürlich möglich – abgesehen davon, dass dies nicht in seinem Interesse liegt, denn er benötigt die mit allen anderen geteilte Wahrnehmung für sein Überleben in 'unserer' Welt. * Das Interesse an dem Erleben anderer Welten liegt nach Don Juan an persönlichen Motiven einzelner wie Neugier, oder Lust an der Erforschung oder bewusster - wie die 'Seher' – an dem Willen zur Freiheit. Das bedeutet, sich Welten zu erschließen, die dem Menschen zwar zugänglich, doch nur nach einem langen Weg von Verhaltenstraining, Wissenserwerb, Geduld und Mut erreichbar sind. Den Irrtum, dass man zuerst ein ''Seher'' werden müsse – somit die praktischen Übungen auf dieses Ziel einrichten sollte –, wird dem Autor erst spät deutlich – die Befassung mit dem ''Sehen'' ist allerdings Voraussetzung, um den gesamten Erklärungszusammenhang der Lehre Don Juans zu begreifen, der eine Relativierung der Vernunft erfordert, die nur die gewohnte Praxis des modernen Menschen ist, aber keinesfalls zwingend eine besonders geeignete Methode zur Welterkenntnis, vor allem nicht die einzige ist. Sie hat hohe Bedeutung für die Alltagswelt, sollte makellos beherrscht werden können, bewegt sich dominierend jedoch nur im Rahmen dieser speziellen, wenn auch unter den Menschen von Geburt an eintrainierten und global verbreiteten Position des Montagepunktes. === Kunst des Träumens === Da das Wissen der „Zauberer“ – auf diesen Begriff einigen sich Don Juan und und sein westlicher Schüler in Ermangelung eines besseren für die heutige Generation der ''Seher'' – kann dabei auf eine Jahrhunderte, gar Jahrtausende alte Tradition der ''alten Seher'' zurückgreifen, deren Experimente und Schlussfolgerung die neuen studieren konnten, deren Einstellung dazu sie jedoch ablehnen. Sie überprüfen die Erkenntnisse der alten und gewinnen neue Schlüsse – zum Beispiel aus den Beobachtungen der Vorgänger über die Wirkungen verschobener Montagepunkte und den damit produzierten Erlebnisse, etwa dem Kontakt mit anorganischen Wesen.<ref group="Anm">Castaneda entwickelt dabei eine Vorliebe für die Kommunikation, das heißt, einem Einlassen auf die Welt der anorganischen Wesen, die Don Juan nicht schätzt, da sie ihm als eine auch gefährliche Verbundenheit mit den ''alten Sehern'' erscheint.</ref> Die entscheidende Erkenntnis der alten bezüglich der Positionen der Montagepunkte war, dass eine Verschiebung aus dem Alltagsbewusstsein heraus kompliziert ist, doch dass sie einfach im Schlaf durch das Träumen gelingen kann. Das bedeutet umgekehrt, Träume sind Produkte von Verschiebungen des Montagepunktes und damit das Tor zu anderen Welten. Das Träumen beim Schlafen ist grundsätzlich ein Phänomen, eine ‚Tätigkeit‘, die allen Menschen gegeben sein dürfte. Es ist allerdings in der Welt der Vernunft festgenagelt auf dem Grundsatz „Träume sind Schäume“ etc. und wird in der Psychologie und auch in esoterischen Bewertungen interpretatorisch auf die Person des Träumers zurück reflektiert. Für die ''neuen Seher'' gelten die ‚normalen Träume‘, die auf winzigste Verschiebungen des Montagepunktes zurück gehen als unwirksam solange der Träumer nicht gelernt hat, mit ihnen umzugehen und dies heißt, selbst im Traum zu erkennen, dass er träumt. An dieser Stelle setzt der erste praktische Schritt auf dem „Weg des Kriegers“<ref group="Anm">Castaneda gelang auch erst sehr spät in seinen Büchern die Erkennntis – auch zu seiner Überraschung –, dass Frauen Kriegerinnen sein können und auf seine etwas vorwurfsvolle Nachfrage bei Don Juan erwidert dieser, da er ein Mann sei, habe er mit ihm dies eben in der männlichen Form kommuniziert.</ref> an: Da der Traum Folge einer gleichsam selbstständigen Verschiebung des Montagepunktes ist, der beim Aufwachen sofort wieder in seine gewohnte Position zurück springt, kommt es darauf an, im Traum selbst – während des Träumens – diesen zu stabilisieren, d.h., in der neuen Position zu behalten. Dadurch wird der Traum gleichsam verlängert und der Träumer, die Träumerin selbst, können in ihm agieren. Dieses Festhalten ist weniger eine Fähigkeit (die methodisch bewirkt werden kann), sondern eine Folge einer bestimmten Verhaltens-oder Handlungsweise in der Alltagswelt, die eine persönliche Entschlossenheit vermittelt, die in ihrer Auswirkung im Schlaf zu dieser als „''Traumposition''“ bezeichneten stabilisierten Stelle des Montagepunktes führt. Der Träumer kann dann in seinem Traum einzelne Gegenstände oder gar Szenen betrachten, beliebig einem Geschehen oder der Wandlung eines Gegenstandes folgen, den Traum wechseln – letztlich auf dem Weg in eine andere Welt sein. Damit meinen die ''neuen Seher'' nicht ‚großes Kino‘, sondern es bedeutet die Produktion einer Realität, die so empfunden wird, wie die Alltagswelt.<ref group="Anm">Es geht dabei nicht um Empfindungen, sondern um Realität. Die anderen Welten sind so real wie unsere Welt. Alle diese Welten sind ohne Ausnahme die Folge persönlicher oder kollektiver Positionen von Montagepunkten. Alle organischen oder anorganischen Wesen (die sich gemeinsam durch die Gegenwärtigkeit von Bewusstsein definieren), haben ihren Montagepunkt jeweils am gleichen Fleck.</ref> Die Erfahrungen der ''Seher'' mit den „Toren zu den anderen Welten“ – kein Krieger fällt gleich mitten hinein – diskutiert Don Juan behutsam und zurückhaltend mit seinem Schüler, der nach jahrelanger Skepsis nun manchmal auch die Selbstkontrolle verliert. Vorausgesetzt ist diesen Erfahrungen – siehe oben – eine Handlung, die in der Alltagswelt eingeführt wird. === Schlüssel zur Erlangung der Traumposition === In dem 1984 in den USA und 1987 erstmals in Deutschland erschienenem Band ''Das Feuer von innen'' erklärt der Autor: „Alles, was man braucht, ist Makellosigkeit und Energie, und diese beginnt mit einer einzigen Tat, die wohlerwogen, präzise und beharrlich sein muß. Wird diese Tat lange genug wiederholt, dann stellt sich ein Gefühl unbeugsamer ''Absicht'' ein, das auch auf alles andere übertragen werden kann.“ Don Duan ergänzt: „Unbeugsame ''Absicht'' führte zu innerem Schweigen, und inneres Schweigen führte zu innerer Stärke, die notwendig sei, um den Montagepunkt im Traum an die geeigneten Positionen wandern zu lassen.“ Dieser Ablauf führe zur Fähigkeit, Traumpositionen hartnäckig beizubehalten – allerdings nicht durch bewusste Kontrolle über den Traum, sondern durch die sich festigende innere Stärke, die den Montagepunkt zunehmend „in solche ''Traumpositionen'' gleiten lässt, die geeignet seinen, die ''Nüchternheit'' zu fördern. Anders gesagt, die Träume selbst würden mit der Zeit immer steuerbarer, sogar geordneter.“ Hier weicht die Lehre von der Prämisse ab, dass der Schüler einen Lehrer brauche, denn die Entwicklung der ''Träumer'' ist „eine indirekte und dies der Grund, warum die neuen Seher glauben, daß wir allein, und ohne Hilfe, ''träumen'' können. Da das ''Träumen'' mit einer natürlichen, eingebauten Verschiebung des Montagepunktes geschieht, sollten wir niemanden brauchen, der uns hilft. Was wir aber nötig brauchen, das ist die Nüchternheit.“<ref>Carlos Castaneda: ''Das Feuer von innen'', Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main, Juli 1987, hier: 15. Auflage, April 2009, S. 175 f und 179.</ref> Der nächste Schritt – in der festgehaltenen Traumposition auch aufzuwachen – berge Gefahren, die die neuen Seher gelöst hätten, indem sie ''zusammen träumten''. Dann bewirkt dies, was auch im Alltag unter den Menschen geschieht: Im Zusammensein mit anderen Menschen korrigieren wir die Position des Montagepunktes entsprechend, damit sie mit den Positionen der Punkte bei den Leuten unserer Umgebung übereinstimmten. (?)=== Erfahrungen beim Zusammenträumen === == Anmerkungen == <references group="Anm" /> == Einzelnachweise == <references />