Benutzer:Gestumblindi/Fakemuseum/Thomasianer

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Die Gesellschaft der Thomasianer, gegen 1820 von Johann Konrad Eyk von Jüstrow in Königsberg / Ostpreußen gegründet, ist der derzeit wohl einzige protestantische Mönchsorden. Die Gesellschaft hat zum Ziel, monastäre Ideale der katholischen und orthodoxen Orden mit dem religiösen Individualismus des Protestantismus zu verbinden.

Der Name der Thomasianer ist eine bewusste Anspielung an den „protestantischen“, zweiflerischen, rationalen Charakter des Jüngers Thomas, der gemäß neutestamentarischer Überlieferung die Auferstehung des Jesus erst dann glaubte, bis er seine Hand in die Kreuzigungswunden des auferstandenen Jesus legte, und danach aber gemäß christlicher Überlieferung eine lange, gefährliche Missionsreise von Palästina nach Indien unternahm, und dort eine der ersten nichtjüdischen Kirchen gründete, die noch heute besteht (die Thomas - Kirche in Indien, die mit den Thomasianern nur den Namen „teilt“). Mit dieser Namensgebung wollte der Ordensgründer einen Schwerpunkt darauf legen, dass der Orden durchaus gewillt ist, den Fragen der zunehmend nicht mehr christlichen, wissenschaftlich orientierten westlichen Welt Rede und Antwort zu stehen.

Die Thomasianer sind bisher ein Männerorden, sie ähneln den sog. Dritten Orden der katholischen Kirche. Gemäß lutherisch-kalvinistischer Traditionen unterhalten sie keine Klöster, jeder Angehörige ist für sich selbst finanziell und auch spirituell verantwortlich, in der Regel üben Ordensangehörige eine Erwerbstätigkeit aus, und schließen sich einer Kirchgemeinde ihrer Wahl an. Manche Thomasianer tragen im Alltagsleben noch einen Habit, die Mehrzahl hat aber mittlerweile darauf verzichtet. Thomasianer unterhalten untereinander in der Regel persönlich nur Kontakt mit ihrem Weihvater, dessen anderen Zöglingen, und mit eigenen Zöglingen, es sei denn, die sich persönlich bekannten Thomasianer berufen im Bedarfsfall ein größeres Treffen ein.

Ordensgeschichte

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Der Ordensgründer, Johann Konrad Eyk von Jüstrow, jüngster Sohn eines deutschen, ostelbischen landadeligen Handelskaufmanns aus Riga (Lettland), und einer lettischen Kleinbürgerlichen, wurde in seinen Zwanzigern vom Elternhaus nach Königsberg entsandt, um dort eine Dependanz des elterlichen Handelshauses zu errichten. Dieses Unternehmen schlug jedoch fehl, und der gläubige, jugendliche von Jüstrow suchte daraufhin Kontakte in den protestantischen Kirchenhäusern Königsbergs.

Sein Vergleich des ostpreußischen Protestantismus mit der Ritualität russisch-orthodoxer, polnisch-katholischer, und auch jüdischer Gemeinden, die er aus seinen Kindertagen in Riga kannte, ließ ihn zu der Überzeugung gelangen, dass die „dem Protestantismus innewohnende Ablehnung des Rituellen“ ein Verlust sei, und dass auch unter Protestanten alte monastäre Ideale erforderlich seien. Die den Protestanten eigene „Ritualisierung des gepredigten Wortes“ sei nur ein „schwacher Ersatz für die klare Symbolik der älteren Christenheit, anhand der ein Mensch seinen Lebensweg besser erschätzen kann“.

Da bisher außer der Nicht-Thomasianern nicht einsichtlichen, handschriftlich überlieferten Ordensregel wohl kaum historische Dokumente existieren, ist eine genauere Rekonstruierung der Ordensgeschichte noch nicht möglich. Deshalb kann aus Aussagen von mir bekannten Thomasianern nur geschlossen werden:

Von Königsberg verbreitete sich der Orden in den 40er Jahren des 19. Jahrhunderts zuerst in Richtung Baltikum. Ab 1892 waren Thomasianer selbst in Lwów / Ukraine (zu deutsch Lemberg, zu ukrainisch Lwiw) zu verzeichnen. In der Zeit der Neugründung der baltischen Staaten nach 1918 erlebte der Orden in diesen Ländern einen gewissen Aufschwung, sicher begründet durch den Protestantismus der baltischen Völker, und deren gleichzeitige Vertrautheit mit der christlich-orthodoxen, christlich-katholischen, und jüdischen Religion. Nach den erzwungenen „Beitrittsgesuchen“ der baltischen Staaten in die Sowjetunion, und der nachfolgenden sowjetischen Annexion im Jahre 1940 flohen die meisten baltischen und deutschbaltischen Ordensangehörigen nach Deutschland, wo sie aber ebenfalls seitens der dortigen nationalsozialistischen Behörden nicht gern gesehen waren. Nach Kriegsbeginn zwischen Nazideutschland und Sowjetrussland waren sie als „schwer zu klassifizierende Gruppe“ besonderen Nachstellungen durch deutsche Behörden ausgesetzt, und oftmals verfolgt.

Deshalb siedelte ein Teil der Ordensangehörigen über die Schweiz, Frankreich oder Großbritannien nach Nord- und Südamerika aus. Die im Baltikum, Ostpreußen und Nordostpolen verbliebenen Thomasianer kamen in den Jahren 1939 bis 1949 überwiegend in deutschen und sowjetischen Lagern um.

Die Ordensregel wird ausschließlich handschriftlich als Kopie des Originals des Ordensgründers weitergegeben, und ist nur Thomasianern einsichtlich.

Angesichts der bewegten Ordensgeschichte, in der handschriftliche Aufzeichnungen gewiss oftmals verloren gingen, und dann später im Bedarfsfalle wohl sicher als erinnerte Neuschriften weitergegeben wurden; und des Umstandes, dass die nicht deutschsprachigen Thomasianer Fehler in die Abschriften eingebracht haben mögen (weltweit werden die Kopien in deutscher Sprache ausgefertigt, und erst dann übersetzt), mag es zweifelhaft sein, dass heute noch eine wirklich identische Abschrift des originären Regelwortlauts existiert. Dies wird aber sicher eher Detailfragen betreffen, und nicht Grundprinzipien, und eine mögliche Diversität liegt sicher im Toleranzbereich eines protestantischen Ordens. Die wenigen, aus der Lebenspraxis von Ordensangehörigen ableitbaren Grundzüge der Regel beinhalten:

  • Verzicht auf materiellen Reichtum
  • einen gesellschaftsorientierten, uneigennützigen Lebensstil
  • eigenfinanzierte Tätigkeit im (im weitesten Sinne des Wortes) sozialen Bereich

Thomasianer kommen in Europa und Nordamerika aus verschiedenen protestantischen Kirchen, in Südamerika auch aus katholischen Gemeinden. Eintrittskandidat kann sein, wer ungefähr das dreißigste Lebensjahr erreicht hat, wer in einer christlichen Kirche getauft wurde, und wer über eine höhere Bildung und eine ausreichende Lebenserfahrung verfügt, oder wer auch trotz mangelnder formaler Bildung über eine außergewöhnliche Lebenserfahrung verfügt. Eine Beitrittsmöglichkeit zum Orden gibt es nur über einen Thomasianerbruder, in dessen eigenem Ermessen es liegt, gemäß der Ordensregel über einen möglichen Beitritt zu entscheiden. Was „höher“ oder „ausreichend“ oder „außergewöhnlich“ ist, ist eine subjektive Entscheidung, und variiert von Mensch zu Mensch, Land zu Land, und Situation zu Situation.

Die Initiierung folgt der Regel des Ordensgründers. Demgemäß fällt stets derjenige Thomasianer die Entscheidung über einen möglichen Beitritt (der „Weihvater“), den der Kandidat um Beitritt ersucht. Diese Entscheidung wird rein individuell nach dem Gewissen und der Menschenkenntnis des Weihvaters gefällt.

Nach einem Beitrittsgesuch legt der Weihvater, sofern er einen Beitritt als möglich erachtet, die Bedingungen für eine „Prüfzeit“ fest, deren zeitliche Länge ebenfalls der Weihvater bestimmt. Sie beträgt in der Regel einige Jahre. In dieser Prüfzeit muss jedoch jeder Beitrittskandidat („Zögling“) zuallererst zwei Bedingungen erfüllen: sich all seines materiellen Besitzes zu Gunsten Armer entledigen (heutzutage in der Regel durch eine Überschreibung an eine beliebige Kirche oder soziale Einrichtung; dies betrifft nicht grundlegende Gegenstände des Alltagslebens wie Küchengegenstände oder Erinnerungsphotos), und eine Tätigkeit im sozialen Bereich aufnehmen (und dadurch seinen Lebensunterhalt bestreiten, der die Abdeckung alltäglicher Grundbedürfnisse nicht überschreiten darf). Die Weihe erfolgt in einem formlosen, aber feierlichen Akt, dem Weihvater, Zögling, und (sofern möglich) andere Thomasianer beiwohnen. Nach Beendigung einer wiederum vom Weihvater bestimmten „Bewährzeit“ (in der der Weihvater die geistliche Entwicklung seines Zöglings beobachtet und leitet, und gegebenenfalls auch die Weihe seines Zöglings in Anwesenheit eines anderen Thomasianers widerrufen könnte) kann der Beigetretene selbst als Weihvater auftreten.

Tätigkeitsbereich

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Thomasianer sind vorrangig im sozialen Bereich tätig, dies aber im weitesten Sinne des Wortes. In der Regel sind sie für eine Kirche, eine staatliche soziale Einrichtung, oder eine privatrechtliche Stiftung oder Verein tätig, oder aber sie verfolgen soziale Projekte in Eigenverantwortung, wobei sie sich in der heutigen Zeit (besonders in Europa und Nordamerika) nicht mehr immer durch Tragen des Habits öffentlich als Ordensangehörige zu erkennen geben. Da Thomasianer in der Regel über eine gewisse Vorbildung verfügen, nehmen sie oftmals verantwortliche Stellungen in Bereichen ein, die ihrer persönlichen Vorbildung (oder Lebenserfahrung) entsprechen. Dies kann reine Sozialarbeit, das Gesundheits- oder Bildungswesen, Umweltarbeit, oder mitunter auch politisches Engagement sein.

In Osteuropa (Baltikum, Polen, Russland, Ukraine) gibt es heute bestenfalls einzelne Thomasianer, ebenfalls im deutsch-, französisch-, und englischsprachigen Europa. Der überwiegende Teil der Thomasianer lebt und wirkt heute in Brasilien, Paraguay und Argentinien, auch in den Vereinigten Staaten und Kanada gibt es noch Thomasianer, und vereinzelt in zentralamerikanischen Staaten. Da jeder Thomasianer nur die Ordensangehörigen seines nächsten Umfelds kennt, und Thomasianer auch kein Interesse an einer Mitgliederzählung haben, kann die heutige weltweite Mitgliederzahl des Ordens bestenfalls auf zwischen 300 und 700 geschätzt werden.

Anliegen des Gründers war es, durch offene monastäre Symbolik protestantische Christen dazu zu bewegen, alte urchristliche Werte, die im Protestantismus des 19. Jahrhunderts wenig Beachtung fanden, neu zu beleben. Deshalb trugen die ersten Thomasianer einen dem der Franziskaner nachgestalteten Habit mittelbrauner Färbung. Dieses öffentliche Auftreten in Mönchstracht traf im protestantischen Nordostdeutschland auf wenig Gegenliebe, ebenso in den im Süden gelegenen polnischen, katholischen Gegenden, und den östlich gelegenen russischen, orthodoxen Gebieten (da die Thomasianer Protestanten waren).

Da Thomasianer den Habit nur als externes Symbol verstanden, legten schon in den Anfangsjahren des Ordens Erste unter ihnen den Habit nur dann an, wenn sie die Symbolwirkung als unerlässlich erachteten.

Die Mehrzahl der heutigen Thomasianer trägt den Habit nur dann, sofern er kontroversiv eine Anregung zur öffentlichen Diskussion darstellt. Dennoch tragen einige Thomasianer (besonders in Südamerika) den Habit täglich, auch wenn sie sich einer Opposition katholischer (und auch protestantischer) Geistlicher ausgesetzt sehen.

Aus der Zeitung „Gazeta Lwowska“ vom 13. Januar 1892: eine Zeitungsnotiz über einen Streit eines Thomasianers mit habsburgischen Ämtern: „Mnich luterański i most miejski“ (zu deutsch: „Der lutheranische Mönch und die städtische Brücke“).

Bogusław Krawczyk: „Kościół ewangelicki w Austrii“ (zu deutsch: „Die evangelische Kirche in Österreich“), Seite 43, Wydawnictwo Lwowskie, Lwów 1898.

[[Kategorie:Evangelische Lebensgemeinschaft]] [[Kategorie:Männerorden]]