Benutzer:Goroth/Idols

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1970er und 1980er Jahre

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Das Phänomen der Aidoru/Idol kam in den frühen 1970er Jahren auf und spiegelte die zunehmend mehr auf materielle Werte ausgerichtete und vermögender werdende japanische Jugend wider. Teenager-Mädchen, meist zwischen 14 und 16, begannen zu Stars aufzusteigen. Besonders Momoe Yamaguchi war ein prominentes Aidoru/Idol, bis sie sich 1980 aus dem Geschäft zurückzog, um zu heiraten. Aidoru/Idols dominierten die Popmusikszene der 1980er Jahre. Diese Zeit gilt als die „Goldene Zeit der Idole in Japan“.[1] In einem einzigen Jahr konnten 40 oder 50 neue Aidoru/Idols erscheinen, um kurz danach wieder aus der öffentlichen Wahrnehmung zu verschwinden.[2] Nur wenigen Aidoru/Idols gelang es, über mehrere Jahre in der Öffentlichkeit präsent zu sein und so vermarktet zu werden, oder ausgehend von ihrer Aidoru/Idol-Popularität eine Folgekarriere z. B. im Musikgeschäft aufzubauen.[3] Einige wenige Vertreterinnen der Aidoru/Idols dieser Zeit, wie Seiko Matsuda, sind noch heute populär. Anderen gelang es, nach ihrem Ausstieg aus ihrem als Aidoru/Idol erworbenen Ruhm außerhalb des Unterhaltungssektors Kapital zu schlagen. Uno Kanda z. B. konnte sich erfolgreich als Designerin mit ihrer eigenen Modemarke etablieren, andere eröffneten Restaurants oder Geschäfte.[1]

Noch bis in die 1980er Jahre hinein wurden weibliche Aidoru/Idols vorwiegend von männlichen Fans verehrt, während männliche Idole ausschließlich eine weibliche Fangemeinde ansprachen. Diese Aufteilung der Fangemeinde nach Geschlechtern wandelte sich jedoch seit den späten 1980er Jahren, als weibliche Fans begannen die weiblichen Aidoru/Idols nicht allein als Sinnbild konservativer japanischer Schönheitsideale zu begreifen, sondern in ihnen die Verwirklichung eines anzustrebenden Karriereweges für Frauen zu erkennen glaubten.

Die weiblichen Fans sahen die Aidoru/Idols nun zunehmend als Frauen, die stellvertretend für andere Frauen in Beruf und Öffentlichkeit in der noch immer patriarchal dominierten japanischen Gesellschaft zu Reichtum und Erfolg gelangten.[4] Während sie den weiblichen Fans jedoch zumeist als Projektionsfläche für ihre eigenen Wünsche und Hoffnungen dienen und als Vorbilder, denen es nachzueifern gilt, beschränken sich die Schwärmereien des männlichen Publikums zumeist auf Detailinformationen zu Körpermaßen, Lieblingsfarben, Ernährung, Hobbys, Blutgruppe usw. Das weibliche Publikum imitiert ihren Stil, die Haarfarbe, Kleidung usw. Gute Beispiele für Idole als Vorbilder in Sachen Mode sind Ayumi Hamasaki, Noriko Sakai, Ryōko Hirosue und Namie Amuro.

In den 1970er Jahren waren die Agenturen und Manager der Aidoru/Idols bemüht, das Privatleben ihrer Schützlinge weitestgehend geheim zu halten und ihnen so eine mystische Aura zu geben. Ihr öffentliches und das vorgebliche „private“ Leben waren sorgfältig inszeniert[5] – sie erschienen immer in allen Situationen perfekt und schienen einen verschwenderischen Lebensstil zu genießen, von dem die meisten Japaner nur träumen konnten. In der Realität jedoch standen sie unter ständiger Überwachung durch ihre Vermarkter und konnten nicht einmal das für sie erfundene „Privatleben“ genießen. Bis ins kleinste Detail wurde am „sauberen“ Image der Aidoru/Idols gefeilt und so kam es vor, dass beispielsweise Mitglieder der 52-köpfigen Idol-Pop-Gruppe Onyanko Club, der erfolgreichsten Idol-Pop-Gruppe der 1980er Jahre, aus der Band geworfen wurden, weil sie rauchten oder einen Freund hatten.[6][7][8]

Onyanko Club ist zugleich ein gutes Beispiel für das Kawaii-Konzept hinter den Idol-Bands. Auch hier wurden gezielt Laien ohne Gesangsausbildung aufgenommen, deren bei einzelnen Mädchen mitunter unzulängliches Gesangstalent sie nur noch umso niedlicher erscheinen lassen sollte.[9][10] Ihre Bezahlung war erstaunlich gering. Sie waren oft überarbeitet. Auch wenn sich ihre Lieder gut verkauften, ging das meiste Geld an die Musiker und Liedtexter. Die Fans hatten wenig Gelegenheit sie außerhalb der wenigen Minuten im Fernsehen oder Radio zu sehen und es war daher schwer ihre Interessen zu teilen. Magazine waren die beste Informationsquelle und viele Idole hatten offizielle Fanclubs, die regelmäßig die wenigen Informationen, die es gab, an die Fans weitergaben.

In den 1980er Jahren näherten sich die Idole viel mehr dem durchschnittlichen Japaner an, da sich der durchschnittliche Lebensstil der Japaner verbesserte. Obwohl immer noch eng überwacht, wurde es den Idolen erlaubt, mehr von ihrer tatsächlichen Persönlichkeit zu zeigen und einige sorgfältig einstudierte Ausbrüche zu zeigen. Die Medien organisierten oft „Wettbewerbe“ zwischen zwei oder mehr Idolen um Dinge wie die Zahl der verkauften Schallplatten, die Zahl der Mitglieder im offiziellen Fanclub o. Ä..

In den späten 1980er Jahren startete man – anstatt sich auf Magazine und Fernsehen zu verlassen – einige Experimente mit neuen Medien und Technologien wie Videospielen – mit gemischten Ergebnissen. Die Arbeitsbedingungen der Idole verbesserten sich und sogar Idole mit begrenztem Erfolg konnten ein bescheidenes oder besseres Leben führen, obwohl sie auch heute nur einen kleinen Teil des Geldes erhalten, das mit ihnen gemacht wird.

In den 1990er Jahren begann der Einfluss der Aidoru/Idols zu schwinden, da sich die Musikindustrie mehr den Rockmusikern und -sängern zuwandte, für deren Verkaufszahlen eher die Musik als das Aussehen von Bedeutung war und die eher dem im westlichen Kulturkreis verbreiteten Verständnis von Idolen entsprachen. Auch ging der Trend zu Genres wie Rap, die schwer mit dem im japanischen Verständnis durch die Aidoru/Idols versinnbildlichten konventionellen japanischen Sinn für Schönheit gemäß der Shoju-Kultur zu vereinbaren waren. Das Phänomen der japanischen Aidoru/Idols hat jedoch stark auf die Popkultur in Hongkong und Taiwan eingewirkt.

Namie Amuro war das beliebteste Popidol der späten 1990er Jahre, wurde jedoch als sexyer und reifer als andere Idole vermarktet. Sie begann ihre Karriere 1992 als Sängerin für die Gruppe Super Monkeys, aber die Gruppe floppte rasch. Für Amuro sahen die Produzenten auf dem Musikmarkt jedoch noch Chancen und tatsächlich gelang es ihr 1995 mit großem Erfolg eine Solokarriere zu starten. Eine ihrer aktuellen CDs, Sweet 19 Blues, verkaufte sich bereits im Vorverkauf 3 Millionen Mal und war das meistverkaufte Album in der Geschichte Japans. Diese Zahl wurde seitdem nur von Ayumi Hamasaki und Hikaru Utada übertroffen.

Der Markt diversifizierte sich in den 1990er Jahren. Statt einiger weniger Idole, die sich um die Popularität stritten, teilte sich eine Anzahl von Idolen mit spezifischen Eigenschaften den Markt auf. Mitte der 1990er Jahre wurden die Idole viel jünger als zuvor, und Gruppen wie Speed und Morning Musume wurden vorherrschend. Ein neues Genre von Idolen, der Net-Idole, die nur auf Webseiten auftraten, wurde in den späten 1990er Jahren bekannt. 1997 erschien Kyoko Date, das erste „Cyberidol“ oder „virtuelle Idol“. Kyoko Date hat eine erfundene Geschichte und Statistik und ihre eigenen Lieder. Inzwischen zeigen sich Gravure Idols wie Yoko Matsugane, Rio Natsume und Eiko Koike zumeist spärlich bekleidet auf Pin-up-Fotos, einige wie Akira Fubuki, Natsuko Tohno und Sora Aoi auch nackt.

Früher hatte ein Idol sein Image aufrechtzuerhalten, bis es sich aus freien Stücken zurückzog oder zu alt für ein glaubwürdiges Idol geworden war. Jetzt entwickeln sich einige Idole zu namhaften Schauspielerinnen, Sängerinnen oder Musikerinnen weiter.

In den 1990er Jahren wurden die Idole – anstatt sie als Menschen zu vermarkten, die besser lebten und besser waren als der Durchschnitt – Menschen die das „gewisse Etwas“ hatten, um populär zu werden. Während der Geschmack der Idole der Vergangenheit zuckersüß sein musste, war es nun für ein Idol akzeptabel, gern Ramen zu essen oder etwas anderes als ein Lächeln auszudrücken, z. B. zu lamentieren, etwas aus der Form geraten zu sein oder zuzugeben, auf Shoppingtour nach niedrigen Preisen zu suchen.

2000er und 2010er Jahre

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Die öffentlichen Auftritte von Aidoru/Idols sind noch immer stark inszeniert, ebenso wie ihre Hintergrundgeschichte auf die Nachfrage abgestimmt und entsprechend kreiert wird. Dies wird besonders deutlich an der Casting-Band AKB48, einer Gesangsgruppe aus Tokio, die eigentlich aus drei Gruppen besteht, deren Sollstärke jeweils (wenn auch nicht immer annähernd) aus 48 Mädchen besteht. Während sich die Zahl „48“ auf die Sollstärke der Gruppe bezieht, ist „AKB“ ein Kürzel für den für Technik und Otaku-Kultur einschlägig bekannten Tokyoter Stadtteil Akihabara. Die einzelnen unter dem Label „AKB48“ laufenden Gruppen treten abwechselnd in Abendvorstellungen in Akihabara auf und präsentieren ihre zuvor von Produzenten und Textern auf den aktuellen Musikgeschmack zurechtgeschnittenen Songs mit einstudierter Gruppen-Tanz-Choreographie. Neben den Auftritten präsentieren Mitglieder der Gruppe Videos, CDs und allgemeine Veröffentlichungen unter dem Label „AKB48“, eröffnen Kaufhäuser und treten jeweils in streng vorgegebenen Kostümen auf.[11] Durch den Einsatz mehrerer Gruppen unter gemeinsamen Namen ist es dabei möglich, fast täglich Live-Konzerte zu geben und gleichzeitig an unterschiedlichen Orten aufzutreten.

Idole wurden auch ein Fixpunkt in den zahllosen Anime, in denen sie Eröffnungs- und Schlusslieder singen, die oft kaum etwas mit dem Inhalt des Anime als solchem zu tun haben. Darüber hinaus versuchten sich einige Idole als Synchronsprecher (Seiyū) in Anime.

Der Jahresumsatz der boomenden Idol-Industrie mit etwa 10.000 Mädchen wird in den 2010er Jahren mit 1 Mrd. $. angegeben.[12] Der Film Tokyo Idols – Die Pop Girls von Japan von 2016 dokumentiert das Leben dreier Neulinge und ihrer eingefleischten Fans (Otakus), in der Regel Männer mittleren Alters, die viel Zeit und Geld aufwenden, um bei allen Auftritten ihrer Favoritinnen anwesend zu sein.[12]

  1. a b "Golden age of idols" Minoru Matsutani: Pop 'idol' phenomenon fades into dispersion. The Japan Times Online vom 25. Oktober 2009.
  2. Zu Idolen in den 1980er Jahren siehe auch Kōichi Iwabuchi: Recentering globalization. Popular culture and Japanese transnationalism. Duke University Press 2002, S. 113.
  3. Christine Reiko Yano: Tears of Longing: Nostalgia and the Nation in Japanese Popular Song. Harvard 2002, S. 214.
  4. Shuhei Hosokawa: Popular Entertainment and the Music Industry. In: Jennifer Ellen Robertson (Hrsg.): A companion of the anthropology of Japan. Blackwell publishing 2005, S. 297–313, hier S. 308f.
  5. Zum fremdinszenierten Image der Idole siehe Timothy J. Craig: Japan pop! – Inside the world of Japanese popular culture, New York 2000, S. 312.
  6. vgl. u. a. Mark Schilling: The Encyclopedia of Japanese pop culture. Weatherhill, 1997, S. 166.
  7. Kim Cooper, David Smay, Jake Austen: Bubblegum music is the naked truth. Feral House 2001, S. 179.
  8. Hiroki Azuma, Jonathan E. Abel: Otaku: Japan's database animals. Minnesota 2009, S. 131.
  9. Onyonoko Club
  10. marxy: We Can’t Bear their Departure. (Memento vom 15. September 2010 im Internet Archive) In: Neomarxisme: a post-blog. 31. März 2005, abgerufen am 8. November 2020 (englisch).
  11. Zu „Aidoru“ und „AKB48“ speziell siehe Dani Madrid Morales, Guillermo Martinez: El manga i l'animació japonesa. Barcelona 2010, S. 70.
  12. a b Tokyo Idols Die Pop Girls von Japan. In: phoenix.de. 2020, abgerufen am 21. November 2020.