Benutzer:GregorHelms/Max Slawinsky

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Max Gustav Slawinsky (vollständiger Name: Max Gustav Adolf Slawinsky[1]; * 15. April 1897 Berlin; † 10. Dezember 1940 in Finkenwalde bei Stettin) war ein baptistischer Geistlicher, Theologe, Dozent für Altes Testament am Predigerseminar der deutschen Baptisten in Hamburg-Horn sowie Autor christlicher Literatur. Slawinsky war ein Gegner des Nationalsozialismus und wurde mit hoher Wahrscheinlichkeit sein Opfer.

Baptistenkapelle Wattstraße, Berlin-Gesundbrunnen; hier wurde Slawinsky ordiniert. Das Gotteshaus wurde 1943 bei einem Bombenangriff zerstört.
Predigerseminar Hamburg-Horn; Wirkungsstätte Slawinskys 1923/24 sowie 1926–1932

Max Slawinsky entstammte einem evangelisch-lutherischen Elternhaus. Sein Vater, der Konditor Gustav Adolf Slawinsky (1864–1939), war gebürtig aus Kiew. Seine Mutter Marie Auguste Albertine, geborene Mentzel (1873–1919),[2][3] stammte aus Torgelow. Während sie auf der Geburtsurkunde ihres Sohnes Max noch als „evangelisch“ bezeichnet wird, findet sich auf ihrer Sterbeurkunde die Konfessionsangabe „baptistisch“.[4]

Schule, Studium, beruflicher Werdegang

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Slawinsky verlebte seine Kindheit und Jugend in Berlin.[5] Nach Abschluss seiner bestandenen Reifeprüfung an einem Berliner Realgymnasium[6] wurde er zum Militärdienst eingezogen.[7] Während des Ersten Weltkrieges wurde er bei Verdun[8] im August 1917 „schwer verwundet“.[9] In den Artikeln zum Lebenslauf Slwawinkys findet sich der Hinweis auf eine Bekehrung vor Beginn seines Studiums. Die genaueren Umstände, die dazu führten, werden aber nicht erwähnt. Auch über Slawinskys Konversion zu den Baptisten und dem Empfang der Gläubigentaufe schweigen die bislang bekannten Quellen.[10] Belegt ist, dass er sich zum Wintersemester 1918/19 an der Theologischen Fakultät der Berliner Friedrich-Wilhelms-Universität immatrikulierte. Ab 1922 arbeitete er nebenher als Prediger der Baptistengemeinde Berlin, Wattstraße (siehe Bild!),[11] wo er 1923 auch zum baptistischen Geistlichen ordiniert wurde.[12]

Zum Wintersemester 1923/24 wechselte er an die Universität Hamburg, wo er sich an der Philosophischen Fakultät einschrieb und die Studienfächer Pädagogik, Philosophie und Semitistik belegte.[13] Gleichzeitig unterrichtete er als Hilfslehrer die Fächer Neutestamentliches Griechisch, Archäologie und Deutsche Grammatik am Predigerseminar der deutschen Baptisten an der Rennbahnstraße in Hamburg-Horn.[14] Dort befand sich auch während seiner Hamburger Studienzeit sein Wohnsitz.[15] Es folgte ein kurzer Studienaufenthalt an der Universität Würzburg. Am 3. Juli 1925 wurde Slawinsky zum Dr. phil. promoviert. Das Thema seiner Dissertation lautete Milieupädagogik. Versuch einer pädagogischen Gruppensoziologie. Sie erschien 1926 im Tilsiter Emil-Linde-Verlag und war 2013 Gegenstand einer wissenschaftlichen Untersuchung.[16] Slawinsky kehrte nach Hamburg zurück und wirkte ab September 1926 bis Januar 1932 als Theologiedozent am bereits erwähnten Predigerseminar der deutschen Baptisten.[17]

Im Anschluss an seine Lehrtätigkeit ging Slawinsky nach Stettin. Dort wirkte er bis zu seinem mysteriösen Tod als Prediger der Baptistengemeinde in der Johannisstraße 4.[18][19] Hier begegnete er auch dem Landwirt und Politiker Wilhelm Schritt,[20] der zur Stettiner Baptistengemeinde gehörte und zeitweilig auch Mitglied ihres Vorstandes war. Schritt berichtete später über Slawinskys Haltung gegenüber dem Nationalsozialismus. Danach provozierte er mit dem abgewandelten Hitlergruß „Heil Christus“. Außerdem weigerte er sich, zum Führergeburtstag an der Stettiner Baptistenkapelle die Hakenkreuzfahne zu hissen. Auch sein Einsatz für ein aus politischen Gründen verhaftetes Gemeindemitglied wurde von den nationalsozialistischen Behörden registriert.[21]

Auseinandersetzung mit der NS-Ideologie

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In seinen Schriften und Traktaten setzte sich Slawinsky mit der nationalsozialistischen Ideologie und hier besonders mit den sogenannten deutschgläubigen Kreisen auseinander. Dabei wählte er nicht den konfrontativen Weg; er verwendete die bekannten nationalsozialistischen Begriffe beziehungsweise Redewendungen und deutete sie im biblischen bzw. christlichen Sinne um. So mache zum Beispiel nicht der Ariernachweis einen Menschen zum „Arier, d.h. Herren“, sondern die Fähigkeit, Herrschaft über sich selbst und damit über alles Niedere im Menschen zu haben. Das sei nur einem gläubigen Christen möglich.[22][23]

In einer anderen Schrift vergleicht Max Slawinsky die Bibel mit der in der Deutschen Glaubensbewegung hochverehrten Edda, einer Sammlung skandinavischer Götter- und Heldensagen. In seiner Auseinandersetzung mit der Edda - so Slawinsky im Vorwort seiner Schrift - wolle er sich „ernstlich bemühen, diesem alten, ehrwürdigen, nordischen Geistesgut seine volle Würdigung zuteil werden zu lassen“. Geplant sei, „Bibel und Edda in Vergleich [zu] stellen und dann sachlich ab[zu]wägen, wem der Vorrang gebührt“.[24]

Slawinsky beginnt seinen „Vergleich“, indem er zunächst auf zahlreiche Parallelen verweist, die nach seiner Sicht Edda und Bibel miteinander verbinden. Er nennt hier zum Beispiel den biblischen Garten Eden und den Garten der Mitte in der Edda-Dichtung; er vergleicht den Baum der Erkenntnis mit dem Menschheitsbaum Yggdrasil sowie die Brüder Kain und Abel mit Reginn und Fafnir.

Mysteriöses Lebensende

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Zunächst nur hinter vorgehaltener Hand wurden deshalb Zweifel an der offiziellen Version seines Todes geäußert: Am Abend des 10.12.1940 sei S. auf dem Heimweg von einem auswärtigen Predigtplatz der Stettiner Baptistengemeinde beim Überqueren der Gleise im Bahnhof Finkenwalde von einem rangierenden oder durchfahrenden Zug erfasst und getötet worden, den er bei Dunkelheit und Schneetreiben übersehen habe. Diese Version stützte sich auf Aussagen von zwei SS-Leuten, die sich mit ihm zusammen auf dem Bahnsteig befanden. SS-Leute übermittelten auch die Todesnachricht und verfassten eine Meldung für die örtliche Zeitung, während die Familie - wiederum auf Anweisung der SS - keinen Nachruf veröffentlichen durfte. Die SS ließ ferner den Sarg versiegeln und überwachte die Trauerfeier.[25]

Max Slawinsky heiratete am 21. April 1927 die aus Hamburg gebürtige Ruth Adele Johanna Wetzel (1906–1952).[26] Aus der Ehe gingen drei Kinder hervor.[27]

  • Eine Wanderausstellung, die seit 2008 christliche Märtyrer aus der Zeit des Nationalismus zeigt, berichtet auch über Max Slawinsky.[28] Sie wurde inzwischen in zahlreichen Orten gezeigt.[29]
  • Der Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden (BEFG) würdigte Max Slawinsky am 9. Dezember 2000 mit einer Gedenkfeier. Sie fand im Gemeindezentrum der Baptistengemeinde Hamburg-Rahlstedt statt und trug den Titel Vor 60 Jahren ermordet: „Unerschrockener Christusbekenner“.[30]

Veröffentlichungen (Auswahl)

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  • Christliche Glaubenskunde. Leitfaden für den christlichen Religionsunterricht. J. G. Oncken Nachf.: Kassel, 1940, neu aufgelegt 1946.
  • Die Bibel, erlebt und erprobt. In: Die Bibel erlebt. Zeugnisse und Erfahrungen, Heft 7. Konstanz, 1940. S. 2–13
  • Bibel oder Edda? Evangelischer Pressverband für Deutschland: Berlin-Steglitz, 1936
  • Vererbung und Gottesglaube. J. G. Oncken Nachf.: Kassel, 1935
  • Blut und Rasse im Licht der Bibel. J. G. Oncken Nachf. – Verlagshaus der Deutschen Baptisten: Kassel, 1934
  • Die unsichtbaren Gegenspieler im Geisteskampf der Weltgeschichte. J. G. Oncken Nachf.: Kassel, 1934
  • Heldische Frömmigkeit. J. G. Oncken Nachf. – Verlagshaus der Deutschen Baptisten: Kassel, 1934
  • Die Bedeutung des Predigerseminars für unsere Gemeinschaft.. In: Festschrift zur Feier des 50jährigen Jubiläums des Predigerseminars, Hamburg-Horn, 1930, S. 25-32.
  • Milieupädagogik. Versuch einer pädagogischen Gruppensoziologie (Dissertation). Emil Linde Verlag: Tilsit, 1926; online einsehbar (eine zeitgenössische Rezension des Buches im Theologischen Literaturblatt[31])

Der schriftliche Nachlass Slawinskys befindet sich im Oncken-Archiv des Bundes Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden in Wustermark-Elstal. Eine umfangreiche Listung von Literatur und Quellen zum Leben Max Slawinskys ist dem Artikel im Historischen Lexikon des BEFG beigegeben.[32]

Literatur (Auswahl)

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  • Volker Spangenberg: „Christen sollen Beter sein, Baptisten aber ganz besonders“. Anmerkungen zur Gebetskultur im deutschen Baptismus. In: Gebetslogik. Reflexionen aus interkonfessioneller Perspektive (= Beihefte zur Ökumenischen Rundschau, Band 103; Hrsg. J. Hafner,´u.a. A. Enxing Munzinger (Hrsg). Leipzig, 2016. S. 118-139; hier: 134;
  • Marcel Kabaum: Milieutheorie deutscher Pädagogen (1926–1933). Pädagogische Soziologie bei Walter Popp, Adolf Busemann und Max Slawinsky. Ergon Verlag: Würzburg, 2013. ISBN 978-3-89913-948-8.
  • Hans-Joachim Leisten: Wie alle andern auch. Baptistengemeinden im Dritten Reich im Spiegel ihrer Festschriften. Hamburg, 2010. S. 131f.
  • Hans Volker Sadlack: Slawinsky, Max. In: Harald Schultze u.a. (Hrsg.): „Ihr Ende schaut an.“ Evangelische Märtyrer des 20. Jahrhunderts. Leipzig, 2008 (2.erweiterte Auflage). S. 471f
  • Manfred Bärenfänger: Der Baptismus in Pommern. In: Freikirchenforschung 12/2002. S. 169-188 (179; 184; 185–188)
  • Robert Kluttig: Geschichte der deutschen Baptisten in Polen 1858-1945. Winnipeg/Kanada, 1973, S. 246; 321.
  • Wilhelm Schritt: Zum Tode von Dr. Max Slawinsky. In: Zeitschrift Die Gemeinde. J. G. Oncken Nachf.: Kassel, 1971, Nr. 41. S. 1.

Einzelnachweise und Anmerkungen

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  1. Laut Immatrikulationsantrag/Universität Hamburg vom 15. März 1925 lauteten die Vornamen Slawinskys Max Gustav Adolf; siehe matrikelportal.uni-hamburg.de: Immatrikulationsantrag Slawinsky, Max; abgerufen am 28. Juli 2024.
  2. ancestry.de: Profil Marie Auguste Albertine Mentzel (verheiratete Slawinsky): eingesehen am 26. Juli 2024.
  3. ancestry.de: Geburtsurkunde Max Gustav Slawinsky; abgerufen am 25. Juli 2024.
  4. ancestry.de: Sterbeurkunde Marie Auguste Albertine Slawinsky, geborene Mentzel; abgerufen am 25 Juli 2024.
  5. Hans Volker Sadlack: Slawinsky, Max. In: Harald Schultze u.a. (Hrsg.): „Ihr Ende schaut an.“ Evangelische Märtyrer des 20. Jahrhunderts. Leipzig, 2008 (2.erweiterte Auflage). S. 471.
  6. Dass Slawinsky ein Realgymnasium besuchte, geht aus seinem Matrikeleintrag (Universität Hamburg) hervor: matrikelportal.uni-hamburg.de: Immatrikulationsanstrag: Slawinsky, Max; abgerufen am 30. Juli 2024.
  7. Hans Volker Sadlack: Slawinsky, Max. In: Harald Schultze u.a. (Hrsg.): „Ihr Ende schaut an.“ Evangelische Märtyrer des 20. Jahrhunderts. Leipzig, 2008 (2.erweiterte Auflage). S. 471.
  8. Marcel Kabaum: Milieutheorie deutscher Pädagogen (1926–1933). Pädagogische Soziologie bei Walter Popp, Adolf Busemann und Max Slawinsky. Ergon Verlag: Würzburg, 2013. S. 23.
  9. des.genealogy.net: Verlustlisten 1. Weltkrieg, Seite 19956: Slawinsky Max (Berlin); abgerufen am 27. Juli 2024.
  10. Siehe zum Beispiel Roland Fleischer/lexikon.befg.de: Artikel Max Sawinsky; abgerufen am 30. Juli 2024.
  11. Die Gemeinde hat im Laufe der Zeit ihren Standort öfters gewechselt. Heute befindet sie sich in der Müllerstraße 14a in Berlin-Wedding; siehe boibb.de: Evangelisch-Freikirchliche Gemeinde Berlin-Wedding; abgerufen am 30. Juli 2024.
  12. Roland Fleischer/lexikon.befg.de: Artikel Max Sawinsky; abgerufen am 30. Juli 2024.
  13. matrikelportal.uni-hamburg.de: Immatrikulationsanstrag: Slawinsky, Max; abgerufen am 30. Juli 2024.
  14. 1997 verlegte das Predigerseminar seinen Sitz nach Wustermark; der heutige Name der Einrichtung lautet Theologische Hochschule Elstal.
  15. In Slawinskys Immatrikulationsantrag findet sich die Hamburger Adresse Rennbahnstraße 119; siehe matrikelportal.uni-hamburg.de: Immatrikulationsanstrag: Slawinsky, Max; abgerufen am 30. Juli 2024.
  16. Marcel Kabaum: Milieutheorie deutscher Pädagogen (1926–1933). Pädagogische Soziologie bei Walter Popp, Adolf Busemann und Max Slawinsky. Ergon Verlag: Würzburg, 2013.
  17. Predigerseminar (Hrsg.): Festschrift zur Feier des 75järigen Jubiläums des Predigerseminars der Ev.-Freikirchlichen Gemeinden (Baptisten) in Deutschland. Selbstverlag: Hamburg-Horn, 1955. S. 66.
  18. Roland Fleischer (RF): Artikel Max Sawinsky im Historischen Lexikon des Bundes Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden (HistoLex)
  19. Heute befindet sich im renovierten Kirchengebäude neben einer polnischen Baptistengemeinde das Christliche Zentrum Stettin; siehe Friedemann Gillert: Das christliche Zentrum in Stettin. Feierliche Wiedereinweihung brachte das christliche Licht in die historische Baptistenkapelle. In: Preußische Allgemeine (…) vom 29. Januar 2023; (online).
  20. Schritt hatte sich vor der Machtergreifung Hitlers in der DDP engagiert. Nach dem II. Weltkrieg war er innerhalb der Sowjetischen Besatzungszone zunächst Mitglied der KPD, dann der SED ud schließlich der VdgB und der Ost-CDU; siehe dazu Klaus Schwabe: Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern 1946. Begleitheft zur Ausstellung im Landtag Mecklenburg-Vorpommern vom 28. August bis 20. Oktober 1996, Schwerin 1996.
  21. Wilhelm Schritt: Zum Tode von Dr. Max Slawinsky. In: Zeitschrift Die Gemeinde, Nr. 41/10. Oktober 1971. J. G. Oncken Nachf.: Kassel, 1971. S. 2.
  22. Max Slawinsky: Christliche Glaubenskunde. Leitfaden für den christlichen Religionsunterricht. J. G. Oncken Nachf.: Kassel, 1940. S. 29.
  23. Marcel Kabaum: Milieutheorie deutscher Pädagogen (1926–1933). Pädagogische Soziologie bei Walter Popp, Adolf Busemann und Max Slawinsky. Ergon Verlag: Würzburg, 2013. S. 22.
  24. Max Slawinky: Bibel oder Edda? Evangelischer Preßverband für Deutschland: Berlin-Steglitz, 1937. S. 5
  25. märtyrer.info: Bernhard Lichtenberg: Biografische Skizze zum Lebenslauf Max Slawinskys; abgerufen am 26. September 2024.
  26. ancestry.de: Profil Ruth Wetzel; eingesehen am 21. August 2024.
  27. Marcel Kabaum: Milieutheorie deutscher Pädagogen (1926–1933). Pädagogische Soziologie bei Walter Popp, Adolf Busemann und Max Slawinsky. Ergon Verlag: Würzburg, 2013. S. 23.
  28. maertyrer.info:Wanderausstellung; abgerufen am 30. Juli 2024.
  29. maertyrer.info: Ausstellungsorte 2023; abgerufen am 30- Juli 2024.
  30. Zeitschrift Die Gemeinde, Nr. 1/2001,S. 11.
  31. Theologisches Literaturblatt, Jahrgang 51/1931. S. 109f.
  32. Roland Fleischer (RF): Artikel Max Sawinsky im Historischen Lexikon des Bundes Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden (HistoLex)