Benutzer:Hafenbar/62
Fragestellung ist, wie wissenschaftliche Termini (in der Wikipedia) geschrieben werden, deren fachsprachliche Schreibung als etabliert gelten kann. Hintergrund sind divergierende Schreibungen aufgrund des § 62 der Rechtschreibreform, bzw. seiner Auslegung, mit teilweise realsatirischen Ergebnissen bei naturwissenschaftlichen Begriffen. Beispiel:
- Das rutherfordsche Atommodell ist ein Atommodell, das 1911 von Ernest Rutherford aufgestellt wurde. Es korrigiert das Thomsonsche Atommodell. Das bohrsche Atommodell baut auf dem Rutherfordschen auf. (Einleitung des Artikels Rutherfordsches Atommodell)
Fragestellung ist auch, ob die (zusätzliche) Einführung einer Kleinschreibung (in der Wikipedia) beispielsweise von „gödelscher Unvollständigkeitssatz“ (Google-Buchsuche, Artikeldiskussion) gegenüber der fachwissenschaftlich etablierten Großschreibung überhaupt den Intentionen der Rechtschreibreform im Sinne der Sicherung einer einheitlichen Rechtschreibung entspricht (vgl. 2 Wen interessiert das?).
Möglicherweise sollten sich Verfasser wissenschaftlich motivierter Texte (innerhalb der Wikipedia) bei der Schreibung von Termini besser an etablierter Fachliteratur orientieren und keine Zeit auf die Auslegung fachfremder (Regel)werke verschwenden (vgl. 4 Was tun?).
Der § 62
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im amtlichen Regelwerk[1] findet sich der
- § 62
- Kleingeschrieben werden adjektivische Ableitungen von Eigennamen auf -(i)sch, außer wenn die Grundform eines Personennamens durch einen Apostroph verdeutlicht wird, ferner alle adjektivischen Ableitungen mit anderen Suffixen.
- Beispiele:
- die darwinsche/die Darwin’sche Evolutionstheorie, das wackernagelsche/Wackernagel’sche Gesetz, die goethischen/goetheschen/Goethe’schen Dramen, die bernoullischen/Bernoulli’schen Gleichungen
- die homerischen Epen, das kopernikanische Weltsystem, die darwinistische Evolutionstheorie, tschechisches Bier, indischer Tee, englischer Stoff
- mit eulenspiegelhaftem Schalk, eine kafkaeske Stimmung
Der § 62 ist Teil der §§ 55-66 (2 Anwendung von Groß- oder Kleinschreibung bei bestimmten Wörtern und Wortgruppen) und insbesondere der §§ 59-62 (2.3 Eigennamen mit ihren nichtsubstantivischen Bestandteilen sowie Ableitungen von Eigennamen) In diesem Gesamtkontext wirkt er, als Handlungsanweisung zur Schreibung etablierter Termini, inkonsistent und seltsam, ja fast als kurioser Fremdkörper, da in diesen Paragraphen den zusammengesetzten Eigennamen Großschreibung verordnet wird. Aufschlussreich ist die genauere Betrachtung der gewählten Beispiele:
- Das man goethischen als abseitiges Adjektiv klein schreiben, ja eigentlich völlig vergessen kann, weil alle Welt von Goethes Dramen und Schillers Glocke (statt der schiller(i)schen Glocke) schreibt ist noch nachvollziehbar. Die Experten verallgemeinern diese Überlegungen aus ihrem geisteswissenschaftlichen Umfeld (bar jeder Kenntniss?) jedoch und dehnen sie auch auf den Bereich der Naturwissenschaften aus. Dort sind großgeschriebene sch-Ableitungen aus Personennamen seit Jahrzehnten üblich und etabliert um Termini zu bilden. Orthographische Probleme, die es zu refornmieren gäbe, sind in diesem Zusammenhang nicht überliefert.
- Kaum betreten Germanisten den Boden der Naturwissenschaften und fordern die darwinsche Evolutionstheorie beginnt der Realitätsverlust ([1]).
- Was fällt den Verantwortlichen als Gesetzes-Beispiel ein: das wackernagelsche Gesetz (vgl. Wackernagels Gesetz), eine Orchidee aus dem germanistischen Elfenbeinturm. Ohms Gesetz, dass seit geschätzten 100 Jahren ohne jedwede Probleme als Ohmsches Gesetz (analog zu Newtonsches Gesetz, Coulombsches Gesetz, etc.) geschrieben wird, dürfte ihnen eine fremde Welt geblieben sein.
- Mit den bernoullischen Gleichungen ([2]) - ist wohl der weitaus häufiger als Bernoulli-Gleichung ([3]) bezeichnete Sachverhalt gemeint, oder vielleicht doch Bernoullische Zahlen ([4])?
- Das kopernikanische Weltsystem wird tatsächlich weit überwiegend klein geschrieben, einfach weil diese Floskel nicht als feststehender (natur)wissenschaftlicher Terminus aufgefasst wird. Weil man dies ebenfalls als „das kopernikanische Weltbild“, „das kopernikanische Weltmodell“ etc pp. einordnen kann, häufig auch ganz ohne Kopernikus, als heliozentrisches Weltbild. Hierin besteht ein entscheidender Unterschied zum gewählten Beispiel darwinsche Evolutionstheorie (s.o.). Wie in diesem Beispiel „die Grundform eines Personennamens durch einen Apostroph verdeutlicht“ werden soll bleibt auch im Unklaren.
Lex Halley
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Eine interessante Kuriosität findet sich versteckt unter (3.1) im § 60. Dort wird die Großschreibung des ersten Wortes von „Sternen, Sternbildern und anderen Himmelskörpern“ festgelgt. Aufschlussreich ist das dortige Beispiel Halleyscher Komet. Der befand sich 1986 (damals liefen bereits Reformbemühungen) in Erdnähe, seine Schreibung in den Medien und konnte selbst von naturwissenschaftlich Unbedarften nicht völlig ignoriert werden.
Als Himmelskörper können wohl auch die astronomischen Wolken gelten. Insofern ergäben sich reformkonforme Groß/Klein-Schreibungen wie: "Auch in der Oortschen Wolke gilt das ohmsche Gesetz" bzw. „Auf der braunschen Röhre wurde die Magellansche Wolke abgebildet“.
Wen interessiert das?
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In Diskussionen zur Schreibung (innerhalb der Wikipedia) wird gern auf die "Rechtschreibregeln" verwiesen. Dabei besteht der Eindruck, das die Verweisenden diese gar nicht zur Gänze kennen, insbesondere nicht deren Vorwort, in dem der Geltungsbereich abgesteckt wird und grundsätzliche Darstellungen zu Ziel und Zweck erfolgen:[2]
- 1 Geltungsbereich der neuen Rechtschreibregelung
- Das folgende amtliche Regelwerk, mit einem Regelteil und einem Wörterverzeichnis, regelt die Rechtschreibung innerhalb derjenigen Institutionen (Schule, Verwaltung), für die der Staat Regelungskompetenz hinsichtlich der Rechtschreibung hat. Darüber hinaus hat es zur Sicherung einer einheitlichen Rechtschreibung Vorbildcharakter für alle, die sich an einer allgemein gültigen Rechtschreibung orientieren möchten (das heißt Firmen, speziell Druckereien, Verlage, Redaktionen – aber auch Privatpersonen).
Für (fach)wissenschaftliche Terminologien und Nomenklaturen erklärt sich das Regelwerk nicht dezidiert zuständig. Stattdessen wird das Ziel der „Sicherung einer einheitlichen Rechtschreibung“ erwähnt. Wenn fachsprachlich bereits eine einheitliche Schreibung besteht, ist es insofern absurd, diese mit Verweis auf das Regelwerk zu kontakarieren.
Beispiele
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Wahllos ausgewählt, ohne jeden Anspruch auf Vollständigkeit. Wenn nicht ausdrücklich erwähnt, Termini mit > 500 Treffern in Google-Buchsuche, eine nennenswerte Anzahl von Kleinschreibungen lässt sich im April 2009 darunter nicht nachweisen:
Was tun?
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Termini sollten so lemmatisiert und geschrieben werden, wie sie in etablierter Fachliteratur geschrieben werden.
Einzelnachweise und Fußnoten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Regeln und Wörterverzeichnis Entsprechend den Empfehlungen des Rats für deutsche Rechtschreibung, Überarbeitete Fassung des amtlichen Regelwerks 2004, München und Mannheim – Februar 2006
- ↑ Regeln und Wörterverzeichnis Entsprechend den Empfehlungen des Rats für deutsche Rechtschreibung, Überarbeitete Fassung des amtlichen Regelwerks 2004, München und Mannheim – Februar 2006, Vorwort