Benutzer:Hannoblick92/Entwurf

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Stephan Weil (SPD), Niedersächsischer Ministerpräsident

Als „Gehaltsaffäre um die Büroleiterin des Niedersächsischen Ministerpräsidenten Stephan Weil (SPD)“ ist eine Reihe von Unregelmäßigkeiten bei der Einstellung und Vergütung einer engen Mitarbeiterin des Ministerpräsidenten im Zeitraum seit 2022 bezeichnet[1]. Im Mittelpunkt stehen Verstöße gegen gesetzliche Vorgaben, Manipulationen in der Staatskanzlei und parteipolitische Einflussnahmen. Der Vorfall führte zur Einrichtung des 25. parlamentarischen Untersuchungsausschusses (PUA) im Niedersächsischen Landtag. Obgleich die Affäre keine dienstrechtlichen oder strafrechtlichen Konsequenzen nach sich zog, wirft sie Fragen zur Integrität der Amtsführung, der Vermischung von Landesverwaltung und Partei und zum verantwortungsvollen Umgang mit Steuergeldern in der Niedersächsischen Staatskanzlei unter der Leitung von Stephan Weil (SPD) und dem Leiter der Staatskanzlei Staatssekretär Jörg Mielke (SPD) auf.

Ereignisse im Überblick[2]

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  • November 2022 Zu Beginn seiner dritten Amtszeit plant Stephan Weil (SPD), eine langjährige SPD-Parteikollegin, Aynour Colpan[3], die er im Heidekreis kennen gelernt hat und welche als kommunalpolitisch als Bürgermeisterin von Buchholz (Aller) und Unterbezirksvorsitzende der SPD Heidekreis aktiv ist, als Leiterin seines persönlichen Büros einzustellen. Er lernt die Kandidatin durch ihre politischen Beiträge kennen und schätzt sie als „geeignet“.[4]
  • 15. Dezember 2022 Die Staatskanzlei leitet auf Weisung des Ministerpräsidenten die Prüfung der Personalie ein. Der Lebenslauf und die beruflichen Unterlagen der Kandidatin werden an die zuständige Personalabteilung übergeben. Wegen der geplanten Einstellung zum 1. Februar 2023 herrscht massiver Zeitdruck. Eine ordnungsgemäße Prüfung und Dokumentation wird nicht durchgeführt. Handnotizen, die als Entscheidungsgrundlage dienen, werden später vernichtet.[5]
  • Dezember 2022 Das Finanzministerium wird kontaktiert, um eine außertarifliche Vergütung (B2 AT) zu ermöglichen. Es lehnt ab, da die Kandidatin weder die erforderliche Berufserfahrung (10 Jahre) noch die formalen Qualifikationen erfüllt. Stephan Weil äußert sich empört über die ablehnende Haltung des Finanzministeriums und fordert erneut eine Überprüfung der Vergütungsregelung.[6]
  • 1. Februar 2023 Trotz der Ablehnung wird die Büroleiterin eingestellt und in Entgeltgruppe 15, Stufe 4, des Tarifvertrags der Länder (TV-L) eingruppiert. Diese Eingruppierung ist rechtswidrig, da sie nicht den Anforderungen für diese Besoldungsstufe entspricht.[7]
  • Juli 2023 Stephan Weil und der Chef der Staatskanzlei, Jörg Mielke, erhöhen den Druck auf das Finanzministerium, um eine Vergütung nach B2 AT spätestens nach Ablauf der Probezeit der Büroleiterin zu ermöglichen. Das Finanzministerium verweigert weiterhin die Zustimmung mit Verweis auf die fehlenden gesetzlichen Voraussetzungen.[8]
  • 25. Juli 2023 Stephan Weil fordert das Finanzministerium auf, die Regelungen zur außertariflichen Vergütung (§ 40 LHO) zu ändern, um die Eingruppierung seiner Büroleiterin rechtlich zu legitimieren. Eine umfassende Prüfung der Notwendigkeit solcher Änderungen wird nicht durchgeführt. [9]
  • 7. November 2023 Noch bevor die Regeländerung offiziell in Kraft tritt, wird die außertarifliche Vergütung der Büroleiterin rückwirkend ab dem 1. August 2023 in die Wege geleitet. Dieses Vorgehen verstößt gegen die Bestimmungen, da die Regelung zu diesem Zeitpunkt noch nicht rechtskräftig war.[10]
  • 28. November 2023 Die Staatskanzlei wird durch Presseanfragen auf die Vorgänge aufmerksam. Interne Dokumente zeigen, dass die Kabinettspraxis still und heimlich geändert wurde, um die Vergütung der Büroleiterin zu ermöglichen. Diese Änderungen wurden weder öffentlich kommuniziert noch rechtlich ausreichend geprüft.[11]
  • 1. Dezember 2023 Die neue Regelung tritt offiziell in Kraft. Das Finanzministerium bestätigt, dass die Neuregelung nur für zukünftige Fälle gültig ist und keine rückwirkenden Änderungen erlaubt. Dennoch wurde die Büroleiterin bereits vor Inkrafttreten der Regelung höher eingruppiert. Diese Information wird aus Koalitionskreisen der Presse durchgesteckt.[5]
  • 9. Februar 2024 In der Befragung des Ministerpräsidenten zur Gehaltsaffäre erklärte der Oppositionsführer Sebastian Lechner (CDU), unzufrieden mit den Antworten Stephan Weils zu sein und kündigt den Untersuchungsausschuss an. [12]
  • 13. März 2024 Die Sprecherin der Staatskanzlei, Anke Pörksen, informiert den Ministerpräsidenten, dass die Presse falsche Informationen über die vorherige Eingruppierung der Büroleiterin in Hamburg erhalten hat. [13]
  • April 2024 Die CDU-Fraktion beantragt die Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses (25. PUA), um die Vorgänge um die Einstellung und Vergütung der Büroleiterin zu klären.[14]
  • Mai bis Juni 2024 Die Sitzungen des Untersuchungsausschusses decken gravierende Missstände in der Staatskanzlei auf: fehlende Dokumentation, rechtswidrige Eingruppierungen und Manipulationen. Es wird klar, dass die gesamte Neuregelung der Vergütungsrichtlinien lediglich der Büroleiterin dienen sollte.[15]
  • September 2024 Während einer Sitzung des Ausschusses gesteht der Chef der Staatskanzlei, Jörg Mielke, dass Fehler in der Prüfung und Kommunikation gemacht wurden. Gleichzeitig wird deutlich, dass Stephan Weil über die Missstände informiert war und diese bewusst ignorierte.[16]
  • November 2024 Der Untersuchungsausschuss kommt zu seinem Ende. Die Berichte dokumentieren systematische rechtliche Verstöße und eine gezielte Bevorzugung der Büroleiterin.[17]
Niedersächsischer Landtag, Blick auf den Leipnitz-Saal, dem Raum des 25. Parlamentarischen Untersuchungsausschusses

Feststellungen des Untersuchungsausschusses

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  1. Rechtswidrige Eingruppierung in EG 15 TV-L (Februar 2023)
    • Die Büroleiterin wurde in Entgeltgruppe 15, Stufe 4, eingruppiert, obwohl sie die Voraussetzungen nicht erfüllte. Ihr akademischer Abschluss „Master of Laws (LL.M.) in Taxation“ qualifizierte sie nicht für den Zugang zum höheren Dienst, wie es für EG 15 notwendig gewesen wäre.[18]
    • Statt einer gründlichen Prüfung wurden lediglich handschriftliche Notizen angefertigt, die später vernichtet wurden. Dieses Vorgehen widerspricht den Vorgaben für Dokumentation und Verwaltungsprüfungen​.[19]
  2. Versuche einer außertariflichen Vergütung (B2 AT)
    • Bereits vor der Einstellung wurde versucht, die Büroleiterin in die außertarifliche Besoldungsstufe B2 AT einzugruppieren. Das Finanzministerium lehnte dies mit der Begründung ab, dass die Bewerberin weder die erforderliche Qualifikation noch die zehnjährige Berufserfahrung vorweisen konnte, die nach § 40 LHO (Landeshaushaltsordnung) notwendig gewesen wären.[20]
    • Stephan Weil und der Chef der Staatskanzlei, Jörg Mielke, übten mehrfach Druck auf das Finanzministerium aus, die Vergütungsregelungen zu ändern​.[21]
  3. Manipulation der Kabinettspraxis
    • Um die außertarifliche Vergütung rückwirkend zum 1. August 2023 zu ermöglichen, wurde eine Regeländerung durch das Finanzministerium initiiert. Diese Regelung trat erst am 1. Dezember 2023 offiziell in Kraft.[22] Dennoch wurde die Vergütung bereits rückwirkend genehmigt – ein klarer Verstoß gegen geltende Vorschriften.[23]
    • Mitarbeiter der Staatskanzlei und des Finanzministeriums warnten intern vor der Rechtswidrigkeit des Vorgehens, diese Warnungen wurden jedoch ignoriert​.[24]
  4. Falschangaben und Täuschung der Öffentlichkeit
    • Die Staatskanzlei verbreitete wiederholt falsche Informationen über die vorherige Eingruppierung der Büroleiterin in Hamburg. Obwohl sie dort in EG 14 eingruppiert war, behauptete die Staatskanzlei gegenüber der Presse, sie sei in EG 15 tätig gewesen. Diese Falschinformation wurde erst im März 2024 intern erkannt, aber nicht sofort korrigiert​.[25]
  5. Rechtswidrige Parteiarbeit
    • Interne E-Mails zeigen, dass in der Staatskanzlei parteipolitische Tätigkeiten für die SPD durchgeführt wurden. Diese wurden durch den Chef der Staatskanzlei bewusst verschleiert, um negative Berichterstattung zu vermeiden​.[26]

Konsequenzen des Untersuchungsausschusses

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Der 25. Parlamentarische Untersuchungsausschuss deckte gravierende Rechtsverstöße und Missstände auf, führte jedoch zu keinerlei personellen Konsequenzen in der Landesregierung. Weder Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) noch der Chef der Staatskanzlei, Jörg Mielke, übernahmen politische Verantwortung.[27] Der fehlende Wille zur Aufarbeitung sowie die Weigerung, strukturelle Reformen einzuleiten, wurden von der Opposition und Öffentlichkeit scharf kritisier. Die Hannoversche Allgemeine Zeitung stellte fest: "Doch Mielke, der für Stephan Weil bereits seit 2013 die Staatskanzlei führt, muss sich keine Gedanken machen, obwohl er insgesamt dreimal vor den Untersuchungsausschuss geladen wurde und seine Aussagen sogar unter Eid stehen. Denn Mielke zur Verantwortung ziehen könnte eben nur der Ministerpräsident."[28]

Anders als es die Staatskanzlei über ihre Pressesprecherin Anke Pörksen verkündete, war Aynour Colpan die einzige Person, die von der Vergütungsneuregelung betroffen war. [29]

Die Staatsanwaltschaft Hannover, welche dem Niedersächsischen Justizministerium unter Justizministerin Dr. Kathrin Wahlmann (SPD) untersteht, nahm im Mai 2024 Ermittlungen zum Tatvorwurf der Untreue auf, stellte diese aber bereits im Juni 2024 wieder ein. Die Staatsanwaltschaft ließ offen, ob die Gehaltserhöhung der Büroleiterin rechtmäßig war, da dies nicht Gegenstand ihrer ausschließlich strafrechtlichen Prüfung war. Eine disziplinarische Konsequenz hätte jedoch nur durch Ministerpräsident Stephan Weil selbst eingeleitet werden können.[30] Kritik wurde geäußert, dass die Staatsanwaltschaft darauf verzichtete, die Unterlagen des zeitgleich laufenden Parlamentarischen Untersuchungsausschusses zu prüfen. Dies warf Fragen zur Gründlichkeit und Transparenz der Ermittlungen auf.[31]

Einzelnachweise

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  1. Dossier: Die Büroleiter-Affäre in der Staatskanzlei. Abgerufen am 4. Dezember 2024.
  2. Dossier: Die Büroleiter-Affäre in der Staatskanzlei. Abgerufen am 4. Dezember 2024.
  3. Nadine Conti: Stephan Weils hoch bezahlte Büroleiterin: Landesvater mit Gutsherrenart. In: Die Tageszeitung: taz. 13. März 2024, ISSN 0931-9085 (taz.de [abgerufen am 4. Dezember 2024]).
  4. Aynur Colpan leitet Büro von Ministerpräsident Stephan Weil. Abgerufen am 4. Dezember 2024.
  5. a b Niedersächsischer Landtag - Unterlagen des 25. Parlamentarischen Untersuchungsausschusses (19-05950.pdf) S. 72, 85
  6. Ministerpräsident von Niedersachsen - Stephan Weil: Kratzer auf der glatten Oberfläche | Cicero Online. Abgerufen am 4. Dezember 2024.
  7. Ministerpräsident von Niedersachsen - Stephan Weil: Kratzer auf der glatten Oberfläche | Cicero Online. Abgerufen am 4. Dezember 2024.
  8. Ministerpräsident von Niedersachsen - Stephan Weil: Kratzer auf der glatten Oberfläche | Cicero Online. Abgerufen am 4. Dezember 2024.
  9. Ministerpräsident von Niedersachsen - Stephan Weil: Kratzer auf der glatten Oberfläche | Cicero Online. Abgerufen am 4. Dezember 2024.
  10. Ministerpräsident von Niedersachsen - Stephan Weil: Kratzer auf der glatten Oberfläche | Cicero Online. Abgerufen am 4. Dezember 2024.
  11. Experte erklärt: Weils Büroleiterin wurde nach vier Rechtsverstößen hochgestuft. Abgerufen am 4. Dezember 2024.
  12. NDR: Büroleiterin von Landeschef Weil unrechtmäßig befördert? CDU will Untersuchungsausschuss. Abgerufen am 4. Dezember 2024.
  13. Niedersächsischer Landtag - Unterlagen des 25. Parlamentarischen Untersuchungsausschusses (19-05950.pdf) S.58
  14. Niedersächsischer Landtag: Unterlagen des 25. Parlamentarischen Untersuchungsausschusses. Abgerufen am 4. Dezember 2024.
  15. Niedersächsischer Landtag - Unterlagen des 25. Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (19-05950.pdf) S. 88
  16. Niedersächsischer Landtag - Unterlagen des 25. Parlamentarischen Untersuchungsausschusses (19-05950.pdf) S. 59
  17. tagesschau.de: Niedersachsen: Untersuchungsausschuss geht heute zu Ende - Skandal bleibt aus. Abgerufen am 4. Dezember 2024.
  18. Experte erklärt: Weils Büroleiterin wurde nach vier Rechtsverstößen hochgestuft. Abgerufen am 4. Dezember 2024.
  19. Niedersächsischer Landtag _ Unterlagen des 25. Untersuchungsausschusses (19-05950.pdf) S.85
  20. Experte erklärt: Weils Büroleiterin wurde nach vier Rechtsverstößen hochgestuft. Abgerufen am 4. Dezember 2024.
  21. Elisabeth Woldt: Gehaltsaffäre um Stephan Weils Büroleiterin: Die Erkenntnisse der Untersuchungen. 4. Dezember 2024, abgerufen am 4. Dezember 2024.
  22. Höhere Bezahlung von Weil-Mitarbeiterin kein Einzelfall - WELT. Abgerufen am 4. Dezember 2024.
  23. Niedersächsischer Landtag _ Unterlagen des 25. Untersuchungsausschusses (19-05950.pdf) S. 85
  24. Niedersachsen: Interner Schriftwechsel belastet Staatskanzlei von Ministerpräsident Weil. In: Der Spiegel. 23. September 2024, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 4. Dezember 2024]).
  25. Gutachten: Zu hohes Gehalt für Stephan Weils Büroleiterin? 17. Mai 2024, abgerufen am 4. Dezember 2024.
  26. Diskussion um Gehalt für Büroleiterin. 28. November 2024, abgerufen am 4. Dezember 2024.
  27. Sabine Busse: Büroleiter-Affäre – Chef der Staatskanzlei verhält sich trotz Rechtswidrigkeit gleichgültig. In: CDU Fraktion Niedersachsen. 30. Mai 2024, abgerufen am 4. Dezember 2024.
  28. Elisabeth Woldt: Gehaltsaffäre um Stephan Weils Büroleiterin: Die Erkenntnisse der Untersuchungen. 4. Dezember 2024, abgerufen am 4. Dezember 2024.
  29. Elisabeth Woldt: Gehaltsaffäre um Stephan Weils Büroleiterin: Die Erkenntnisse der Untersuchungen. 4. Dezember 2024, abgerufen am 4. Dezember 2024.
  30. NDR: Gehaltsplus für Weils Büroleiterin: Ermittlungen eingestellt. Abgerufen am 4. Dezember 2024.
  31. NDR: Gehaltsplus für Weils Büroleiterin: Ermittlungen eingestellt. Abgerufen am 4. Dezember 2024.
  32. Ulrike Nimz: "Gehaltsaffäre" in Hannover: Einzelfall oder strukturelles Problem? 13. Juni 2024, abgerufen am 4. Dezember 2024.
  33. Ministerpräsident von Niedersachsen - Stephan Weil: Kratzer auf der glatten Oberfläche | Cicero Online. Abgerufen am 4. Dezember 2024.