Benutzer:HerrAdams/Musik/Böhmische und mährische Blasmusik

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Als böhmische und mährische Blasmusik (auch böhmisch-mährische und böhmisch/mährische Blasmusik) bezeichnet man die ursprünglich aus Böhmen und Mähren stammende Blasmusik, die heute insbesondere auch im deutschsprachigen Raum verbreitet ist. Eine spezielle Form ist die Egerländer Blasmusik. Unterschiede zwischen der böhmischen Blasmusik und der mährischen Blasmusik bestehen einerseits in der Besetzung und andererseits in der Spielweise.

Neben der gespielten Musik kann auch die spielende Besetzung, also die Musikkapelle als böhmische, mährische respektive Egerländer Blasmusik bezeichnet werden.

Das Königreich Böhmen gehörte bis 1806 zum Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation. Bereits Mitte des 18. Jahrhunderts wurde durch „böhmische Musikanten“ die Mannheimer Schule gegründet. Auch deshalb wurde das von deutscher Kultur stark geprägte Land das „Konservatorium Europas“. Im Egerland entwickelte sich die Musikkultur über Jahrhunderte durch die Verbindung böhmischer, tschechischer und bayerischer Elemente. Auch war hier der Musikinstrumentenbau in einigen Orten sehr stark ausgeprägt (z. B. Graslitz, Schönbach, Markneukirchen, Klingenthal). Ein weiterer Entwicklungsschwerpunkt der Blasmusik waren die Kurorte Karlsbad, Marienbad und Franzensbad.[1]

Außerhalb Böhmens wurde die von dort stammende Blasmusik etwa seit den 1960er-Jahren insbesondere durch Ernst Mosch und seine Original Egerländer Musikanten bekannt und etabliert.

Das Repertoire der böhmisch-mährischen Blasmusik umfasst vorrangig Polkas, Märsche und Walzer.

Polkas bestehen häufig aus einem ersten Teil, dem ein Basssolo der Tuben, Posaunen, Tenorhörner und Baritone folgt. Daraufhin wird eventuell der Anfangsteil wiederholt und es schließt sich mit einem Tonartwechsel das Trio an. Oft ist bei Polkas kein Tempo vorgegeben.[1]

Man kann unterscheiden zwischen böhmischer, Egerländer und mährischer Polka:[2]:49 f.

  • Böhmische Polkas können im Tempo von beschwingt bis gemütlich variieren. Typisch sind verzögerte Rhythmik (z. B. Nachschläge und Auftakte) sowie plötzliche Tempowechsel.
  • Egerländer Polkas werden im Gegensatz zu böhmischen Polkas metrisch gerade interpretiert und sind tempomäßig eher beschwingt. Charakteristisch sind weiche, zweistimmige Gesangspassagen im Trio (z. B. Wir sind Kinder von der Eger, Egerland – Heimatland, Bis bald auf Wiederseh’n).
  • Mährische Polkas klingen schärfer und haben meist ein schnelleres Tempo als böhmische und Egerländer Polkas. Markant ist hier die starke Akzentuierung der Unterzählzeiten (z. B. „Eins-und“) sowohl im Nachschlag als auch durch die Melodieinstrumente und das Schlagzeug mit der geschlossenen Hi-Hat.

Die Melodielinien eines Walzers werden „fließend“ und weich gespielt. Ähnlich dem Wiener Walzer wird die erste Zählzeit betont und „schwer“ ausgeführt, die zweite und dritte dann „leicht“.[2]:51

Märsche werden im Metrum gerade, also ohne Verzögerung des Rhythmus dargebracht, dementsprechend ist der Charakter „marschierend“. Um die Interpretation dahingehend zu verbessern kann das Trompetenregister erweitert werden und Marschbecken eingesetzt werden.[2]:53

Die Melodie ist häufig zweistimmig in Terzen bzw. in Sexten (Komplementärintervall) gesetzt.[2]:12 Die Melodie spielen hauptsächlich das 1. und 2. Flügelhorn sowie Tenorhorn und Bariton abwechselnd oder im Tutti. Gelegentlich wird auch dem Holz- oder Posaunensatz die Melodie übertragen. Eine übliche Kompositionstechnik ist ein von Tenorhorn und Bariton gespielter Kontrapunkt zur Melodie der Flügehörner, oftmals erst in Wiederholungen, um das Arrangement abwechslungsreicher zu gestalten.[2]:23 f.

Die Holzbläser (Klarinetten/Flöte) spielen meist Umspielungen, Läufe und Verzierungen bei ruhenden Tönen der Hauptmelodie. Es kommen auch solistische Zwischenteile, Ein- und Überleitungen des Holzsatzes vor.[2]:12, 31

Die Trompete fungiert als als Signalinstrument und leitet damit z.B. Wiederholungen ein und/oder verbindet Teile eines Musikstücks miteinander. Diese markanten Überleitungsstellen sind oftmals solistisch. Signalpassagen kommen jedoch auch untermalend innerhalb von Melodiebögen vor.[2]:28 f. Im Tutti können Trompeten auch die Melodie verstärken.[2]:12

Die Tuben spielen hauptsächlich Wechselbass,[2]:12 der Nachschlag erklingt in der Regel als voller Akkord dreistimmig.[2]:40

Bei Polkas und Märschen werden einige Notenwerte üblicherweise verkürzt ausgeführt: So werden Viertelnoten zu punktierten Achteln, Achtelnoten zu Sechzehnteln, auch punktierte Viertel- und Achtelnoten werden abgekürzt. Legato-Stellen werden in der Regel jedoch als solche gespielt, lediglich die Dauer des letzten angebundenen Tons wird hier vermindert.[2]:26 Bei Walzern wird – ähnlich dem Wiener Walzer – die zweite Zählzeit etwas vorgezogen und die dritte leicht verzögert.[1]

Der Grundrhythmus der meisten Kompositionen ist geprägt vom Wechselbass der Tuben und Schlägen der großen Trommel auf die betonten Zählzeiten und dem Nachschlag der Posaunen bzw. Hörner, insbesondere in der mährischen Blasmusik auch der Trompeten zusammen mit der kleinen Trommel auf den unbetonten Zählzeiten.[2]:12 Im Tutti unterstützt das Becken die Grundschläge der großen Trommel und der Tuben.[2]:54 In Basssoli übernehmen die Flügelhörner und der Holzsatz den Nachschlag.[2]:36

Für die mährische Blasmusik sind perkussive Effekte auf der Hi-Hat typisch.[2]:44

Gesang findet speziell in der Egerländer Blasmusik Verwendung. Häufig werden Themen „aus Tagen der Kindheit, dem Egerland vor dem zweiten Weltkrieg, der schönen Natur und auch von fröhlichen Stunden, die mit der Familie verbracht wurden“ verarbeitet.[1] Weiters werden z. B. „Sehnsucht, die Blasmusik als solche, Begrüßung, Verabschiedung oder Danksagung“ thematisiert. Die zweistimmige Melodie wird meist von einem Gesangsduo gesungen. Häufig übernimmt eine Frau die erste Stimme und ein Mann die zweite, eine Terz darunter liegende Stimme. Es sind aber auch Duos aus zwei Männern oder zwei Frauen möglich. Auch dritte Stimmen, die beispielsweise die erste Stimme oktavieren, kommen zum Einsatz.[2]:47

Die hier aufgeführten Besetzungen geben lediglich exemplarisch die verschiedenen Besetzungsformen wieder. Ein Hauptunterschied zwischen böhmisch und mährisch liegt dabei darin, dass bei der böhmischen Besetzung mehrere Instrumente doppelt besetzt sind, während das bei der mährischen Besetzung höchstens beim 1. Flügelhorn der Fall ist.

Große böhmische Besetzung[2]:13 f. Kleine böhmische Besetzung[2]:15 f. Mährische Besetzung[2]:17 f.
Holzbläser
  • Es-Klarinette
  • 1. (2.) B-Klarinette
  • Es-Klarinette
  • B-Klarinette
Hohes Blech
  • 1.–2. Flügelhorn (1. Stimme zwei- bis dreifach, 2. Stimme ein- bis zweifach besetzt)
  • Trompete (evtl. zweifach besetzt)
  • 1.–2. Flügelhorn (1. Stimme ein- bis zweifach, 2. Stimme einfach besetzt)
  • Trompete
  • 1.–2. Flügelhorn (1. Stimme ein- bis zweifach, 2. Stimme einfach besetzt)
  • Trompete
Tiefes Blech
  • Tenorhorn (ein- bis zweifach besetzt)
  • Bariton
  • Tenorhorn
  • Bariton
Rhythmusgruppe
  • 1.–2. (3.) Tenorposaune
  • 2. Tuba (in B)
  • Schlagzeug (bestehend aus Becken, kleiner und großer Trommel)
  • Tenorposaune
  • 1.–2. Begleit-Trompete (oder Es-Hörner)
  • Tuba (in B)
  • Schlagzeug (bestehend aus Becken, Hi-Hat, kleiner und großer Trommel)
Beispiele

Während bei einer großen böhmischen Besetzung ein Dirigent unabdingbar ist,[2]:14 verzichtet man bei kleinen böhmischen und mährischen Besetzung oft auf ihn.[2]:16

Es bestehen auch Besetzungen, die ohne Holzsatz spielen, deren Passagen können dann von anderen Instrumenten übernommen werden. Beispiele für eine solche Besetzung sind Die Innsbrucker Böhmische, Berthold Schick und seine Allgäu6 und Viera Blech.[2]:19 f.

Bei böhmischen Besetzungen kommt mitunter auch ein Gesangsduett oder -terzett (vornehmlich im Trio) zum Einsatz.[1]

Seit dem Jahr 2000 findet alljährlich an wechselnden Orten die von der Confédération Internationale des Sociétés Musicales ausgerichtete „Europameisterschaft der böhmisch-mährischen Blasmusik“ statt. Sie wurde vom Musiker und Komponisten Freek Mestrini initiiert und hat die Rückbesinnung auf die ursprüngliche böhmische und mährische Blasmusik zum Ziel.[3]

Antonín Sprinzl hinterfragt die Authentizität dieses Wettbewerbs und insbesondere dessen Jury, indem er kritisiert, dass Menschen, „die [das] Entstehungs- und Heimatumfeld [dieser] Blasmusik“ nicht kennen, auch nicht qualifiziert sind, diese zu bewerten.[4]

Einzelnachweise

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  1. a b c d e Christian Wies: Blasmusik mit Zukunft? Vordiplomarbeit (Robert-Schumann-Hochschule Düsseldorf). GRIN Verlag, München 2003 (Volltext [abgerufen am 4. Oktober 2019]).
  2. a b c d e f g h i j k l m n o p q r s t u v Holger Mück, Alexander Pfluger: Böhmisch mit Herz. International Music Consulting, Argenbühl 2015, ISBN 978-3-95812-074-7.
  3. Der Initiator (Memento vom 12. Oktober 2017 im Internet Archive). In: em-2016.at.
  4. Antonín Sprinzl: Schweizer Emmentaler in der Beurteilung der Spanier oder auch Was ist böhmisch mährische Blasmusik? In: Naše Muzika. Nr. 4, 2006 (dechovka.eu [abgerufen am 4. Oktober 2019] tschechisch: Švýcarský Emmentál posuzován Španěly aneb Ćo je česko - moravská dechovka?).


Kategorie:Blasmusik Blasmusik Blasmusik Kategorie:Genre der traditionellen Musik