Benutzer:Horstmann
Nach philologischen und philosophischen Studien - Promotion 1968 über den platonischen Dialog Lysis - bin ich der Überzeugung, dass man Platon (wie jeden großen Philosophen) zunächst in seinem eigenem Begriffs-verständnis und historischen Kontext zu verstehen suchen sollte. Nur wenn man das Andere, Fremde, Gegensätzliche zunächst in seiner Eigenart herausarbeitet, wird eine echte philosophische Begegnung und nicht nur eine Selbstbespiegelung möglich. Platon begründete - den heute vorherrschenden philosophischen Strömungen fremd - den Realismus der Ideen, der mit einem unerschütterlichen geistigen Maßstab die Bildung eines philosophischen Systems mit staatstheoretischen Konsequenzen anregte.
Wie kann aber gegenwärtig der Interpret seine Grenzen erweitern, die durch Wesen, Sozialisation und zeitgenössische historische Perspektive gegeben sind? Die phänomenologische Untersuchung der Dialogstrukturen ergibt wertvolle Hinweise zum Erschließen der jeweiligen philosophischen Intention Platons, insbesondere bei seinen aporetischen Dialogen. Nützlich ist dabei auch eine Sensibilität und differenzierte Begrifflichkeit für Platons urbane und nicht selten ironische Ausdrucksweise. Eine Ausdrucksweise, die zudem mit Anspielungen auf Bekanntes, mit Andeutungen von später Entfaltetem und mit erklärten Aussparungen arbeitet, macht es erforderlich, sukzesssiv das Gesamtwerk Platons und die nur mündlich mitgeteilte und im Umriss überlieferte Prinzipienlehre einzubeziehen. In dieser Hinsicht sind die Ausarbeitungen der Tübinger Schule (Hans Krämer, Konrad Gaiser, Thomas A. Szlézak) und deren italienische Adaption (Giovanni Reale) unverzichtbar. Dabei sind allerdings auch Vorurteile zu überwinden, die bei der chronologischen Anordnung der Dialoge aufgrund einer methodisch anfechtbaren datierenden Sprachstatistik entstanden sind. Als Beispiel einer bahnbrechenden Interpretation ist zu nennen: Horst Peters, Platons Dialog Lysis. Ein unlösbares Rätsel?, Frankfurt a. Main 2001. Auf diesem Wege kann der scheinbar unausweichliche Relativismus der antirealistischen Hermeneutik von Hans-Georg Gadamer überwunden werden, dessen theoretische Unhaltbarkeit Hans Krämer aufgezeigt hat in: Hrsg. Gudrun Kühne-Bertram/Hans-Ulrich Lessing/ Volker Steenblock, Kultur verstehen. Zur Geschichte und Theorie der Geisteswissenschaften, Würzburg 2003, 85 ff..
Hinweis für Sciurus: Das Wort "scheinbar" ist hier bewusst sachlich und semantisch richtig gesetzt. Dammit ist der neue Forschungsstand wiedergegeben. Frage an Sciurus: Was haben Sie außer lexikalischem Allgemeinwissen an methodischer und inhaltlicher Spezialkompetenz für den Lysis vorzuweisen? Frdl. Gruß Horstmann