Benutzer:Jlabbacher Jung/Das Findelkind von Gladbach
Das Findelkind von Gladbach ist ein Abenteuerroman von Michael Wefers, der 1892 zum ersten Mal erschienen ist. Der Roman wurde mehrfach von verschiedenen Verlagen neu aufgelegt und 1956 zum letzten Mal sprachlich überarbeitet. Die letzte Auflage erschien bei B. Kühlen in Mönchengladbach 2020.
Handlung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der historische Abenteuerroman spielt am südliche Niederrhein im Großraum Möchengladbach, Neuss, Heinsberg, Erkelenz. Auf einer Geschäftsreise nach Maastricht trifft der Tuchhändler Jakob die 15-jährige Eva. Eva lebte als Kind auf einem Gut in Flandern, wurde von einer Kräuterfrau geraubt, als sie 5 Jahre alt war und von ihr zum zum Betteln geschickt. Eva flieht zusammen mit Jakob, der sich ihrer annimmt. Auch Jakobs Schwiegervater Vit Gilles, ein Kupferschmied in Gladbach, kümmert sich um ds Mädchen.
Nach einer Schlacht zwischen Hessen/Franzosen und Kaiserlichen Truppen kommen hessische Soldaten nach Gladbach und drangsalieren die Bürger. Jakobs Familie kann sich in einem Dorf im Wald in Sicherheit bringen.
Vorwort zur ersten Auflage [1]
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In den mir von meinen Voreltern hinterlassenen Papieren fand ich mehrere interessante Aufzeichnungen aus der Zeit des unglücklichen Hessenkrieges, in welcher meine Vaterstadt M. Gladbach und die benachbarten Orte sehr viel unter der Tyrannei des grausamen Kriegsvolks zu leiden hatten, wie dies ja auch die hier und dort existierenden Chroniken bezeugen. Durch diese Aufzeichnungen angeregt, stellte ich seit einer Reihe von Jahren hier und in den umliegenden Städten und Dörfern genaue Nachforschungen an und sammelte dadurch mit der Zeit so viel geschichtliches Material, daß Chronisten von Beruf damit mehrere Bände füllen könnten. Manches von diesem Material habe ich in der vorliegenden, dem Volksmund entnommenen Erzählung zu verwerten gesucht. Letztere erschien zuerst als Feuilleton in einer hier und in der Umgegend sehr verbreiteten Zeitung, und daß das Lesepublikum sich nicht sowohl für die Erzählung, als auch besonders für die sich darin befindlichen geschichtlichen Tatsachen interessierte, beweist, daß ich von den verschiedensten Seiten anerkennende Zuschriften erhalten habe und mir viele Sachen zugestellt wurden, die aus der betreffenden und aus früherer Zeit herrühren. So erhielt ich z.B. von der »Gastesscheune«, vom »Elschenbroich« vom »Plaate Pohl« (des Prälaten Pfahl), vom »Hundsberg«, vom »Blumenberg« usw. Kugeln, Musketen, Schwerter, Streitäxte, Urnen usw. zugeschickt, die die Zusender, veranlaßt durch die Erzählung, an Ort und Stelle ausgegraben hatten. Den freundlichen Gebern hiermit meinen wärmsten Dank. Besonderer Dank auch den Herren, die mir bei der Sammlung und Sichtung des Materials sowie bei der Bearbeitung der vorliegenden Erzählung, bei der Erklärung der Ortsbezeichnungen usw. behilflich gewesen sind. Die verehrten Leser und Leserinnen bitte ich um schonende Nachsicht, wenn dem »Findelkind« die Feinheiten im Ausdruck abgehen, die man sonst von einem guten Buche zu verlangen gewohnt ist. Die Sprache ist einfach, deshalb so schlicht, weil ich eben nicht besser schreiben kann, und damit Gott befohlen.
M. Gladbach, Pfingsten 1892.
Der Verfasser.
Vorwort zu "Vit Gilles und das Findelkind"
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Wohl kaum ein Heimatroman hat im Großraum Mönchengladbach die Generation unserer Eltern, Groß- und Urgroßeltern bis in die 1970er Jahre hinein mehr fasziniert als »Das Findelkind von Gladbach« von Michael Wefers. Auch ich (Michael Thielen, Jahrgang 1961) habe das Buch als Jugendlicher verschlungen und auch später im Leben immer wieder zu Hand genommen.
Die Abenteuergeschichte ist spannend und gibt Aufschlüsse über das Leben und die Gewohnheiten der Menschen hier am Niederrhein im Dreißigjährigen Krieg.
Allerdings ist der Roman, der 1892 erstmalig erschien, in einem Stil geschrieben, der aus der heutigen Sicht des 21. Jahrhunderts nicht mehr zeitgemäß ist. Daher gerät das Buch leider zunehmend in Vergessenheit.
Im Jahr 2007 hat Erich Oberem die Geschichte aufgegriffen und unter dem Titel »Vit Gilles greift ein« ein spannendes Hörspiel in Szene gesetzt. Freilich wird dort nur ein Teil der Erlebnisse von Vit Gilles und dem Findelkind erzählt.
Und so wuchs beim Autor des Remake mir die Idee, die Geschichte in einer zeitgemäßen Sprache neu zu erzählen. Als großer Fan der Wickrather Bestseller Autorin Rebecca Gable, Kell Follet oder Ralf H. Dorweiler hat er sich an deren Stil orientiert, wobei er, wie er selbst sagt, weit davon entfernt ist, sich mit deren Leistung vergleichen zu wollen.
Es wurden langatmige und langweilige Szenen gestrichen und vollständig neue Szenen hinzugefügt. Der Autor hat Szenen umgeschrieben, um sie spannender zu machen und auch eine dezente Prise Erotik eingebaut.
Hier und da wird auch der Original-Wortlaut aus Wefers Findelkind, sprachlich modernisiert, verwendet. Viele erinnern sich vielleicht an den köstlichen Wirtshausstreit in Köln, den auch Erich Oberem nahezu 1:1 in seinem Hörspiel anschaulich umgesetzt hat.
Wissenschaftliche Betrachtung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In einer Doktorarbeit an der Georgetown University (Washington, D.C., USA) beleuchtet Emily Elizabeth Sieg Barthold die Hintergründe und die Einordnung in das Genre "Heimatroman".[2]
In Das Findelkind von Gladbach (1892), the all-knowing narrator describes not only the streets and architecture of Mönchengladbach, but also festivals, cultural practices, and even the contours of the local economy. Even the title of the novel refers to a female 105 character who herself plays a relatively minor role in the plot, but whose classification as the foundling of Gladbach prioritizes the setting of the narrative over the characters. Rather than dedicate the plot to the development of the titular character, the novel pairs gripping adventure with precise descriptions of the city’s social history in the attempt to record and preserve the past. This novel’s approach to Heimat, however, stands in sharp contrast to that of Wefer’s other Thirty Years’ War novel, Jan van Werth (1891). This novel, which is actually rather like a collection of stories than a single coherent narrative, still contains the same high level of adventure as is to be found in Das Findelkind von Gladbach, but it does not have the same degree of spatial focus or referentiality
In der Dissertation wird noch weiter auf das Findelkind und Jan van Werth und seine Zeit eingegangen.
Weitere Vorworte späterer Auflagen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Vorwort zur zweiten Auflage. [1]
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Nachdem vor einigen Jahren »Das Findelkind« nochmals in der »Rheydter Volkszeitung« als Feuilleton erschienen ist und jüngst auch der »Sonntags-Anzeiger« von Rheydt noch einen Abdruck davon seiner Zeitung beifügte, wurde von vielen Lesern der Wunsch laut, eine neue Ausgabe in Buchform erscheinen zu lassen, wozu sich die Verlagshandlung von S. Leuchtenrath (Inhaber: J. Kirschbaum und H. Nießen) entschloß und den Lesern versprach, für einen geringen Preis das Buch in Verkehr zu bringen, und so liegt es heute vor uns.
Unter den vielen Rezensionen, die ich über das »Findelkind« gelesen habe, hat mir eine ganz besonders gefallen, weil sie, von allem andern abgesehen, behauptete, daß die Erzählung »Das Findelkind«, trotz heikler Situationen des Dreißigjährigen Krieges und seiner Begleiterscheinungen, so sittlich rein gehalten ist, daß man sie jedem Kinde unbedenklich in die Hand geben kann. Der das sagte, war ein bekannter Schulmann.
Nach einer kleinen Umarbeitung, die ich daran vorgenommen habe, mag »Das Findelkind« wieder seine Wanderung antreten und weitere Freunde erwerben. Das walte Gott!
M. Gladbach, Pfingsten 1910.
Der Verfasser.
Vorwort zur dritten Auflage. [1]
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Da die zweite Auflage schon seit langen Jahren vergriffen ist, es jedoch während des Krieges nicht möglich war, eine dritte Auflage erscheinen zu lassen, so freut es mich, diese nunmehr folgen lassen zu können.
Die neue Auflag ist nochmals gründlich durchgesehen und stellenweise etwas umgearbeitet worden. Die einfache Sprache habe ich auf den Rat verschiedener Volksschriftsteller beibehalten.
Daß unsere Vaterstadt wirklich so ausgesehen hat, wie sie in der vorliegenden Erzählung geschildert wird, bezeugt nachstehende Darstellung eines Zeitgenossen:
»Mönchen-Gladbach 1642 ist ein wohlerbauweter Orth; nicht allein das schöne Münster und die Abtey an ihr selbsten, welche mit stark abfallenden Mauwern umgeben und vor dem Thore nach Mittag einen kleinen Fluß mit einem See hat und daher auch wohl befestiget ist. Die Stadt, die auf einem Hügel erbauwet ist, auch wegen einiger stattlicher Häuser und Gebäuwde; der geringern, in großer Anzahl zu geschweigen, so in kurtzen Jahren daselbsten aufgeführet worden. Die Lage der Stadt ist überaus schön, da finden sich Berg und Thal. Der klare, sich krümmende fischreiche Fluß, gute, luftige und nutzbringende Holzung, nahe vor der Stadt.
An schönen künstlichen Gärten ist kein Mangel, welches alles – zu Sommerzeiten die lieblichen Waldvögelein, insbesondere die Nachtigallen, so im Haag und auch in der Stadt hell und klar können gehöret werden, – den Orth und soviel anmutiger macht.
Caspar Dankwerth.«
Am Rathaus stand folgender Spruch:
»Hast du Gewalt, so richte Recht,
Gott ist dein Herr und du sein Knecht,
Verlaß dich nicht auf dein Gewalt,
Dein Tage hier seynd bald gezallt,
Wie du zuvor gerichtet mich,
Also wird Gott auch richten dich,
Hier hast du zu richten nur kleine Zeit,
Dort wirst du gerichtet in Ewigkeit.«
Die dritte Auflage möge, ebenso wie die vorigen, dem Buche immer neue Freunde gewinnen und in der Zerfahrenheit und Leichtlebigkeit unserer Zeit, die so wenig Sinn für Heimatkunde hat, die Liebe zu unserer engeren Heimat und deren Vergangenheit wieder aufleben lassen! Möge man sich erfreuen und erbauen an den kraftvollen Gestalten unserer Vorfahren, wie sie in schweren Kriegsnöten gelitten und gerungen, um den heimischen Herd zu schirmen und die Schwachen zu beschützen! Möge man aber auch nicht vergessen, unserem Herrgott zu danken, daß der Weltkrieg so schonend an unserer Vaterstadt vorübergegangen ist, an den uns noch der seines Helmes beraubte Münsterturm als sichtbares Wahrzeichen erinnert!
M. Gladbach, Winter 1919/20.
Der Verfasser.
Vorwort zur vierten Auflage. [1]
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]M. Gladbach, den 1. Dezember 1929.
Lieber Herr Wefers!
Als ich vor Jahren, fast ein Knabe noch, zum ersten Male Ihr »Findelkind« las – ich tat es mit jener Spannung und Begier, die bei jugendlichen Lesern der Tatendrang und die Sehnsucht nach romantischen Abenteuern auslösen – da wurde mir, gleich vielen anderen Lesern, Ihr Buch zum Erlebnis. Auch heute noch, nach Jahren – man ist inzwischen älter, und, inbezug auf seinen Lesestoff wählerischer, verwöhnter geworden – greife ich immer noch einmal gerne zum »Findelkind«, um mich an der aufrechten Gestalt des wackeren, nieverzagenden alten Vit Gilles, dessen Schicksale sich mit denen des Findelkindes verknüpfen, zu erbauen und an seinen Streichen und Heldentaten zu ergötzen.
Indessen fällt mir beim Lesen des Buches heute manches auf, was mir damals entgangen ist und nehme ich daher Veranlassung, Sie hiermit höfl. darauf aufmerksam zu machen.
Zunächst sind es einige Druckfehler, die ja wohl bei Neudruck des Buches ihre Berichtigung finden werden. Sodann wären m.E. hier und da eine bessere Wortfügung, wie auch, des Wohlklangs wegen, einige stylistische Änderungen angebracht. Stellenweise wirken die Übergänge aus einer Situation in die andere etwas schroff und unvermittelt und müßten daher ausgeglichen werden. Endlich bedürfen gewisse Vorgänge einer Nacharbeit, da manches darin etwas oberflächlich behandelt ist; hierzu gehören auch solche Momente, die aus psychologischen Gründen mehr entwickelt und sorgfältiger ausgearbeitet werden müßten.
Aber trotz dieser Mängel und Unvollkommenheiten ist Ihr »Findelkind« ein Buch, das sich auf dem Markte behaupten wird, da es seiner Beliebtheit wegen Bürgerrecht erworben hat. In seiner einfachen schlichten Sprache trifft es stets den richtigen Ton, der zum Herzen spricht und ist von einer Wirkung, die auch das Ungewöhnliche und Phantastische als möglich erscheinen läßt. Zeit- und Ortsverhältnisse, in welche die Geschehnisse des Buches hineinspielen, sind durchweg gut geschildert und werden für die Leser hiesiger Gegend von bleibendem Interesse sein.
Mögen diese Zeilen Sie veranlassen, vor Neudruck des Buches dasselbe einer Durchsicht zu unterziehen und eine Verbesserung vorzunehmen, die vielleicht mancher kritische Leser begrüßen wird! Das Buch selbst wird dadurch nur gewinnen, um auch fernerhin seinen Platz unter den Erzeugnissen der heimatlichen Literatur schlecht und recht auszufüllen.
Hiermit und den besten Wünschen für Sie und Ihr »Findelkind« verbleibt
Ihr
W. Schnitzler.
Bearbeitungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]2007 hat Erich Oberem die Geschichte aufgegriffen und unter dem Titel Vit Gilles greift ein[3] ein Hörspiel in Szene gesetzt.
Vit Gilles und das Findelkind ist eine Bearbeitung in einer zeitgemäßen Sprache erzählt.[4]
Ausgaben
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Das Findelkind von Gladbach. Historischer Roman. Selbstverl. d. Verf., Mönchengladbach 1930. Volltext
- Das Findelkind von Gladbach. Historischer Roman. Mönchengladbach, Kühlen, 1966.
- Vit Gilles und das Findelkind: Remake des Klassikers „Das Findelkind von Gladbach“. Polymedia 2023.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b c d Michael Wefers: Das Findelkind von Gladbach. In: Projekt Gutenberg. Abgerufen am 11. November 2023.
- ↑ Emily Elizabeth Sieg Barthold: The Thirty Years’ War as unifiying heritage: Historical Fiction, Ecumenism, And German Nation-Building (1871-1920). In: Georgetown University (Library). Georgetown University (Library), 2019, abgerufen am 11. November 2023 (englisch).
- ↑ Erich Oberem: Vit Gilles greift ein. HaRo Verlag, 2007, abgerufen am 11. November 2023 (deutsch).
- ↑ Michael Thielen: Vit Gilles und das Findelkind. 1. Auflage. Polymedia Publisher GmbH, Mönchengladbach 2023, ISBN 978-3-9814981-8-9, S. 320.