Benutzer:JurecGermany/Emailreparatur
Schäden an emaillierten Flächen verfahrenstechnischer Apparate und Komponenten treten in der Praxis sehr selten auf. Passiert dennoch einmal etwas, ist die Ursache häufig Unachtsamkeit bei der Handhabung des Apparates. Typische Folgen sind dann beispielsweise Schlagschäden, die zu einem lokalen Abplatzen der Emaillierung führen. Ab und an treten auch Schäden an der Emaillierung infolge von elektrostatischen Entladungen innerhalb des Apparates auf. Elektrostatische Entladungen führen zu stecknadelkopf-großen Perforationen der Emaillierung, durch die dann korrosives Medium direkt in Kontakt mit dem Grundwerkstoff Stahl kommen kann.
Neben den eher punktuellen Schäden können auch Schäden auftreten, die sich flächig über einen größeren Bereich des Behälters oder Bauteils erstrecken können: Dazu zählen zum Beispiel Schäden infolge von Hydroabrasion (z.B. an Rührerflügeln) oder Thermoschock-Schäden.
Selbst anfangs punktuelle Schäden entwickeln sich im Laufe der Zeit zu „kapitalen“ Schäden, die eine größere Fläche umfassen und - im schlimmsten Falle - sogar zu Durchbüchen führen. Es ist daher unumgänglich, Schäden so frühzeitig wie möglich zu erkennen und die schadhafte Stelle zu reparieren (Abbildungen 1 und 2)
Stand der Technik für das Reparieren von Schäden an emaillierten Apparaten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Stand der Technik ist das Reparieren der schadhaften Stelle, indem diese mit Hilfe einer „Abdeckung“ aus einem chemisch beständigen Werkstoff überdeckt wird. Der Spalt zwischen dem emaillierten Bauteil und der Abdeckung wird mit Hilfe einer Flachdichtung aus PTFE abgedichtet. Die zum Abdichten erforderliche Dichtungspressung wird mittels einer oder mehrerer Schrauben, ebenfalls chemisch beständig, aufgebracht .
Tantal wird wegen seiner sehr guten chemischen Beständigkeit bisher in den meisten Fällen als Werkstoff für die Abdeckung und die Verbindungselemente verwendet. Allerdings ist Tantal bei weitem nicht „universell beständig“. Bei folgenden Bedingungen ist Tantal ungeeignet:
- Gegen rauchende Schwefelsäure, gegen Schwefelsäuremit einer Konzentration von mehr als 98% oder gegen Reaktionsprodukte von Schwefeltrioxidist Tantal ab einer Temperatur von über 50°C nicht beständig
- Reaktionen, bei denen Bromoder bromhaltige Stoffe enthalten sind
- Reaktionen, in denen Alkohol enthalten ist, insbesondere Methanol
- Naszierender Wasserstoff, der in einem chemischen Verfahren entsteht, kann zur Versprödungvon Tantal führen
- Hydroabrasiver Verschleiß führt zum kontinuierlichen und fortschreitenden Abtrag der sich bildenden Passivschichtauf der Bauteiloberfläche, wodurch Material infolge der sich lokal ergebenden Korrosion sukzessive abgetragen wird (tribochemischeKorrosion)
- Schließlich können galvanische Reaktionen infolge der unterschiedlichen Position der verbauten Werkstoffe in der elektrochemischen Spannungsreihe auftreten, sofern das Medium als Elektrolytwirkt. Als Kathodekann das Tantal‑Bauteil verspröden, weil sich naszierender Wasserstoffan dessen Oberfläche bildet. Wirkt das Tantal‑Bauteil als Anode, korrodiert Tantal.
Außerdem steht die Verwendung von Tantal sehr in der Kritik: Tantal zählt zu den so genannten „Konfliktrohstoff“. Zum 31. Mai 2014 müssen Unternehmen, die an der US-Börse notiert sind, erstmals gegenüber der US-amerikanischen Börsenaufsicht SECSecurities Exchange Commission) offenlegen, ob in ihrem Produkten sogenannte „Konfliktmineralien“ aus der Demokratischen Republik Kongo oder aus Nachbarstaaten enthalten sind. Hintergrund hierfür ist Section 1502 aus dem US-amerikanischen Gesetz Dodd-Frank-Act. Mit der Regelung beabsichtigt die US-amerikanische Regierung, die Finanzierung von bewaffneten Gruppen in Teilen der DR Kongo durch Rohstoffgewinnung und -handel zu unterbinden.
Das Durchführen von Reparaturen an emaillierten Apparaten ist eine handwerklich extrem anspruchsvolle Tätigkeit, die viel Erfahrung und Geschick von dem ausführenden Mitarbeiter erfordert. Selbst kleinste Fehler in der Erfassung der Schadensstelle, der Auswahl des Reparatursystems, der Anpassung der Abdeckung an die Behältergeometrie, der Ausführung des Dichtelements und der Montage und dem Verschrauben der Abdeckung können zum Versagen führen. Folge davon ist, dass der Schaden anschließend noch größer ist und in vielen Fällten mittels üblicher Reparaturmethoden überhaupt nicht mehr instandzusetzen ist. Dann bleibt nur das sofortige Stilllegen des Apparates und dessen Reemaillierung oder – sofern der Schaden zu groß ist - dessen Verschrottung und Ersatz durch einen neu anfertigten Behälter.
Emailreparatur mit Email
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bei technisch emaillierten Reparaturelementen handelt es sich um ein Abdeckelement aus einer emaillierten Speziallegierung, welches exakt der Kontur des Behälters an der beschädigten Stelle angepasst ist. Sowohl das Abdeckelement als auch die Verschraubungselemente sind produktseitig mit einem hoch säurebeständigen und abrasionsfesten Technischen Email emailliert. Die Nachteile von Verschraubungen und Abdeckungen aus Tantal werden damit vollständig vermeiden.
Nach Abschluss der Reparatur befinden sich im Apparat wieder einzig und allein solche Werkstoffe, wie sie auch beim unbeschädigten Apparat vorhanden sind: Technisches Email und PTFE.
Aufgrund des vollständig „digitalen“ Workflows sind auch Einflüsse, die sich aus persönlichen Faktoren des ausführenden Mitarbeiters ergeben können, weitestgehend ausgeschlossen. Darüber hinaus ist das ganze Verfahren so ausgelegt, dass alle Schritte vollständig dokumentiert und jederzeit nachvollziehbar sind.
Die Vorgehensweise gliedert sich in die folgenden Schritte:
- Geometrieerfassung
- Geometriedatenaufbereitung
- Additive Fertigung des emaillierten Reparaturelements
- Emaillierung
- Fertigstellung und Einbau
- Inbetriebnahme und abschließende Prüfung
- Dokumentation
Erfassen der Ist‑Geometrie des Behälters im Bereich des Schadens
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Mit Hilfe eines handgeführten 3D-Scanners wird die Ist‑Geometrie des beschädigten Bauteils im Bereich des Schadens und etwas darüber hinaus digital erfasst (Abbildung 3). Der so entstandene Datensatz stellt eine hinreichend genaue räumliche Abbildung der lokalen Geometrie des beschädigten Bauteils dar. Das Scan‑Verfahren ist so ausgelegt, dass eine Genauigkeit von 0,1 mm bezogen auf die tatsächliche Kontur erreicht werden kann. Dies ist für die Anwendung völlig ausreichend. Ergänzend dazu wird die Vor‑Ort‑Situation dokumentiert und erfasst, um beispielsweise die Zugänglichkeit, Störkanten und andere Randbedingungen so umfassend wie möglich festzuhalten.
Geometriedatenaufbereitung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die mit dem 3D‑Scanner erfassten Geometriedaten werden noch vor Ort beim Kunden hinsichtlich der Datenqualitätund Vollständigkeit geprüft und gegebenenfalls entsprechend nachbearbeitet. Sofern erforderlich, werden noch weitere relevante Geometrien erfasst und ebenfalls aufbereitet. Anschließend werden die Geometriedaten zum Servicecenter übertragen. Dort erfolgt dann die weitere Datenaufbereitung. Die erfassten Daten werden nun für die Verwendung in einem 3D-CAD-System aufbereitet. Dieses, als „Flächenrückführung“ bezeichnete Verfahren erzeugt aus dem Oberflächen‑Datenmodell des Scanners ein 3D‑Volumenmodell der Behältergeometrie, welches in einem 3D‑CAD‑System weiterverarbeitet werden kann.
Konzeption und Konstruktion des emaillierten Reparaturelements
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In enger Abstimmung mit dem Kunden und der benannten Stelle erfolgen nun die Konzeption und die Konstruktion des emaillierten Reparaturelements. Dabei sind neben den funktionellen Aspekten einer zuverlässigen und nachhaltig sicheren Abdichtung insbesondere die Randbedingungen vor Ort entscheidend: Es muss zum Beispiel die Zugänglichkeit des beschädigten Bereichs berücksichtigt werden. Materialwandstärken sind ebenso relevant. Alle Informationen fließen beim Service‑Ingenieur zusammen, der dann rein digital und im 3D‑CAD-System das genau passende emailliert Reparaturelement konstruiert (Abbildung 4). Zum besseren Verständnis der geometrischen Situation und schließlich zum Simulieren des Reparaturvorganges haben sich dabei 3D‑Drucke der Schadensstelle und des konzipierten EmPads aus Kunststoff erwiesen, anhand derer der Praktiker schnell Schwachpunkte erkennen und Optimierungsansätze entwickeln kann. Mit Hilfe der FEM-Methode kann zudem die Stabilität und die Funktionalität des EmPads bereits in der Entwicklungsphase überprüft werden, um das Bauteil beanspruchungsgerecht auszulegen und auszuführen. Auch die Konzeptions‑ und Konstruktionsschritte sind vollständig digitalisiert und dokumentiert.
Additive Fertigung und Emaillierung des emaillierten Reparaturelements
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Beliebig geformte emaillierte Reparaturelemente können mit Hilfe des Selective Laser Melting‑Verfahrens (SLM) aus einem emaillierfähigen Werkstoff additiv hergestellt werden. Dazu wird das Geometriemodell des emaillierten Reparaturelements zunächst entsprechend digital aufbereitet. Anschließend wird der Datensatz in die SLM‑Maschine geladen. Diese stellt das emaillierte Reparaturelement nun schichtenweise aus dem emaillierfähigen Werkstoff her. Nachdem das Bauteil gereinigt, von Resten des Baumaterials befreit und sandgestrahlt wurde, wird das Emaillierte Reparaturelement emailliert. Die Emaillierung erfüllt alle Anforderungen an eine qualitätsgerechte Emaillierung, d.h. die Dicke des Deckemails entspricht der einer normgerechten Emaillierung (Abbildung 5)
Fertigstellung und Einbau
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Nun wird noch eine Dichtung aus einem FDA‑zertifizierten, bidirektional expandierten PTFE‑Werkstoff angefertigt und zusammen mit dem emaillierten Reparaturelement sowie speziellen, ebenfalls emaillierten Verbindungselementen zum beschädigten Apparat transportiert. Dort erfolgt der Einbau des emaillierten Reparaturelements durch einen Servicetechniker. Auch dieser Vorgang wird dokumentiert und ist daher jederzeit nachvollziehbar (Abbildung 6).
Inbetriebnahme und abschließende Prüfung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der letzte Schritt dieser systematischen Vorgehensweise ist die vom Servicetechniker begleitete Inbetriebnahme des reparierten Apparates beziehungsweise Bauteils. Anschließend erfolgen noch eine abschließende Prüfung des Reparaturergebnisses und eine Freigabe des Apparates.
Dokumentation
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der letzte Schritt umfasst das Erstellen einer vollständigen Dokumentation des Schadens und der Reparatur, wodurch die jederzeitige Nachvollziehbarkeit des Ausgangszustandes und der Randbedingungen, des Lösungsweges und des Ergebnisses bis hin zum Endzustand sichergestellt ist. Sollte an der gleichen Stelle erneut ein Schaden entstehen, kann somit auch auf die bereits erfassten Daten zugegriffen werden.