Benutzer:Karl Mittermayr Ing/ Kaltwasser - Heilanstalt Micheldorf in Oberösterreich (nächster Versuch)
Kaltwasser - Heilanstalt Micheldorf in Oberösterreich
Die Kaltwasser-Heilanstalt Micheldorf in Oberösterreich (Traunviertel) war die erste[1] natur-medizinisch und akademisch-systemisch[2] geführte Wasserkur-Heilanstalt Österreich ob der Enns im 19. Jahrhundert.
Der Gründungsinhaber und Erbauer der Heilanstalt, ebenso auch Inhaber vom "Gasthof zur Sense" im Zentrum Micheldorfs war der Gastgeber[3] und österreichische Tourismuspionier[4] Justin Strasser (1807-1860). Sein Freund, der österreichische Sensenfabrikant und Industriepionier, Caspar Zeitlinger, ebenso auch aus Micheldorf wird später als weiterer Inhaber der ehemaligen Heilanstaltsliegenschaft prägenden Einfluss haben und es ist daher naheliegend, dass er als einflussreicher Micheldorfer Gewerke schon in der Gründungsphase dementsprechend fördernd mitwirkte, insbesondre im Hinblick auf die konstruktive Gestaltung und praktische Ausführung der Hydroröhrenleitung von der Krems (Traun)ursprung-Quelle zum Kurhaus und Dusche.
Der k.k. Bezirksarzt von Kirchdorf, Doktor der Medizin und Magister der Geburtshilfe Ludwig Wokurka Edler von Pflichtenheld (1802-1862; ehemaliger Bezirksarzt in Radstadt im Salzburger Kreis und praktischer Arzt in Znaim[5]) führte schon erfolgreich vor der eigentlichen Neuerrichtung der Heilanstalt (1839) hier mittels einfachen Behelfen Prießnitz´sche Kaltwasserkuren mit Patienten durch, sodass J. Strasser sich entschloss eine vollkommen und zweckmäßig eingerichtete Heilanstalt nach Lehren des autodidaktischen Naturheilers Vincenz Prießnitz zu Gräfenberg bei Freiwaldau in der naturbelassenen Einschichte[6] Kremsursprung neu zu erbauen. Dr. von Pflichtenheld wurde daher auch ärztlicher Leiter ebendieser Heilanstalt. Er war promovierter Mediziner der Universität Wien (Dissertatio inauguralis Medica de Diahrroea - Doctoris medicinae Laurea)[7]; für den vorindustriellen Vormärz ein eher atypischer Edelmann (Begriffsklärung) mit herausragendem sozialen Weitblick und in der Bevölkerung hochgeachteter Mensch. Er wurde auch später noch zum k.k. Kreisarzt Steyr[8] berufen. In der Hydrotherapie verstand er insbesondre die heilende Wirkung des Kältereizes und kann als weiterer Pionier und Wegbereiter der Naturheilkunde betrachtet werden.
Historische Eröffnungsanzeige des Justin Strassers am 17. Juli 1839 (Original Text als Literatur der Restaurationsepoche und authentische Betriebsanlagenbeschreibung):[9]
Neuerrichtete Kaltwasser = Heilanstalt nächst Micheldorf im Traunkreise.
Am 15 l. M. hat der Unterzeichnete seine neu erbaute Anstalt, welche nach dem Muster der Gräfenberg´schen eingerichtet ist, eröffnet. Es wird unter den zahlreichen Anstalten dieser Art, welche in dem kurzen Zeitraume von wenig Jahren in Europa, vorzüglich aber in Deutschland errichtet worden sind, kaum eine geben, deren Erscheinen von den nähern, und einem großen Theile von entfernteren Bewohnern mit so ungetheiltem Beifall und an Enthusiasmus grenzender Theilname aufgenommen worden wäre, als es bei der in Rede stehenden der Fall ist. Zwar fehlte es in dieser Gegend nicht an Localitäten zum Baden im kalten Wasser, da diese jedoch vorzugsweise andern Leuten gewidmet sind, so war eine umfassende und genügende Adaptirung derselben zum Heilzwecke unthunlich, daher sie, anstatt einem schon gewecktem Bedürfnisse abzuhelfen, vielmehr nur dazu dienten, dieses noch fühlbarer zu machen.
Dem allgemeinen Wunsche eines Publicums zu entsprechen, welches durch mehrere von dem k. k. Bezirksarzte zu Kirchdorf, Hrn. med. Dr. v. Pflichtenheld, auf diesem Wege, ungeachtet so mangelhafter Behelfe, glücklich bewerkstelligte Curen sein volles Zutrauen diesem Heilzwecke bereits zugewendet hat, entschloß sich der Unterzeichnete um so williger, eine vollkommen und zweckmäßig eingerichtete Heilanstalt in dem anmuthigen Kremsthale an der Quelle dieses aus dem Breitenberge nächst Micheldorf zwischen Kalksteinfelsen entspringenden Flüßchens zu erbauen, als der ob genannte Hr. Bezirksarzt die Nachsicht persönlich pflegen zu wollen sich erklärt hat, wodurch den Besuchern dieser Anstalt eine durch Erfahrung bereicherte rationelle Behandlungsweise verbürgt wird.
Die Anstalt befindet sich am rechten Ufer der Krems, hundert und fünfzig Klafter unterhalb ihres Ursprunges, woher durch eine Röhrenleitung das Wasser der mit einem Falle von vier und zwanzig Fuß (Einheit) versehenen Douche den Bädern und dem Brunnen zugeführt wird.
Das mit seiner Fronte dem Sonnenaufgange zugekehrte Wohnhaus hat bis jetzt vier verwendbare Wohnungen im Erdgeschoße, welche stets nach individuellem Wunsche eingerichtet werden können, und diese Bequemlichkeit darbieten, daß jeder derselben ein abgesondertes Badezimmer in der Art beigegeben ist, daß die Wohnzimmer eine Reihe des Gebäudes, die Badezimmer ab die andere bilden. Die Douche ist 10 Schritt (Einheit)e von dem Wohnhause entfernt, und es kann der Wasserstrahl mittelst eines einer einfachen Vorrichtung von 3 Zoll (Einheit) bis auf ein 1/2 Zoll Durchmesser vermindert werden. Das Wasser hat eine ungemein selbstständige Temperatur, da es in den heißesten Sommertagen nicht über + 8 1/2° R. (Réaumur-Skala) steigt, im Winter aber nicht unter + 6° R. fällt. Eine dem Zwecke entsprechende Kost wird in der Anstalt bereitet, und um ein Billiges verabreicht. Wer die Anstalt mit eigener Gelegenheit besucht, kann diese im Gasthofe des Gefertigten unterbringen. Jene, welche ihren Aufenthalt im Orte zu nehmen vorziehen, erhalten eben daselbst Wohnungen für die Dauer der Curzeit, und können mittelst Stellwagen zu der eine halbe Stunde entfernten Anstalt befördert werden.
Eine gesunde, sauerstoffreiche Gebirgsluft, die romantischen Ansichten des ganzen aus Hügeln, Alpen und Felsenmauern gebildeten Kremsthales, in welchem die beiden verschwesterten Ortschaften Micheldorf und Kirchdorf (Kirchdorf an der Krems) liegen, deren Bewohner sich durch Gewerbsfleiß und Betriebsamkeit, so wie durch ihren großen und biederen Charakter, die noch unter ihnen weilende altdeutsche Gastfreundschaft und ein zuvorkommendes Benehmen gegen Fremde auszeichnen, dürften einem Jeden, dessen durch Geschäfte oder Verhältnisse gedrückter Geist einer Erheiterung und Erhebung zur Unterstützung der Körperskräfte so sehr bedarf, nicht genug zu beachtende Momente bei der Auswahl eines Ortes zur Erlangung der verlorenen, oder Herstellung der geschwächten Gesundheit darbieten.
Durch die ihre Anlage einer fast augenblicklichen Erweiterung fähige Anstalt, so wie die Weitläufigkeit seiner Gasthofsgebäude setzen den gefertigten in den Stand, unbedingte Aufnahme zuzusichern, nur gibt er sich Ehre aufmerksam zu machen, daß niemand ohne Vorweis eines von einem bewährten in= oder ausländischen Hrn. Heilarzte ausgestellten Zeugnisses, oder einer von dem Hrn. Dr. v. Pflichtenheld rührenden Aufnahmsbewilligung zur Cur zugelassen werden dürfe.
Im Jahre 1860 verstarb Justin Strasser und die Liegenschaft wurde durch seine Witwe an Caspar Zeitlinger veräußert. Dieser wandelte die Heilanstaltsobjekte, bzw. wasserbaulichen Bestandsanlagen zum Zwecke der Metallverarbeitung um. Der Gast- und Schankbetrieb im Kurhaus bestand weiterhin im Rahmen eines Badhauses (vulgo Badhaus Kremsursprung) und die ursprünglichen, härteren Prießnitz´schen Wasseranwendungen wurden durch die zwischenzeitlich bekannt gewordenen, milderen Formen nach Monsignore Sebastian Kneipp ergänzt. Ein weiteres Nebengebäude wurde durch Caspar Zeitlinger zum Zwecke der Metallverarbeitung neu errichtet. Im Jahre 1914 kaufte die Pulvermacherin Anna Seraphine Schlager, geb. Sieghartsleitner die Liegenschaft von den Zeitlingern ab, modifizierte ebenfalls die Wirtschaftsbestandsobjekte zur Schwarzpulvererzeugung, welche bis 1976 erfolgte. Jedoch wurde aus Sicherheitsgründen auf der Liegenschaft der Schank-, Gast- und Badbetrieb ab 1914 eingestellt. Die hölzerne Prießnitz´sche Walddusche der Wasserheilanstalt wurde ebenfalls durch die Pulvermacher[10]in Anna Schlager, bzw. schon durch den Vorbesitzer Caspar Zeitlinger zu Wirtschaftszwecke modifiziert. Im Zuge der erhöhten Kriegsproduktion erfolgte 1917 eine Explosion, wobei das alte, hölzerne Badhaus größtenteils zerstört wurde.
Die Liquidation des Micheldorfer Pulvererzeugungsunternehmens war 1981 und durch Erbschaftsteilungen erfolgte der Rückkauf der Kaltwasserheilanstaltsliegenschaft in den Zweig der Pulvermacher nach Leopold und Margarethe Schlager in dessen Besitz sie heute ist. Von diesen wurde zum Gedenken an die Arbeiterschaft des aufgelösten Pulverwerkes der Barbara von Nikomedienturm zur ehemaligen Pulvermühle, bzw. Zainhammerl neu errichtet und nach römisch-katholischen Ritus zur Andachtskapelle (Kirchenbau) umgewandelt.
Im Sinne der beiden Gründer der Kaltwasser = Heilanstalt Micheldorf Justin Strasser und Dr. med. Ludwig Wokurka Edler von Pflichtenheld wird die Liegenschaft in ihrer ursprünglichen Verwendung weiterhin erhalten und genutzt.
Internationale Erwähnungen:
- De l`eau ou de l`hydrothèrapie - Strassbourg, imprimerie de V.e Berger-Levrault. (1843)
- Hydrotherapia; or, the Water Cure - London, by Thomas Smethurst, M.D. (1843)
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Der Wasserfreund von Dr. Schmitz (1840): [1]
- ↑ Medicinische Jahrbücher des kaiserl. königl. österreichischen Staates. Unter Mitwirkung mehrerer Ärzte und Naturforscher von Dr. Joh. Nep. Ritter von Raimann (1841): [2]
- ↑ Album der Westbahn von Wien bis Linz (Elisabeth-Westbahn) von Dr. F. C. Weidmann (1839): [3]
- ↑ Innerösterreichisches Industrie- und Gewerbe-Blatt von Carl v. Frankenstein (1841): [4]
- ↑ Medicinische Jahrbücher des kaiserlich - königlichen österreichischen Staates von den Professoren des Studiums der Heilkunde an der Universität zu Wien (1839): [5]
- ↑ Die Heilquellen und Kurorte des oestreichischen Kaiserstaates und Ober-Italien`s von Dr. Aug. Freihherrn von Härdtl (1862): [6]
- ↑ Doctoris medicinae Laurea Ludovicus Wokurka de Pflichtenheld (1826): [7]
- ↑ Hof- und Staats-Handbuch des Kaiserthumes Österreich (1856): [8]
- ↑ Allgemeine Zeitung München (1839): [9]
- ↑ Website Regional- und Heimatforscher Karl Mittermayr in Micheldorf/OÖ. (Österreich)