Benutzer:Kat2020harinat/Artikelentwurf
== Careleaver e.V. ==
Der gemeinnützige Careleaver e. V. ist eine bundesweite Selbstorganisation von Careleaver. Careleaver[1] sind junge Menschen, die in einer Pflegefamilie oder Jugendhilfeeinrichtung aufgewachsen sind oder sich im Übergang von der Jugendhilfe in ein eigenständiges Leben befinden. Die Mitglieder setzen sich als Expert*innen der eigenen Lebenssituation für ihre Rechte und Belange ein und informieren über die Risiken und Chancen mit und nach dem Ende der Jugendhilfe[2].
Ziele
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Verein unterstützt Careleaver im Übergang in die Selbstständigkeit und engagiert sich für ihre Interessen in der (Fach-)Öffentlichkeit und in der Politik. Dabei geht es sowohl um den Austausch und die Unterstützung unter Careleavern als auch um Lobby- und Öffentlichkeitsarbeit. Damit möchte der Verein für die Lebenssituation Leaving Care sensibilisieren und die Strukturen und Unterstützungsmaßnahmen für junge Menschen aus der stationären Jugendhilfe verbessern. Der Verein plädiert beispielsweise für eine verstärkte Partizipation in der Kinder- und Jugendhilfe: Kinder und Jugendliche müssen als Expert*innen für sich und ihr Leben in allen sie betreffenden Entscheidungen einbezogen werden[3]. Ein weiteres Anliegen ist die Verbesserung ihrer finanziellen Situation. Deswegen fordert der Careleaver e.V. die Abschaffung der Kostenheranziehung und erhält dabei auch Fürsprache von politischer Seite[4].
Hintergrund
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Grundstein für den Careleaver e.V. wurde 2012 mit dem Projekt „Higher Education without Family Support“[5] der Universität Hildesheim gelegt. Im Zentrum des Projekts standen zum einen die Schwierigkeiten und mangelnden Unterstützungserfahrungen von Careleavern an Hochschulen und zum anderen aber auch ihre Ressourcen und Potenziale, um das Hochschulstudium ohne die Unterstützung von leiblichen Familienmitgliedern abzuschließen. Daraus entwickelte sich zudem das Careleaver-Netzwerk Deutschland. Aus diesem wurde 2014 der bundesweit agierende Careleaver e.V. mit Sitz in Hildesheim gegründet. Die Aktivitäten des Netzwerks und des Vereins sind aber nach wie vor eng miteinander verknüpft und überschneiden sich teilweise[6]. Mittlerweile adressiert der Verein alle Careleaver – unabhängig von ihrem Bildungsstatus, ihrer Herkunft oder ihrem Alter. Darüber hinaus richten sich die Angebote auch an Fachkräfte der Kinder- und Jugendhilfe sowie an Akteur*innen, die im Übergang von Careleavern relevant sind[7].
Organisation des Vereins
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Vereinsämter werden alle zwei Jahre auf einer jährlichen Mitgliederversammlung von den Vereinsmitgliedern neu gewählt. Der Vorstand lädt außerdem regelmäßig zur Vorstandssitzung ein. Alle Mitglieder können daran teilnehmen und wichtige Anliegen einbringen. Jährlich findet zudem noch die Mitgliederversammlung im Rahmen eines Vereinswochenendes statt. Dort informiert der Vorstand über die Aktivitäten im vergangenen Jahr. Durch die Förderung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend konnte Ende 2019 eine Koordinierungsstelle in Freiburg eingerichtet werden[8]. Der Careleaver e.V. finanziert sich größtenteils durch öffentliche Gelder, Spenden und Mitgliedsbeiträge. Das Vereinsleben ist geprägt vom Engagement der ehrenamtlichen Careleaver. Sie sind maßgeblich an den Weiterentwicklungen und der Festlegung von Zielen des Vereins beteiligt. Das Mitwirken und die Teilnahme an all diesen Aktivitäten stehen jedoch nicht nur Vereinsmitgliedern offen, auch Netzwerkmitglieder und externe Interessierte können teilnehmen und sich einbringen.
Arbeitsgruppen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Innerhalb des Vereins existieren verschiedene Arbeitsgruppen (AG), in die sich die Mitglieder aktiv einbringen können. Die Mitglieder der Arbeitsgruppen stehen in regelmäßigem Austausch miteinander, um ihre Ideen im Sinne des Vereins umzusetzen. In der AG Mitgliedermanagement dreht sich alles um die Anliegen der Vereinsmitglieder – von der Mitgliederwerbung bis hin zum Patenschaftsprogramm, das neue Mitglieder mit erfahrenen Mitgliedern vernetzt. Für die Einrichtung und den weiteren Bestand des Notfallfonds kümmert sich auch eine AG[9]. Hier finden Careleaver, die in finanziellen Notsituationen nicht nur finanzielle Unterstützung. Dazu gehört die Antragsbearbeitung genauso wie die Öffentlichkeitsarbeit in Bezug auf die Spender*innen und die Antragssteller*innen. Die AG Web unterstützt bei technischen Vorhaben des Vereins. Die AG Beratung bearbeitet die Anfragen sowohl von Mitgliedern als auch von externen Stellen rund um das Thema Hilfen für Careleaver bearbeitet. Die AG Bildungschancen setzt sich für mehr Bildungsgerechtigkeit für Careleaver ein. Dafür werden thematisch passende Workshops organisiert, Informationen zu Stipendien vermittelt und vieles mehr. Die AG Pflegekinder kümmert sich um alle Anliegen und Fragen rund um dieses Thema. Die AG Öffentlichkeitsarbeit trägt zur Erhöhung der Bekanntheit des Vereins bei.
Netzwerktreffen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ein wichtiges Angebot des Vereins sind die halbjährlich stattfindenden Netzwerktreffen, die seit 2012 stattfinden und sich längst zum „Herzstück“ der Vernetzungs- und Vereinsarbeit entwickelt haben. Hier treffen Careleaver, bei denen das Verlassen der Jugendhilfe kurz bevorsteht, auf Careleaver, die den Übergang bereits gemeistert haben. Austausch und Vernetzung zu Careleaver-spezifischen Themen stehen hier neben Spaß und Freude an gemeinsamen Aktionen und Ausflügen im Vordergrund. Die Treffen finden bundesweit an verschiedenen Orten statt und werden von den jeweils dort wohnenden Mitgliedern mit vorbereitet. Der Verein sorgt für die Finanzierung für jeweils 30 Teilnehmer und bietet somit allen Mitgliedern die Möglichkeit, daran teilzunehmen.
Regionalgruppen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Regionalgruppen (RG) in Berlin, Bremen, NRW, Rhein-Main und Stuttgart fördern die lokale und persönliche Vernetzung von Careleavern untereinander[10]. Da dies ein grundlegendes Ziel des Vereins ist, unterstützt er die Gründung von Regionalgruppen aktiv, damit flächendeckend welche entstehen können. Vernetzung findet darüber hinaus aber auch weltweit statt, beispielsweise mit Udayan Care in Indien[11].
Workshops
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Es gibt regelmäßige Workshops für Careleaver, in denen Wissen vermittelt und diskutiert wird, um den Alltag besser bewältigen zu können. Diese Themen wurden bereits in Workshops behandelt: 2016 fanden zwei Workshops zum Thema Stipendien (Berlin) und Rechte (Frankfurt) statt, 2017 folgte einer zu Bildung (Tübingen), 2018 beschäftigte sich der Workshop mit Aspekten rund ums Wohnen (Neu-Anspach) und 2019 mit Finanzen (Hannover).
Weihnachtsfeier
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Weihnachten ist für Careleaver keine einfache Zeit, denn an diesen Tagen wird besonders deutlich, wenn die Familie fehlt. Damit Careleaver die Weihnachtsfeiertage gemeinsam mit anderen genießen können, bietet der Careleaver e.V. jedes Jahr eine Weihnachtsfeier über die Feiertage an.
Lobby- und Öffentlichkeitsarbeit
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Careleaver e.V. betreibt aktive Lobby- und Öffentlichkeitsarbeit, um für die Lebenssituation von Careleavern zu sensibilisieren. Zahlreiche Einladungen zu Fachveranstaltungen nehmen Mitglieder des Vereins und des Netzwerks wahr, um das Wissen über das Thema Leaving Care zu verbreiten und Diskussionen darüber anzustoßen. Dafür setzt der Verein verschiedene Veranstaltungsformate ein – von Podiumsdiskussionen und Kongressteilnahmen über Vorträge an Hochschulen zur Schulung der Fachkräfte von morgen bis hin zur Durchführung von Workshops. Als Mitglied in diversen Gremien und Projekt-/Fachbeiräten hat der Verein zudem die Möglichkeit über (fach)politisches Engagement strukturelle Veränderungen des Übergangs aus der stationären Jugendhilfe anzustoßen, beispielsweise im Rahmen der SGB VIII-Reform[12] und dem Dialogforum Pflegekinderhilfe[13].
Um die eigene Position in der Öffentlichkeit zu verbreiten, formuliert und veröffentlicht der Verein regelmäßig Stellungnahmen zu aktuellen Themen, wie beispielsweise der Kostenheranziehung[14] oder der finanziellen Unterstützung von Careleavern in Notsituationen[15]. Alle weiteren konkreten Ziele des Vereins sind im Positionspapier erläutert[16]. Zusammengefasst enthält es folgende Forderungen:
1. Auflösung der normativen Eltern-Kind-Beziehung
Die Beziehung zu den Eltern kann für Careleaver eine Belastung darstellen, aber in vielen Situation kann der Kontakt nicht vermieden werden, deswegen ist ein rechtlich anerkannter Status als Careleaver notwendig.
2. Verbesserung der Finanzleistungen für Careleaver
Careleaver haben meist keine Möglichkeit finanzielle Rücklagen zu bilden, was vor allen Dingen beim Übergang in die Selbständigkeit zu großen Herausforderungen führen kann. Deswegen sind Notfallfonds, die schnell bei finanziellen Engpässen unterstützen können, notwendig, aber auch bereits in den Einrichtungen sollten Sparkonzepte für die jungen Menschen geschaffen werden. Eine Abschaffung der Kostenheranziehung ist dafür sinnvoll.
3. Stärkung der Partizipation in der stationären Jugendhilfe
Echte Mitbestimmung findet in der Kinder- und Jugendhilfe noch nicht oft genug statt. Aber junge Menschen wollen mitbestimmen, deswegen müssen auch die Möglichkeiten gegeben sein.
4. Anerkennung des Übergangs in die Selbständigkeit als Prozess
Der Übergang aus der Jugendhilfe in die Selbstständigkeit erzeugt Unsicherheit. Damit der Übergang für die jungen Menschen gelingt, braucht es eine individuelle und flexible Gestaltung.
5. Verbesserung von Bildungschancen
Die Ressource Bildung wird in Hilfeeinrichtungen häufig vernachlässigt und die Potentiale der jungen Menschen werden nicht genügend gefördert – das muss sich ändern.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Köngeter, Stefan/Mangold, Katharina/Strahl, Benjamin (2016): Bildung zwischen Heimerziehung und Schule. Ein vergessener Zusammenhang. Weinheim/München: Beltz Juventa.
Mangold, Katharina (2014): „Bildungserfolgreiche Jugendliche in stationären Hilfen zur Erziehung? Das gibt ́s doch nicht!“ In: Sozialmagazin 11-12/2014. S.48-55.
Sievers, B., Thomas, S. & Zeller, M. (2018). Jugendhilfe – und dann? Zur Gestaltung der Übergänge junger Erwachsener aus stationären Erziehungshilfen. IGfH-Eigenverlag: Frankfurt a. M.
Zeller, M. & Köngeter, S. (2013). Übergänge in der Kinder- und Jugendhilfe. In: W. Schröer, B. Stauber, A. Walther et al. (Hrsg.). Handbuch Übergänge (S. 568–588). Weinheim und Basel: Beltz Juventa.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Vereinshomepage Careleaver e.V.
Durchblick – Infos für deinen Weg aus der Jugendhilfe ins Erwachsenenleben
Raabe, B. & Thomas, S. (2019): Handreichung Leaving Care.
Internationale Gesellschaft für erzieherische Hilfen (IGfH); Institut für Sozial- und Organisationspädagogik (2020). Care Leaver haben Rechte!
Monitor Hilfen zur Erziehung 2019.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Thomas, S. (2020). Careleaver. In: D. Kreft & I. Mielenz (Hrsg.). Wörterbuch Soziale Arbeit. Weinheim: Beltz Verlag.
- ↑ www.careleaver-kompetenznetz.de/index.php?article_id=14
- ↑ https://www.sozialgesetzbuch-sgb.de/sgbviii/8.html
- ↑ https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/aktuelles/alle-meldungen/bericht-zur-zukunft-der-kinder--und-jugendhilfe/142418
- ↑ http://www.uni-hildesheim.de/fb1/institute/institut-fuer-sozial-und-organisationspaedagogik/forschung/abgeschlossene-projekte/hei-careleavers/
- ↑ https://www.careleaver.de/wp-content/uploads/2020/11/Organigramm_web-1.pdf
- ↑ https://www.careleaver.de/?page_id=8
- ↑ http://www.jugendhilfeportal.de/hze/artikel/hilfe-bei-dem-weg-in-die-selbststaendigkeit-von-careleavern-fuer-careleaver/
- ↑ https://www.careleaver.de/notfallfonds-3/
- ↑ https://www.careleaver.de/regionalgruppen/
- ↑ http://www.udayancare.org/
- ↑ http://www.mitreden-mitgestalten.de/
- ↑ http://www.dialogforum-pflegekinderhilfe.de/
- ↑ http://www.careleaver.de/wp-content/uploads/2018/08/Stellungnahme-Kostenheranziehung.pdf
- ↑ http://www.careleaver.de/wp-content/uploads/2020/06/Stellungnahme_CareleaverinZeitenvonCorona.pdf
- ↑ http://www.careleaver.de/wp-content/uploads/2013/09/Flyer.pdf