Benutzer:Kombinator3/Bernd Böttcher

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Bernd Böttcher (* 4. Februar 1956 in Leitzkau, DDR; † 8. Oktober 2001 ebenda) war ein deutscher Bürgerrechtler, Umwelt- und Friedensaktivist, Schriftsteller und Landwirt.

Böttcher wuchs in Leitzkau auf, absolvierte eine Ausbildung zum Landmaschinenschlosser, studierte an der Ingenieursschule für Landtechnik Nordhausen, leistete seinen Grundwehrdienst bei der NVA ab, arbeitete als Ingenieur am Kreisbetrieb für Landtechnik (KfL), beendete diese Tätigkeit 1985 und war daraufhin selbstständig als Obstbauer tätig und geringfügig beschäftigt beim damaligen Kirchenkreis Leitzkau als "technische Hilfskraft"[1], um nicht wegen "Arbeitsbummelei" und "asozialen Verhaltens" nach § 249 StGB der DDR staatlichen Repressionen ausgesetzt zu sein. Ab Anfang der achtziger Jahre war Böttcher zunächst in der regionalen kirchlichen Friedensbewegung aktiv, ab 1985 wurde er auch mehr und mehr zum Umweltaktivisten, besonders nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl im April 1986. Böttcher verweigerte 1985 seinen Reservedienst bei der NVA und wurde zu einem wichtigen Akteuer der DDR-Opposition im Bezirk Magdeburg mit Verbindungen nach Magdeburg, Stendal, Quedlinburg, Ost-Berlin, Leipzig und in die Bundesrepublik.

Böttchers besondere Rolle bestand darin, dass er im ländlichen Raum Opposition organisierte und vernetzte, in kirchlichen Kreisen, aber auch außerhalb[2] [3]. Besonders intensiv war der Kontakt zu Hans-Jochen Tschiche von der Evangelischen Akademie Magdeburg, zu Ute Leukert und den Frauen für den Frieden Leipzig, zu Rainer Müller vom Arbeitskreis Gerechtigkeit, zum Arbeitskreis Solidarische Kirche, insbesondere zu Thomas Gerlach, und zu Oppositionsgruppen in Stendal um die Oppositionelle Erika Drees. Böttcher wurde deswegen vom MfS intensiv ausgespäht und überwacht. Er und seine Lebensgefährtin (ab 1986) waren Repressionen ausgesetzt.

Im Herbst 1989 war Böttcher einer der Akteure der Friedlichen Revolution. Unzufrieden mit der politischen Entwicklung formulierte Böttcher 1990 seine Vorbehalte gegen die sich abzeichnende deutsche Einheit und postulierte in Flugblättern eine "Gruppe Widerspalt". 1990 nahm Böttcher ein Studium am Deutschen Literaturinstitut "Johannes R. Becher" in Leipzig auf und wurde von Dozenten wie Peter Gosse, Ralf Schröder und Bernd Leistner beeinflusst. Böttcher veröffentlichte danach im Eigenverlag die Taschenbücher "Schnür Deinen Schuh" (1992) und "Wo die Liebe hinfällt" (1997) mit Erzählungen, Kurzgeschichten und Lyrik. Wiederkehrende Motive darin waren seine Erlebnisse auf Reisen in die Nachfolgestaaten der Sowjetunion, insbesondere ausgedehnte Aufenthalte in Belarus. Die russischen und sowjetische Literatur hat ihn stark beeinflusst, insbesondere die Erzählungen und Romane von Dostojewski und Bulgakow und die Lyrik von Achmatowa und Zwetajewa. Beeinflusst haben ihn außerdem DDR-Schriftsteller wie Christa Wolf und Heiner Müller.

In den 90er Jahren setzte sich Böttcher verstärkt für ein Ende der Atomkraft in Deutschland ein und für einen deutlich schonenderen Umgang mit den natürlichen Ressourcen der Erde. Böttcher sprach sich gegen den geplanten Weiterbau des AKW Stendal aus, engagierte sich in der Bürgerinitiative "Energiewende Stendal", praktizierte zivilen Ungehorsam und wurde, weil er gemeinsam mit anderen auf das Kraftwerksgelände bei Stendal eingedrungen war, zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von zwölf Wochen verurteilt, die er in der JVA Dessau absaß. Bernd Böttcher war 1990 Inspirator für die Gründung des Vereins "Kinder von Tschernobyl" Magdeburg. Böttcher wurde mit seinen Obstbaubetrieb Mitglied im Interessenverband Gäa e.V. für ökologischen Landbau in Ostdeutschland.

Bernd Böttcher starb am 8. Oktober 2001 in seinem Haus in Leitzkau an einem Herzinfarkt und wurde in Leitzkau beigesetzt. Böttcher hat einen Sohn (geb. 1986).


Deutsche Biografie

Robert-Havemann-Gesellschaft



Kategorie:Bürgerrechtler Kategorie:Deutscher Kategorie:DDR-Bürger Kategorie:Geboren 1956 Kategorie:Gestorben 2001 Kategorie:Mann Kategorie:Person (Gommern)

  1. https://www.landeskirchenarchiv-magdeburg.de/asset/H6H2kGORQBCxKsS_niaIMA/rep-h-45-superintendentur-leitzkau.pdf?ts=1651930142976
  2. https://www.havemann-gesellschaft.de/archiv-der-ddr-opposition/?datum_bis=&datum_von=&extendedSearch=1&offset=7&ort=&personen=&pid=2&search_active=1&search_area=all&search_type=2&signatur=PS&suchtext=&searchDetailTyp=2&searchDetail=91
  3. https://www.havemann-gesellschaft.de/archiv-der-ddr-opposition/nachlaessepersoenliche-archivbestaende/b/?allSearch=1&search_active=1&search_type=1&search_area=all&rootid=183&archiv_suche=&limit=48&offset=146&searchDetailTyp=4&searchDetail=7174