Benutzer:Lumu/Markersdorfer Brücke
Welche Bedeutung hat eigentlich das nette Damenbein im Wappen? --Bombadil58 09:20, 2. Mär. 2008 (CET)
Claußnitz
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bei den Sehenswürdigkeiten der Gemeinde Claußnitz bei Chemnitz sollte man erwähnen, dass dort im August 2010 gegen den Protest von Fachleuten die älteste deutsche Stahlbetonbrücke nach dem Patent von François Hennebique abgebrochen wurde. Ich füge Ihnen einen kurzen Text an, der voraussichtlich in der nächsten Nummer der Zeitschrift Industriekultur erscheinen wird. Eine Verlinkung mit dem Eintrag über Max Pommer als Erbauer der Brücke ist wünschenswert. Rückfragen gern! Stefan W. Krieg
Brücke Markersdorf
Die Straßenbrücke zwischen Markersdorf und Taura über die Chemnitztalbahn wird nun doch abgebrochen. Durch die Stilllegung der Chemnitztalbahn und die Wiederherstellung der ursprünglichen Straßenführung vor dem Bau der Eisenbahn ist die Brücke entbehrlich geworden. Zum Zeitpunkt des Planfeststellungsverfahrens für die derzeit laufenden Straßenbaumaßnahmen war die Prüfung der Denkmaleigenschaft der Brücke nicht abgeschlossen; nach Feststellung der Denkmaleigenschaft ist der Planfeststellungsbeschluss nicht entsprechend geändert worden. Der Abbruch ist für die Straßenbaumaßnahmen nicht erforderlich, die Brücke steht ihnen nicht im Wege. Der Leiter des Straßenbauamtes Chemnitz, Karsten Mühlmann war sich der Bedeutung der Brücke immer bewusst und hat immer wieder versucht, einen neuen Eigentümer für die Brücke zu finden. Die Gemeinde Claußnitz wollte sie nicht haben, und die Eisenbahnfreunde Chemnitztal e. V. sahen sich außerstande, neben dem Bahnhof Markersdorf mit seinen Nebengebäuden auch die Brücke zu übernehmen.
Als nun der Abrisstermin bevorstand, hat Karsten Mühlmann die Rettungsbemühungen aus Dresden und Leipzig unterstützt, indem er aufzeigte, unter welchen Bedingungen ein Erhalt möglich sei, und eine Nachfrist einräumte, um das Rettungskonzept zu erstellen. Nachdem nun in letzter Minute mit der Leipziger Denkmalstiftung e. V. ein neuer Eigentümer gefunden werden konnte, der die Brücke übernehmen wollte, und auch die erforderlichen Bankbürgschaften und Spendenzusagen von namhaften Leipziger Bauträgern vorlagen, schien die Brücke gesichert. Aber am Donnerstagabend entschied der Gemeinderat Claußnitz in einer außerordentlichen Sitzung, seinen alten Beschluss beizubehalten und in dem anstehenden Verfahren zur Änderung des Planfeststellungsbeschlusses wiederum den Abriss der Brücke zu fordern. In langen Telefonaten mit dem Referenten für technische Denkmale im Landesdenkmalamt Michael Streetz und mir hatte Bürgermeister Günter Hermsdorf sich scheinbar von der Bedeutung der Brücke überzeugen lassen. Umso erschreckender war dann die von primitiver Polemik und völligem Unverständnis geprägte Gemeinderatssitzung. Die Brücke fällt nun provinziellem Unverstand und völligem Desinteresse an Kultur zum Opfer.
Die Brücke und ihre Bedeutung Errichtet 1900 im Auftrag der Sächsischen Staatseisenbahnen durch Max Pommer nach dem Hennebique-Patent und statischer Berechnung des Büros Hennebique in Paris. Die Brücke ist die älteste derzeit bekannte Brücke nach Hennebique-Patent in Deutschland. Es ist nicht wahrscheinlich, dass noch eine ältere oder auch nur gleich alte Brücke in Deutschland gefunden werden könnte. Denn der einzige Hennebique-Lizenznehmer mit ähnlich frühen Bauten, die Firma Züblin, hat damals nur im Elsass gebaut, so dass eventuell vorhandene Brücken heute in Frankreich liegen. Die Brücke ist die älteste bekannte deutsche Brücke als Stahlbeton-Plattenbalken-Konstruktion. Weiterhin ist sie nach Forschungen von Martin Tasche (TU Dresden) die älteste bekannte deutsche Brücke als Stahlbeton-Rahmen-Konstruktion. Zum Zeitpunkt der Errichtung wurden die meisten Betonbrücken aus unbewehrten sog. Stampfbeton als Bogenbrücken errichtet und dies bis etwa 1920. Dagegen sind beide genannten Konstruktionsweisen die zukunftsweisenden gewesen, die heutigen Brückenkonstruktionen immer noch zugrunde liegen. Schließlich ist die Brücke die fünftälteste Stahlbetonbrücke in Deutschland überhaupt. Älter als sie sind nach derzeitigem Kenntnisstand nur zwei Brücken in Schleswig-Holstein (1894–97) und eine in Baden-Württemberg (1891), die alle nach dem älteren Monier-Verfahren in Bogenform gebaut wurden, das nur geringe Brückenlasten zuließ. Die erhaltenen Brücken Nach dem mit Hennebique konkurrierenden System Möller ist offenbar noch eine Brücke in Sachsen-Anhalt erhalten. Das Hennebique-System ist – anders als die beiden genannten Systeme – die Grundlage aller heute noch gebauten Stahlbetonbrücken (auch wenn es später durch Verbesserungen wie den Spannbeton ergänzt wurde).
Die ausführende Firma des Leipziger Architekten Max Pommer (1847–1915) errichtete mit dem Druckereiflügel der Firma C. G. Röder in der Perthesstr. 3 in Leipzig 1898 auch den ältesten derzeit bekannten mehrgeschossigen Bau mit vollständigem Tragwerk nach den Hennebique-Patenten. Er konnte bereits 2006 vor dem Abriss gerettet werden und steht nun kurz vor der Instandsetzung und Umnutzung. Max Pommer war im übrigen ein bedeutender Architekt des Historismus in Leipzig und spielte auch eine wichtige Rolle als Sozialreformer.
STEFAN W. KRIEG, LEIPZIG (nicht signierter Beitrag von Stefan W. Krieg (Diskussion | Beiträge) 21:59, 11. Aug. 2010 (CEST))