Benutzer:MYR67/Artikelwerkstatt Sühneprinz

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ACHTUNG! Hat sich erledigt! Habe einen kurzen Hinweis auf diesen Spottnamen in den bereits existierenden Wikipedia-Eintrag Zaifeng nachgetragen!

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Was ist ein bzw. der Sühneprinz? Spottname auf den chinesischen Prinzen Chun (bzw. Tschun), der nach Niederschlagung des Boxeraufstandes in einer demütigenden und entwürdigenden Zeremonie den Deutschen Kaiser um Entschuldigung für die Ermordung des deutschen Botschafters in Bejing bitten musste.

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Zaifeng soll Anfang des 20. Jahrhunderts zu den reichsten Menschen der Welt gehört haben.[1]

ACHTUNG, hier stimmt etwas nicht! Der „Sühneprinz“ hieß meines Wissens nicht Lihung-tschang, sondern Zaifeng, auch bekannt als Prinz Chun II., und er starb nicht 1912, sondern 1951

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Nachdem in China der so genannte Boxeraufstand vom Frühjahr und Sommer 1900 gegen die europäischen Kolonialmächte (darunter das Deutsche Kaiserreich) von diesen niedergeschlagen worden war, wurde – als eine Art Friedensvertrag – im September 1901 das »Boxerprotokoll« verabschiedet, das u.a. vorsah, dass der Bruder des Kaisers von China, der chinesische Prinz Chun, unter ziemlich entwürdigenden und demütigenden Bedingungen nach Potsdam reisen und sich persönlich bei Kaiser Wilhelm dafür entschuldigen musste, dass im Boxeraufstand der deutsche Gesandte in Peking, Clemens Freiherr von Ketteler, am 20. Juni 1900 ermordet worden war. Wegen dieser »Sühneaktion« bekam Prinz Chun im deutschen Volksmund und in den deutschen Medien den Spitznamen »Sühneprinz«.

Otto Reutter hat ein Couplet darüber gedichtet: https://www.otto-reutter.de/index.php/couplets/texte/294-der-suehneprinz.html

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»Nach der blutigen Niederschlagung des Boxeraufstandes durch eine vereinte europäische Armee in den Jahren 1900/1901 musste Prinz Chun nach Berlin reisen, um sich persönlich beim deutschen Kaiser für die Ermordung des deutschen Gesandten von Ketteler zu entschuldigen und die umfangreichen Reparationsforderungen der Alliierten entgegenzunehmen. Dies trug ihm im deutschen Volksmund den Namen „Sühneprinz“ ein.«

Quelle: Axel Roschen, Thomas Theye (Hrsg.), „Abreise von China - Texte und Photographien von Wilhelm Wilshusen 1901–1919“, Verlage Stroemfeld, Basel, und Roter Stern, Frankfurt am Main, 1980, S. 71, Bildunterschrift

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Kniefall und Geschenke: Die Sühnemission des Prinzen Chun in Deutschland von Herbert Butz, DHM https://www.dhm.de/archiv/ausstellungen/tsingtau/katalog/auf1_16.htm

Nach der Niederschlagung des Boxeraufstandes durch die alliierten Mächte, die auf die Belagerung der Gesandtschaften und die Ermordung des deutschen Gesandten in Peking, Clemens Freiherr von Ketteler, am 20. Juni 1900 erfolgte, setzten in Peking langwierige Friedensverhandlungen ein. Sie fanden schließlich am 7. September 1901 mit der Unterzeichnung des sogeannten Boxer-Protokolls ihren Abschluss. Artikel 1 dieser Friedensvereinbarungen sah vor, dass die chineische Seite eine Sühnegesandtschaft nach Deutschland schickte.1 Unter den kaiserlichen Prinzen ersten Ranges, die für die Leitung dieser Mission in Frage kamen, fiel die Wahl auf Prinz Chun II. (1883-1951), mit persönlichem Namen Zaifeng, einen Bruder des regierenden Kaisers. Zu den begleitenden Räten des durch kaiserliches Dekret zum außerordentlichen Botschafter ernannten Prinzen zählte der Bannergeneralleutnant Yinchang, der zukünftige neue chinesische Gesandte in Berlin. In der deutschen Presse fand die Reise der Sühnegesandtschaft von Anfang an ein lebhaftes Echo.2 Am 4. Juli 1901 meldete die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ die bevorstehende Abreise der Sühnegesandtschaft aus Shanghai: „Mit dem Dampfer des Norddeutschen Lloyd >Bayern<, der am 20. d. M. von Shanghai abgeht, tritt die außerordentliche Gesandtschaft unter Führung des Prinzen Tschun die Reise nach Deutschland an. Der Dampfer >Bayern< ist am 22. August in Genua fällig.“ Nach einem Aufenthalt in Basel, der sich wegen eines diplomatischen Tauziehens um protokollarische Einzelheiten („Kotau-Frage“) bei der Durchführung des Sühneaktes in Potsdam in die Länge zog,3 reisten die Teilnehmer der Gesandtschaft am 2. September nach Potsdam ab und nahmen nach ihrer Ankunft am 3. September in der Orangerie im Park von Sanssouci Wohnsitz. Just an diesem Orte, dem Park unmittelbar vor der Orangerie, sollten seit dem Herbst 1901 über viele Jahre hinweg auch fünf jener chinesischen astronomischen Instrumente stehen, die seit dem Jahre 1669 unter der Leitung des Jesuiten Ferdinand Verbiest (1623-1688) auf dem Pekinger Observatorium installiert worden waren und die man nach Niederschlagung des Boxeraufstandes von Peking nach Potsdam verbracht hatte. Erst 1919 gelangten sie in Erfüllung des Friedensvertrages von Versailles wieder an ihren alten Standort in Peking zurück.4

Der Sühneakt im Grottensaal des Neuen Palais in Potsdam Der Sühneakt war für den folgenden Tag (4. September) im Grottensaal des Neuen Palais anberaumt. Sein Verlauf fand in der Presse ein besonders ausführliches Echo, und die bei dieser Gelegenheit gehaltenen Reden und verlesenen Schreiben wurden im Wortlaut wiedergegeben.5 Wenige Tage später, am 7. September 1901, druckte die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ einen Augenzeugenbericht ab, der mit großer Genauigkeit die zahlreichen hochrangigen deutschen Vertreter der Regierung und des Militärs beim Sühneakt aufführte und sorgfältig auf protokollarische Einzelheiten einging: „Kurz vor der für die Zeremonie bestimmten Zeit 12 1/2 Uhr - fanden sich die höchsten Staats- und Würdenträger des Reiches auf Station Wildpark ein, von wo aus dieselben sich in Königlichen Wagen nach dem Schlosse begaben. - Unter den Erschienenen bemerkte man die aktiven Staatsminister Frhrn. v. Rheinbaben, Schönstedt, Müller, v. Gossler und v. Podbielski, den Staatssekretär des Reichs-Marine-Amts v. Tirpitz, sowie den Staatssekretär des Auswärtigen Amtes, Frhrn. v. Richthofen, der von dem der chinesischen Sprache kundigen Kaiserlichen Konsul Frhrn. v. Seckendorff begleitet war. Ferner waren erschienen die Chefs des Militär- und Marinekabinets, das gesammte Große Hauptquartier Sr. Majestät des Kaisers und Königs mit den Generalen v. Plessen, v. Kessel und v. Löwenfeld, sowie die in Berlin und Potsdam anwesenden Generale mit den kommandirenden Generalen des Garde- und des 3. Armeekorps v. Bock und Polach und v. Lignitz an der Spitze. Von den Obersten Hofchargen sah man den Oberstkämmerer Grafen Solms-Baruth, den Ober-Hofmarschall Grafen zu Eulenburg und viele andere hochgestellte Persönlichkeiten. Kurz vor 12 l/2 Uhr erschien Se. Majestät der Kaiser und König in der Uniform Seines Regiments der Gardes du Corps mit dem Marschallstabe in der Hand und begrüßte die Versammelten, insbesondere die erschienenen Prinzen des Königlichen Hauses. Zur festgesetzten Zeit gab der Ober-Hofmarschall Graf Eulenburg das Zeichen, dass der Sühnegesandte nahe. Der Staatssekretär des Auswärtigen Amtes und der Kaiserliche Konsul Frhr v. Seckendorff stellten sich rechts vor den Thron. Der Kaiser ließ sich, ohne den Helm abzunehmen, mit Marschallstabe in der Hand, auf dem Throne nieder und schaute mit tiefernster Miene dem jugendlichen Prinzen entgegen, der unter tiefer Verbeugung in der Thür des Saales erschienen war. Mit langsamen feierlichen Schritten, wie es der chinesischen Sitte entspricht, nahte sich Prinz Tschun, der nur von dem chinesischen Generalleutnant Yin-Tschang als Dolmetscher begleitet und von den Zeremonienmeistern und dem ihm beigegebenen Ehrendienst umgeben war, unter erneuerten tiefen Verbeugungen dem Throne, in beiden Händen das in gelbe Seide gebundene und mit dem goldenen Drachen bestickte Handschreiben des Kaisers von China tragend. Wenige Schritte vor Seiner Majestät hielt der Prinz inne und verlas mit zwar leiser, aber vernehmlicher Stimme den bereits veröffentlichten Wortlaut seiner Ansprache. Hierauf übersetzte General Yin-Tschang, welcher sich unmittelbar hinter dem Prinzen aufgestellt hatte, die Worte des Kaiserlichen Prinzen, der nunmehr unter abermaligen tiefen Verbeugungen die Stufen des Thrones emporstieg, um Sr. Majestät dem Kaiser mit als Zeichen höchster Verehrung emporgehobenen Händen das Handschreiben seines Souveräns zu überreichen. Der Kaiser, auf den Erscheinen und Auftreten des fremden Prinzen augenscheinlich einen sympathischen Eindruck gemacht hatten, nahm das ihm dargebotene Schreiben huldvollst entgegen. Hierauf überreichte der Staatssekretär des Auswärtigen Amtes Freiherr v. Richthofen dem Monarchen dessen Allerhöchste Erwiderung, die Seine Majestät in der bereits wiedergegebenen Fassung unter fester Betonung der markanten Stellen mit lauter Stimme verlas. Die Uebertragung der Antwort des Kaisers an den Prinzen Tschun fiel dem Kaiserlichen Konsul Frhrn. v. Seckendorff zu, der die für die Versammlung fremden, vom jungen Prinzen aber mit gespanntester Aufmerksamkeit aufgenommenen Laute seiner Heimath klar und deutlich vortrug. Rückwärts gehend und unter vierfacher tiefer Verbeugung verließ Prinz Tschun den Saal. Die im Nebensaale und vor dem Schlosse aufgestellten Truppen erwiesen nunmehr, nachdem der Sühneakt vor sich gegangen und nachdem der Kaiser und König sich Allerhöchst bewogen gefunden, durch Empfang des Prinzen Tschun das durch China zum Ausdruck gebrachte tiefe Bedauern über die vorjährigen Ereignisse entgegenzu nehmen, militärische Ehren. Der Prinz kehrte unter Eskorte in die ihm angewiesenen Gemächer in der Orangerie nach Potsdam zurück.“6 Aus dieser und anderen Beschreibungen des Sühneaktes wird deutlich, in welch würdiger und formvollendeter Weise der Prinz seine Pflicht erfüllte und sich damit weithin Respekt erwarb, der im Verlaufe seines Aufenthaltes in Deutschland in allgemeine Sympathie umschlagen sollte. Unmittelbar nach dem Vollzug des Sühneaktes trat der militärische Ehrendienst in Funktion, und der Prinz wurde fortan mit den seinem Range gemäßen Würden behandelt. Der Kaiser stattete ihm bereits am Nachmittag in der Orangerie einen Höflichkeitsbesuch ab. Am folgenden Tag siedelte er mit seinem Gefolge dann nach Berlin über und nahm im Hotel Bellevue am Potsdamer Platz Aufenthalt. Die Zeit bis zur Abreise am 29. September war angefüllt mit einem dichten Programm. Der Prinz folgte zahlreichen Einladungen zu Empfängen und absolvierte umfangreiche Besichtigungen in und außerhalb Berlins. Während seines Berliner Aufenthaltes wird ihm von seiten des Auswärtigen Amtes eine Equipage zur Verfügung gestellt und zu allen nicht militärischen Besuchen der Kaiserliche Konsul Freiherr von Seckendorff attachiert, der darüber einen genauen Rapport anfertigte.7 Der Prinz besuchte in Berlin unter anderem die Königliche Porzellan-Manufaktur und das Kaufhaus Wertheim. Ausfahrten führten ihn zum Königlichen Schloss und zum Marstall. Weiterhin standen Besichtigungen wie die des Siegesdenkmals, des Bismarckdenkmals und des Reichstagsgebäudes auf dem Programm. In Lichterfelde besuchte der Prinz die Haupt-Kadetten-Anstalt. Tagesfahrten führten ihn nach Stettin und Hamburg,8 wo er Industrieanlagen besichtigte. Am 15. September reiste der Prinz dann in einem Salon-Wagen nach Danzig ab, wo auch der militärische Ehrendienst wieder in Funktion trat. In Danzig wurde er anlässlich der Kaisermanöver von Wilhelm II. mit dem Großkreuz des Roten-Adler-Ordens ausgezeichnet.9

Chinesische Geschenke des Sühneprinzen für das deutsche Kaiserpaar? Am Sonntag, dem 8. September 1901, hatte der Prinz auf eigenen Wunsch die chinesische Gesandtschaft in ihrer Residenz im Tiergarten besucht, um dort aufgestellte, aus China eingetroffene Geschenke zu besichtigen. Wenige Tage später erschien dazu folgende Notiz in der Presse:10 „Chinesische Geschenke. Kostbare Geschenke Kaiser Kwangsü's von China wird Prinz Tschun während seiner Anwesenheit in Danzig unserem Kaiserpaare überreichen. Dieselben trafen gestern in dem Palais am Thiergarten ein, wurden daselbst im großen Speisesaale aufgestellt und im Laufe des Vormittags vom Prinzen und der hiesigen Gesandtschaft besichtigt, um alsdann wieder verpackt zu werden. Über zehn Ballen feinster chinesischer Seide sind unter den Geschenken, die so ausgewählt sind, dass sie ein Bild aller kunstgewerblichen Industrien Chinas darbieten, zwei wundervolle, einen Meter hohe Bronzevasen, die in blauer Emaille blühende Mandelzweige zieren, zwei imposant große, aus Korallen geschnitzte runde Behälter, welche Musterwerke ostasiatischen Kunstfleißes in den auf den Deckeln wiedergegebenen Landschaften darstellen, ein Theebehälter aus Bronze, in einer Fülle von Rubinen und Smaragden chinesische Juwelierkunst vorführend, eine Alabasterschaale mit feiner Bildhauerarbeit und eine große Anzahl Erzeugnisse der chinesischen Porzellan-Manufaktur in den verschiedensten Formen und Größen.“ Der Hinweis auf die Überreichung der Geschenke an das deutsche Kaiserpaar in Danzig war allerdings übereilt, denn dazu sollte es nicht kommen. Zunächst hatte Prinz Chun II. durch den chinesischen Gesandten dem Auswärtigen Amt übermitteln lassen, dass er den Wunsch hege, den kaiserlichen Hoheiten und weiteren hochgestellten Persönlichkeiten Geschenke des Kaisers von China, der Kaiserinwitwe und von sich selbst zu überreichen, und ließ anfragen, wo und wann die Überreichung stattfinden könne. Im Hinblick auf die Veranlassung der Mission und ihren besonderen Charakter wurde ihm aber von seiten des Auswärtigen Amtes bedeutet, von einem formellen Angebot lieber Abstand zu nehmen.11 Der Prinz ließ daraufhin anfragen, ob die Geschenke, falls der Kaiser sie ablehne, den Museen im Namen der chinesischen Regierung überwiesen werden könnten, wo - „wie der Prinz bemerkt zu haben glaube, bezüglich Chinas manche Lücken vorhanden wären, die sich mit seinen Geschenken gut ausfüllen ließen“.12 Die Museen mit chinesischen Beständen in Berlin waren das Museum für Völkerkunde und das unmittelbar benachbarte Kunstgewerbemuseum (im heutigen Martin-Gropius-Bau), die der Prinz im Rahmen seines umfänglichen Programms in der Tat kurz zuvor besucht hatte, und zwar am Nachmittag des 10. Septembers 1901. Mit dem zweiten Vorschlag des Prinzen, der ihm zugleich auch erlaubte, sein Gesicht zu wahren, war der Kaiser einverstanden. Zusammengestellt waren die ursprünglich für das deutsche Kaiserpaar bestimmten Geschenke von chinesischer Seite auf vier von der chinesischen Gesandtschaft in Berlin an das Auswärtige Amt übermittelten Listen.13 Eine Liste umfasste die Geschenke des chinesischen Kaisers Guangxu, eine weitere solche des Prinzen Chun II. für den deutschen Kaiser. Auf einer dritten Liste waren Geschenke der chinesischen Kaiserinwitwe Cixi (1835 bis 1908), auf einer vierten die des Prinzen Chun II. für die deutsche Kaiserin zusammengestellt. Die Listen hatten folgenden Wortlaut:

[1] Liste der Geschenke, welche Seiner Majestät dem Deutschen Kaiser von Seiner Majestät dem Kaiser von China durch Seine Kaiserliche Hoheit dem Prinzen Tschun überreicht werden: 1.) Ein Napf aus weißem Nephrit mit Henkelringen aus dem ganzen Stein geschnitten 2.) Eine Porzellanvase (dunkelroth) aus der berühmten Lang-Fabrik in Kinkiang, Regierungszeit Yungchêng (A.D. 1723–1735) 3.) Eine Porzellanvase mit Päonien und Löwen in blau aus der Regierungszeit Kienlung (A.D. 1736–1795) 4.) Ein bronzenes Räuchergefäß mit drei elephantenkopfförmigen Füßen und Deckel mit Edelsteinen besetzt aus der Zeit der Ming-Dynastie (A.D. 1368 1628) 5.) Zwei große Cloisonné-Vasen in Kürbisform mit aufgesetzten kürbisförmigen Figuren, Fledermäusen (Embleme des Glücks) und mit Schriftzeichen Shew (hohes Alter), dieselben sollen den Wunsch ausdrücken, das Kaiserliche Haus möge zehntausend Generationen dauern 6.) Ein bronzenes huhnförmiges Wassergefäß, mit eingelegter Gold- und Silberverzierung aus der Zeit der Chow-Dynastie (A.C. 1122 A.C. 255)

[2] Liste der Geschenke, welche Ihrer Majestät der Deutschen Kaiserin von Ihrer Majestät der Kaiserin-Mutter von China durch Seine Kaiserliche Hoheit den Prinzen Tschun überreicht werden: 1.) Ein kleiner Lichtschirm aus weißem Nephrit mit Landschaft und Figuren 2.) Eine Schüssel aus Porzellan mit Malerei (Frau, Kind und Hirsch [Freude]), und Inschrift Erhält ein Sohn des Kaisers Gnade, so nährt der Staat das ganze Haus, aus der Regierungszeit Kanghsi (A.D. 1662–1722) 3.) Ein Paar geschnitzte Schachteln aus rothem Lack aus der Regierungszeit Kienlung (A.D. 1736–1795) 4.) Zwei vergoldete Blumenvasen mit farbigen Edelsteinen aus der Zeit Kienlung (A.D. 1736 1795) 5.) Zwei Stück Seidenstoff aus der Kaiserlichen Seidenweberei zu Nanking 6.) Zwei Stück Seidenstoff aus der Kaiserlichen Seidenweberei zu Hangchow

[3] Liste der Geschenke, welche Seiner Majestät dem Deutschen Kaiser von Seiner Kaiserlichen Hoheit dem Prinzen Tschun ehrfurchtsvoll überreicht werden: 1.) Eine Vase aus weißem Nephrit mit Henkelringen aus dem ganzen Steine geschnitten 2.) Eine Porzellanvase von Nephritfarbe mit hohlen Griffen, aus der Regierungszeit Kienlung (A.D. 1736 1795) 3.) Ein Paar grüne Tuschreibsteine in Cloisonné-Faßung 4.) Eine bronzene Dreifußvase aus der Zeit der Chow-Dynastie (A.C. 1122–A.C. 255) Ferner Vase. Bronze auf drei Füßen. Älteste Zeit Porzellanflasche, rund flach. Blaumalerei. XVIII.Jht.

[4] Liste der Geschenke, welche Ihrer Majestät der Deutschen Kaiserin von Seiner Kaiserlichen Hoheit dem Prinzen Tschun ehrfurchtsvoll überreicht werden: 1.) Ein dreifüßiges Räuchergefäß mit Deckel aus altem Cloisonné mit zwei Nebengefäßen, aus der Zeit der Ming-Dynastie (A.D. 1368 1628) 2.) Eine Porzellanvase mit Phönix und Blumen aus der Regierungszeit Wanlih (A.D. 1573–1619) 3.) Zwei Stück Seide verschiedener Farbe mit weißem Blumenmuster aus der Kaiserlichen Seidenweberei zu Hangchow 4.) Vier Stück Seide verschiedener Farbe (ohne Muster) aus der Kaiserlichen Seidenweberei zu Hangchow

Wie aus den Listen hervorgeht, bestanden die Geschenke in ausgewählten Werken des chinesischen Kunsthandwerks, vor allem aus der Zeit der Ming- (1368–1644) und Qing-Dynastien (1644–1911): Jadearbeiten, Bronzen, Cloisonné-Objekten, Lacken und Porzellanen sowie Seidenstoffen. Die Auswahl und Aufteilung der Geschenke erfolgte unter sorgfältiger protokollarischer Berücksichtigung von Rang und Status der Beschenkten und der Schenkenden. In China bestand eine alte Tradition in der Verteilung von kaiserlichen Geschenken als Ausdruck besonderer kaiserlicher Huld.14 Unter den Qing-Kaisern war es üblich, in dieser Weise Mitglieder des Kaiserhauses, verdiente Beamte und Generale auszuzeichnen und zu belohnen, auch wurden Tempel nicht selten mit kaiserlichen Stiftungen bedacht. So gelangten im Jahre 1771 als Geschenk des Kaisers Qianlong (reg. 1736–1795) zehn archaische Bronzen aus seiner Sammlung in den von der Historie geheiligten Konfuziustempel in Qufu, Provinz Shandong.15 In der Ära Daoguang (1821–1850) erhielt ein mandschurischer Prinz als besonderen Gunstbeweis seines kaiserlichen Herrn archaische Bronzen aus der kaiserlichen Sammlung als Geschenk.16 Bronzene Ritualgefäße, die in der chinesischen Frühzeit eine bedeutsame Rolle im rituellen Brauchtum und als Embleme politischer Macht und Autorität spielten, bildeten in chinesischen Sammlungen immer einen Schwerpunkt. Bereits in den Palastsammlungen des Altertums zählten bronzene Dreifüße und andere Regalia zu der Kategorie der von übernatürlichen Kräften beseelten Schätze. Die Ausstrahlung der als Geschenke verliehenen frühen Bronzen wurde noch gesteigert, wenn sie Inschriften trugen. Im Umgang mit den fremden Mächten in der Zeit des Kolonialismus zählten daher auch Geschenke, darunter Bronzen, zu bewährten Mitteln der Diplomatie. Zum 50. Regierungsjubiläum der englischen Königin Victoria im Jahre 1887 erhielt die Regentin vom chinesischen Kaiser Guangxu (reg. 1871–1908), vermutlich auf Betreiben der einflussreichen Kaiserinwitwe Cixi, ein mit Inschrift versehenes, bronzenes archaisches Ritualgefäß vom Typ gu überreicht.17 Von der Kaiserinwitwe ist bekannt, dass sie nicht selten jenen, denen sie besondere Achtung entgegenbrachte, darunter auch ausländische Diplomaten, Bilder schenkte, die den Aufschriften zufolge von ihrer eigenen Hand stammten, vorzugsweise Darstellungen des Blumen-und-Vogel-Genres.18 Eine solche Hängerolle mit Strauchpäonien aus dem Jahre 1905, die sie dem deutschen Gesandten in Peking, Freiherr Alfons Mumm von Schwarzenstein, dem Nachfolger des in Peking ermordeten Freiherrn Clemens von Ketteler, zu seinem Abschied schenkte, befindet sich heute im Frankfurter Museum für Kunsthandwerk. Unter den für Kaiser Wilhelm II. bestimmten Geschenken befanden sich auch Bronzegefäße, von denen zwei in den Listen als aus der Zhou-Dynastie (11. Jh. bis 256 v. Chr.) stammend bezeichnet werden. Nach unserer heutigen Kenntnis handelt es sich allerdings um archaisierende Bronzen, und sie stammen aus späterer Zeit. Ausgewählte Jadearbeiten und Porzellane waren sowohl dem deutschen Kaiser als auch der Kaiserin gewidmet. Lackkunstwerke und Seidenstoffe waren ausschließlich für die Kaiserin vorgesehen. Bei der späteren Verteilung der Geschenke auf die Museen sollten auf Wunsch des deutschen Kaisers neben den beiden Sammlungen in Berlin auch weitere in Betracht kommende Museen berücksichtigt werden. Die preußischen Gesandtschaften in München, Dresden und Stuttgart wurden daher angewiesen, die dortigen Regierungen dahingehend anzuschreiben. In den Sammlungen des Münchener Museums für Völkerkunde, der Dresdener Porzellansammlung und des Stuttgarter Linden-Museums hat sich eine Reihe dieser Geschenke und Zeichen der kaiserlichen Fürsorge erhalten.19

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Geschichte Bildergeschichten: Die Demütigung des „Sühneprinzen“ Wir stellen jede Woche ein Bild vor und erzählen seine Geschichte. Diesmal gehen wir zurück in das Jahr 1901. Eine chinesische Delegation kommt nach Potsdam. Deutsche Welle https://www.dw.com/de/bildergeschichten-die-dem%C3%BCtigung-des-s%C3%BChneprinzen/a-17351534

Es ist das Dokument einer Demütigung: Der chinesische Prinz Chun und seine Begleitung stellen sich im Neuen Palais in Potsdam dem Fotografen. Nicht zufällig sind sie eingerahmt von preußischen Militärs. Hier im historischen Zentrum preußischer Macht beugen sich die Besucher aus China der neuen Stärke und dem neuen Weltanspruch des Deutschen Reiches. Im Namen des Kaisers von China müssen sie sich offiziell bei Kaiser Wilhelm II. für den sogenannten "Boxer-Aufstand" entschuldigen. Bei diesen Unruhen war im Jahr 1900 unter anderem der deutsche Gesandte von Ketteler getötet worden. Das hatte in Deutschland für Empörung gesorgt.

Doch acht europäische Mächte hatten den Boxer-Aufstand zugleich genutzt, um militärisch in China einzugreifen und ihre kolonialen Ansprüche in dieser Region zu festigen beziehungsweise noch auszudehnen. Das traditionsreiche und stolze chinesische Kaiserhaus wurde anschließend zu einem schmachvollen Frieden gezwungen. Als besondere Demütigung ließ man sich die Zustimmung zu einer prominent besetzten "Sühnemission" ins Deutsche Reich einfallen. Zu dieser bricht Prinz Chun, ein Bruder des regierenden Kaisers von China, schließlich im Sommer 1901 auf.

Die deutsche Öffentlichkeit verfolgte das Ereignis mit größtem Interesse, die Zeitungen berichteten ausführlich über den "Sühneprinzen". Als er am 4. September 1901 schließlich am Neuen Palais vorfuhr, ignorierte ihn die dort postierte Ehrenkompagnie. Wilhelm II. empfing Chun betont kühl und überheblich. Als Kopfbedeckung hatte sich der deutsche Kaiser ausgerechnet für einen Stahlhelm entschieden, den er auch während der folgenden Zeremonie nicht absetzte. Auch blieb er demonstrativ auf dem Thron sitzen, als der chinesische Prinz den Saal betrat, sich unter mehrmaligem Verbeugen dem Thron näherte, die vorbereitete offizielle Entschuldigung vorlas und sich – wieder unter Verbeugungen – rückwärts entfernte.

Der Prinz aus China habe sich wortreich entschuldigt, doch fortan, so mahnte Wilhelm II., müsse sich China gewissenschaft an "der Sitte zivilisierter Nationen" orientieren. Dabei hatte Wilhelm II. sich selbst geradezu barbarisch aufgeführt, als er im Jahr zuvor deutsche Soldaten zur Niederschlagung des Boxer-Aufstandes mit der sogenannten "Hunnen-Rede" aufgefordert hatte. Wie die Hunnen sollten sie sich in China aufführen: "Pardon wird nicht gegeben, Gefangene nicht gemacht." Deutsche Soldaten gingen daraufhin brutal gegen Zivilisten vor. Dass sich ihr Kaiser anschließend als Hüter der "zivilisierten Nationen" aufspielte, wirkt wie ein schlechter Witz der Weltgeschichte.

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Der Sühneprinz Original-Potpourri von Otto Reutter Teich/Danner Nr.66 https://www.otto-reutter.de/index.php/couplets/texte/294-der-suehneprinz.html

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Prinz Chun und die Sühne-Gesandtschaft in Berlin 1901 Antreten zum Kotau Nach der Niederschlagung des Boxer-Aufstands in China fordert Wilhelm II. Satisfaktion: Eine Sühne-Gesandtschaft aus dem Reich der Mitte reist im September 1901 nach Berlin, um Abbitte zu leisten. Stephan Wiehler, Tagesspiegel, 22.09.2014 https://www.tagesspiegel.de/berlin/fraktur-berlin-bilder-aus-der-kaiserzeit-antreten-zum-kotau/10729066.html

Es ist das Dokument einer Demütigung: Der chinesische Prinz Chun und seine Begleitung stellen sich im Neuen Palais in Potsdam dem Fotografen. Nicht zufällig sind sie eingerahmt von preußischen Militärs. Hier im historischen Zentrum preußischer Macht beugen sich die Besucher aus China der neuen Stärke und dem neuen Weltanspruch des Deutschen Reiches. Im Namen des Kaisers von China müssen sie sich offiziell bei Kaiser Wilhelm II. für den sogenannten "Boxer-Aufstand" entschuldigen. Bei diesen Unruhen war im Jahr 1900 unter anderem der deutsche Gesandte von Ketteler getötet worden. Das hatte in Deutschland für Empörung gesorgt.

Doch acht europäische Mächte hatten den Boxer-Aufstand zugleich genutzt, um militärisch in China einzugreifen und ihre kolonialen Ansprüche in dieser Region zu festigen beziehungsweise noch auszudehnen. Das traditionsreiche und stolze chinesische Kaiserhaus wurde anschließend zu einem schmachvollen Frieden gezwungen. Als besondere Demütigung ließ man sich die Zustimmung zu einer prominent besetzten "Sühnemission" ins Deutsche Reich einfallen. Zu dieser bricht Prinz Chun, ein Bruder des regierenden Kaisers von China, schließlich im Sommer 1901 auf.

Die deutsche Öffentlichkeit verfolgte das Ereignis mit größtem Interesse, die Zeitungen berichteten ausführlich über den "Sühneprinzen". Als er am 4. September 1901 schließlich am Neuen Palais vorfuhr, ignorierte ihn die dort postierte Ehrenkompagnie. Wilhelm II. empfing Chun betont kühl und überheblich. Als Kopfbedeckung hatte sich der deutsche Kaiser ausgerechnet für einen Stahlhelm entschieden, den er auch während der folgenden Zeremonie nicht absetzte. Auch blieb er demonstrativ auf dem Thron sitzen, als der chinesische Prinz den Saal betrat, sich unter mehrmaligem Verbeugen dem Thron näherte, die vorbereitete offizielle Entschuldigung vorlas und sich – wieder unter Verbeugungen – rückwärts entfernte.

Der Prinz aus China habe sich wortreich entschuldigt, doch fortan, so mahnte Wilhelm II., müsse sich China gewissenschaft an "der Sitte zivilisierter Nationen" orientieren. Dabei hatte Wilhelm II. sich selbst geradezu barbarisch aufgeführt, als er im Jahr zuvor deutsche Soldaten zur Niederschlagung des Boxer-Aufstandes mit der sogenannten "Hunnen-Rede" aufgefordert hatte. Wie die Hunnen sollten sie sich in China aufführen: "Pardon wird nicht gegeben, Gefangene nicht gemacht." Deutsche Soldaten gingen daraufhin brutal gegen Zivilisten vor. Dass sich ihr Kaiser anschließend als Hüter der "zivilisierten Nationen" aufspielte, wirkt wie ein schlechter Witz der Weltgeschichte.

Der erniedrigende Kotau wird schließlich aus dem Protokoll gestrichen, doch entwürdigend bleibt die Sühne-Demonstration, die am 4. September 1901 im Neuen Palais in Potsdam stattfindet, für den Prinzen trotzdem. Der Empfang ist eisig. Mit tiefen Verbeugungen betritt Prinz Chun gegen 12.30 Uhr den Grottensaal und nähert sich durch das Spalier der höchsten Würdenträger des Kaiserreichs dem Thron. Hier sitzt Wilhelm, mit dem Helm auf dem Kopf und den Marschallstab in der Hand. Prinz Chun verliest „mit leiser, aber vernehmbarer Stimme“ seine Erklärung und überreicht dem Kaiser das „in gelbe Seide gebundene und mit dem Goldenen Drachen bestickte Handschreiben“ seines Souveräns, wie die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ berichtet. Wilhelm nimmt die Note „huldvollst“ entgegen und gibt seine „Allerhöchste Erwiderung … unter fester Betonung der markanten Stellen mit lauter Stimme“ ab.

Der Worte sind genug gewechselt, die Sühne ist getan. Ab sofort wird der Prinz als Staatsgast behandelt, besucht Empfänge, besichtigt Fabriken und reist im Salonwagen zum Kaiser-Manöver nach Danzig, wo ihm Wilhelm das Großkreuz des Roten Adlerordens verleiht. Nur die Gastgeschenke des Sühneprinzen, Ming-Vasen, Porzellan, Edelsteine, Seiden und Kunsthandwerk, will die Kaiserfamilie nicht annehmen. Die Gaben wandern ins Museum.

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Der Sühneprinz.

„Berlin, 29. ds. Dem „Lokalanzeiger“ wird aus London telegraphiert: In Peking ist ein Telegramm vom Prinzen Tschun eingetroffen, welches besagt, die deutsche Regierung verlange, daß der Prinz vor dem Kaiser Wilhelm drei Verbeugungen mache, und daß sein Legationssekretär und seine Untergebenen sich vor dem Monarchen hinwerfen sollten!!! Die chinesischen Bevollmächtigten appellierten den deutschen Gesandten in Peking um Herbeiführung einer Abänderung der „Ceremonie“. Derselbe lehnte dies unterdessen ab. In Berliner politischen Kreisen wird dem gleichen Blatte zufolge erzählt, der Wortlaut der Ansprache, die Prinz Tschun an den Kaiser halten sollte, und die der Hofsitte gemäß dem Kaiser zuvor unterbreitet werden mußte, habe den Wünschen des Kaisers und des Reichskanzlers so wenig entsprochen, daß die Einholung neuer Instruktionen von Singan Fu notwendig geworden sei.“

e-Newspaper archives.ch

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„Pardon wird nicht gegeben“ Das Pachtgebiet Kiautschou erwies sich für das Deutsche Reich als Fass ohne Boden und fiel zu Beginn des Ersten Weltkriegs an Japan http://www.helmutcaspar.de/aktuelles17/gesch17/pardon.htm

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Permalink: http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-116169 Titel: Kaisermanöver bei Danzig 1901: sechs Militärbevollmächtigte als Manöverbeobachter zu Pferd auf Anhöhe, rechts daneben eine Kutsche mit dem chinesischen Sühneprinzen Tschun Laufzeit: 1901

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Weltbühne Bern, Martin (Maximilian Müller-Jabusch): Der Sühneprinz, WB 23/I, Nr.08, 22.02.1927, S. 316 https://de.wikisource.org/wiki/Die_Schaub%C3%BChne_%E2%80%93_Die_Weltb%C3%BChne/Inhalt_Weltb%C3%BChne

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Ausland. Deutschland. — Der chinesische „Sühneprinz" Tschun ist am Sonntag über Neapel direkt nach China abgereist. — Beitragende: Bruno Gisler, Zürcherische Freitagszeitung, Nummer 40, 4. Oktober 1901, S. 1, https://www.e-newspaperarchives.ch/?a=d&d=ZFZ19011004-01.2.3&srpos=4&e=-------de-20--1--img-txIN-S%c3%bchneprinz-------0-----

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Vermischtes. — Bern. Die Gemeinde St. Stephan (Obersimmenthal) hat die von ihr verlangte Aktienbeteiligung für die Montreux-Berneroberland-Bahn einstimmig votiert. Ebenso hat der Verwaltungsrat der Erlenbach-Zweisimmen-bahn einstimmig beschlossen, bei der Generalversammlung eine Aktienbeteiligung von Fr. 50,000 zu beantragen. Das Obersimmenthal wird für das Unternehmen wenigstens Fr. 100,000 aufbringen. * * * — Basel. Für den Sühneprinzen in Basel, dessen dortiger Aufenthalt tâglich 2000 Fr. kosten soll, ist das erlôsende, die Weiterreise nach Berlin ermöglichende Wort noch nicht aus Peking eingetroffen, auf die 1200frànkige Depesche sei noch keine Antwort von Li-Hung Tschang eingelangt. So müssen die Chinesen, die unter der rauhen Witterung leiden, noch in der alten Rheinstadt bleiben. In deutschen Kreisen beurteilt man nunmehr die Unterbrechung der Reise des Prinzen als einen Geniestreich chinesischer Hinterlist und Heimtücke. Dass der Prinz nur auf eine direkte Anweisung vom Hofe von Singanfu gehandelt haben kann, liegt auf der Hand. Ebenso klar ist es auch, dass diese Winkelzüge den bezopften Diplomaten nichts nutzen werden. Es sei die erste und fur Deutschland vornehmste Bedingung des Friedensvertrages, dass der Bruder des Kaisers von China nach Berlin komme, um hier Sühne zu leisten für die allem Vôlkerrecht Hohn sprechende Ermordung des deutschen Gesandten Freiherrn von Ketteler. Es wird dem Prinzen Tschun also nichts weiter übrig bleiben, als so bald wie möglich den Kanossagang nach Berlin fortzusetzen. Selbstverständlich hat aber der chinesische Sühneprinz durch sein Verhalten beim deutschen Volke alle Sympathien gründlich verscherzt, und es werde auch in massgebenden Kreisen dem Prinzen diejenige Behandlung zu teil werden, die er nach dieser Probe chinesischer Treulosigkeit verdient hat. Nach einer Unterredung eines Vertreters des »Berl. Lokalanzeigers« mit dem neuen chinesischen Gesandten stünden der Weiterreise noch viele Schwierigkeiten entgegen und dürfte dieselbe vor acht Tagen kaum erfolgen. Die Zusammenkunft mit dem Kaiser hat nun laut Telegramm gestern endlich stattgefunden. Die grosse Komödie geht also zu Ende.

Engadiner Post, 5. September 1901, S. 3, Vermischtes, https://www.e-newspaperarchives.ch/?a=d&d=EDP19010905-01.2.7&e=-------de-20--1--img-txIN-S%c3%bchneprinz-------0-----

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Aus Welt und Wissen. Die reichsten Leute in Asien. In Westeuropa macht man sich im allgemeinen keine Vorstellung von den Riesenvermögen, die in Asien in der Hand einzelner Personen vereinigt sind. Und doch gibt es in Indien und China Reichtümer, vor denen die großen Vermögen der Westeuropäer verblassen. Zu den Reichsten in Indien gehört eine Frau, nämlich die Fürstin von Bhoval, die ihr Vermögen aus Edelsteingruben bezieht. Der nächstreichste ist der Maharadscha von Baroda mit 400 Millionen Rupien, das sind nach dem letzten Wechselkurs 6,2 Milliarden Papiermark. Ein derartig großes Vermögen gibt es in Deutschland gar nicht. Es folgen die Radschas von San, Baradasa und Mir Alai Khan mit 100 bis ü00 Millionen Rupien. Aber auch die bürgerliche Sri, 'Ü m Indien teilweise sehr reich. Als die besten Kaufleute gelten die Parsen, die Anhänger der Feuerreligion, die trotz ihres mystischen Glaubens Le~*ef Ä der Welt sehr zu schätzen und zu erraffen verstehen. Eine ganze Reihe von Parsen verfugt über em Vermögen von 100 Millionen Rupien. Der reichste Mann Asiens, vielleicht sogar der ganzen Welt, ist der Emir von Afghanistan, da ihm N wenigstens theoretisch — alles das gehört, was besitzt. -. Kapitalisten größten Stils gibt es vor allem in C h i n a. Man hört nur deshalb von ihnen nicht viel, weil sie sich weniger in Szene setzen als etwa die Bewohner der fünften Avenue in New York. Einer der reichsten Männer der Erde war der „Sühneprinz" Lihung-tschang, der ein Vermögen von 100 Millionen Pfund Sterling (zu 25 Fr.) zurückließ, als er 1912 starb. Ihm gehörten Länderstrecken, die größer sind als die Schweiz. Die reichste Frau der Welt ist gegenwärtig wohl Frau Tsejeh, die Witwe des Bergwerksbesttzers Meifang, die Kohlen- und Silbergruben besitzt. Da gerade jetzt aus China die Nachricht kommt, daß in ihren Bergwerken große Funde von Wolfram- und radiumhaltigem Urangestein gemacht worden sind, so ist ihr Vermögen in deutsche Valuta wahrscheinlich gar nicht umzurechnen. Als der reichste Mann in Japan gilt der Maruis Hoki mit 2 Milliarden Den. Er hat nicht weniger als 30 Automobile, 40 schloßartige Villen und zwei Dampsjachten, ständig bereit liegen, ihn zu einer Lustfahrt auf den Stillen Ozean zu führen.

Neue Zürcher Nachrichten, Band 17, Nummer 141, 27. Mai 1921, S. 1, https://www.e-newspaperarchives.ch/?a=d&d=NZN19210527-01.2.7.1&srpos=9&e=-------de-20--1--img-txIN-S%c3%bchneprinz-------0-----

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Zum Kaiser von China ist jetzt das zweijährige Prinzlein Puyi oder Putschi (geb. 11. Februar 1906) ausgerufen worden. Für ihn soll Prinz Tschun, sein Vater, die Regentschaft führen. Es ist dies der „Sühneprinz", der nach Ermordung des deutschen Gesandten Ketteler nach Berlin reisen mußte, um vor dem deutschen Kaiser den großen Kotau zu machen. Prinz Tschun hat eine sehr energische Schwiegermutter, Frau Wunglu, welche viel Ähnlichkeit mit der verstorbenen Tsehsi haben soll. Es steht somit in China an Stelle der bisherigen Tantenregierung vermutlich eine Schwiegermutterregierung in Aussicht. —

Zürcherische Freitagszeitung, Nummer 47, 20. November 1908, S. 2, https://www.e-newspaperarchives.ch/?a=d&d=ZFZ19081120-01.2.11&srpos=10&e=-------de-20--1--img-txIN-S%c3%bchneprinz-------0-----

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Ausland. Deutschland. Die Audienz des Prinzen Tschun beim deutschen Kaiser. Der Kaiser saß auf dem Throne im sogen. Muschelsaal, der auch am Tage beleuchtet werden muß und infolge seiner grotesken Ausstattung höchst romantisch erscheint. Wilhelm sah streng aus. Prinz Tschun, den man ohne Begleitung und Ehrenbezeugung am Bahnhof empfangen und in den Saal geführt hatte, machte drei tiefe Bücklinge und näherte sich auf eine kurze Handbewegung des Kaisers und verlas nach einer demütigen Ansprache das ebenso bescheidene Schreiben des chinesischen Kaisers, welches auf gelbe Seide geschrieben war und sofort übersetzt wurde. Das Bedauern wegen der Ermordung Kettelers wurde nachdrücklich ausgesprochen. Hierauf verlas Wilhelm II. seine Ansprache, die voll Ernst und Energie zwar des Kaisers Unschuld dahingestellt ließ, aber erklärte: „Um so schwerere Schuld trifft seine Ratgeber und seine Regierung. Diese mögen sich nicht darüber täuschen, daß ihnen Entsühnung und Verzeihung für ihr Verschulden nicht durch die Sühnegesandtschaft allein ausgewirkt werden kann, sondern nur durch ihr späteres Verhalten gemäß den Vorschriften des Völkerrechts und der Sitte zivilisierter Nationen." Hierauf wurde der Sühneprinz mit kaiserlicher Ehrung abgeführt. Der Kaiser machte mit ihm eine Spazierfahrt und stellte ihn folgenden Tags am Frühstücktisch der Kaiserin vor. Tschun hatte höflich die Grabmäler Friedrichs III. und der Kaiserin Friedrich besucht und Kränze niedergelegt. Dann begab er sich in die Gesandtenwohnung in Berlin und wird am Sonntag nach Paris reisen. Er ist ein kleiner, gelber, dürrer Jüngling, wie ihn deutsche Blätter nennen, schüchtern, und hat beim Verlesen und bei seiner Ansprache kaum Ton und Fassung finden können. Den Kaiser umstanden die hiesigen Prinzen und Minister, v. Bülow hatte es nicht für nötig befunden, wegen Tschun aus dem Bad nach Berlin zu reisen. Die Regierungspresse betont, man müsse seinem Beispiel folgen und China strafen, indem man von Tschun weiter kein Aufhebens mache.

Neue Zürcher Nachrichten, Band 6, Nummer 72, 7. September 1901, S. 2, https://www.e-newspaperarchives.ch/?a=d&d=NZN19010907-01.2.8&srpos=12&e=-------de-20--1--img-txIN-S%c3%bchneprinz-------0-----

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Baselstadt. Die Basler Gewerbeausstellung ist seit ihrem Beginn von 270,000 Personen besucht worden. Am Dienstag stattete ihr auch Prinz Tschun mit seinem Dolmetscher einen Besuch ab. Der Sühneprinz. Die Rechnung des Prinzen im Hotel zu „Drei Königen" beträgt für sich und sein Gefolge täglich an die 2000 Fr. — Das Wetter gefällt den „Söhnen des Himmels" schlecht (andern Leuten übrigens auch!); sie frieren und haben sich mit Wollzeug versehen. — Der Depeschenverkehr mit China ist ein reger. Depeschen zu 600 bis 1000 Fr. per Stück werden täglich abgegeben, sämtliche chiffriert. Antwort ist noch keine eingegangen.

Neue Zürcher Nachrichten, Band 6, Nummer 70, 31. August 1901, S. 2, https://www.e-newspaperarchives.ch/?a=d&d=NZN19010831-01.2.5&srpos=15&e=-------de-20--1--img-txIN-S%c3%bchneprinz-------0-----

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China den Chinesen. Am 27. Juli I96 0 besichtigte Kaiser Wilhelm II., jetzt wohnhaft in Doorn in Holland, in Bremerhaven die deutschen Truppen, die nach China geschickt wurden, um den sogenannten Boxerausstand zu unterdrücken. Dabei hielt er eine Rede, aus der ich ein paar Stellen anführen will: „Kommt ihr an den Feind, so wird derselbe geschlagen. Pardon wird nicht gegeben I Gefangene werden nicht gemacht! Wer euch in die Hände fällt, sei euch verfallen! Führt eure Waffen so, daß auf tausend Jahre hinaus kein Chinese mehr es wagt, einen Deutschen scheel anzusehen! Wahrt Manneszucht! Der Segen Gottes sei mit euch I Oefsnet der Kultur den Weg ein für allemal!" Die deutschen, französischen, englischen, russischen Soldaten, die dann in China „die Ordnung wieder herstellten", haben der europäischen Kultur den Weg tatsächlich ein- für allemal geöffnet: mit der rücksichtslosesten Grausamkeit wurde die nationale Bewegung der Chinesen in ihrem eigenen Lande unterdrückt, es wurde mit dem „gelben Gesindel" so gründliche Arbeit gemacht, daß sich die anständigere Hälfte von Europa schämte, an diese „Kulturarbeit" in China zu denken. Die schwersten Bedingungen wurden der chinesischen Regierung auferlegt, und ein Prinz aus dem kaiserlichen Hause mußte besonders nach Berlin reisen, um den deutschen Kaiser um Verzeihung zu bitten. Der Sühneprinz hat sich dann im Hotel „Drei König" zu Basel länger aufgehalten, als vorgesehen war; er, der Vertreter einer vieltausendjährigen Kultur, hat die Situation in ihrer geradezu welthistorischen Komik besser erfaßt als die kultivierten Europäer, und wenn man heute die Reden wieder liest, die damals zwischen dem Chinesen und dem deutschen Kaiser gewechselt wurden, so glaubt man, die geistige Ueberlegenheit, die Feinheit und auch den versteckten Spott des gelben Prinzen mit den Händen greifen zu können. Wer über jene Vorgänge um die letzte Jahrhundertwende genauer unterrichtet ist, der weiß, daß damals die Gefahr einer Aufteilung Chinas unter die fremden Mächte sehr groß war: es gab damals eine britische, russische, deutsche, französische und japanische Interessenzone, nur die zur selben Zeit in die Weltpolitik einweisenden Vereinigten Staaten von Nordamerika waren im Reiche der Mitte territorial noch uninteressiert, aber ihre Macht war der Eroberrmg der Philippinen doch derart gestiegen, daß ihr Wort auch von den europäischen Regierungen berücksichtigt werden mußte und es ist in erster Linie dem Einsprüche der Washingtoner Regierung zu verdanken, daß China aus den Boxerwirren verhältnismäßig glimpflich davonkam. Auf die Rivalität der fremden Großmächte ist der russisch-japanische Krieg zurückzuführen, in welchem Japan in erster Linie die Interessen Englands verteidigte, um dem drohenden russischen Vordringen nach Peking ein Ziel zu sehen. Aber auch Japan wurde seines Erfolges nicht froh. Trotzdem es im Weltkriege die deutschen Besitzungen in Kiautschau noch dazu eroberte, ist es heute territorial fast völlig vom chinesischen Boden verdrängt, dank dem geschickten Zusammenwirken der britisch-amerikanischen Diplomatie, die vor einigen Jahren zuerst die Flottenabrüstung ausklügelte, um Japans maritimen Vorsprung in Ostasien zu beschneiden, und hernach das nicht minder schlaue Abkommen über die Wiederherstellung des politischen Gleichgewichtes im Stillen Ozean zustande brachte, durch welches Japan gezwungen wurde, mit Ausnahme von Korea seine gesamten Eroberungen auf dem asiatischen Festlands wieder herauszugeben, während die übrigen Mächte ihre Beute behielten. Diese doppelte Niederlage Japans auf der Washingtoner Konferenz hat aber den Frieden im fernen Osten nicht gefördert, denn die sich übervorteilt glaubten, sannen auf Vergeltung und Wiedererlangung der entrissenen Machtstellung. Und um diese Ziel zu erreichen, schreckt die japanische Diplomatie selbst vor einem Bündnis mit den Bolschewisten nicht zurück, obschon sie diese wenige Jahre vorher in Sibirien noch erbittert bekämpft hat. Vor einigen Monaten ist zwischen den Regierungen von Tokio und Moskau ein Geheimabkommen über O s t a s i e n getroffen worden, das Reibungen zwischen den beiden in China interessierten Mächten verhüten und in gewissen Fällen ein gegenseitiges Zusammenarbeiten zur Erreichung bestimmter Ziele ermöglichen soll. Dieses Abkommen erlebt bei den gegenwärtigen Wirren seine erste Feuerprobe, wir sehen, daß Japan bei den Ereignissen überall neben England an vorderster Stelle steht und sich wie absichtlich provozierend! bei den Unruhen in schärfster Weise einmischt, um einen Anlaß zu einem kräftigen Zugriff zu finden. Der „lachende Dritte" bei dem chinesischen Wirrwarr ist Rußland, das unter bolschewistischer Herrschaft genau so imperialistisch und eroberungslustig gesinnt ist, wie unter dem Zarenregime, und das heute seinen historischen Rivalen um die Weltherrschaft, dem britischen Löwen, an all jenen Stellen wieder entgegentritt, wo schon vor dem Kriegs britische und russische Interessen um die Vorherrschaft rangen. Der russischen UnterMtzung ist der Sieg Kenia k Paschas gegen die europäische Diplomatie in den türkischen Fragen zu verdanken? in Persien, Afghanistan, Tibet, ist der früher vorherrschende britische Einfluß durch die neurussische Diplomatie vollständig zurückgedrängt worden, und in China ist der nichts weniger als proletarisch auftretende Sovietbotfchafter Karachan nicht bloß bei den offiziellen Regierungsstellen, sondern auch bei den einflußreichsten Provinzgouverneuren, persona grata. Diese russische Machtstellung in Ostasten ist heute viel mächtiger und gefährlicher als zur Zeit der Zarenherrschaft, als sie sich auf eine halbe Million Bajonette stützte. Diese Macht konnte wieder mit gleichen Waffen bekämpft werden, heute beherrscht Rußland aber die Geister der zahllosen Völkerschaften durch seine Ideen und durch eine solche Gegnerschaft ist mit Flinten und Kanonen nicht aufzukommen. Der scheinbare Gegensatz im Verhalten Japans zum Abkommen mit Rußland, kann sehr wohl aus der bewußten Absicht beruhen, Japan durch Beteiligung am Vorgehen der fremden Mächte ein gewichtiges Mitspracherecht am weitern Schicksal Chinas zu verschaffen und vielleicht wäre den drei Nächstbeteiligten, Japan, Rußland und China, gar nichts erwünschter, als wenn sich die in Ostasien rivalisierenden Mächte derart in den chinesischen Brocken verbissen, daß sie schließlich froh wären, mit Anstand davon loszukommen. Es zeigt sich bei diesen Dingen auch der gewaltige Unterschied zwischen der europäischen und der chinesischen Lebensauffassung überhaupt. Für den Europäer ist heute die ganze Erde ein G e g e n st a nd der Ausbeutung. Wo etwas zu holen, ein Geschäft zu machen, ein Reichtum zu erobern ist, da drängt er sich ein. Die uralte Kultur Chinas aber kennt eine derartige Betrachtung der Erde nicht. Der Chinese will leben, arbeiten, dasein, seinen Göttern und seinem Stamme dienen. Er betrachtet sich selber als unbedeutendes Glied in einer gewaltigen Kette von Ahnen und kommenden Geschlechtern. Daher rechnet er mit Jahrtausenden und verzichtet aus das rasche Gewinnen und Erobern. Darum führt er auch keine Eroberungs-Kriege. Der chinesische Staat verdient auch deshalb die Sympathie aller Friedensfteunde, weil er der einzige Staat ist, der ein mehrtausendjähriges Alter erreicht hat, nicht dem Kriege, sondern stets dem Frieden gedient hat. Es wird vielleicht eine Zeit kommen, da man von Europa nicht mehr viel reden und merken wird. China wird auch diese Zeit noch als kulturelle und nationale Einheit im weitesten Sinne erleben.

Oberländer Tagblatt, Band 109, Nummer 142, 22. Juni 1925, S. 1, https://www.e-newspaperarchives.ch/?a=d&d=OTB19250622-01.2.2&srpos=20&e=-------de-20--1--img-txIN-S%c3%bchneprinz-------0-----

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Tschun, der chinesische Sühneprinz Drunten in der alten Bischofsstadt Basel ist der Bruder des chinesischen Kaisers abgestiegen, oder viel mehr auf seiner Fahrt an den deutschen Kaiserhof im Gasthof zu den drei Königen am Rhein stecken geblieben. Das ist ja ein ganz interessanter „Rheinfall". Basel birgt innert seinen Mauern, welche zwar merschtenteils abgerissen sind, gar viel merkwürdige, seltsame Dinge: da gibt es einen Basler Lälli >i d viel Basler Leckerli; da gibt es alte „Laternen" und iMih viel ältere Schnitzelbänke; im „Zoologischen" herrscht die holde Elephantenmiß Kumbuk und in den langen Ehrlen d" große, tiefe Liebe; da findet der staunende Wanderer eine Pension „zum roten Schneck" und darneben, d. h. auf der andern Seite des Rheins — eben den Gasthof zu den drei Königen. Wahrhaftig: „Basel ist 'ne Wunderstadt, pikanter als Berlin, und wer es nicht gesehen hat, der gehe selber hin!" Allein die alte, gute Stadt Basel barg innert ihren Mauern noch nie eine Seltenheit von so sonderbarer Güte, wie diesen edlen Chinesenjüngling Prinz Tschun! Und was für Gesichter haben sich schon gespiegelt in der grünen Flut des Basler Rheins von jenem Tage an, da Kaiser Heinrich II mit prunkvollem Gefolge hinaufzog den Rheinsprung in die herrliche Pfalz, bis zum festlichen Basler Bundeseintrittstag, allwo elektrische Farbenlichter ihr flimmerendes Rheingold in die Fluten zauberten. Und die allerneueste Celebrität, welche über die alte Basler Rheinbrücke fuhr, ist ein schmächtiges Männchen, die klapperdürre Leiblichkeit in ein blauseidenes Weiberröcklein gesteckt, aus welchem hoch oben ein strohgelbes Gesicht mit zwei verschlagenen Schlitzäugelchen hervorguckt. Der arme Tschungg! Weit her aus dem himmlischen Reich der Mitte war er über Meer und Land gegondelt und alles war gut abgelaufen bis nach Basel, wo der Aermste plötzlich einer Krankheit anheimfiel, welche einen bedränglichen Charakter annahm, wie etwa eine Seekrankheit zu Lande, nur umgekehrt. Der Prinz litt an — Verstopfung. Der deutsche Kaiser, oder weiß Gott welche andere höhere diplomatische Macht hatte ihm nämlich Stopp befohlen. Das Chinesenprinzlein hatte im schnellsten Schnellzug nach Berlin fahren sollen, um dort „Bitte-Bitte" zu machen für die Ströme von Christenblut, welche die Chinesen vergossen, um Sühne zu leisten dafür, daß die Soldaten des Chinesenkaisers den deutschen Gesandten auf offener Straße niedergeschossen. Dieser Vitt- und Bußgang hätte zugleich den feierlichen Friedensabschluß zwischen den Mächten und China bedeuten sollen. Nun war der Chinese aber mit seinem FriedensPfeifchen noch ein wenig im Rückstand, oder es klappte nicht alles in der verabredenden Sühneceremonie, oder die bessere Stube, in welcher man den edlen Chinesenjüngling unterbringen wollte, war noch nicht gerüstet — item I Auf der badischen Jserschmäng in Kleinbasel angekommen, ließ der Prinz halt machen und zwar ganz hart vor der deutschen Grenze. Er meldete sich krank, ließ sich ins Hotel drei Königen führen und schiefgewickelt versank er dort in den weichen Tiefen eines bessern Gastbettes, allwo der kaiserlichchinesische Leibarzt Oel und Wein in seine Wunden goß. Vermutlich war die Krankheit des Prinzleins nur eine sog. Verlegenheitskrankheit, eine konventionelle diplomatische Lüge. Was aber dahinter steckt, wissen nur diejenigen, welche die Gemsen jagen! Der Preuße wollte vielleicht vor aller kultivierten Welt noch einmal zeigen, welch hunnenstrammer, unerbittlicher Mann er sei und keinen Pardon gebe. Und damit der Chinese es in Ewigkeit nicht mehr wage, einen Deutschen auch nur scheel anzusehen, mußte der Prinz zuerst in Basel Buße thun und „Bitte" machen und „Dreitönigenwasser" trinken, bis er windelweich geworden und Bücklinge machen konnte, wie ein rechter Hampelmann in der Hand eines mutwilligen Schulknaben. Soeben vernehme ich, daß die chinesische Sühnemission von Basel glücklich abgedampft ist und daß der Prinz Tschun vom deutschen Kaiser in Audienz genommen worden ist. Was dabei herauskommen mag ? Vermutlich wird der kreisende Berg ein lächerlich kleines Mäuschen gebären. Es wird diese Sühnefahrt der richtige tragikomische Abschluß zu der von Deutschland mit so viel Pomp eingeleiteten Rochcerpedition sein. Das Ende hat eine verzweifelte Aehnlichkeit mit dem Hornberger Schießen. In China aber nimmt Rußland den Käs und läßt den andern die Schwarten. Während in Berlin der Chinesenprinz Sühne leistet, vollzieht sich drüben im Westen ein anderes Schauspiel, um nicht zu sagen eine andere Komödie: Frankreichs Heerschau vor dem russischen Kaiser.

Nidwaldner Volksblatt, Band 35, Nummer 36, 7. September 1901, S. 1, https://www.e-newspaperarchives.ch/?a=d&d=NVB19010907-01.2.2.1&srpos=23&e=-------de-20--21--img-txIN-S%c3%bchneprinz-------0-----

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Deutschland. Das Lustspiel in Basel ist zu Ende. Die chinesische Sühnekommisston ist endlich nach Deutschland abgereist, weil der deutsche Kaiser es für gut fand, nachzugeben. Er ließ dem Prinzen Tschun mitteilen, er werde ihn ganz allein, nur in Anwesenheit seines Dolmetschers empfangen. Der Prinz dankte dem Kaiser telegraphisch für seine Entscheidung, welche in so freundlicher Weise alle Schwierigkeiten hebe. Er erhielt dann auch aus Peking das entscheidende Telegramm, das ihm die Weiterreise erlaubte und das sogleich dem Berliner Auswärtigen Amte zur Kenntnis gebracht wurde. Am Montag abends um 1t Uhr reiste die Gesandschaft mit einem Sonderzug nach Berlin ab. Unmittelbar vor der Abreise des Prinzen Tschun nach Berlin fand im sogen. Fürstenzimmer des Badischen Bahnhofs eine Begrüßung durch Generalmajor Höpfner in Anwesenheit von General Richter und Major Ludwig statt, die alle in Paradeuniform zur Fahrt nach Berlin erschienen waren. Der Badische Bahnhof in Basel war vollständig abgesperrt, so daß es nicht mehr viel zu schauen gab. Immerhin wissen die Basler zu berichten, daß Prinz Tschun den längsten, schönsten und schwärzesten Zopf der ganzen Gesandtschaft hatte. Am Dienstag nachmittags traf der Sonderzug in Potsdam ein, wo er natürlich nicht sehr glänzend empfangen wurde. Am Freitag oder Samstag wird der Prinz schon wieder von Berlin abreisen und sich nach Paris begeben. Dann wird er auf erhaltene Einladung hin auch Italien, England, Belgien, Amerika und Japan besuchen und so wird die von Deutschland verlangte Sühnemission nachträglich zu einer Lustreise. Denn es ist nicht daran zu zweifeln, daß die verschiedenen Länder wetteifern werden, dem asiatischen Prinzen möglichst zu gefallen. — Die Chinesen-Komödie. Am Mittwoch mittags, empfieng der deutsche Kaiser den Prinzen Tschun im neuen Palaste zu Berlin. Vor dem Palaste hatte eine Kompagnie Soldaten Aufstellung genommen, die sich aber auf Befehl nicht im Geringsten um den Prinzen bekümmerte, als dieser vorfuhr. Der Kaiser hatte im Muschelsaale auf dem Throne Platz genommen, umgeben von seinen Prinzen, Generalen und Ratgebern. Er erhob sich nicht, als der Prinz sich unter tiefen Verbeugungen näherte. Der Prinz Tschun las dann einen auf gelbe Seide geschriebenen Brief des chinesischen Kaisers vor, in welchem dieser die Vorkommnisse des letzten Sommers und besonders die Ermordung des deutschen Gesandten Ketteler tief bedauerte und die Hoffnung aussprach, es möchte wieder Frieden herrschen zwischen Deutschland und dem chinesischen Reiche. Nach Uebersetzung des Briefes verlas Kaiser Wilhelm sitzend seine Antwort, welche die chinesische Regierung aufforderte, in Zukunft die Vorschriften des Völkerrechtes und die Sitten der Civilisation zu achten, damit wieder dauernd friedliche und freundliche Beziehungen zwischen den zwei Reichen herrschen können. Nach dieser Ansprache verließ der Prinz rückwärts schreitend unter mehreren Verbeugungen den Saal. Von da an wurde er wieder als Prinz behandelt. Die Wache präsentierte und eine Schwadron Husaren begleitete ihn zu seiner Wohnung. Nachmittags unternahm er eine Spazierfahrt durch Potsdam und später mit dem Kaiser eine Dampferfahrt. Am Donnerstag wurde er vom Kaiser zum Frühstück geladen und der Kaiserin vorgestellt. So mußte er doch zuerst Sühneprinz sein, bevor er werter Gast war. —

Geschäftsblatt für den oberen Teil des Kantons Bern, Band 48, Nummer 72, 7. September 1901 Ausgabe 02, S. 2, https://www.e-newspaperarchives.ch/?a=d&d=GBL19010907-02.2.5&srpos=27&e=-------de-20--21--img-txIN-S%c3%bchneprinz-------0-----

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Erwähnungen in existierenden Wikipedia-Einträgen

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  • Ab 4. August 1898 wurde Wilhelm Knappe Generalkonsul in Shanghai und übernahm am 30. August die Geschäfte vor Ort.[8] Hier hielt er engen Kontakt zu Alfons Mumm von Schwarzenstein, der in Peking die Amtsgeschäfte als deutscher Gesandter nach der Ermordung Klemens von Ketteler übernommen hatte. Und in dieser Zeit erlebte er die Wirrnisse des Boxeraufstandes 1900/1901. Durch seine umtriebige Konsulartätigkeit, zahlreiche persönliche Netzwerke, Verbindungen und Bekanntschaften zur chinesischen Gesellschaftselite bis hin zur Kaiserfamilie war er stets sehr gut informiert. Dazu hatte Knappe über die Jahre seinen privaten Nachrichtendienst aufgebaut, der über vertrauensvolle Quellen, aber auch durch Bestechung chinesischer Beamter jahrelang im Interesse des Deutschen Reiches geheime chinesische Regierungsdokumente beschaffte.[9] Im Jahre 1901 hatte er maßgeblich mitgewirkt an der Organisation und der Schaffung geeigneter Rahmenbedingungen für die Reise des „Sühneprinzen“ Chun II. nach Berlin und die dortigen Begegnungen mit Kaiser Wilhelm II., https://de.wikipedia.org/wiki/Wilhelm_Knappe#Leben

Einzelnachweise

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  1. siehe: „Aus Welt und Wissen. Die reichsten Leute in Asien“, in: Neue Zürcher Nachrichten, Band 17, Nummer 141, 27. Mai 1921, S. 1, https://www.e-newspaperarchives.ch/?a=d&d=NZN19210527-01.2.7.1&srpos=9&e=-------de-20--1--img-txIN-S%c3%bchneprinz-------0----- : „…Einer der reichsten Männer der Erde war der »Sühneprinz« Lihung-tschang, der ein Vermögen von 100 Millionen Pfund Sterling (zu 25 Fr.) zurückließ, als er 1912 starb. Ihm gehörten Länderstrecken, die größer sind als die Schweiz.…“