Benutzer:Mr.Lovecraft/Vereinigtes Königreich im Ersten Weltkrieg
Das Vereinigte Königreich war eine der führenden alliierten Mächte während des Ersten Weltkriegs 1914-1918. Am Vorabend des Krieges kam es zu schweren innenpolitischen Unruhen in der Arbeiter- und Suffragettenbewegung, wobei insbesondere Irland betroffen war. Diese Auseinandersetzungen wurden jedoch zunächst aufgeschoben. Um die Gegner des Empires zu überwinden, war der Einsatz erheblicher Ressourcen notwendig. Die Regierung erließ Gesetze wie den Defence of the Realm Act 1914, um die Versorgung mit Nahrungsmitteln und Arbeitskräften sicherzustellen. Der Krieg führte unter Premierminister H. H. Asquith zu einer Abkehr von der Idee des "business as usual" und 1917 unter der Regierung von David Lloyd George zu einem Zustand des totalen Krieges mit vollständiger staatlicher Intervention in die öffentlichen Angelegenheiten. Dies war eine Neuheit in der britischen Geschichte. Während des Krieges kam es auch zu den ersten Luftangriffen auf britische Städte.
Regierung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Asquith
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Am 4. August 1914 erklärte König Georg V. auf Anraten seines Premierministers und Vorsitzenden der Liberalen Partei, H. H. Asquith, Deutschland den Krieg. Die Hauptgründe für die Kriegserklärung Großbritanniens waren ein starkes Bekenntnis zu Frankreich und die Vermeidung einer Spaltung der Liberalen Partei. Führende Liberale drohten mit Rücktritt, falls das Kabinett Frankreich die Unterstützung verweigern sollte - was den Machtverlust bedeutet hätte. Die Kriegsgegner unter den Liberalen waren jedoch nur bereit, den Krieg zu unterstützen, wenn als offizieller Kriegsgrund die Garantie der belgischen Neutralität und nicht die Unterstützung Frankreichs genannt würde.[1][2]
Krise an der Spitze der Liberalen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Liberale Partei hätte vielleicht einen kurzen Krieg überlebt, aber die Gesamtheit des Ersten Weltkriegs erforderte drastische Maßnahmen, die die Partei lange abgelehnt hatte. Das Ergebnis war die dauerhafte Zerstörung der Fähigkeit der Liberalen Partei, eine Regierung zu führen. Die Liberalen waren traditionell die Partei der Rede-, Gewissens- und Handelsfreiheit. Sie waren gegen Hurrapatriotismus, Hochrüstung und Zwang Liberale waren weder uneingeschränkt noch geschlossen für die Wehrpflicht, die Zensur, den Defence of the Realm Act, die Ressentiments gegenüber Ausländern und Pazifisten, die staatliche Lenkung von Arbeit und Industrie. Die Konservativen hatten keine derartigen Bedenken. Die Liberalen brauchten die moralische Empörung Belgiens, um den Kriegseintritt zu rechtfertigen, während die Konservativen von Beginn der Krise an eine Intervention aus Gründen der Realpolitik und des Kräftegleichgewichts forderten.[3]
Die britische Bevölkerung zeigte sich enttäuscht, dass der Krieg nicht mit einem schnellen Sieg beendet werden konnte. Lange Zeit waren sie sehr stolz auf die Royal Navy gewesen, doch nun gab es wenig Anlass zur Freude. Die Skagerrakschlacht im Mai 1916 markierte das erste und einzige Mal, dass die deutsche Flotte die Vormachtstellung in der Nordsee in Frage stellte. Allerdings war sie der britischen Flotte unterlegen. Die Führung des Krieges durch die Liberalen ohne Abstimmung mit den Konservativen führte zu heftigen Kontroversen unter den Parteigängern. Doch selbst liberale Kommentatoren äußerten ihre Bestürzung über den Mangel an Elan an der Spitze. Zu dieser Zeit herrschte in den Medien und auf der Straße eine äußerst feindselige Stimmung gegenüber jungen Männern in ziviler Kleidung, die als faul tituliert wurden. Die führende liberale Zeitung, der Manchester Guardian, äußerte sich wie folgt:
„The fact that the Government has not dared to challenge the nation to rise above itself, is one among many signs... The war is, in fact, not being taken seriously.... How can any slacker be blamed when the Government itself is slack“
„Die Tatsache, dass die Regierung es nicht gewagt hat, die Nation aufzufordern, über sich selbst hinauszuwachsen, ist eines von vielen Zeichen... Der Krieg wird nicht wirklich ernst genommen.... Wie kann man einem Drückeberger einen Vorwurf machen, wenn die Regierung selbst zu faul ist?“
Im Mai 1915 wurde die liberale Regierung Asquiths gestürzt. Maßgeblich verantwortlich hierfür waren die Munitionskrise von 1915 sowie der demonstrative Rücktritt von Admiral Fisher aufgrund der desaströsen Niederlage bei Gallipoli gegen die Türkei. Da Asquith nicht bereit war, Neuwahlen auszurufen, bildete er am 25. Mai zusammen mit den Konservativen eine Koalition. Die neue Regierung bestand anderthalb Jahre und war die letzte, unter Führung der Liberalen.[5] Die britische Bevölkerung war in zahlreichen Fragen tief gespalten. Zudem wuchs auf allen Seiten das Misstrauen gegenüber der Regierung Asquith. Bezüglich des Krieges bestand keinerlei Einigkeit. Die Führer der beiden Parteien erkannten, dass erbitterte Debatten im Parlament die Moral der Bevölkerung weiter untergraben würden, woraufhin das Unterhaus bis Mai 1915 nichts mehr zum Thema Krieg diskutierte. Die Konservativen betrachteten Deutschland im Großen und Ganzen als einen gefährlichen Rivalen und begrüßten die Möglichkeit, es zu vernichten. Ihr Ziel war es, einen Krieg mit rücksichtslosen Methoden zu führen. Sie verurteilten die liberale Zurückhaltung vor dem Krieg und jetzt. Die Liberale Partei behielt ihre prinzipielle Haltung bei. Viele von ihnen unterstützten den Krieg erst, nachdem die Deutschen in Belgien einmarschiert waren.[6]
Lloyd George
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Asquith-Koalitionsregierung hielt bis 1916, als die Konservativen mit dem Verhalten von Asquith und den Liberalen zunehmend unzufrieden wurden. Insbesondere die Ereignisse der Schlacht an der Somme führten zu dieser Entwicklung.[5] Asquiths Gegner übernahmen nun die Kontrolle, angeführt von Bonar Law (Vorsitzender der Konservativen), Sir Edward Carson (Vorsitzender der Ulster Unionisten) und David Lloyd George (damals Minister of Munitions). Law verfügte außerhalb seiner eigenen Partei nur über wenige Verbündete, sodass er keine neue Koalition bilden konnte. Der Liberale Lloyd George hingegen genoss eine viel breitere Unterstützung und bildete eine konservative Mehrheitsregierung mit den Liberalen von Lloyd George und der Labour Partei. Asquith war zwar immer noch Parteichef, aber er und seine Anhänger wechselten auf die Oppositionsbänke im Parlament.[7]
Lloyd George leitete umgehend Maßnahmen zur Umgestaltung der britischen Kriegsanstrengungen ein, sowohl beimd Militär- als auch in der Innenpolitik.[8] In den ersten 235 Tagen trat das Kriegskabinett 200 Mal zusammen. Das neue Kabinett markierte den Übergang zu einem Zustand des totalen Krieges. Die Idee dahinter: Jeder Mann, jede Frau und jedes Kind sollte seinen bzw. ihren Teil zu den Kriegsanstrengungen beitragen. Des Weiteren wurde beschlossen, dass die Mitglieder der Regierung die Steuerung der Kriegsanstrengungen übernehmen sollten. Dabei griffen sie in erster Linie auf die Befugnisse zurück, die ihnen durch den "Defence of the Realm Act" übertragen worden waren. Die Regierung konnte nun schnell reagieren, ohne durch endlose Bürokratie behindert zu werden. Zudem verfügte sie über aktuelle Statistiken, beispielsweise über den Zustand der Handelsmarine und die landwirtschaftliche Produktion. Diese Politik bedeutete eine deutliche Abkehr von Asquiths anfänglicher Laissez-faire-Politik. Der Erfolg der Regierung Lloyd George ist auch darauf zurückzuführen, dass der Wunsch nach Neuwahlen im Allgemeinen nicht vorhanden war und dass es dadurch praktisch keinen Anlass für Dissens gab.
Im Frühjahr 1918 kam es kurz nacheinander zu einer Reihe von militärischen und politischen Krisen. Das deutsche Militär hatte Truppen von der Ostfront verlegt und in neuen Taktiken geschult, sodass mehr Soldaten an der Westfront standen als die alliierten Streitkräfte. Am 21. März 1918 begann Deutschland seine Frühjahrsoffensive gegen die britischen und französischen Linien mit dem Ziel, einen entscheidenden Sieg auf dem Schlachtfeld zu erringen, bevor die Truppen der Vereinigten Staaten in großer Zahl eintrafen. Die alliierten Armeen zogen sich 64 Kilometer zurück. In Anbetracht der drohenden Niederlage erkannte London die Notwendigkeit, zusätzliche Truppen zu stationieren, um den Krieg in Bewegung zu halten. Lloyd George entsandte eine halbe Million Soldaten nach Frankreich, bat den amerikanischen Präsidenten Woodrow Wilson um Unterstützung und stimmte der Ernennung des französischen Generals Foch zum Oberbefehlshaber an der Westfront zu. Dadurch war eine Koordinierung der alliierten Streitkräfte zur Bewältigung der deutschen Offensive gewährleistet.
Trotz eindringlicher Warnungen wurde seitens des Kriegskabinetts im Jahr 1918 der Beschluss gefasst, die Wehrpflicht in Irland einzuführen. Ausschlaggebend dafür war, dass die britische Arbeiterschaft dies als Preis dafür forderte, dass die Ausnahmen von der Wehrpflicht für bestimmte Arbeitnehmer reduziert wurden. Die Labour-Partei befürwortete den Grundsatz der Wehrpflicht für alle, machte jedoch keine konkreten Angaben zur tatsächlichen Einführung in Irland. Der Vorschlag wurde zwar verabschiedet, jedoch nie umgesetzt. Die römisch-katholischen Bischöfe meldeten sich zum ersten Mal zu Wort und riefen zum offenen Widerstand gegen die Wehrpflicht auf, während die Mehrheit der irischen Nationalisten die Sinn-Féin-Bewegung unterstützte.
Am 7. Mai 1918 löste ein ranghoher Armeeoffizier, Generalmajor Frederick Maurice, eine zweite Kontroverse aus, indem er öffentlich behauptete Lloyd George habe das Parlament über die Truppenzahlen in Frankreich getäuscht. Asquith nahm die Anschuldigungen auf und griff Lloyd George an. Asquiths Darstellung war jedoch wenig überzeugend, während Lloyd George seine Position mit Nachdruck verteidigte und die Debatte als Vertrauensfrage betrachtete. Er widerlegte die Anschuldigungen von Maurice auf überzeugende Weise. Die Ergebnisse führten zu einer Stärkung Lloyd Georges, einer Schwächung Asquiths, dem Ende der öffentlichen Kritik an der Gesamtstrategie sowie einer Stabilisierung der zivilen Kontrolle über das Militär.
Das Königshaus
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das britische Königshaus sah sich während des Ersten Weltkriegs aufgrund seiner familiären Verbindungen zu Deutschland mit einer ernsthaften Herausforderung konfrontiert. Vor dem Krieg trug das britische Königshaus den Namen Haus Sachsen-Coburg und Gotha. Im Jahr 1910 wurde Georg V. König und übte während des gesamten Krieges die Regierungsgewalt aus. Er war der Cousin ersten Grades des deutschen Kaisers Wilhelm II. Königin Mary war die Tochter des Herzogs von Teck, eines Nachkommen des Königshauses Württemberg. Um die britischen Nationalisten zu besänftigen, erließ König Georg am 17. Juli 1917 einen Erlass, der den Namen seiner Familie in "Haus Windsor" änderte. Er legte ausdrücklich fest, dass alle Nachkommen von Königin Victoria, die zu diesem Zeitpunkt in Großbritannien lebten, den Nachnamen Windsor tragen sollten. Ausgenommen hiervon waren Frauen, die in andere Familien einheirateten, sowie deren Nachkommen. Er und seine Verwandten, die britische Staatsbürger waren, verzichteten auf die Verwendung aller deutschen Titel und Stile und nahmen englische Nachnamen an. Georg entschädigte mehrere seiner männlichen Verwandten, indem er sie zu britischen Adeligen machte. Sein Cousin Prinz Louis von Battenberg wurde zum Marquess of Milford Haven, während sein Schwager, der Herzog von Teck, zum Marquess of Cambridge ernannt wurde. Andere, darunter Prinzessin Marie Louise von Schleswig-Holstein und Prinzessin Helena Victoria von Schleswig-Holstein, verzichteten lediglich auf die Verwendung territorialer Bezeichnungen. Zudem wurde das System für die Titulierung von Mitgliedern der Königsfamilie vereinfacht.
Militär
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Armee
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Zu Beginn des Krieges war das britische Heer eine reine Freiwilligenarmee. Ende 1918 hatte es mit 3.820.000 Mann seine maximale Stärke erreicht. Der Großteil der Soldaten kämpfte auf dem Hauptkriegsschauplatz, der Westfront in Frankreich und Belgien, gegen das Deutsche Reich. Zudem waren starke Verbände an den Fronten im Nahen Osten gegen das Osmanische Reich, auf dem Balkan sowie in Italien gegen die verbündeten Mittelmächte im Einsatz. Das Heer wurde aus vier verschiedenen Quellen gespeist. Die erste Gruppe umfasst die etwa 247.000 Soldaten der stehenden (regulären) Armee, von denen in Friedenszeiten mehr als die Hälfte als Garnison im britischen Empire eingesetzt wurden. Diese Zahl wurde durch etwa 270.000 Reservisten ergänzt. Diese stellten das Rückgrat der British Expeditionary Force (BEF) dar. Die zweite Quelle bildeten die rund 246.000 Mann starken Territorialstreitkräfte. Diese waren ursprünglich für die Landesverteidigung vorgesehen, wurden jedoch zur Verstärkung der BEF eingesetzt, nachdem die reguläre Armee in den ersten Schlachten des Krieges schwere Verluste erlitten hatte. Die dritte Quelle umfasste die Männer, die auf den Aufruf von Kriegsminister Lord Kitchener zur Einberufung von Freiwilligen in den Jahren 1914–1915 gefolgt waren (daher der Name "Kitchener's Army") und 1916 in der Schlacht an der Somme erstmals zum Einsatz kamen. Die vierte Quelle bildeten die nach der Einführung der Wehrpflicht im Januar 1916 Einberufenen, welche zur Verstärkung bestehender Formationen dienten.
Marine
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Royal Navy hatte zu Beginn des Krieges drei Hauptaufgaben: Sie sollte die britische Expeditionsarmee nach Frankreich bringen und deren Nachschub und Verstärkung sicherstellen. Zudem war sie für die Errichtung und Aufrechterhaltung einer Blockade gegen Deutschland verantwortlich. Schließlich sollte sie die Sicherheit des britischen Welthandels gewährleisten.
Medien
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Propaganda und Zensur waren während des Krieges eng miteinander verbunden. Die Notwendigkeit, die Moral aufrechtzuerhalten und der deutschen Propaganda entgegenzuwirken, wurde schon früh im Krieg erkannt, und im September 1914 wurde das War Propaganda Bureau unter der Leitung von Charles Masterman gegründet.[104] Das Bureau beschäftigte bedeutende Schriftsteller wie H. G. Wells, Arthur Conan Doyle und Rudyard Kipling sowie Zeitungsredakteure. Bis zu seiner Abschaffung im Jahr 1917 veröffentlichte die Abteilung 300 Bücher und Broschüren in 21 Sprachen und verteilte wöchentlich über 4.000 Propagandafotos.[105] Masterman gab auch Filme über den Krieg in Auftrag, wie z. B. The Battle of the Somme (Die Schlacht an der Somme), der im August 1916 erschien, während die Schlacht noch im Gange war, um die Moral zu stärken, und der im Allgemeinen positiv aufgenommen wurde. Die Times berichtete am 22. August 1916: „Das dicht gedrängte Publikum ... war interessiert und begeistert, dass ihm die Realität des Krieges so lebendig vor Augen geführt wurde, und auch wenn die Frauen manchmal die Augen schließen mussten, um für einen Moment der Tragödie der Schlacht zu entfliehen, die der Film zeigt, scheint die allgemeine Meinung zu sein, dass es klug war, dass die Menschen zu Hause diesen Blick auf das werfen, was unsere Soldaten in der Picardie tun, wagen und erleiden.“[106] Die Medien wurden als Propaganda für die Massen zu den Waffen gerufen. Die Manipulatoren bevorzugen autoritäre Figuren aus der Ober- und Mittelschicht, um die Massen zu erziehen. Das Kinopublikum bestand zu dieser Zeit größtenteils aus Arbeitern[107].
Wirtschaft
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Bewältigung der wirtschaftlichen Aspekte des Krieges gelang den Briten insgesamt betrachtet erfolgreich. Vor dem Krieg gab es keine Planung zur Mobilisierung der wirtschaftlichen Ressourcen. Die Kontrollen wurden nach und nach eingeführt, da eine Maßnahme die andere nach sich zog. Dank der City of London, der Finanzmetropole der Welt, konnte die Verwaltung der Finanzen reibungslos erfolgen. Insgesamt gab Großbritannien täglich 4 Millionen Pfund für den Kriegseinsatz aus. Die Wirtschaft (gemessen am Bruttoinlandsprodukt) wuchs von 1914 bis 1918 um 14 %, obwohl ein großer Teil der Arbeitskräfte in den Streitkräften gebunden war. Im Gegensatz dazu schrumpfte die deutsche Wirtschaft um 27 %. Der Krieg führte zu einem Rückgang des zivilen Konsums. Der Anteil des Staates am BIP stieg von 8 % im Jahr 1913 auf 38 % im Jahr 1918. Um den Krieg zu finanzieren, war Großbritannien gezwungen, seine Finanzreserven aufzubrauchen und große Summen bei privaten und staatlichen Gläubigern in den Vereinigten Staaten zu leihen. Die Lieferung amerikanischer Rohstoffe und Lebensmittel ermöglichte es Großbritannien, die Versorgung der Bevölkerung und der Armee sicherzustellen und gleichzeitig die Produktivität aufrechtzuerhalten. Die Finanzierung war im Allgemeinen erfolgreich, da die starke finanzielle Position Londons die schädlichen Auswirkungen der Inflation im Gegensatz zu den viel schlechteren Bedingungen in Deutschland minimierte. Frauen standen als Arbeitskräfte zur Verfügung und übernahmen Aufgaben in der Rüstungsindustrie sowie an der Heimatfront, die von den Männern während des Krieges nicht mehr ausgeführt werden konnten. Schottland stellte Arbeitskräfte, Schiffe, Maschinen, Lebensmittel (insbesondere Fisch) und Geld zur Verfügung. Die schottische Schiffbauindustrie verzeichnete ein Umsatzplus von 33 %.
Industrie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die britische Gesamtproduktion ging im Laufe des Krieges um zehn Prozent zurück; in bestimmten Industriezweigen wie der Stahlindustrie kam es jedoch zu Zuwächsen.[7] Obwohl Großbritannien 1915 mit einer äußerst umstrittenen Granatenkrise konfrontiert war, bei der es an der Westfront zu schwerwiegenden Engpässen bei Artilleriegranaten kam,[137] war eine neue Führung erforderlich. Im Jahr 1915 wurde ein mächtiges neues Ministerium für Munition unter David Lloyd George gegründet, um die Munitionsproduktion zu kontrollieren.[138]
Die Haltung der Regierung war, dass kein privates Interesse den Staatsbetrieb behindern oder die Sicherheit des Staates gefährden durfte. Die Gewerkschaftsregelungen mussten außer Kraft gesetzt werden, die Gewinne der Arbeitgeber mussten begrenzt werden, qualifizierte Männer mussten, wenn nicht in den Schützengräben, so doch in den Fabriken kämpfen, die Arbeitskräfte mussten durch die Verdünnung der Arbeit und die Beschäftigung von Frauen eingespart werden, private Fabriken mussten unter die Kontrolle des Staates gestellt und neue nationale Fabriken gegründet werden. Die Ergebnisse rechtfertigen die neue Politik: Der Ausstoß ist gewaltig, die Waren werden endlich geliefert:[139] Im April 1915 werden gerade einmal zwei Millionen Granaten nach Frankreich geliefert, bei Kriegsende sind es 187 Millionen,[140] und 1918 kann die Vorkriegsproduktion von Leichtmunition in nur vier Tagen abgeschlossen werden. Die Flugzeugproduktion beschäftigte 1914 60.000 Männer und Frauen; 1918 beschäftigten britische Firmen mehr als 347.000 Menschen.[7]
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Judith M. Brown, Wm. Roger Louis: The Twentieth Century (= The Oxford History of The British Empire. Band IV). Oxford University Press, Oxford 1999, ISBN 0-19-820564-3 (englisch).
- Bentley B. Gilbert: Pacifist to interventionist: David Lloyd George in 1911 and 1914. Was Belgium an issue? In: Historical Journal. Band 28, Nr. 4. Cambridge University Press, London 1985, JSTOR:2639325 (englisch).
- Barry McGill: Asquith's Predicament, 1914-1918. In: The Journal of Modern History. Band 39, Nr. 3. The University of Chicago Press, Chicago 1967, JSTOR:1876582 (englisch).
- John M. McEwen: The Struggle for Mastery in Britain: Lloyd George versus Asquith, December 1916. In: Journal of British Studies. Band 18, Nr. 1. Cambridge University Press, London 1978, JSTOR:175459 (englisch).
- Zara Steiner: Britain and the origins of the First World War. Macmillan, London 1977, ISBN 978-0-333-15427-4 (englisch).
- Robert Blake: The decline of power, 1915-1964. Oxford University Press, New York 1985, ISBN 978-0-19-520480-3 (englisch).
- George Clark, A. J. P. Taylor: English history : 1914-1945 (= The Oxford History of England. Band XV). Clarendon, Oxford 1976, ISBN 978-0-19-821715-2 (englisch).